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DWD Anzeiger für -as Erzgebira» ««,'»!«» stui«,,»»<«,«. Ettthaltsatz ö!r amtlich»« Sbkanntmgchuagbft örs Nair» -n Stützt «»-Has Hmtsgbkicht» /tzw. p,stfitz«s»«»m,, «,. Itztz, Nr. 2SS Donnerstag» ätzn 2I. Dezember 1S22 N. Jahrgang Der Dampgr am Rhein. Seit mtnmrHr vier Jahren steht die vesatzl»na*> arme« der Mliterten der „GertchtSdollz iehe^ am Rhein, der da» deutsch« Volk und seine Auftraggeber bet wei tem mehr kostet, at« er jemals etnzubrtngen Vermas, «eit dem Waffenstillstand bis End« Mürz d. I. hat die AmÜsierarme« tm Rheinland« die hübsche Summe von SV, Milliarden Goldmark und 14 Milliarden Pa- ptermark an direkten Rosten erfordert, d. h. nach einer französischen Berechnung tägllch über 10 Milli, onen Franken. Im englischen Unterhause mutzte kürzlich die Regierung zugeben, datz die Kosten des bri tischen Besatzungsheeres bisher 54,65 Millionen Pfund Sterling betragen haben, d. h. datz England aus eige ner Tasche 4,658 Millionen Pfund Sterling bezahlen mutzte, da eS in der gleichen Zeit von Deutschland nur 56 Millionen Pfund an Reparationszahlungen erhielt. Die jeder Vernunft hohnsprechenden Verhältnisse sind also bereits so weit gediehen, datz angesichts der Zah-> lungsunfähigkeit Deutschlands die „Sieger" die Kosten für die tapferen Mannen am Rhein aus, eigenen Ta schen begleichen müssM. Während man in Deutschland nicht aus noch, ein Etz, einen von Tag zu Tag bitte rer werdenden Kampf um die nackte animalische Exi stenz. führt, mit Wut und Trauer im Herzen zusehen muh. wie unsere Jugend körperlich und seelisch ver kommt, wie das Gebäude unserer deutschen Kultur in Trümmer fällt, sitzt am Rhein eine Armee von Schlem mern, der nichts zu teuer, nichts zu selten ist, weil sie, vom Schweiße eines darbenden Volkes lebt. Durch Besahungstruppen und -Behörden sind sage und schreibe 207 Orte belegt. Und wie diese Orts be legt werden, dafür nur ein kurzes Beispiel aus dem wi der jedes Recht besetzten Düsseldorf: aleich beim Ein zug der Truppen mutzten sofort 5—600 Offizierswohnun- gen beschafft werden. Für. die Unteroffiziere wurden ganze Häuserreihen belegt. Duisburg .nutz Offiziers wohnungen errichten, deren Kosten auf über 100 Mil lionen veranschlagt werden, außerdem Kasernenbauten, die ebenfalls über 10Ü Millionen Mark verschlingen. Nun erst die Anforderungen, die an Einrichtung und Umfang der Wohnungen gestellt werden. Ter General Percin brandmarkt die irrsinnig? Verschwendungssucht seiner militärischen Kollegen in der „Ere nouvelle" vom 2j>. 11. 22. Tas> ist begreiflich, denn sein Kollege in Wiesbaden im ehemals kaiserlichen Schlosse nimmt für sich und seine Familie in Anspruch,: 5 große Salons, einen Tpetsesaal, 4 Schlafzimmer mit Toilette, 4 Bade zimmer, 3 große Säle für Konzerte, Tanz und Bankette, sowie zwei große Empfangszimmer. Durch.Büros sind belegt: für Offiziere 33 Räume, für Sekretäre 21« für deren Dienstboten und Ordonnanzen 49. Für den Bri gadegeneral in Wiesbaden mußten 30 Verserteppiche gekauft werden. Für den kommandierenosn General in Mainz wurde außer dem großherzoglichen Schlosse noch «ine Sommerwohnung im Schlosse- Waldhausen bei Mainz requiriert. Und wie die Großen sich räuspern und spucken, so machen es die Kleinen nach. Kein Wunder, datz diese Armee von Blutsaugern die Seelen der Völ ker vergiftet und unsagbaren Hatz und Verachtung gesät hat. „Moralisch« Abrüstung?" St« ist unmöglich, so lange die schwarzen Horden tm Rheinlands Hausen, so lange doch, eine Maßlos gewordene Soldateska an einem Tag vergeudet, wofür zehntausende darbender deutscher Familien monatelang leben könnten. Tas , wol len wir der Welt immer wieder sagen, bis sie e» be greift, datz kein Frieden in der Welt möglich ist, solange di« Truppen am Rheine stehen. Auch ein anderes wollen wir zu gleicher Zett be weisen: daß nicht die deutsche Regierung Deutschland bankrott gemacht hat, sondern daß die Erpresser armee am Rheine daÄ verschlingt, waS die alliierten Staatsrüänner ihren Völkern als Reparation versprochen Haben. Für die jährlichen Kosten auch! nur einer Kom pagnie der Besatzungstruppen hätte ein französisches Dorf wieder aufgebaut werden können l Aeine Anleihe äer amerikanischen Negierung, Der diplomatische Korrespondent des „Laflh Tele graph" schreibtr Di« Regierung Eunv scheint zu glauben, da- .st« «in» groß« Anleihe direkt von der amerikanischen Re- Gerung bekommen wird. Tas ist ein grober Irrtum. Die amerikanisch« Regierung bemüht sich, ihre auswär- tig«n Guthaben einzuziehen, nicht aber neu« zu vergeben. Für ein« Private Anleih« aber müßte das Reich volle Sicherheit geben. Da» bautet, da- «S sich sowohl hinsichtlich der Währung wie der Besteuerung praktisch inneren Reformen unterziehen «MR und daß «s da» im MMand befindlich« Kapital zu« AchMehr-zwinge« muß. Deutschland Müßt« fern«« politisch« Garantien lie fern und Perstchevungsn ausi dem Gebiete der,tnter- nationaleü Politik abgeben, und «» müßte sich verpfltch- ten, jedem Pfennig abzuliefern, den eS! verdienen kann, um die gerechten ReParationSansprMe Frankreich» zu befriedigen. Ta» sind die Anschauungen verantwortli cher ammtkanischer Persönlichkeiten, di« sich bemühen, da« europäische Gleichgewicht wieder herzustellen. Aber alleü! da» kann nicht von einem Tage -um anderen durch einen Wink von Washington, erreicht werden. . Bisher kein« Antwort Frankreich« an Amerika. Nach einem Telegramm der „Central News" au» Washington, ist dort noch keine Antwort der französi schen Regierung auf den amerikanischen Vorschlag ein getroffen, wonach eine internationale Kommission von Finanzleuten die deutsche ReParationSfchuIL festsetzen sollte. Deutschland habe den Vorschlag angenommen. Die von dem Bankhaus Morgan dem deutschen Bot schafter Tr. Wiedfeldt erteilte Antwort, datz eine Anleihe für Deutschland nicht in Erwägung gezogen werde könn te, solange nicht die Reparationsfrage geregelt sei, ent spräche durchaus der Auffassung der Washingtoner Re gierung. , > Di« Bedingungen Frankreich». Obwohl nach der obenstetzenden Meldung unseres Be richterstatters Frankreich noch keine Antwort an Amerika erteüt hat. werden doch bereit» Frankreich- Bedingun gen genannt. Aus absolut sicherer Quelle erfährt man, datz die Regierung.der Vereinigten Staaten die Absicht hat, die europäischen Großmächte zu Beginn des neuen Jahres sinzuberufen, um einen letzten Versuch zu machen, einen endgültigen Reparationsplan ausdustellen. Die französische Regierung ist hierzu unter drei Be dingungen bereit: , 1. ES solle eine offizielle UntersUchungskommiMon damit beauftragt werden, genau festzustetlen, unter wel chen Bedingungen und bis zu welchen Grenzen Deutsch land Reparationen zu zahlen imstande ist. 2. Wenn ein den Bedürfnissen Deutschlands entspre chender Reparationsplan aufgestellt ist und die europä ischen Regierungen sich darauf geeinigt haben, dann kön nen die Bereinigten Staaten von Amerika die Versiche rung abgeben, datz die amerikanischen Bankiers bereit sind, eine Anleihe aufzulegen, 'und zwar zugunsten Deutschlands, damit dieses seine Schulden an die Alli ierten bezahlen kann« " 3. Außerdem würde di« Regierung der Bereinigten Staaten bereit sein, in eine Erwägung über eine Neu regelung der alliierten Schulden Amerika gegenüber ein zutreten, dH. datz die Bereinigten Staaten bereit sein würden, den einzelnen-Schuldnern besonders Erleichte rungen zu gewähren je nach dem Ergebnis besonderer von ihnen vorzuneHmender Prüfungen Ur den einzelnen Ländern. ' § Der neue Gelreiäeumlagepreis unä äie Brotverteuerung. Der Preis für das dritte Sechstel der Getreideumlage ist nunmehr von der Reichsregierung bekanntgegeben worden. M stellt sich rund als eine Versechsfachung des Preises für das erste Umlagrdrittel dar und die Regierung errechnet in dem aus führlichen Kommentar die sich daraus ergebende Verteuerung des Brotes auf eine Steigerung des bisherigen Brotpreises um etwa zwei Drittel. Die Berechnung des neuen Nmlageprei- ses hat außerordentliche Schwierigkeiten bereitet und ist so zu stande gekommen, daß ein Durchschnitt gezogen wurde aus der Zahl, die in dem Zwanztgecausschutz die Mehrheit gefunden hatte, aus dem sogenannten landwirtschaftlichen Index und aus dem um einen Zuschlag von 85 Prozent verringerten freien Marktpreis. Zu dieser Summe kommt noch ein Zuschlag da man den bisherigen Umlageprets als zu niedrig anerkannt und eine Nachzahlung bewilligt hat, die ssdoch nicht auf einmal vergütet, sondern auf die noch ausstehenden vier Sechstel ver teilt werden soll. Da» Ergebnis dieser Berechnung ist ein Preis von 165 000 Marh für Roggen und entsprechende Abstu fungen für dir > anderen Getreidearien. Trotzdem man die ernste Mühe und die Gewissenhaftigkeit anerkennen mutz, mit der, die Regierung sich an die Lösung dieser außerordentlich schweren lund bedeutungsvollen Aufgabe gemacht hat, war dorauSzusehen, datz sie Kritik nach beiden Seiten erfahren werd und dies« Kritik hat auch sofort mit großer Lebhaftigkeit «Inge- setzt. Den agrarischen Interessenvertretungen ist der n»ue Preis zu niedrig, trotzdem er fast zwei Drittel des freien Marktpreises erreicht, den sozialistischen Parteien und Organi sationen erscheint er viel zu hoch, da nach ihrer Auffassung die Landwirtschaft am freien Berkaus so gute Geschäfte, macht, datz Line Versechsfachung de» nach sozialistischer'Meinung schon übermäßigen bisherigen Umlagepretse» nicht gerechtfertigt ist. Die sozialdemokratische Press« erhebt von neuem schwere Vor würfe gegen die Reichsregierung und betont, da- nach ihren Berechnungen mindesten» eine Verdoppelung de» Vrotpr«tses ju erwart«« s«i. Li« Erregung, die so auf Leiden Setten laut wird, zeigt, wie notwendig dt« mahnende« Wort« find, mir denen di« offiziell- Bsaründung de» RegterungkntschlusseS und auch ein« persönliche Kundgebung de» neuen RetchüernäLrungS- Ministers sich an die Bevölkerung wenden. Rameruuch »st zu Lossen, daß diese eindringlichen Wort« bei der Landwirtschaft Bexstäckmi» finden und daß der um einen Monat früher ange- legte Ablieferungstermin für dvß dritte Sechstel «megehalte« wird. Auch unter Berücknchttgung der in Aussicht stehenden Hilfsmaßnahmen bedeutet dir neue Brotverteuerung eine so schwere Belastung der Allgemeinheit, daß st« nicht daneben noch Jnteressenkampfe ertragen könnte, wie st« au» ei»« ein zelnen Lagern herausbeschworen werden sollen. Der RercheernShruns-minister spricht. Im.Anschluß an de« Beschtutz der «ebch^egiemuHz stellt un» der Reichsminister für Ernährung und Land wirtschaft Dr. Luther, der eS sich zur Ausgabe gemacht hat ein besseres Verständnis! zwischen Stadt und Land nach Kräften zu fürder«, nachstehenden Artikel zur Lev- Wgungr ks'ist der OeffenMchDeN bereit» bekannt geworden oder wird gleichseitig mit dem Erscheinen dieses Ank» satzeS bekannt, datz die Reichsregierung den Preis für de» Roggen, den die Landwirtschaft auf Grund des Umloge- getreidegesetzes zu kiefern verpflichtet ist auf 165000* Mark di« Tonne festgelegt hat.. G^enüber dem bishe rigen Preise ist dies eine sehr erhebliche Erhöhung. Di« Erhöhung erreicht indessen in keiner Waffe den freie» Markyrreis, der sich am 1. Dezember, dem mittleren Tage der Ablieferung «Periode, nach Berlin« Notierui^ auf 263 000 Mark stellte und heute annähernd die gleiche Höhe hat. Der Erhöhung de« Getreidepreffes «utz eiue Erhöhung des Brotpreise» sdlgen>da da» ReÄH außerstande ist. den Unterschied auf sich zu nehmen. Die Brotpreiserhöhung wird indessen nicht annähernd der Getreidepreiöerhöhckdg entsprechen, sonder» der Mehr preis des Umlagegetreide» wird von sich auch unmittelbar nur eine Steigerung auf etwa das Zweidrirtelfache des bisherigen BrvtpreiseS Hervorrufen. Denn La der Brot- Preis sehr erheblich vor» Preise des bereit» beschafften Auslandsgetreides bestimmt wird, so hat die schliimne Valuta-Entwicklung: der letzten Monate bei der Gestal tung .des BrvtpreiseS durchaus die Führung. Dazu kom men andere (ebenfalls auf der Geldentw icklung. beruhen de) Ursachen, wie .Frachtsteigerung, Beförderungskosten in den Kommunalverbänden, Mahlkpsten, Backkosten usw. Nie schwere Belastung der verbrauchenden BÄiMerung, deren genaue» AuSmatz danach noch unbekannt ist, durch die Brotpreiserhöhung bleibt jedenfalls bestehen. Die Regierung Lat tunlichst Vorsorge getroffen, damit das Einkommen der werktätigen Bevölkerung, der Beamten, der Sozialrentner usw. auf die für den 15. Januar zu erwartende Brotpreiserhöhung nach den dann geltenden Verhältnissen die erforderliche Rücksicht nimnrt^. Es un terliegt keinem Zweifel, datz viele Einzelne aus^dem Zu sammenbruche unserer Mark einen persönlichen Nutzen gezogen haben, der sie als Schädlinge unseres Volks lebens erscheinen läßt. Gegen diese Schar der Schieber und Wucherer mutz und soll mit al ter Schärf« de» Gesetzes! vvrgegangen wer den. Aber die Grundlinie der ganzen unglücklichen Ent wicklung der letzten Monate ist die, datz sie auf dem Zu sammenbruch der deutschen Währung beruhende Geld entwertung sich auf jedem Lebensgebiet auswirkt. D^se Entwicklung kann auch vor dem Brotgetreide nicht Halt machen. . ! Nun war gewiß die Absicht des Gesetzes, durch, da» den Landwirten die Berpflichtüng_zur Ablieferung einer llmlagv an Brotgetreide auferlcgt ist, die, für die große Masse der Bevölkerung ein Brot zu erträg lichen Preisen zu! sichern. Ob der Weg des Umlagegs- setzes dazu der richtige war, steht nicht mehr Lur Erörte rung. Auch die Sachlage, die sich aus einer etwaigen Tuuerbchserung unserer Mark ergeben würde, kann jetzt nicht geprüft werden. Heute muß das Umlagegesetz sach gemäß durchgeführt werden. Zu seiner sachgemäßtgen Durchführung aber gehört auch, daß den abliefernden Landwirten ein Preis gezahlt wird, der ein einigerma ßen vertretbare» Verhältnis zum Werte des Papiergel des hak, mit dem bezahlt wird, und der dadurch Vie Aufrechterhaltung der Brotgetreideertzeugung gewährlei stet. Li» Zalhlunü eineSMu geringen Preise» ruft schwerö.Vvlktztvirtschaftliche Gefahr«« yerdor, die e» zu bannen gilt. Kür jeden, der irgjendtzine Ware zu verkaufen Hat, ist durch die rasend« Geldentwertung die bös« Sachlage entstanden, datz! «r, wenn bei der Preisbemessung auf die Wiederbeschaffung Nicht hinreichend Rücksicht genommen werden durste, au» dem Erlös der war«, seinen Warenbestand nicht wieder auffallen tonnt«. Lieser Sachverhalt ist vom Standpunkt de» Volt-wvhleS au« vertretbar, soweit es sich um Wa>t ren handelt, die für Pa» täglich« Leben nicht erforderlich find und auf deren Bezug die deutsch« Bevölkerung Un« ter dchn Druck unsere» harten Schicksals verzichten mutz. Soweit ab«« lebenswichtig» waren in Bewacht kommen, mutz «in NuMveg gesund«« werden, um di» Wieder-ero«- fchaffung dm War« zu ermöglich««.»