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Sonnabenä, äen 4. MSrz 1S22 N. Jahrgang Mer Tageblatt MWD Anzeiger für -as erzgebirge WM »«»nfvrech-Anschluß Ne. »r. MM«« »*»««. L.i.gramm,, Lag.blatl ftu.rrzg^irg.. Eathaltra- -l» amtlich»« Sekanntmachungen -ES Nates -er Sta-t UN- -es Amtsgerichts Mr. poM»ck.»oni»r stmt tripzig a,. 144, Nr. S4 Das Wichtigste vom Lage. Der Reichstag nahm in seiner Frettagsttzung Has RelchSmtetengesetz mit 202 gegen 168 Stimmen in dr>ttter Lesung an. «Dagegen stimmten die TeutschnationcÜen, die Deutsche Volkspartet, die Mehr heit der Demokraten und ein Teil des Zentrum». er In Berliner diplomatischen Kreisen verlautet mit Bestimmtheit, daß der hauptsächlichste Bera tung »Punkt der Konferenz von Genua die 7 rvhe internationale Anleihe sein werde, durch cfte es Deutschland ermöglicht werden könnre, den y ur» seiner Währung zu stabilisieren. Gegen den Vorsteher de» GertchtSgefäng. lsseS in Naumburg, aüö dem der Oberleunant ^ittmar entwichen ist. wurde dad förmliche Disziplinarverfahren eingelettet. * In Frankreich steht man einer etwaigen De- > isston Llohd Georges mit Besorgnis ent gegen. Frankreichs Ein Kreisepolitik, lvon «nittrm Berlin«» Mitarbeiter.) Die Erkenntnis von der Notwendigkeit der geistigen mH wirtschaftlichen Umstellung ist infolge des immer neiier fortschreitenden Verfalls der Weltwirtschaft in England am weitesten fortgeschritten. Auch in den üb- rigeü Ententeländern verschließt man sich der Einsicht von der Abänderungsbedürfttgkeit des Ver, satller Vertrages nicht mehr, wenn man sich auch noch nicht wie in England so wett durchgerungen hat e, offen zu gestehen.' In Frankreich hat die Ver nunft erst in den WirlschaftSkreisen gesiegt: das offizielle Frankreich hängt nach wie vor mit klammernden Orga nen an dem VernichtuugSdokument «von Versailles, und die Walze der französischen Politiker spielt immer nur noch da» Lied mit dem Refrain r Garantien und Sank- tionen. Man darf gespannt sein, wie lange da» fran zösische Volk diese Politik der Täuschung und Betörung sich noch gefallen lassen, Witz bange e» noch in dem naiven Glauben zu halten, sein wird, daß Teulschl'and alle» zahlen könne und werde. Die Zeit wird kom men, da dem betrogenen französischen Volke dte Augen aus- und Übergehen, und dieser Tag wird e» sein, der faktisch und praktisch, mik der Revision de« Versailler Vertrage» beginnt. Vorderhand freilich sind wir davon trotz Cannes und Genua noch weit entfernt. Seit Poinear« Brtand, auf dem die Wucht der wirtschaftlichen Tatsachen trotz all seiner starken Worte nicht ohne Einbruch geblieben war, abgelöst hat, schmettern in Frankreich die Fan faren so hell wie je.« Poincckre ist der Abgott und Herold de» nationalen Bloch», di» kleinen Götter tuten in sein Horn und di« überwiegend nationalistische Kamji wer klatscht da'zu frenetisch Beifall. Man sieht weiße Mäuse und Gespenster, man uralt mit schreckenerregcn- den Gebärden immer wieder da« heimliche Heer Deutschland» an die Wand.daS furchtbare Heeri da» Deutschland trotz seiner Abrüstung durch den Geist sei ner Organisation sehr schnell auf die Beine stellen kanw. wie eben setzt wieder einmal in der Kammer gesagt wur de Man entdeckt Schriftstücke, die die Einrtchtun- nen de» künftigen deutschen Heere» auf» genaueste be schreiben und schreit am Ende natürlich, nach Garantien. Denn da» ist ja der Zweck der Hebung. Weitz der Htm- mel, was für einen Fetzen Papier man irgendwo ent- deckt hat. der zu diesem Ammenmärchen Anlaß Mb. Wahrscheinlich wird er ebenso hochbedeulsam sein, wie dte offizielle Artllleriesch tetzvorschrift. di« den Offensivkrieg in begeisternder Weise rühmt, die Potncare'am Mittwoch zwischen Fisch und Braten den englisch-amerikanischen Presseleuten servierte, um ihnen zu beweisen, daß da» fromme Frankreich beileibe nicht imperialistisch und militaristisch fei, datz «» aber nicht in Frieden leben könne, weil es seinem bösen Nachbarn- nicht gesällt. Nun handelt e» skch zwar bei dieser maß- Io» ausgevanschten Geschichte nur nm ein« ganz gewöhn liche Auebilvuugsvorschrist für die Artillerie, .'in der von einem Offensivkrieg nrtt keinem Wort die Red« ist — aber da» tut nicht». Deutschland ist wieder einmal! al» do» Karnickel hingestellt, und Poinear« ist der Mann dazu Kapital für neue Garant den darau» zu schlagen. Eben jene, Poinear«, der, wie au» den Dokumenten Is wolski» hervorgeht, in den letzten 'Frieden-hahren mttj Hilfe von ausländischem Geld« Pt« Krieg» stimm» ng in Frankreichs Hst «malisch g«schürt hat. Da» ist noch heut« der Geist de» offiziellen Frank» reich», da» in hysterischer Angst vor Deutschland jeden Abbau de» Haffs«» unmöglich macht, di» wett mit angeb lichen heimlichen Rüstung«» Deulschlandö in Atem Mt und dessen schlechte» Gewissen sich dagegen mit allen .Mit teln sichert. Daß Frankreich selbst das arützte Heer der Erde auf den Beinen hält, beruhigt e» nicht; daß e» die Kleine Entente al» Wächter rund um Dernsch- land» Ostgrenze (rufgestellt hat, schläfert seine Sorge nicht ein. und auch da!» französisch-polnische Bündnis, da» jetzt in Kraft getreten ist, wird Frank reich ebenso wenig veranlassen, eine versöhnlichere Po litik zu verfolgen. Dabei ist dieses Bündnis eine voll ständige Allianz in völkerrechtlichem Sinne, die wie der Presseattaches der polnischen Gesandtschaft in Ber lin selbst sagt, den Zweck hat ein starke» Polen zum östlichen Eckpfeiler der französischen Kontinentalmacht in Europa zu machen. Welche Wedemung er diesem Bündnis beimißt, geht daraus hÄrvor, daß er in diesem Zusammenhänge die polnische Politik selbst als eine re lative Friedenspolitik bezeichnet. Die Wirkungen diese» Bündnisse» haben sich offenbar auch schon bet den deutsch-polnischen Beratungen in Genf ge zeigt. Wenigsten» liegt der Schluß sehr nah«. daß dar- auf dte intransigente Haltung Polen» in Genf zurückzu führen ist. Wenn in absehbarer Zett nun auch noch der Beitritt Polens zur Kleinen Entente erfolgt, die auf der demnächst in Belgrad stattsindenden Zusammenkunft! sämtlicher Außenminister der Kleinen Entente Mit Pol-! Nischen Delegierten in Aussicht genommen ist. Und Po-1 len auch mit Finnland ein Bündnis singeht. was! ebenfalls in der Lust zu liegen scheint, so ist damit dir i Kette der Bündnisse tm Osten völlig geschlossen und» Deutschland» Einkreisung vollzogen. Frei-t lich wird auch davon keine Beruhigung Frankreichs zu i erwarten sein, so wenig wie von dem englisch.ftanzösi. > schon Garantievertrag r denn Frankreich, will nicht bc-5 ruhigt sein, will «s nicht wahr haben, daß es von Deutschland nicht» zu besorgen hat. Di« französische^ Rechnung hat aber doch ein Loch. Man weiß, daß Frank- < reich bemüht ist, auch mit Rußland wieder in Ftch- lung zu kommen und sich zu setvem Schützer aufzuwer- k sen. Tas Kunststück aber, gleichseitig Freund Rußlands land» und Polen» zu sein und sie beide unter einem Hut gegen Deutschland zu bringen, wird selbst der sran- züs ischen Etnkcetsungspolittk nicht gelingen. Ein sachliches Erfordernis. Im SteuerauSschutz ist wieder einmal eine Krise glücklich abgewendet worben. In letzter Stunde drohte ihr sogar eine empfindliche Verschärfung dadurch, daß ein Schreiben des RetchSfinanzminister» im Nebenamt Herme» an den Reichskanzler bekannt wurde, in den, er um eine Entscheidung darüber gebeten hatte, welches der beiden Ministerien er Nun eigentlich führen solle. Man sprach schon von einem Vorstoß Hermes gegen Wtrlh, und es hätte nicht viel gefehlt, daß man sich guch tm Londe ausctnundergoredet haben würbe. Nun stellt sich herau», daß Herme» sein Ersuchen, und zwar mehr fach. schon vor einiger Zett an den Reichskanzler ge richtet hat. Ter Brief ist sogar schon 14 Tuge alt, so daß man nur bei einer übermäßig entwickelten Phanta sie jetzt von einem Ultimatum sprechen kann. Die ganze Frage sollte über doch wahrhaftig wicht irgendwie Peru sönlich oder parteipolitisch betrachtet werden. Sachlich ist Hermes Volk kommen tm Recht. E» geht einfach nicht an, daß ein zwiefacher Ressortminister in der ge genwärtig für die Finanzen so außerordentlich wichtigen Zeit da» Finanzministerium lediglich provisorisch ver steht. Die ordnungsmäßige Besetzung de» Finanzmtni- sterposten» war längst ein sachliches Erfordernis. Darin sollten eigentlich all« Parteien überetnsttmmen, beson der» aber darf e» über dte sachliche Berechtigung der HermeSschen Forderung unter den Parteien keinen Streit geben, di« den Parlamentarismus grundsätzlich verireten. Tie ganze Frage der parlamentarischen Ver antwortung de» zuständigen Ressortministers wird ja ihrer Bedeutung entkleidet, wenn man selbst in io hoch wichtigen Zetten wie jetzt, sich dauernd nur mit einem Provisorium behelfen will. Der Raub von Wilna. Bisher nannte man dl« Staat«« zwischen uu» und Rußland Rcknvstaaten. Der größte unter ihnen. Pvl«n, .scheint aber jetzt endgültig auf den Charakter «ine» Raubstaate» Wert zu legen. Lite polnisch« Regie rung hat jetzt offiziell die veretniguug he» Mtlnage- btete» mit Polen vollzogen. Man hat Mitglieder de» sogenannten Wtlncker Sejm» nach Warschau zitiert und dort unter Aufführung einer großen Komödie dte Ein. Verleidung polt-ogen. Howöhl Rußland wie Li tauen haben gegen di« polnische Annexion in Wilna von Anbeginn an schürfsten Widerspruch erho- -,n Wilna war bekanntlich von einem polnischen Ge neral ctnfdch okkupiert worden, und unter den volni-. schen Bajonetten und Maschinengewehren fand dann eine 8 Volksabstimmung statt. Natürlich nahmen an iHv we- S der die zahlreichen Juden, noch di« Russen, noch die Deutschen teil. Die polnische Minderheit lies zur Urne, und wählte sich so ein Parlament, da» sich nach dem ß berühmten Muster von Warschau gleichfalls,Sejm nannte, ß Es ist ja möglich, daß Polen sich sagte, der Völkerbund werde, nachdem er die Kovrtkalur einer Volksabstimmung k in Eupen-MalmedH gut geheißen, und nachdem er in Ober sch lesien den klaren Mehrheitswillen ver- t gewaltigt habe, auch jetzt beide Augen zudrücken. Po« i wn ist ja Mitglied dieses famosen Völkerbünde». Auf s der Konferenz von Genua soll er sozusagen durch Deutsch- i land und Rußland erweitert in Vie Erscheinung treten. § Dte Holen Haven mit der Sanktionierung ihre» Raube» ? etue interessante Ouvertüre zur Konferenz von Genua j: geliefert. Man kann also gespannt darauf sein, was f auf da» Borsviel folgen wird. Deutscher Reichstag. (von miferm parlamentarischen Mitarbeit««.) Ein Nachklang au» den Tagen Le» Eifenbghnerstreik» war in der gestrigen Sitzung de» Reichstage» der Bescheid der Regierung auf eine kleine Anfrage von deulschnatio- naler Sette, daß der EisenbahnftSku» keine un bedingte Ersatzpfltcht für die entstandenen Ver lust« an verdorbenen Lebensmitteln, lebendem Vieh' üstv. anerkennt. Ter VerkehrsauSschuß soll indessen «ine un voreingenommene und grundsätzliche Prüfung der Frag« vornehmen. Eine wettere Mitteilung ging dabin, daß ' der als Treuhändler für da» feindliche Vermögen an- j gestellt« Berliner RcgterungSrat Helfft. .der sich al» cinstgter Letter eine» Wohnungsamt«» eine Verfehlung hat zuschulden kommen lassen. erst nach zweijähriger Be währung ««(gestellt worden sei; die Verurteilung sei erst kürzlich erfolgt, iveil Helfft Geld für eine an sich ' licht pflichtwidrige Handlung genommen hat. E-r ist bi» zur Klarstellung der Angelegenheit beurlaubt. Die -ritte Lesung de» Reich »Miet engesetze ». di« ( nach Erledigung der kleinen Anfragen nunmehr an die Reihe kam, sand ein gespannte» Und dichtbesetzt«» Hau».. Die ersten Abstimmungen gingen glatt vonstatien und zeigten, daß da» Zentrum zum Teil mit den Gegnern s de» Entwürfe» bei den Rechtsparteien! und den Demo kraten ging. Dann gab e» eine kleine Uebrrraschungr bei 8 10 stellte das Zentrum den Antrag, au» der exakten . Formel für Pie Einsetzung dort Mieterräten ein« , Soll-Vorschrift zu machen, außerdem soll da» Gesetz mit ! dem 1. Juli 1020 autoinattsch außer Kraft treten. Auf, der Tribüne lösten diese nicht unwesentlichen Aenderun- gen bei einigen HauSbesitzenden Zuhörern spontane» Händeklatschen au», auf der äußersten Linken erhob sich gleichzeitig wütender Protest und der Abg. K»hnt rief nach der Rechten hinüber: Haüsbesltzergestndel. Gr erhielt dafür den fälligen Ordnungsruf. Gleich darauf perkündete indessen sein FrakttonSfreunü Heidemann -ur allgemeinen Ueberräschung. datz sein« Freund« trotz aller Halbheiten dem Gesetz zustt'mmen würden. Da» ' gab nun wiederum dem Tvutschvolkspartekler F e h - ' thieu Veranlassung zu der Erklärung, daß seine Frak tion eben wegen dieser Zustimmung der Kommunisten in ihrer ablehnenden Haltung bestärkt würde. Nachdem! noch der Unabhängige Kühn« von einer Ueberrumpelung und einer Handlung wider Treu und Glaubrn gesoro- chen hatte, war der Augenblick der Gesamtabstimmung. gekommen r das Gesetz wurde mit 202 gegen 168 Sttde- j ' men angenommen. Die Minderheit der Gegner setzte sich zusammen au» der Mehrheit der Demokraten, / einem Teil de» Zentrums, der Deutschen Volkspartet und den Teutschnationalen. Darauf erfolgte dte An- ' nähme de» Gesetze» über vorübergehende Recht»- ", pflege matz nahmen tm Taargebtet mit der vor- > geschriebenen verfassungsmäßigen Zweidrittelmehrheit. Die Unabhängigen ließen ferner durch den Abg Rosen- feldt erklären, datz sie für den Antrag Hertz (Kom), der die Rückgängigmachung der Auslieferung der Mör- " der Laio» verlangt, stimmen würden, wenn er inzwischen nicht — hinfällig geworden wäre, Weik ja di« beiden l, Spanier nicht mehr in deutscher Hand find. Tann ging i man an die Fortsetzung der Aussprache über den^-au»- - halt beim Neicheschcktzmiutsterium. Mau machte e» kurz. Der Teutfchimtionale Wienbeck beschwert« ljch über bi» Konkurrenz, die dte Deutschen Werk« dem mittleren untz Kleingewerbe machen, wogegen der Netch»schcrtzmtntst«r Bauer Einspruch erhob. Für" die letzte Vi Stunde gab k da» Wtederaufbaumintstertum da» Gesprächsthema ab. ? Dte Abg. Riedmtller (So-.) und Dauch (D. vp.) sprachen sich gegen di« Aufhebung de» Ministeriums - aber für Vereinfachung de« Verfahren» au». Gegen ß - Uhr vertagte mein dte Wetterveratung auf Heu« 1W».