Volltext Seite (XML)
Dienstag» 13. Oktober 1914 Nr. 23S 9. Jahrgang. 0er Sm» «er belgischen NeuttaMSt aurch knglsna in »elglen. Die Nordd. Allg. Ztg. schreibt: Durch die eigenen Er klärungen Sir Edwatt» Greys ist die Behauptung der eng lischen Regierung bereit» all» unhaltbar erwiesen worden, dah die Verletzung der belgischen Neutralität durch Deutsch land das Eingreifen Englands in den gegenwärtigen Krieg veranlaßt hat. Das Pathos sittlicher Entrüstung, womit der deutsch* Einmarsch in Belgien von englischer Seite zur Stimmungsmache gegen Deutschland bei den Neutralen verwertet worden ist, findet eine neue und eigenartige Be- leuchiung durch gewisse Dokumente, die die deutsche Heeresverwaltung in den Archiven de» belgischen General- stabe» in Brüssel aufgefunden hat. Aus dem Inhalte einer Mappe, die die Aufschrift trägt: Intervention auglatev en Itelgiqu« (Englisches Eingreifen in Belgien) geht her- vor, daß schon im Jahre 1906 die Entsendung eines englischen Expeditionskorp, nach Bel- gien siür den Fall eine» deutschfranMschen Kriege, in Aussicht genommen worden war. Nach einem Vorgefundenen Schreiben an den belgischen Kriegeminister vom 10, April 1900 hat der Eheff des belgischen Generalstah» mit dem da- maligen englischen Militärattache in Brüssel, Osberstleut- nant Barnardiston, auf dessen Anregung in wiederholten Beratungen einen eingehenden Plan für gemeinsam« Operation«» eines englischen Expeditionskorps von 100000 Mann mit der belgischen Armee gegen Deutschland ausgearbeitet. Der Plan fand die Billigung des Eheffs des englischen General stab». Generalmajors Geierson. Dem belgischen General stabe wurden alle Angaben über Stärke und Gliederung der englischem Truppenteile, über die Zusammensetzung de» Expeditionskorps, die AuSschGungspunkte, eine genaue ZeitLerechnung Mr den Abtransport u. dergl. geliefert. Auf Grund dieser Nachrichten hat der belgische Generalstab den Transport der englischen Truppen in das belgische Auf marschgebiet, ihre Unterbringung und Ernährung dort ein gehend vorbereitet. Bis in alle Einzelheiten ist da» Zusammenwirken sorgfältig ausgear- Leitetworden. So sollten der englischen Armee eine große Anzahl Dolmetscher und belgische Gendarmen zur Verfügung gestellt und die nötigen Mrten geliefert wer den. Selbst an die Versorgung englischer Verwundeter war bereit» gedacht worden. Dünkirchen, Ealwi, und Boulogne waren als Ausschi-ffuygspunkte Mr die englischen Truppen vorgesehen. Von hier au» sollten sie mit belgischen Eissn- bahnmatertal in da» Aufmarschgebiet gebracht werden. Die beabsichtigte Ausladung in französischen Käsen und der Transport durch fvamöfische» Gebiet Le- weist, daß den englisch-belgischen Vereinbarungen solche mit dem französischen Generalstabe vorausgegangen waren. Di drei Mächte haben die Pläne Mr ein Zusammenarbeiten der verbündeten Armeen, wie e» in dem Schriftstücke -ritzt, ge nau festgelegt. Dafür spricht auch, dah in den Geheimakten -ine Karte de» französischen Aufmarsches vorgefunden wor den ist. —< Das erwähnte ^Schreiben enthält einige Bemerkungen von besonderem Jitteress«. Es heißt dort an einer Stelle, Oberstleutnant Barna- diston habe bemerkt, daß man zurzeit auf di« Unterstützung Holland» nicht rechnen könne. Er habe ferner vertraulich mttgeteilt, daß di« englisch« Negierung di» Absicht hab«, di« Basi» für den englischen Verpflegung »nach- schu- nachAntwerpen «r verlegen^ sobaB die-Sdordsee von allen deutschen Kriegsschiffen gesäubert sei. De» weite ren regt der englisch« Militärattache di« Einrichtung ein«» belgischen Spionagedienste» in der Nh« in Provinz an. Da» vorgefunden» militärisch« Material erfährt ein« wertvoll« Ergänzung durch einen -Lrnfall» bei den g«h«im«n Papieren befindlichen Bericht d«, langjährigen L«lgisch«n Gesandten in Berlin Baron» Gr«indl an den Lelgifchen Minister de» Aeutzern, in dem mit großem 'Scharfsinn di« dem englischen Angebot zugrund« liegenden Hintergedanken enthüllt w«rden, und in dem der Gesandt« «uff da» Bedenklich« der Situation hinweist, in di« sich Belgien durch «ine einseitige Parteinahme der Ententemächte -«geben hab«. In dem fe-r ausführ- Achen ««richt, d«r vom LS. Dezember 1911 datiert ist und dessen vollständige Veröffentlichung Vorbehalt«» bleibt, führt Baron Greindl «u»: Der ihm miMettilte Plan d«, belgischen Generalstabe» Mr die Verteidigung der d«lgffch«n Neutralität in einem deutsch-französischen Krivgecheschästtge stch Mr mit, der Frag«, «a» Mr militärisch« Mitnahmen für den Fall zu ergreifen seien, daß Deutschsand di« belgi sch« Neutralität verletze. Di, Hppothese eine» franz«. Lu« fall von Hatwerpea veröffentlicht Handelsblad in Amsterdam folgendes Stim mungsbild au» der eroberten Stctdt: Die Straßen sowohl der ärmeren als der wohlhabenden Viertel und der Kai» entlang im Hafen find allesamt leer und einsam^ sehr wenige Menschen, wagen sich heraus, fie schleichen vorsichtig an den Häusern entlang und kehren möglichst rasch heim. Nur im Zentrum der Stadt, auf dem Stadthauqplatz, lasten sich einige Bürger sehen, die aus Neugierde den Mut fin den, Len Deutschen unter die Augen zu treten, aber sie find zu zählen. Die Straßen find so verödet, datz die deut, schen Automobile fie ohne Hupensignal durchfliegen Alle Läden find geschlossen, außer wenigen Meinen Kosfeehäusern am Stadthausplatz. Eine große Anzahl von Bränden, di« durch die Beschießung enfftandm waren, nah men durch die Abwesenheit der Bewohner einen größeren Umfang an, da niemand zum Löschen do war: ein Grund mehr, di« unnötige Auswanderung zu beklagen; sie ist aber erklärlich, da versichert worden «ar, datz di« Stadt bi» zum letzten Stein verteidigt werden sollte. Aber davon war keine Rede. Freitag fM 9 Ahr ging der Bürgerin«i» ster D « vo » mit der «reihen Flagge in da» deuHche Lagers um zu kapitulieren. E» war eigenartig, dah gleich, zeitig ein« deutsche Abordnung mit weiher Flagge nach dm Stadt zu ging, beide kreuzten einander. Erst nachmittag» Um S Ahr wuws ein Resultat erreicht. Gleich darauf zogen die Deutschen in di« MeWheNleere Stadt ein. Sie -«schä digten nicht» in der Stadt. Di« Polizeibeamten dür- fen bewaffnet etnhergehen. Die deutschen Soldaten -elfen beim Löschen de» Brande». lleber di« Zahl der tu Holland EtzfiMgmm lauten die Mitteilungen noch immer recht verschieden^ doch ist die Zahl der über die holländische Grenze getretenen und entwaffneten Belgier und Engländer bestimmt sehr groß. yalbamtlkch wir- üb« Haag grmrl-et, Ha ble Gesamtzahl ber auf holläablsches He blet übeegetreteae«, entwaffnete« belgische« nab englischen Solbateu etwa 40000 beträgt. Der Kommandant von Antwerpen^ LleneraLeutnantz Guts«, "ist, wie der Berliner Lok. - Anz. meldet, al» Krteg-gefangenerinAachen eingetroffen und nach Köln gebracht worden. Ein« Million Flüchtling, atz» Autwerpm. Siner zuverlässigen Schätzung zufolge erreicht die Es- famtzahl der au» Antwerpen und Umgebung noch Holland geflüchteten vmölkerung di« ZU« vonetnerMillivn. Dabei muß man erwägen, dah die ursprüngliche vsoAE*- rung Antwerpen» in den letzten Wochen durch starken Zu zug au, Dörfern und Städten schon Ledoutend zugenommen hatte. Sonntag fuhren Hundert« von Automobilen au» zahlreichen Stiwten Holland» nach Bergen op Zoom und anderen Orten an die Grenze, um die Flüchtlinge zu Mei- sen. Darunter waren fünf Automobile der Kö-> nigin. Bitz Beding««« der Il«-,egnbe «ntwespm». Die Bedingungen der Belgier Mr die lle-erga-e Ant werpen» waren nach einer Meldung au» Rotterdam: Bi« Büvsvacht I-ll «Vcht entwaffnet «ab «eine »Mn««,, auch nicht ttn Bttw Mifchm 18 und « /luer Tageblatt M Anzeiger für das Erzgebirge . mit -« wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Mer Sonntagsblatt. ö.L'rL'LL'ÄÜW Smechchmte «ete«m mit Mvnahsu »u Aeswam »achmUNg» 4-s Uh». - «ttrzwouwsi-wst«» rag,»latt Mueyzwtem- Mmstmchw «. som'«,-' M, «wntaM etugefwi»« MauuMpt, k«m gewkh» sicht geleistet mm«. von Antwerpen ernannt mord«. Er gab nicht Mr bekannch daß di« Bürger ruhig in die Stadt zurüMehren könnte«, sondern er MM« auch Parlamentär» ab, um die Leute zur MSkehr zu -«wegen. Ei« Teil «folgte der « andere flüchteten weiter. Eine weite,« MW hierzu noch: Telegraaf meldet: Vie Aufforderung d«,deut sch«?, Kommandant«» an di« Antwerpener BeoMerung, fie möge nach Antwerpen zurSMHwni wird noch wenig be folgt. Vie wehrfähige Männer Mrchten, in deutschen Dienst treten zu müssen, um an dm vttteidtgung»werken zu arbeiten, Mn BffeHt »ei kämt? Ein« nicht amtliche und auch noch von keine» Sette -«siätigte Nachricht besagt: Nwh HMWMWm die die «ffck ZsM. «itzdmai-t, HM in tzm Gegend a»n Beut etn «», fecht ftattgefnnden mA ewchselnd»« Meitze. Sehnlich rautet »ine e-ensiall» nicht amtlich« Mldnng der Franks. Ztg.: E» hchein^ dich die En-Länd«, tn Oftend« wieder neue Trnppenavteilnn-en ver öemir M belglm ZchM—6» ruMn psnreMiirer in ärn 6mnä gebsött fischen Angriffe» auf Deutschland durch Bel- gien habe'aber gerade so viel Wahrscheinlich, keit Mr stch Der Gesandte führt dann persönlich folgen des aus: Von der französischen Seite her droht die Gefahr nicht nur im Süden von Luxemburg, fie bedroht uns auch auf unserer ganzen gemeinsamen Grenze. Für diese Be hauptung sind wir nicht nur aus Mutmaßungen angewiesen; wir haben dafür positive Anhaltspunkte. Der Gedanke einer Umsastungsbewegvng von Norden her gchört zweifellos zu den Kombinationen der En tente cordiale. Wenn das nicht der Fall wäre, so hätte der Plan, BliMngm zu befestigen^ nicht ein solches Geschrei in Pari» und London hevooryerusen. Man hat dort dm WLund gar nicht verheimlicht, au» dem man wünschte, daß die Schelde ohne Verteidigung bliebe. Man verfolgte dabei dm Zweck, unbehindert «ine englisch« Gar- ntson nach Antwerpen überMhren zu können^ also dm Zweck, sich bei uns ein« Operationsbafi» Mr ein« Offensive in der Richtung auf den Ntederrhein u«d Westfalen tzu schaffen und «ns dann mit fortzuretßrn, was nicht schwer gewesen wäre. Denn nach Preisgabe unseres nationalen Zufluchtsorte» hätten wir durch unsere eigene Schuld uns jeder Möglichkeit begeben, dm Forderungen unserer zweifel haften Beschützer Widerstand zu leisten, nachdem wir so un klug gewesen mäaemfi« dort zuzvkasten. Die ebenso per- fiden wie naiven Eröffnungen de» Obersten Barnardifion zur Zett de» Abschlusses der Entente oordial« haben uns deutlich gezeigtz um was e, sich handelte. Al» stch heraus stellt«, daß wir uns durch die angeblich drohende Gefahr einer Schließung der Schelde nicht einschüchtern ließen, wurde der Plan zwar nicht aufgegeben» aber dckhin abge- ändert, dah die englisch« Hilfsavmre nicht an der belgischen Küste, sondern in dm nächstliegendem französischen Häfen gelandet werden sollte. HierMr zeugen auch di« Enthüllung«, de» Kapttidm Faber, die ebensowenig dementiert worden find, wie die Nachrich ten der Zeitungen, durch die fie bestätigt oder in einzelnen Punkten ergänzt worden sind. Diese in Ealai, und Düw> Archen gelandete englische Armee würde nicht am unserer Grenze entlang nach Longwy marschieren, um Deutschland zu erreichen; fie würde sofort bei uns von Nord westen her etndringen. Die, Mrde ihr den vor- teil verschaffen, sofort in Aktion treten zu könne», die bel gische Armee in einer Gegend zu treffen, in der wir uns auf kein« Festungen stützen können falls wir eine Schlacht riskieren wollen. Es Mrd« ihr ermöglichen, an Nffsaurven aller Art reiche Provinzen zu -«setzen, auf alle Fäll« aber unser« Mobilmachung zu -«hindern oder sie Mr zuzulasten, nachdem wir uns formell verpflichtet hatten, die Mobil machung Mr zum Vorteil« England, und seines Bunde». zenossm durchpGhrm. Es ist dringend geboten, im vor aus einen Schlachtplan Mr di« belgisch« Arme« auch Mr diese Eventualität aufzustellen. La» gebietet sowohl da, Inter- «st« an unserer militärischen Verteidigung, al» auch di« Führung unserer auswärtigen Politik im Falle eine» Krie- -«» zwischen Deutschland und Frankreich. Diese AuSführun. gen von vorurteilsfrei«. Seit« stellen in überzeugender Mts« die Tatsache fest, dah dachelbe England, da» sich jetzt al» Schirmherr d«r belgischen Neutralität gebärdet, B«lgt«n zu «in«» etnstittgm Patteinahme zugunsten der Entent«- ntächt« -«stimmt und dah <» zu einem Zeitpunkt« sogar an «ine Verletzung de» -ollänMßchm Neutralität gedacht hat. De, roetterm erhellt da«u». datz die belgisch« Negierung, indem fie dm englischen Einflüsterungen Gehör schenkt«, stch ein, schwere Verletzung der ihr al, neutraler Macht oLltegmdm Pflichten hat zuschulden kommen lasten. Di, Erfüllung dieser Pflichten hätte «» erheischt, datz die belgisch« Regierung in ihren verteidigungsplänm auch die verlePtng der belgischen Neutralität durch Frankreich vor gesehen und dah st« Mr diesen Falk analoge vereInLarun- " - "" , «die mit Frankreich «iftstücke Litldm einen lr die dm matzgeben- «amusbruch -aannt« gen mit Deutschland ? und England. Di« aus dokumentarische „ den deutschm Stellen lange vor sKriegprutzbruch baannte Tatsache der -elgischen Konnipenz mit den Ententemächten. Sie dl,nm al, «ine Rechtfertigung Mr unser militärische» vor m und al» ein« Bestätigung der -er deutschen HeereSlei nm «Wer di« fvanzWhm , . gischen PoS« die Augen t r öffnen, wem e» die Kata- stroph, oerdankm -at. die jetzt übe« da» unglücklich, Land -«eingtz-rochm Di.