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Muer Tageblatt 1-. Jahrgang. donneertag, -,n S. Zebruar 1-21. Nr. 2». Wie au- Riga gemeldet wird, sind diepolnisch - russischen Verhandlungen wieder ausge nommen worden. Polen hat seine Goldforderung um di« Hälfte herabgesetzt. ! offen«, «ig'nhündlg«, Vchr«Id«n de, Kaiser, beigesügt, da» also durch die verfchtedenen Vitro» ge gangen war und lautete» Au» den Berichten geht deut lich hervor, daß die Russen «inen völligen strategischen Aufmarsch angefangen Haden und »um Kriege treiben. Ich mutz e» sehr bedauern, so wenig« dieser Berichte er halten zu haben. Bi« hätten wich seit langem auf di« drpbende G«fahr aufmerksam machen können. E» ist höchste Zeit, Gegenmaßnahmen zu treffen. Unter diesen Umständen kann selbfwerständlich von einer Reise von mir nach KraSnoj« Selo keine RÄ>« mehr sein. Tie Be richt« sind ausgezeichnet. Bismarck erklärt«, daß der Konsul 14 umfangreich« Berichte «ingesandt hatte, die vermutlich für den deut» 'schon Generalstab nicht» Neue» enthalten hätten. Bismarck betrachtete e» al» «in« Laune de» Zufall», datz am gleichen Morgen Herr v. Schmakow von der Gesandtschaft in Petersburg.angekommen war, der sich bet ihm melden ließ mit der Erklärung, datz «r Voll- nmcht hätte, in gewiss« Unterhandlungen einzutreten, di« eine Verlängerung de» im Ault 1890 ablaufenden Vertrage» bezweckten, nach dem Rußland sich, wenn Deutschland von Frankreich.angegriffen würde, neu tral erklären sollte. Bi-mgrck hatte den Entwurf für die Erklärung vorbereitet, die er im Ministerrat abgeben wollte. ES heißt darin r Ich bezweifelte, ob ich die auf mir ruhende Verantwortlichkeit für die Politik de» Kaiser» noch länger tragen könnte, da dieser di« mir dafür nicht ent-, behrlichen Mitteilungen nickt erteilte. Es war für mich ein« Ueberraschung, datz Se. Majestät Über da» Ars- bei terschutzge setz mit Bötticher, ohne mich und Vas Staatsministerium zu befragen, endgültige Be schlüsse getroffen hatte. Bismarck lietz die Verordnung vom 8. Sevrencker 1852 den Ministern in Abschrift mitteilen. In einem Begleitschreiben wies er darauf hin, datz er diese Ver ordnung nur für solche Audienzen verwenden wollt«, die Abänderungen in der Gesetzgebung bezweckten. Ter Kaiser habe den Befehl gegeben, diese Ver ordnung außer Kraft zu setzen. Er habe sich aber weigern müssen, seine Mitwirkung dazu zg ertei len Bismarck suchte den Kaiser davon zu überzeugen, daß Ir die auswärtigen Fragen seiner Politik nicht mehr vertreten könne. Trotz de» Vertrauen», heißt e» weiter, da» ich- in den Dreibund stelle, hätte ich nicht di« Möglichkeit- aus dem Auge verloren, daß dieser Bund wohl einmal versagen könnte, .da die Monarchie in Italien nicht festsatz, da in Italien die Zrredenta drohte, da in Oesterreich nur die Zuverlässigkeit de» regierenden Kaisers einen Umschwung Während seine» Lebens un möglich machte und da man sich auf die Haltung Un garns überhaupt nicht verlassen könnte. Ich strebte immer danach, die Brücke -wischen Rußland und uns nicht ganz zu zerstören. Tann folgt eine Mitteilung über das kaiserliche eigenmächtige Schreiben über die Berichte de» Konsuls. Bismarck fährt dann fort: Ich bin überhaupt nicht verpflichtet, Sr. Majestät alle Berichte vorzulegen. Ich habe es in den betreffenden Fällen teilweise direkt, teilweise durch den Generalstab getan und bin. da ich den friedsamen Absichten de» Zaren vertraue, nicht in der Lage, die Maßnahmen zu decken, zu denen Se. Ma jestät mir den Befehl gegeben hat. Weiter heißt es dann: Ich bin der Ansicht, datz zwischen meinen Kol legen und mir keine Uebereinsttmmung mehr besteht und datz ich auch da» Zutrauen Se. Majestät nicht mehr in genügendem Matze besitze. Ich freu« mich, w«nn «in König von Preußen selbst r«gi«r«n will. Ich gebe zu, daß mein Hingehen Nachteile für die öffentlichen Interessen dringen wird und wünsche auch, da meine Gesundheit jetzt gut ist nicht ein arbeitslose» Leben, aber ich fühle, daß ich jSr. Majestät im Wege steh« und habe offiziell vom Ka binett die Nachricht erhalten, datz Majestät mein« De mission wünschen. Dem allerhöchsten Befehl folgend, habe ich Parum um mein« Demission Vom Dienst er sucht. Herr v. Bötticher fragte, yb BiSmarck nicht geneigt wäre, Pie Führung der Auswärtigen Angelegen heiten zu behalten. Sollt« man keinen Au-weg fin den, dann würde da» Staat-ministerium zu untersuchen haben, ob es sich Bismarck» Entschlüsse anschließen solle. GS kam aber zu keiner Stellungnahme de» Ka binett». Ta» offiziell« Protokoll Über die Sitzung W nach einer späteren Erklärung de» Minister» Miquel au» den Akten verschwunden und wahr scheinlich auf Anstiften de» Vizepräsidenten V. BötÄ cher zerstört worden. Später erschien Lueanu», der Chef ,d«S Ztvilkabinett». der zögernd erklärte, demt Bst fehl de» Kaiser» zufolge fragen zu müssen, we»halb dä» verlangt« TemisstonSgesuch noch nicht «ingetrofsen wär». Tann folgt .die bekannte Darstellung.der Art. in der Bismarck sein« Demission etnretchte. AM Abend de» 18. März wurden bi« Kommandierenden Genej- rale in ha» Palai» de» Kaiser» befohlen. Der Kaiser hielt «in« Ansprache, in d«r «r, wie BiSmarck von tzn-» vor lässiger Seit« erklärt wurde mitteilt«, datz er sich sähe, vi,«arck,» e»tl«sse». Beim Lhef d«4 Graf«« Walders«« sollt« Klagen Wer Das Wichtigste vom Lage »rotz dar Aufdeckung der Pläne für dl« Rot« Ar- mtztz.gtzht di» radikale Hetz» im Ruhraebier weitste. Neben unmöglichen wirtschaftlichen yvrderund»n wird auch dar Ruf nach Bewaff- ntzmg -er Arbeiter erneut erhoben. W 1 Dl» Korrespondenz Hoffmann meldet au» Mün ch»«: Der Ministerrat beschloß, datz Pom 3. Februar ob otl» .Lustbarkeiten eingestellt Bismarck über seine Entlassung. Im zweiten Teile de» dritten Bande» der Gedan ken und Erinnerungen behandelt BiSmarck seine Ent lassung. Am 1. März 1890 lietz er fragen, ob er an, diesem 'oder den folgenden Tagen eine dringendes Audienz,erhalten könne. Er bekam aber keine Ant wort. Er wollte dem Kaiser über eine Unterredung berichten, die er am 12. Februar mit Windthorst über gewisse aus Rußland erhaltene Mitteilungen gehabt hat te. Am 5. März 9 Uhr früh wurde BiSmarck geweckt durch die Mitteilung pes Kaiser», -atz er um Vs 10 Uhr im Büro für auswärtige Angelegenheiten Bericht er? statten solle. Der Kanzler teilte mit, -atz Windt horst fhm aus eigener Initiative einen Besuch gemacht habe. Ter Kaiser lietz durchblrcken, ihm sei bekannt, -atz der Bankier Bleichröder den Gesuch WindthorstS ver mittelt habe, und sagte: Juden und Jesu: ten ge hörten immer zusammen. Bismarck antwortete darauf: Es sei ihm eine grotze Ehre, daß Majestät so -gut über da» unterrichtet sei, wa» in seinem Hause passiere. j Ter Kaiser beschwert« sich dann, datz er keine wichtigen Berichte von keinen Ministern de- käme. Man hat mir erklärt, 'sagte der Kaiser, d.atz Tie ihnen verboten haben, mir objne Ihre Zustimmung oder ! Ihr« Billigung derartige Bericht« zu erstatten. Sie sollen sich dabet auf alte vergilbte Verordnung«« ge stützt haben, di« bereits gan- vergessen waren. Bis-- marck erwiderte: Die Verordnung vom 8. September 1852 sei für jeden Ministerpräsident«): notwendig. Sie bestimme nur, daß Hei wichtigen prinzipiellen neuen Vorschlägen der Ministerpräsident unterrichtet werde, bevor man eine Entscheidung de» Kaiser» herbetzuküh- ren versuche, dä.sonst der Ministerpräsident di« allge- meine Verantwortung nicht tragen könne. Tann folgt« di« bekannt« Szene mit dem Kat- s«r üb«r dl« Bericht« au« Rußland. . Am Schluß fragt« BiSmarck, ob der Kaiser darauf be- steh«, -ie Verordnung vom 8. September 1852 einzu ziehen. Ter Kaiser antwortete: Jawohl. BiSmarck wollt« dann den Befehl sozusagen einsalzen und abwar ten. ob der Kaiser an die Einziehung der Verordnung erinnern würde. Da» geschah. BiSmarck erklärte, datz die Einziehung au» sachlichen Gründen unmöglich wäre. Am 17. März erschien der Chef de» Milttärkabinett» v. Hahnk«, um zu seinem Bedauern BiSmarck mitzu teilen. daß der Kaiser auf Einziehung d«r Verordnung bestehen bleibe, und datz «r erwart«, datz BiSmarck so fort sein« Demission einretchen würde. Bis marck würde zu diesem Zwecke im Laufe de» Nachmittag» im Palai» erwartet. BiSmarck erwidert«: Sr sei dafür nicht jung genug und Würtz« schreiben. Am glei chen Nachmittag kamen eine Anzahl Bericht« vom Kai ser zurück. Darunter waren einig« eine» Konsul» in Rußland. Unter diesen Dokumenten war ein Ernst.schildert«. Al» «r geendet hott«, klatschte ihm da» Hau» einschließlich der T«utschnationalen Beifall. Doch da erhob sich eine gewaltig« 'G«schäftsvrdnung»d«batte auf Anstiftung der beiden Parteien d«r äußersten Lin ken, die an den Morten de» Präsidenten Anstoß Nahmen. Zweifellos hat Präsident Löbe den Dank de» Hau se» und de» deutschen Volke» verdient. Aber die Unabhängigen hatten Angst davor, durch den Prä sidenten gleichsam mit den anderen Parteien de» Hau- se» unter «inen Hut gebracht 'zu werden, glaubten auch irrigerweise ein« Kritik einzelner Parteterklärungen au» seinen Worten herauSgehört zu haben, und benutzten di« Möglichkeit, di« Stimmung .zu stören "und die Wir kung dieser ReichStagSsitzung gbzusschwächen. Jedenfalls ergab sich .ein klägliche» Schauspiel. In der Debatte» laten sich .namentlich Ledebour und Adolf Hoffmann hervor, denen Hermann Müller von den Sozialdemo kraten und der ZentrunrSführer Lrimborn für alle bür gerlichen Parteien entgegentraten. To mutzte sich Aer- ger Aber sonderbare Volksgenossen in Vie stärkenden Gefühle einmütigen Widerstande» gegen die fremden Drohungen einschleichen, mit dem Man trotzalledem die Sitzung verließ. kunSgebung -es Sächsischen Lan-tags. Vor Eintritt in die Tagesordnung nahm gestern Präsident Frätzdorf das Wort, um -um Ausdruck zu bringen, -atz auch da» sächsische Volk und der Land tag gnit begreiflicher Entrüstung von den TilgungSbedingungen und den angedroh ten Zwangsmaßnahmen der Entente Kennt nis genommen habe. Sckon «ine teilweise Erfül lung de» Diktate» sei unmöglich und müsse scheitern an der finanziellen und wirtschaftlichen Ohnmacht Deutschlands. Lite hohen Einfuhrzölle würden die deut sch« Industrie völlig lahmlegen und die herrschende Er werbslosigkeit in furchtbarer Weis« vergrößern und ver längern. . Die Beschneidung -er AuSfuhrmöglickkeit müsse Sachsen ,als Ausfuhrland ganz besonders schwer treffen. Er glaube, sich mit der Kammer im Einver ständnis zu befinden, wenn er in deren Namen den schärfsten Protest Legen ein solches Diktat aus spreche. Tie bürgerlichen Abgeordneten und die Mehr- heitSsozialdemokraten hatten sich zum Zeichen des Ein-I Verständnisses von ihren Plätzen erhoben, während die Unabhängigen und Kommunisten demonstratio sitzen blieben. werden. , ' « Nach einer HavaSmeldung enthalten die Pariser Beschlüsse der alliierten Staatsmänner einen zweiten, nicht zur Veröffentlichung be- stitmmten Teil, der da- Verhalten der Alliierten tn London -et dm vesprechunLen mit den Deut, scheu.festlegt. In der gestrigen Beratung von Vertretern al ler österreichischen Länder und Parteien sprachen sich sämtliche Teilnehmer im Sinne des Salzburger Beschluss«- für d«n Anschluß an da deutsche Reich au». Die Protejtkunägebung äes Reichstages. Tie gestrige Sitzung -es Reichstages begann mit einer Reihe von Erklärungen. Tie erste gaben die Regierungsparteien ab durch den Mund des demokratischen Abgeordneten und früheren Vizekanz ler» Schisser, den Verfasser der Erklärung. In der Entwaffnungsfrage sollen danach die übernommenen Verpflichtungen erfüllt werden. Ter Widerstand kon zentriert sich auf die wirtschaftlichen Dinge. Die Ab sicht. zu verhandeln, wird unterstrichen, eine Einigung auf Grund unserer eigenen neuen Vorschläge erhofft, di« Vorschläge der Entente al» unannehmbar bezeichnet. Aber «S wird gesagt, daß über sie überhaupt nicht ver handelt werden dürfe, jvie die Teutschnationalen nach her verlangten. Ti« Erklärung der Regierungekoali tion wurde von allen ihren Parteien mit lautem Bravo aufgenommen. Sie war also kein mühsam zustande gebrachtes Kompromiß, bei dem niemandem wohl ge wesen wär«, sondexn traf die Meinung und Stimmung aller beteiligtem Fraktionen. Tann kam die Sozialdemokratie durch den früheren Reichskanzler Müller zu Wort. Auch ihre Erklärung war sehr achtbar und gut stilisiert. Sie un terschied sich von der der Regierungsparteien in einer Nüane« bei der Entwaffnui^Sfrage. Besonders dank bar vermerkt wurde von dem Hause die Wenduiqz, daß sich keine Regierung finden werde, -ie etwa dis jetzi gen Zumutungen der Alliierten für ausführbar hielte. Damit war auch den Alliierten di« Hoffnung auf die Gefügigkeit eine» rein sozialistischen Kabinette»abge schnitten. Auch -ie deutschnationale Kundgebung, dis ebenfalls ein früherer Minister, Hergt, gab, trat der Regierung wenigstens in den wirtschaftlicher: Aufsassungen zur Seite. Sie vermißt nur bei Tr. Si mon» einen forscheren Ton und verlangt, daß. keine deutsch« Hand zur Verwirklichung der Forderungen der Entente Htv« wist«, aber sie verspricht ausdrücklich Un terstützung für di« Regierung.soweit st« der Entente in dem jetzt schwebenden Prozeß «ntgegentreten müsse. Tie» erregt« den Zorn de» unabhängigen Sprechers Ledebour, und so beschäftigt« sich dieser ganz Pole- »risch .erst mit den Teutschnationalen statt mit der En- tent«. Tann wünschte er von Tr. Simons «ine Er klärung, datz man in jedem Falle verhandeln wolle, auch wenn andere gegnerische Vorschläge al» unsere, eigenen gemacht würden. Wir glauben, datz die Wen dungen, di« Tr. Simon» am Tag« vorher gebraucht hall«, diese Möglichkeit nicht auSschlössen. Ausge schlossen ist nur, datz wir di« jetzigen Vorschläge d«r Entente annehmen. Gegenüber den Entwaffnungs forderungen macht Ledebour «inen dankenswerten Vor behalt im Interesse der Industrie, die Luftfahrzeuge, zu unkriegerischen Zwecken -erstellt, und mar: hofft auch in anderen Fraktionen, durch Verhandlungen die Ge fährdung dieser Industrie abwenden zu können. Dann aber stieg Ledebour leider von dem Niveau de» Tage» herab und hielt eine seiner gewöhnlichen Reden, tn der er die Gelegenheit vollkommen verkennt. Er sprach über tausend Ting« und einige andere, bi» da» Haus ziem lich /«er war. Der Kommuntstenführer Levi folgte ihm und zerpflückt« mit seinem Pastoralen Patho» di« vorhergegangenen Erklärungen, bewarf die deutsche Re gierung mit Schimpfworts», wie Schiebung Md Moge lei, .und verzapft« Albernheiten, Von Levi abgesehen, hatte die Verhandlung gute Formen gezeigt. Da gab Präsident Löbe d«m Tag« noch einen besonderen gefühlsmäßigen Akzent, indem er die Stimmung -e» Hause» tzusammenfaßt« Md erhob durch ein» warmherzige und bewegende Ansprache, wor in er die Not de» deutschen Bolte» tn ihrem ganzen