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fluer Tageblatt LSS Nr» S4». Vlrnstag, öan 24. Gktobev 1-2-. IS. Jahrgang. Das Wichtigste vom Tage.. Der Neich»rat hat ein« v«rordnung Mpenom- nan, welche dl« Zuständipkelisgrenze der Ge- oervegericht« und der KausmannSgeri'chte ivn 18000 auf LV 000 Marl erhöht. Ferner wurde tnem n«uen Notelal sür da» Rechnungsjahr 1920, «r dl« Monat« Nov « mb « ruUdDez « mber umfaßt, lustElmmt. ,. » Der Botschafterrat setzt dl« .Verhandlung -«Danziger Abkommen» fort. Sr nahm Kennt« kl» von der Weigerung der Danziger Dele« gierten zur Verständigung hi« Hand zu bieten und «n ursprünglichen G^ntw ui:f abzuändern. Dl« deutsch« Note gegen dl« neu« B,eh- orderung der" Entente ist nach Paris abgegan« iS«. T-ie Reichsregierung weist auf die Unmöglich« eil hin. diese Forderung auch nur teilweise er« Wüvt zu können. » Dl« englisch« V«rgarbeiterbewegung hat mch auf.Frankreich übergegriffen. Die trau« Mschen Bergarbeiter verlangen da» fünffache des Frieden »lohne- und fordern Antwort bis zum ö<> LLtMrr. » Nach einer Meldung her Agenr-' Hnva» ist der Kö» >iig von Äriech enland gestorben. Rutonomie auch für Oslpreustea? Noch ist die Autonomie OberschlesienS Gegenstand ttlgemeiner Politischer Sorge und schon meidet sich ein nvue« .Problem, da» ostprcußisch«. , An« KvntaSberg trifft dieser Lag« ein« Abordnung u sch reu bischer ltlerufs« stände «in, um nrit Herr RetchAbehörVen und der Preu« irischen Regierung zu verhandeln. Am rienSrng. Moder, findet di« erste Sitzung in her Reichskanzlei statt. Nie Konferenz ist di« Frucht de» Besuches des Reiche Präsidenten und verschiedener Minister auf der Königs» lerger Mess«. Tie ist nicht ein Anfang, ländern eine Fortsetzung. Denn schon in, März diese» Jahres fan den im Preußischen Ministerium de» Innern Vorhand- lungvn zwischen den Vertretern ostpreußischer Wirt- ichastsorgantsationsn und der Regierung statt, wobei das Verlangen der ostpreußischen Bevölkerung nach Poller Verwaltunasautonomie vorgetragen und besprochen wnr- «. Die Insel Ostpreußen forderte Politische Gelbstönotg. eit, .und die Staatsregierung La'b die Zusage, das, die Verwaltung her durch den Versailler Vertrag .abgc« schnitten«» Provinz dezentralisiert werden müsse, damit das eingeengte Gebiet überhaupt noch gedeihen könne, tim den guten Willen zu zeigen, hat die Regierung in ine Art ostpreußischer Sondergesandtschaft eingewtlltgt. sZett einem halben Jahr wirkt in. Berlin al-j Bevoll«! nächtigter Ostpreußen» Tr. Herbst bei den Reichs« und Staatsbehörden. Sein« Aufgabe ist die Pflege enger Beziehungen zwischen der ostpreußischen Provinzial« «gierung Md den Berliner Ministerien. . Aber so eifrig und umsichtig auch dieser .innerpolitische Botschafter leine» Amte» waltet, eS hat doch. Mancherlei Reibungen gegeben. Al« Ursachen werden verschiedene Umstände genannt. Tie «in« Bartet meint, e« läge an den Voll« machten, die nicht genügend umgrenzt und ausgebaut leien. Di« anderen sagen, die Regierung Neh« vier M wenig auf di« insulare Lage Ostpreußen», viel zu ine« nig auf die besonderen Bedürfnisse der abgetrennten Provinz ein. GS müsse etwa» Durchgreifende» ge schehen, sonst verkümmere da» Land und di« deutsche BusammengehÜrigkeit leid«. Also di« Autonomie! Abe« welche? Los von Bevlin? Lo« von Preußen? Ein neuer Bundesstaat im Rahmen de» Reiche»? Oder nar ein Freistaat wie Danzig? Tie Angelegenheit erscheint weniger kritisch, wenn man die Denkschrift liest, die der Königsberger Ober präsident mit dem Wunsch« versaßt hat, daß die Ber liner Verhandlung«« zugrunde gelegt werd«». Die Denk- ichrilt geht davon au», daß di« preußisch« Regierung .im mer noch aus.dem Standpunkt« stehe, sie dürfe die ost- vreußtschen Forderungen nicht erfüllen, weil dann auch ander« Provinzen mit gleichartigen Wünschen kommen. Nele Besorgnis ist tatsächlich unangebracht, weil außer Schlesien keine Provinz mit so vielen guten Gründen nus di« Notwendigkeit wirtschaftlicher Autono« w i e Hinweisen kann, al» gerade Ostpreußen. Der Fall e>» Rheinland«» liegt auf rein politischem Gebiet und ip mit dem vstpreußtschen Provleiw nicht auf «ine und Irselb« Stuf« zu stellen. Ter Oberpräsident in Königs- e.g hat also von seinem Standpunkt durchaus recht, u enn er an die Spitze feine» Programm» da» Verlan- en stellt, die Berliner Regierung.möge, sjch bindend k ären, daß sie die VonverMlung Ostpreußen» an- kenn« und damit auch di« Notwendigkeit besonderer aßnahmen geb«/ Die Maßnahmen werden tmetnzel- üu Programmpunkten aufgeführt, und e» geht darau» hl-rvvr, daß e» sich um rein wirtschaftlich« Ding« Kap» lwlt. Schon der «rste Punkt sagt da»» Sicherung und Verbilligung der L«b«n»mittelverforgung kür di« Vst- Preußische Bevölkerung. Im zweiten Punkt werden di« ostvr«ußtsch«n v«rkehrSttüt« darg«l«gt und «ntwickelt.daß tite Regierung so schnell al» möglich für di« Sicherstel lung Fines geordneten Verkehrs Fotsch«« Ostpreußen und dem Reich« sorgen muß.'' Im! dritten Punkt wird ein« Herabsetzung der Land« und Wasserfruchten nach Ostpreußen verlangt, weil die ostpreußtsche Wirtschaft infolge der Tran»Portschwi«rigkeiten, di« sich au» seiner Abschnürung ergeben, gegenüber den anderen Reichs« gebieten einer Ueberteuerung ^ru-gesetzt ist. Vierten» wird ein« Sonderregelung der Aus« und Etnfuhrbestim- mungen für Ostpreußen gefordert, weil der oskvvsußische Außenhandel durch ,die Abhängigkeit von den Berliner Zentralstellen schon vielmals schwere Schädigungen er leiden-mußte. Im letzten Teil wird dann Vie baldiae Schaffung LineS ProvinzialwirtschaftSrate» gewünscht, der die Arbeit-Verhältnisse in Ostpreußen entsprechend der dortigen ökonomischen Lage regeln soll. Soweit könnt« sich eigentlich die Auseinandersetzung -wischen der Provinz Ostpreußen und den obersten Stellen tu der Stille eine» Berliner Regierungslzimmer» abspie len. Tie wirtschaftlichen Maßnahmen müssen aber schließlich eine politisch^ Gestaltung finden, und dies geht eben sehr die Oeffentlichkeit an, zumal auch inter nationale Fragen, nämlich die Nandstaatenpolitik, das Verhältnis zu Litauen ustv. aus der Berliner Kon ferenz eine Motte spiele» werden. Man darf also er warten. daß ein« lange Geheimhaltung wie in der ober« schlesischen Frage, wo «» aus gewissen Gründen immer- hin notwendig erschien, bezüglich Ostpreußen» unter bleibt. Der Veichsvrasiäent über Mo innere Lage. Fertöestma» per KlMeMkn SftpiEtiMkMftlon? Ter Präsident de» RlMStage» LÜbe äußert« sich gegenüber dein Vertreter der Schweizerischen Depeschen« Agentur Über di« inner« Lage in folgender Meise, Soweit fiel) heute di« Lag« über sehen läßt, ist vorläufig noch mit einem gvrtb «sta 'nd d« r bt» h « rigen Re gier ungSkoalit ton zu rechnen, die zwar kein« ab solut«! Mehrheit hinter sichhät. aber auf Wohlwollende Duldung der Nach barparte len rechnet-. Eine Erweite rung nach .recht» oder links erscheint aus absehbare Zeit ausgeschlossen. Tin« Erweiterung nach recht» durch die Teutschnationale Partei würde al» «in Schritt zum Mo- narchi-nntt gewertet werden und Vie ganz« Arbeiter schaft, nicht nur die Handarbeiter, auf Vie Beine briw- gen, zu schweren Wirtschaftlicken Erschütterungen und politischen Zusammenstößen führen, welch« unser Land, da» ohnehin an einem finanziellen, und wirtschaftlichen Abgrund.einherschreitet, vollend» ruinieren müßten. Auf jeden Fall würde der Eintritt der Deutsch nationa len in die Negierung unser Land tzu einem Kampfgebiet machen. Aber auch nach link» sind di« Aussichten einer Erweiterung der RegierungSbasi» nicht groß. Ter Kasseler Parteitag der Sozialdemokraten hat ebenso Wie schon vorher ein« Anzahl sozialistischer Fühter sich da hin entschieden, daß die Zeit für einen Eintritt der, Sozialdemokraten in . di« Regierung noch nicht gekom men ist. Dieser Eintritt mühte so starke sozialistische demokratische unp antimilitaristische Tendenzen zur Vor aussetzung haben, wie sie im Augenblick noch nicht ge geben sind. Ti« durch die Wahl geschwächten Sozial demokraten würden einen gegen hie alt« Koalition noch verminderten Einfluß ausüben und nicht stark genug sein, um die Erwartungen der eigenen Parteiangehüri- gen zu erfüllen und dem politischen Und wirtschaftlichen Leben jenen Jmpul» zu gebest, der zur Erneuerung nötig ist. Biel wird daSet von der weiteren Entwicklung per linken Gruppen d«» Parlament» abhängen.. E» kann! in Deutschland natürlich nicht dabei bleiben, daß v i er' verschiedene sozialistische, Parteien neben einander arbeiten. Tie beiden kommunistischen Rich, tungen werden sich pald verschmelzen, und Vie beiden sozialistischen dürften durch di« Verhältnisse bald ge nötigt werden, gemeinsam« Politik zu machen. Ist da» erst .einmal der Fall, dann kann da» Gewicht der Sozial demokratie wieder stärker in di« Wagschal« fallen. Aber dies« ruhig« Entwicklung erscheint durch zwei wirtschaft- liche Faktoren gefährdet, gelingt e» nicht, weiterer Ar» beitslosigkett und größerer Teuerung Etnhcklt zu gebieten, dann können verzweifelt«, Massen die ruhige Entwicklung auf da» schwerste bedrohen, und verliert Deutschland die Kohlen'schlätz« Oberschlesirn». dastn ist nicht stur der LebenVnerv unserer Wirtschaft getroffen, sondern auch die Erfüllung he» V«>r-, sailler Vertrage» unmöglich, dann würde die Grundlage für einen Wiederaufbau Deutschland» zu sammenbrechen. Leon Picard veröffentlicht im Eeonomtste Estropen «inen Artikel, in dem er feststellt, daß Deutschland «in« der tragischsten Phasen durchmache, di« jemals «in Land gekannt habe. Di« ephemere wirtschaftliche Prosperi tät, von d«r e» nach dem Waffenstillstand Nutzen ge zogen hab«, hab, ihm «inen Augenblick sein« schrecklich« Lage verschleiert. Bor einigen Monaten sei plötzlich ein« industrielle Kris« eingetreten, die alle klarblicken den Menschen voraustzesehen hatten. Letzt könne Deutsch land ssch und den anderen nicht mehr den Grast Einer vag» verberg*«. Die Aufträge seien annulliert wor den, die Fabrikation stillgelegt unv die Arbeit»- lofigkeit werd«,zu einer öffentlichen KalamV»! t«t. Nur di« Kohlenindustri« kenne noch ein wenig Prosperität, die gnd«re Industrie frist» seit Mona ten «in .Scheindasein. Der west« Sturz d«r Mark habe nicht die erwünscht« Erhöhung de» Export» ge», bracht. Deutschland könne nicht mehr taufen und das Au-land wolle nicht mehr b«i ihm kaufen. Die Ernährungssrage in äer Volkskammer. Auf der Tagesordnung der gestrigen Volkskammer sitzung stand zunächst Vie Aussprache über di« Ernäh rung San träge und Anfragen,, die vom Donnerstag ver gangener Woche vertagt worden waren. Zunächst spricht der Abg. Fel lisch .(Goz.). Er polemisiert gegen d«n Wucher der Landwirte und den freien Handel und tritt dafür ein, daß ein direkter Weg zwischen den Derbraut» chevorganisationen und den Erzeugern geschaffen wird und der Zwischenhandel auSgeschaltet Werve. Weiter bekämpft er den Bwd en Wucher. Ta» Fleisch ist auch unerhört teuer. Ter TnaWmuS in der Aar toffelversorgung sei geradezu vernichtend. Auf der einen Seite steig« der PreN dec Vertrags! art off« in.' wonach ein billiger Preis sür die freien Kartoffeln wvhl nötig gemacht würde. Auf der anderen Seite stcmoen die Preistreibereien mit den Kartoffeln. Tie Verfüttr- rung der Lhartosjetn sei ein« große. Gefahr. Ob di« Re gierung MH die höhen Preis« gefallen lassen könne und werde, sckl sehr die Frage. Test iveiteren geht yellisch auf die Eheiunitzer Kartoffelverschievungen «in und zum Schluß kommt er auf.verschiedene Akte der Selbsthilfe zu sprechen. Abg. B erndt (Dem.), hält den Preis von 40 Malek für den Zentner Kartoffeln für viel zu hoch. 10—1L Mark seien hinreichend nach Erklärungen von. Sachver ständigen. Eine Anzahl von Gemeinden Hütten sich phne Erfolg gegen die VertcagSkartoffoln gewandt. Für zähilose Leut« seien Vie Kartoffelpresse unerschwinglich. Redner geht dann noch auf die Deputatwirtschaft »in, die er al» Quelle des Schleichhandel» ansieht. Gr spricht sich sür eine schärfer« Erfassung d«S Brotgetreide» au». Abg. Fleißner (Unaihh.) weist darauf hin, daß der Vorredner gegen sei,re eigen« Partei polemisiert hab«, da er sich Legen die Aufhebung der Zwangswirtschaft erklärt hat. Da» sei ein Beweis dafür, daß «in« völ lig« Verwirrung der Geister Platz gegriffen habe., Der Erzeugerpreis für Kartoffeln sei mit 11 Mark zu ver anschlagen sür die 'heurige Ernte. C» gäbe Kartoffeln in Hüll« und Fülle. Weiterhin spricht! der Rehn« stbW die hohen Preise von Buttler. Milch, Giern und Fletsch und wirft der sächsischen Negierung jvor, daß sie sich um nicht» kümmere. Tie Schuld sür di« heutigen Zu stände schiebt er der freien Wirtschaft zu, di« Vergesell schaftung sei ihr einzige» Heilmittel. Ministerpräsident Buck geht auf Pi« Behauptung des Abg. Meißner rin, -aß große Mengen Kartoffeln den Brennereien abgegeben würden., Tie Brennereien seien kontiirgentiert, und zwav fei da» Kontingent auf «in Drittel herabgesetzt. Eine völlig« Schließung Verl Brennereien sei unmöglich, da SPiritu» ebn notwendig«« Gebrauchsmittel s«i. Ebenso sei eS mit den Stärkefabri ken.. Eine Umstellung der Landwirtschaft vom kapita listischen in ein sozialistisches System brächt« nicht m«hr Nahrungsmittel.' Er warnt vor allen Experiment«»- Abg. Leithold (Teutschnathr D!ie Ernt« 1920 hab« unter ungünstigen Verhältnissen.stzrttgefgnden und blei be hinter oer vorjährigen zurück. Die Stellung de» Landpreisamte» hat große UnruG unter den Landwir ten hervorgerufen. Die Selbsthilfe sei «ine große Ge fahr für die Landwirtschaft. D«r Redner geht dann auf dis Teuerung Mr Düngemittel «in. Auch die Maul- und Klauenseuche habe eine schwer« Schädigung der Fleischversorgung gebracht. Tie Fleischpreise seien setzt noch hoch, aber sie seien bereit» im Sinken. Abg. Krau fe, Chemnitz ,(Goz.) spricht über die Rinderpest und die Fleischpreis« und Polemisiert gegen die, Abgg. v«1thold unv Schmidt. Ministerialdirektor Dr« v. Hüb«l wen det sich gegen Vie Behauptung de» ALg. Leith old, di» Regierung verheimlich« di« durch hie Rinderpest g«- schasjenen Zustände und stellt fest, daß vt« Rinderpest in Sachsen nicht ausgetreten fei. Abg^Blüher (Dtsch. BP.) meint, daß nur die freie Wirtschaft billiger« Peri se, bringen könn«, da nur die Zwangswirtschaft schuld an dar Teuerung sei. Damit war di« Aussprache er schöpft. Tie Sitzung dauerte noch fort. ««hqitipMn der VoMtamM«. Die Volkskammer wird aller Wahrscheinlichkeit nach am Donnerstag ihr« Tagung beschließen und dann auä- cinandergehen. Man will noch erledigen, di« Ver fassung, die Vorlage über die Feuerbestattung, di« Vermehrung der Landgendarmsrt«, Ge bühren der Tierärzte, die Bauten in Bad Elster, DU» multkchädenanträg«, Haushalt -er industriellen Betrieb» de» Staate», Antrag Arzt über Religionsunter richt. Heute wird mit der Beratung d«r Verfass,mp begonnen werden. Wenn die Vorlage über die «sch-» Nischen Einrichtungen von Bad Elster btt DonnerStag nichr erledigt werden sollte, so wird Freitag vormittag noch «in« kurze Sitzung stattfind«n.