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Mer Tageblatt Sonnsbenä, 6en 2ö. August 1S22 Nr. ISS N. Jahrgang . . .. ftell»m—wch -- m,„. MM H VMMG MHHHG P'MM. -,»m.. «l, R-.I'«„, IU MI LI I I UM IN I M DH MM/' I* MIT >M I U* UM U< Um,.,..,» «.„ Mae». ,,»fa,Ma»Ittt„»lep,»»a,st,ttea U MM M^H^^ M MM M MM M M^ WM^M »-„!„-« 4« M-,k,R'N,»-p'tU- „«„„».-«,»»'I-t »"««,»«. X ,«»« ^-Man »«, ,n»,«,«>»„ D—kstlkblh » Rn^hIuA Ar, «I, I Sbllffia «»Ifp'ichint'i Rabatt. r,l,g,amm„ -»„blatt ft»—»«d,r„. enthalten- -!e amtlichen Sekonntmachungen -es Rate» -er Sta-t un- -es Amtsgerichts Rue. p.gsch,, Am« LNp,i« n». Die klbreise- Wo» miser«« »«Ne« Mttarbeiter.Z Die Herren Str John Bradburh und Mauclere ha- ven gestern nachmittag Berlin wieder verlassen und eine amtlich« Kundgebung berichtet über den Verlaut ihrer Besprechungen mit den deutschen Regierungsstellen sowie über den Charakter ihrer Abreise. CS ist üblich^, daß solche Verlautbarungen im beiderseitigen Einver- stündnts formuliert werden, und man kann darum die amtliche deutsche Mitteilung für zutreffend halten. Na türlich werden die französischen Agenturen und Korre spondenten ihre besonderen Interpretationen drahten, aber «S scheint wirklich nicht nötig zu sein, sich darüber besonders aufzuregen. In der amtlichen Mitteilung befindet sich zunächst die Feststellung, daß die Besprechungen zu Ende geführt worden sind. Wenn Worte einen Sinn haben, dann kann das nur bedeuten, daß die in ihrem begrenzten Zwecke geführten Beratungen ein norma.es Ende gefun den haben. Der Bericht stellt freilich fest, daß bi- jetzt ein positives Ergebnis nicht vorliegt, jedoch sind ver schiedene Anregungen gegeben und geprüft worden. Be sonders wichtig ist die weitere Feststellung, dag der haupt sächliche Zweck der Entente-Abgesandten der war, sich über die gegenwärtige Lage Deutschlands zu unterrich ten. Die Vertreter der Reparationskvmmisiion glauben, jetzt in der Lage zu sein, der ReParationSkvmmission darüber umfassende Auskünfte geben zu können, sowie die Reparationskommission über die „Anregungen" zu unterrichten. Offenbar handelt es sich bei diesen An regungen um die „Gegenvorschläge", von denen be sonders in der Pariser Presse die Rede war Es stellt sich jetzt heraus, daß diese Anregungen von oen Entente vertretern nicht abgelehnt worden sind, wie selbst ge wisse Berliner Nachrichtenstellen behaupteten. Aus der ganzen Situation Deutschlands und den Zuständen in den gegnerischen Ländern, besonders Frankreich, ergibt sich, daß die Lage nach wie vor nicht leicht ist. Aber gerade in einer solchen Atmosphäre ist es schon wichtig, wenn kein Abbruch der Verhandlungen erfolgt. Die deutschen Anregungen sind sicher von ernster Bedeu tung. Tas geht schon daraus hervor, daß über sie eine besondere Kabinettsfitzung unter dem Vorsitz des Reichst. Präsidenten stattgefunden har. Nach dieser Kabinetts sitzung hat der Reichskanzler die Abgesandten der Re- parattonskommission erneut empfangen. Der Bespre chung haben der Reichsfinanzmintster Hermes und der Staatssekretär Bergmann beigewohnt. In ihr sind die Vertreter der Reparationskommission bereit gewesen, die deutschen Anregungen der Reparationskommission zu Übermitteln. Ob jetzt die Reparationskommisston al lein entscheidet oder ob man noch deutsche Sachverstän dige für gewisse detaillierte Auskünfte hinzuziehen wird, scheint noch nicht festzustehen. < Ueber den Charakter der deutschen Anregungen ver lautet offiziell und offiziös garnichtS. Aber man geht Wohl nicht fehl in der Annahme, daß Deutschland eine Atempause für sich angeregt hat, die allermtndvst bis zum Ende deS Jahres dauern mutz. In dieser Zwischenzeit verlangt die Entente Garantien. Tw der Rest per Barzahlungen Belgien hätte zugute kommen müssen, so würden sich gerechterweise die Garantien darauf beschränken müssen, Belgiens Ansprüche irgend wie sicherzustellen. Frankreich fordert auf Grund des Friedensvertrages Kohle und Holz» die eS auch erhalten wird. Aber auch ihm wird man Wohl eine für uns erträgliche Sicherheit angeboren haben. Au» den Verhandlungen der ReParattonSkommission, die am Montag wieder zusammentritt, dürfte man erfahren, um welche Art der Sicherheit eS sich handelt, die man Frankreich gegeben hat. GS ist nur zu hoffen, daß die Börsenkreise zu Be ginn der neuen Woche nicht wieder in die alte Nervo sität zurückfallen. Ter Abschluß der Berliner Verhand lungen hat erwiesen, daß die Treibereien am Devisen markt völlig unberichtigt gewesen sind. Tatsächlich stürzt« denn auch gestern der Dollar von 2600 plötzlich auf 1880 Mark herab. Selbstverständlich ist auch.die in diesem Satze zum Ausdruck kommende Unterbewer tung der Mark noch völlig unberechtigt. Die wahn sinnig« Hinauftreib erst ist nur entstanden durch die irrsinnigen Gerüchte, die täglich herumgetragen wur dest. Zn erster Linie trägt die Schuld daran, die fron- zöstsche Presse. GS ist verdienstlich, daß von amtlicher deutscher Seit« Poineare eine Antwort gegeben wird, aber man hätte dabei die französisch« Press« nicht ver gessen dürfen. Hoffentlich werden die deutschen Aus führungen gegen den französischen Ministerpräsidenten von der Reparationskommisston nicht wentger beachtet, al« die deutschen Anregungen. Die übrigen» von Ra- thenau genau so berechnete Vorleistung Deutschland« von üb« 100 Milliarden Goldmark, stellt ein Drittel de» ganzen deutschen Nationalvermögens vor dem Kriege dar. Wie man nach einer schematischen und gründlichen Ausraubung eines völlig erschöpften Landes von bösem Willen reden kann, ist eine Rohheit,, die ihresgleichen sucht. Zumal dann, wenn man diesem ausgesogenen Lande obendrein noch durch das Unmatz der Forderungen jede Kreditmöglichkeit genommen hat. Llohd George hat seinen Sommerurlaub unterbrochen, um wegen der ernsten Lage der Reparationsfratze in London anwesend zu sein. Man muß dringend hoffen, daß er seinen Vertreter in der ReparationSkommtssion jetzt onweist, das Moratorium unter anständigen Be dingungen zur Tat werden zu lassen. Voincare hat Europa an den Rand einer Katastrophe geführt, und nur wenn in der Reparationskommission jetzt die Ver nunft die Oberhand gewinnt, ist die Katastrophe noch abzuwenden. Hoffnung auf Fortsetzung äer Verhanälungen. Die gestrige Kabinettssitzung, die um 10 Uhr be gann, dauerte ungefähr bis */,1 Uhr. »/»I Uhr emp-, fing der Reichskanzler in- Gegenwart des NeichSfrnanz- ministcrS und des Staatssekretär» Bergmann Bradburh uno Mauclere zu einer letzten Besprechung. Dem neuen von deutscher Seite formulierten Vorschlag soll das Kabinett seine Zustimmung gegeben haben. Tie Vertreter der Reparationskommission sollen sich bereit erklärt haben, den deutschen Vorschlag nach Paris mtt- zumhmen, um ihn der Reparationskommission vorzu legen. Man glaubt über diesen Vorschlag zu wissen, daß er in folgenden zwei Punkten gipfele: 1. Eine Atempause für Deutschland in der Form eines Moratoriums, wenn auch nur bis zum Ende de» Jahres und ' " 2. Sicherheiten für Frankreich, daß eS jene Liefe ¬ rungen an Holz und Kohlen erhält, auf die e» aus dem Friedensvertrag und späteren Abkommen Anspruch er hebt und die ihn in einer für Deutschland erträglichen Form geleistet werden sollen. - Von unterrichteter Seite wird noch mitgeteilt, daß die Kreise der ausländischen Diplomaten und Politiker in Berlin in dem Verhalten der Börse und gewisser zu überstürzten Devisenkäufen schreitender Indu strieller eine höchst bedauerliche Unvernunft und Kopf losigkeit sähen. Daß die Moratoriumsverhandlungen sehr schwierig sind, sei selbstverständlich, aber die Berli ner Besprechungen seien, nachdem ein Moment der Spannung überwunden war, in einem durchaus faß lichen Tone und mit dem ausdrücklichen Bemühen, eine Verständigung zu erzielen, geführt worden. Tie end gültige Entscheidung konnte in diesen Besprechungen nicht getroffen werden. Mit einer Fortsetzung der Verhandlungen, die vielleicht nicht mehr in Ber lin stattsinde, könne man rechnen. das Kommunique. Di« offiziösen Besprechungen zwischen Sir John Bradburh und Mauclere einerseits, dem Reichskanzler und dem Reichsfinanzminister anderseits, die am letz ten Montag begonnen hatten, sind heute zu Ende ge führt worden und die Vertreter der Reparationskom mission sind nach Paris zurückge kehrt. Obwohl man nicht sagen kann, daß die Verhandlungen bi« jetzt ein positives Ergebnis gehabt haben, so sind jedoch ver schiedene Anregungen gegeben und geprüft wor den. Die Vertreter der Reparationskommisston glau ben jetzt in der Aage zu sein, der ReparationSkommts sion über die gegenwärtige Lage Deutschland» Auskunft zu geben, was der Hauptzweck ihrer Reise war und sie über di« eben erwähnten Anregungen zu unterrichten. Vk Katastrophe für Mitteleuropa. In der gesamten Londoner Presse spiegelt sich die große Besorgnis wider, die da» gemeldet« Scheitern der Berliner Verhandlungen und der ungeheure Sturz der Mark in England erzeugt haben. Tie Time» veröffent licht auf der Hauptseit« da» Schreiben «ine» erfahrenen Beobachters europäischer Angelegenheiten, der die Lage in Deutschland als sehr ernst bezeichnet. Wenn in Deutschland Hungerunruhen ausbrechen, werde Deutschland durch «ine wirtschaftlich« Katastrophe über- wälttgt werden, di« niemand werde «tndämmen, noch aushalt«n können. Was würde dann au» den jungen Ländern Mitteleuropa« werden? Daily Expreß sagt: Wenn kein Wunder geschieht dann ist Deutschland bankrott. Di« Hoffnung, daß im g«g«nwärtigen Augenblick Reparationen in bar von einem Land« erzielt werden können, dessen Finanzen sich in einem derartigen Ghao« bestnden, muß aufge- geben werden. Da« etn»ige Heilmittel sei di« Herab« setzung der Entschädigungssumme. — Daily Telegraph sagt: Die RetorsionSmaßnahmen im Elsaß haben Frankreich mehr Schaden zugeftigt al- Deutschland. Ein Strich dnrch 1914—1918 da» Best«. Ter Arbeiterführer DHomas erklärte gestern in einer Rede, wenn Oesterreich zusammenbräche und Deutschland ihm auf diesem Wege folge, iverde Frank- reich zehnmal schlimmer daran sein, all» jetzt. Gr hoffe immer noch, Frankreich werde vernünftig werden. LV einzige Mittel, um eine allgemeine Zusammenarbeit! der Nationen wieder herbeizuführen, sei seiner Mei nung nach, einen Strich durch die Jahre 1914 bi» 1918 zu ziehen und alle Bemühungen lediglich auf Pie Sache des Weltfrieden» zu richten. Ueberschichten im Bergbau. Bei den unter dem Vorsitz des Retchsarbeitsminister» abgehaltenen Verhandlungen mit den Bergarbeitern wurde vereinbart, daß für das Ruhrgebiet zum Aus gleich der im September zu erwartenden Teuerung eine Erhöhung der Schtchtlühne um durchschnittlich 150 Mark erfolgen soll. Ein weiterer Betrag von 140 Mark soll als Ausgleich der noch nicht abgegoltenen Teuerung in der zweiten Hälfte de» Monats August sowie unter Be rücksichtigung der Tatsache gewährt werden, daß die Bergarbeüerlvhne stets erst erheblich nach der Zett au»- gezahlt werden, in der sie verdient worden sind Außer dem soll das Hausstandsgeld vom 1. September ab um 3 Mark, das Kindergeld um 2 Mark je Schicht erhöht werden. Für die übrigen Kohlenreviere steht eine Eini gung über die Lohnfrage bevor. In Würdigung der außenpolitischen Lage und der volkswirtschaftlichen Bedürfnisse Deutschland» vereinbar, ten die Parteien ferner, daß die Bergarbeiter de» Ruhr- gebiete» vom 1. September an bi» aus weitere» a n drei Tagen der Woche im Anschluß an die regelmäßig« Schicht je zwei Ueberstunden verfahren werden. Die Bergleute sollen für dies« Ueberarbeit einen Lohn zuschlag von 50 v. H. erhalten. Dieser Zuschlag wird nicht durch Erhöhung de- Kohlenpreises gedeckt werden. Im übrigen sollen die Organe der Kohlenwirtschaft ' am 30. August über die Preiserhöhung beschließen, die durch die Lohnerhöhung notwendig wird. Für die übrigen Steinkohlengebiete ist der Abschluß von lieber- schichten-Abkommen, soweit sie nicht schon wie im Aachener Bezirk bestehen, gleichfalls zu erwarten. Dl« notwendig« Stelgernng d«r Kohlenpreis«. Die zustandegekommenen Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern im Kohlenbergbau werden auf der anderen Sette eine sehr wesentlich« Steigerung der Kohlenpreise im Gefolge ha ben. Wie au» industriellen Kreisen mitgeteilt wird, ist damit zu rechnen, daß im kommenden Monat der Zentner Kohlen ab Grube im Durchschnitt auf POO Mk, zu stehen kommen, dazu treten die Transportkosten, die jetzt ebenfalls erhöht werden, und die Verdienst spanne für Klein- und Großhändler, so daß sich hi« Kohle durchschnittlich auf 400 Mark für 80 Kilo stellen wird. In Verbindung mit der Erhöhung der Kohlenpreise steht auch ein« Preisheraufsetzung der Nebenprodukte, wie Teer, Teeröl, Benzol usw, Durch das Ueberschichtenabkommen hofft man jedoch die Ein fuhr von englischer Kohle erheblich herabmindern zu können. Im Januar diese» Jahres hat Deutschland für 148 Millionen Mark Kohle« au» England bezogen und im Juli war die Einfuhr auf.1108 Millionen Mark gestiegen. Im ersten Halbjahr sind für rund 2V, Mil liarden Mark englische Kohlen importiert worden. Lurch di« Mehrfvrderung hofft man, di« negative Sette der deuischen Handelsbilanz -um Teil beseitige»: zu können. Li« Reichsregieruug warnt vor Streik» wegen de» Ernst«» der Z«it. Bet den Besprechungen de» Reichskanzler» mit Füh rern der gewerkschaftlichen Spitzenorgantfationen über di« gegenwärtige Wirtschaftslage wurde von der Regie-j rung gebeten, glle Streikabstchten möglichst aufzugeben, namentlich solche Streik», die di« Er- nährung der Bevölkerung gefährden, und sich aller Ter rorakt« zu enthalten. Der Schaden, der'durch Land arbeiter. und TranSportarbetterstreik» in den letzten Wochen erwachsen ist, ist nicht wieder gutzumachen, ver lorene» Getreide muß im Ausland« gekauft werden und verschlechtert unsere Valuta noch mehr, verteuert di» Lebensmittel auf. Kosten der Gesundheit de» Volke». Angesicht» der schlechten Ernt« sind Streik», di« di» Ernährung gefährden, ein Verbrechen am Volk«.