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Dienstag, äen iv. September 7S2S Nr. SIS 17. Jahrgang vor ¬ erst« Drittel sei notwendig, da di« Geldentwertung die Preis« vr freie» Getreide gewaltig gesteigert habe. Dagegen erhoben Vertreter der sozialistischen Parteien lebhaftem Widerspruch. Der sächsisch« Wirtschaftsminister Fellisch getonte, daß der Uusschuß keinerlei Recht hab«, über die Preis« des ersten Drittel» Beschlüsse zu fassen. Der Ausschuß habe nur eine Begutachtungstätigtett für di« Preise des ersten und zweiten Drittel». Der unabhängige Sozialdemokrat Hertz betonte, der Beschluß einer Erhöhung für das erste Drittel müsse von entscheidender politischer Bedeutung für di« künftige Stellung der sozialistischen Parteien zur Regierung sein. Hierzu meint der Vorwärts, der Augsburger Parteitag werde sich bei dieser Sachlage wohl die Frage vorlegen, ob es angesichts einer solchen Koalitionspolitik möglich sei, die Umtriebe einer erstarkenden Privatwirtschaft mit dem Namen und dem Ansehen der Partei im Reichstage zu decken. Reichsbankpräflöent Havenstein aus Lonöoa zurück. Der Retchsbankpräsident Havenstein ist gestern aus Lon don wieder in Berlin eingetroffen. Einzelheiten über das mögliche Ergebnis der Mission sind noch nicht bekannt, doch schließt man aus der schnellen Rückkehr Havenstein» auf einen glatten Verlauf der Verhandlungen mit den zuständigen Stellen der Bank von England. Kurze Zett nach seiner An kunft begab sich Hayenstein zum Reichskanzler Dr. Wirth, dem er über die Londoner Verhandlungen ausführlich Bericht erstattete. Für nachmittag war eine Sitzung des Reichskabinett» anberaumt, in der Havenstein ebenfalls über seine Beratungen in London Mitteilungen machte Heute vormit ^ ausstchtlich das Retchskabinett zu einer SttzunF zusammen treten, um sich mit dem Ergebnis der Verhandlungen Haven stein» zu beschäftigen. Nach Abschluß der Beratungen de» Reichskabinett» soll sogleich die Beantwortung der belgischen Note erfolgen. Retchsbankpräsident Havenstein war auf seiner Reise vom Staatssekretär Schröder begleitet. Der Aampf um höhere Getreiäepreise. Der Ausschuß zur Festsetzung der Preis« für Umlage getreide hat am Sonnabend mit elf gegen drei Stimmen bet Stimmenthaltung der sozialistischen Mitglieder und der Drutschnationalrn beschlossen, di« Umlagrpretse entsprechend den Indexziffern für August, September und Oktober festzu setzen. Di« Durchführung diese» Beschluss««, der «in« Ver vierfachung de« vom Gesetz für da» erst« Drittel der Umlage festgesetzten Preis,F bedeutet, wurde von der Regierung unter- stützt. Zu Beginn der vuischußsitzung «klärt« der Reichs- »rnäbmngsmtntlter «ine Erhöhung der Preise für da» Arbeitsstreckung statt Entlassung. Bei Gefahr von Betriebseinschränkungen. Das Reichsarbeitsministerium teilt mit: Die wirtschaft» iche Unsicherheit infolge des Marksturzes und insbesondere die Erschwerungen im Bezug ausländischer Rohstoffe haben tellenweise die Gefahr einer Verminderung der industriellen Tätigkeit nahe gerückt. Dies gibt Anlaß, darauf hinzuweisen, daß die Bestimmungen Über die Pflicht zur Arbeitsstreckung noch in Kraft sind. Nach 8 12 der Verordnung vom i2. Februar 1920 (Reichsgesetzblatt Seite 218) dürfen Ent- assungen zur Verminderung der Arbeltnehmerzahl nur vor genommen werden, wenn dem Arbeitgeber nach den Ver hältnissen des Betriebs keine Vermehrung der Arbeitsgelegen heit durch Verkürzung der. Arbeitszeit (Streckung der Arbeit) zugemutet werden kann. Hierbei braucht jedoch die Wochenarbeitszeit eines Arbeitnehmers nicht unter vier« undzwanzig Stunden herabgesetzt zu werden. Gegebenenfall» kann der Arbeitgeber Lohn oder Gehalt der verkürzt arbeitenden Arbeitnehmer entsprechend herabsetzen, jedoch erst von dem Zeitpunkt an, an welchem ein« Entlassung der betreffenden Arbeitnehmer hätte erfolgen können, wenn di« Arbeitsstreckung nicht Platz gegriffen hätte. Die Vorschriften über Arbeitsstreckung gelten nicht bei Entlassung von Arbeit nehmern, die nur zu vorübergehender Aushilfe oder für einen vorübergehenden Zweck angenommen worden sind. Soweit Entlassungen erfolgen müssen, sind nach 8 13 der genannten Verordnung für die'Auswahl zunächst die Betriebsverhältnisse maßgebend, sodann Lebens- und Dienstalter, sowie der Familienstand des Arbeitnehmers. Besonderer Schutz ist für Kriegsbeschädigte, Kriegshinterbliebene usw. vorgesehen. Für Streitigkeiten, die aus der Anwendung dieser Bestimmungen entstehen, sind die Schltchtungsausschüsse zuständig. Eine ckemokratlfche Wirtschaftstagung. Am IS. und 17. Sept« mb er Hat in Eisenach dl« Hauptversammlung de» Retch-auSschusse» für Handel, Industrie und Gewerbe der Deutschen Demokratischen Parket getagt. Für alle di« zahlreich , au« allen Teilen de« Reiche» erschienenen Teilnehmer — 282 Stimm berechtigte — sterben diese beiden Tage in dauernder Erinnerung bleiben. Kam doch hier selten» der Kreise de» deutschen Wirtschaftsleben», die sich! rückhaltlos zur demokratischen Republik bekennen, ein tief innerliches Bekenntnis der nationalen, kulturellen und wirtschaft lichen Gemeinschaft aller Volkskräfte zum Durchbruch, wurde doch hier ein klare» Bekenntnis dafür abgegeben, daß Ziel und Streben alle» wirtschaftliche» Handelns erst seine Weihe und seinen wesentlichen Inhalt dadurch erhalte, daß es dem staatlichen und kulturellen Fort schritt dient. Geh. Rat Wieland'» der Vorsitzende des Reichs ausschusses, betonte in seiner Eröffnungsansprache, wie park die sittNchie Verpflichtung des privatwirtschaft lichen Unternehmers ist, wenn er heute in all den Wirt- jchastsnöten sein Recht fordert und darauf dringt, daß die Grundlagen seiner Existenz' und seiner Wirksamkeit: Arbeit, .Kapital und ' Unternehmerinitiative erhalten bleiben. Der Abg. Dr. Fischet, der zum Schluß der Tagung die Ergebnisse der Referate zusammenstellts, konnte mit Recht diese Gedankengänge als das Ergebnis und die tiefe wertvolle Gabe dieser Tagung an jeden einzelnen Teilnehmer bezeichnen. Die besondere Bedeutung der Tagung kam auch da durch, zum Ausdruck, daß zahlreiche Führer des deut schen Wirtschaftslebens sich! unter den Teilnehmern be fanden. So sah man u. a. die Reichstagsabgeordneten Bahr. Dr. Dernburg, Dv. Fischer, Gothein, Keinath, v. Siemens, Wieland, die Mitglieder des Reichswirt- schaftSrateS Bartschat, Lr. Grund-BreSlau, Dr. Kotzen berg-Frankfurt a. M., Professor Schwalenbach, Vögele- Mannheim, Dr. Zeitlin, den Partetvorsitzenden Sena tor Dr. Petersen, den badischen Staatspräsidenten Hum mel, die FinanzmtnWer Heinrich! (Hessen) und Dr. Schall (Württemberg) usw. Der Abg. Dr. Fischer-Köln hatte in seinem Referat zum Geschäftsbericht des Aus schusses Vvrangestellt, daß 'heute alle unsere Wirtschafts und finanzpolitischen Maßnahmen in ihrer Auswirkung doch beherrschend bestimmt werden von den Fragen der Reparationspolitik und, de» internationalen Schuldem auSgletchs. Wenn es jetzt gelinge, eine Atempause zu gewinnen und auf ein« Reche von Monaten hinaus die deutsche Wirtschaft vor dem dauernden Abfließen wert vollster Kräfte in das Danaidenfaß der Reparations verpflichtungen zu bewahren, so müsse di« deutsche Wirt schaftspolitik in dieser kurzen Spanne Zell wirksame Maßnahmen ergreifen, um wieder Ordnung in die Wirtschaft zU bringen und die Lebenshaltung des ge samten Volkes unserer wirtschaftlichen Lage entsprechend etnzustellen. Nicht durch! unendliche» Diskutieren die Zett vergeuden, sondern praktisch und energisch, mit Post-« ttven wirtschaftspolitischen Maßnahmen die Zeit aus kaufen r das sei die Ausgabe der Industrie. Im ein zelnen gab Dr. Fischer einen Uieberbltck über die Mit dem.Problem der inneren Goldanleihs zusammenhän genden Fragen^ besprach! die vielerörterte Wiederein führung des Bankgeheimnisses und die Aufhebung de» TjepvtzwangeS, deutete die Schwierigkeiten der Aktivt- sterung unserer Handelsbilanz an und forderte insbe sondere im Verfolg seiner bekannten gesetzgeberischen An träge die Schaffung einer stabilen RechnungSetnheit für da» deutsche Wirtschaftsleben al» Voraussetzung seiner Gesundung. — Ter zweite, für die Hauptversammlung di« Grundlage ihrer Aussprache bildende Vortrag von Professor Schwalenbach MeS darauf hin, daß Wahr heit und Klarheit wieder in die Betriebsrechnungen vtnziehen und daß die Wirtschaft, wenn auch der Geld, wert noch unter schwankenden Beeinflussungen leide, doch «inen stabilen Rechjnungsfaktor erhalten müßte, da mit wir für un» selbst und für da» Mu»land eine klare Erkenntnt» über den Ertrag unsere» volkswtrtschaftlt- chen Schaffen» erwerben. Er wie» auf di« Folgen der Geldentwertung im Zusammenhang mit den Gchuld- Verhältnissen hin, besprach di« Aushöhlung .und Zer- mürbung der Position der Leihkapitalien, nm auf die weiteren starken wirtschaftspolitischen und im engeren Sinne Produktion «politischen Gefahren aufmerksam zu machen, die darin liegen, daß durch, eine unklare, ver schwommene Preispolitik für alle Unternehmungen, fast tobe» Geschäft zu einer Kräfte- und «ubstanzhergab, von Teilen de» Unternehmungskapital» werde. — Eine sehr lebhaft« auch noch dte FEiunden VS» zweiten Vev- handlunjAtage» in Anspruch nehmende Aussprach« brach te zahlreiche Anregjungen au» den «reifen der Tetlnetz- mer Md war «in deutlicher Bestes» für VW lebhafte Der jozialäemokratische Parteitag in Augsburg. Da» Leitmotiv dv» sozialdemokratischen Parteitage» Warr große Koalition von der Sozialdemokratie bi» zu« Deutschen Volk-Partei, von Swefemann bi» Schetdemann. SW ist in Preußen Wirklichkeit geworden — urü> man hat mit ihr keine schlechten Erfahrungen gemacht — km Reiche hat man sich nah« am Ziel au-einandergeredet, vielleicht, wett innerhalb der Deutschen Volk-Partei we sentliche Voraussetzungen nicht «ingetroffen find. Da beherrschende Leitmotiv de» Parteitage» von Augsburg, der Mit einem BegrÄHungSabegd eröffnet worden ist, 'lautet: Sozialistische Einigung. E» wird im mer wieder angeschlagen r in der Begrüßungsrede de» Augsburger» Simon, kräftige? und tönender in der politischen Rede de» Parteiführer» Müller.Franken. m dem Telegramm de» Reichspräsidenten Ebert, in dem e» heißt, daß die Einigung Heut» mehr al« 1« ein« Le bensfrage der Arbeiterschaft, aber auch, ein dringend»» staatWatttische» Gebot fei. L» wird fortgests^ in den positive Mitarbeit und für den starken Vetätigung'r- wtllen, der die Kreis« de» RebchSauSschusse» beseelt Lite Tagung wurde mit einer wirtschaftlichen Kund gebung abgeschlossen, zN de« auch noch' Hunde«« von Parteifreunden au» Thüringen al» Gäste Erschienen. i )ier sprach zuerst der Parteivorsitzende Senator Peter- en. Er betonte mit Nachdruck, daß di« Deutsche De- mokratische Partei berufen sei, die hohen tzdeale de» allen LtberattSmü» im neuen Deutschland zu verwirk- tchen, und daß sie auf wirtschaftlichem Gebiete einen ozialen Geist zur Grundlage aller ihrer Arbeit zu machen habe. Er feierte den erfindenden Geist de» Ein- zelunternehmer» al» die Keimzelle aller aufstrebenden virtschaftlichen Entwicklung und wies darauf hin, iU wie ungeheurem Maße der wirtschaftliche Aufstieg die nationalen und kulturellen Entfaltungsmöglichkeiten eines Volkes befruchte. Sein warmer Appell an die in )er Deutschen Demokratischen Partei vereinigten Wirt schaftler, auch weiterhin treue und unbeirrbare Weg genossen der Deutschen Demokratischen Partei zu sein, wurde mit stürmischem, immer wiederholtem Beifall ausgenommen. Ter Reichstagsabgeordnete Keinath sprach dann noch über die Gegenwartsausgaben der deutschen Außen- »andelspvlttik. Hier liege eine der wenigen Möglich keiten, wo mit eigener Initiative und mit eigenen un eingeschränkten Kräften der Wirtschaft neue Aufstiegs möglichkeiten bereitet werden könnten. In klaren Richt linien zeigte Keinath die Bedingungen solcher Welt-" wirtschaftlichen Aufbaupolitik, um unter starkem Bei fall der Versammlung festzustellen, daß auch hier das höchste Gebot Geltung habe, daß jedes Streben des Ein zelnen Recht und Inhalt erst durchs seine Wirkung Für das Staatsganze erhalte. — Der daran anschließende Vortrag des Abgeordneten C. F. voü Siemens über Probleme der deutschen Jndustriepollttk war von einer auf Pie Versammlung tiefsten Eindruck machenden in neren sittlichen Kraft getragen. Siemens zeigte in sel tener Klarheit di« Quellen de» geminderten Ertrages unseres volkswirtschaftlichen Schaffen» und die unge heure Tragik^ die sich heute in den Geschicken de» deut schen Volke» und der deutschen Wirtschaft vollzieht. Tief ergreifend war die Wirkung der Schlußworte sei ne» Vorträge», .in denen er an Deutschland» Wirtschafter und an die VvlkSgesamtheit den Appell richtete, durch hingebende Arbeit und durch die Einstellung des Ein zelnen auf Pie hohen nationalen Pflichten die innere politische Grundlage dafür zu schaffen, daß der gegen wärtigen Generation die Ueberwindung schwerster Not ermöglicht werde, damit einst kommende Geschlechter an erkennen. daß die heutigen Wirtschafter zum Besten des Staates und zum Besten der nationalen und kulturellen Zukunft Deutschlands ihre Pflicht erfüllt haben. LüS züsammensassende Schlußwort der Kundgebung, da» der Abg. Dir. Fischer sprach, griff diesen ethischen Appell auf. Die Verlesung der nachfolgenden von ihm vorgelegten Kundgebung löste immer wiederholten stür mischen Beifall aus, der sich nochmals steigerte, al» zum Abschluß der Tagung Geh. Rat Wieland die einstimmige Annahme diese» Appells der demokratischen Wirtschafts tagung an Deutschlands Wirtschafter feststellter Die Eisenacher Tagung de» ReichSauSschusse» für Handel, Industrie und Gewerbe der deutschen Demo kratischen Partei war von der ernsten Uebevzeugung beherrscht, daß die Gesundung de« deutschen Wirtschaft und damit der Wiederaufbau de» deutschen Staates die Hingabe aller sittlichen Kräfte der BolkSgesamt- heit zur Voraussetzung hat. Mus dieser Erkenntnis heraus richten die im RetchsauSschuß vereinten demo. kratischen Vertreter von Handel, Industrie und Ge werbe die eindringlich^ Mahnung an alle Kreise de» erwerbstätigen Deutschlands, diesen sittlichen Willen durch ein staatsfreudige», opferbereite» Bekenntnis -um neuen republikanischen Deutschland zur Tat wer- den zu lassen. Stärker al« bisher müssen alle an der Wirtschaft Beteiligten da» eigene wirtschaftliche In- teresfe in den Dienst der Gesamtheit stellen und durch würdige Einfachheit auch in der Lebensführung den Ernst der Zsti bekunden. WUDU* DMUUW^ e»,»n DPiGIDGWe — UffMßßPI WIMIGWG» M DHNG HG.GG M>Ne Hiß r»l»»i«»m», regetlatt fix>»»r»»zl»ß». Pkthallevä äi» amtliches P-kaantmachongen ör» Kat»» öW Gtüöt uaö äs» BisttAEWlchtO Dgtz. peMuk-Keme» fimi Qtp-P a». ise«