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<^9. Sonnabend, de« S«. Februar. 1887. Aettetrißische Aeilage zum sächsischen Erzähler. Zur gemeinnützigen Unterhaltung für alle Stände. Heimath des Mutterherzcns. Mein Mütterlein hat mir verkündet, Als einstens ich gefragt als Kind, Wozu die Sterne angezündet Am dunkeln Himmelsbogen sind: Es sei für jedes Menschenwesen, Das wir bei uns verweilen sah'n. Ein Stern als Wohnung auserlesen, Wenn hier vollendet seine Bahn. Es würde selig dann von drüben Herüberschau'n mit treuem Blick Auf all' die Herzen, die geblieben Noch auf der Erde sind zurück. Und wenn ein Mensch, das Äug' voll Thränen, Noch nicht vollbracht den dunkeln Lauf, So soll sich seine Seele sehnen Nach seiner Lieben Heimath auf. Manch' liebes Haupt hab ich verloren, Und Leid darum gehegt und Schmerz Manch' treues andre Herz erkoren, Jedoch — kein zweites Mutterherz. Ob ich in Aengsten und Gefahren Mit Sturm und Wogen auch gekämpft, Ob Glück und Heil mir widerfahren, Nie ward in mir die Lust gedämpft, Die Lust, den Blick hinauf zu lenken Zum Sternenhimmel licht und klar, Und eines Wesens zu gedenken, Das einst mein Ein und Alles war. Denn wie das Mutterwort vor Jahren Entzückt des Kindes frohe Brust, Hab' ich die Kunde zu bewahren Der Sternenheimath stets gewußt. So wurde denn das schönste Feuer, Das hoch am nächt'gen Himmel kreist, Der Liebe Stern mir ewig theuer, Weil ihn bewohnt der Mutter Geist. Heinrich Uhse. Me Grvin von Wallersvnmn. Originalroman von Marie Romany. (Fortsetzung.) „Nun, Sofia," rief er, nachdem er die Alte lächelnd begrüßte, „wirst Du bereit sein, in vier zehn Tagen mit mir vor den Altar zu treten?" Sofia zögerte nur ein paar Secunden, dann schlug sie zu. „Ich habe niemals daran gezweifelt, daß Du ehrlich bist und es ehrlich mit mir meinst," er widerte sie, dem so vom Glück begünstigten Bräutigam schmeichelnd. „Eh, Giaco," scherzte sie, „werde ich immer, so lange Du lebst, Deine thcure Sofia sein?" „Vielleicht," lachte Giacomo. „Und was werdet Ihr treiben?" fiel die Alte ein. „Wenn es nach meinem Willen geht, werde ich Ackersmann," sagte Giacomo. „Wir miethen einen Bauernhof und betreiben bie Wirtschaft," meinte auch Sofia. Giacomo lachte. „Ich denke, mein kleines Vermögen wird aus reichen, ein Stück Ackerland zu kaufen," entgegnete er. „Man hat mehr Gewinn von der Arbeit, wenn der Boden Eigenthum ist." Diesem Ausspruch wurde die ungetheilteste Anerkennung entgegengebracht. Man begab sich auch sofort an die Rechnung, um sich zu ver gewissern, daß Giacomo's Baarschatz zur Erwerb stellung einer Wirthschaft genüge. Man stellte fest, daß, nachdem tausend Franken als Nothpfennig zurückgelegt worden, noch sechzig Ducaten zum Ankauf von Vieh übrig blieben, während der runde Bettag von fünftausend Franken zur Anzahlung eines bescheidenen Ackergutes erübrigt ward. Und so hat es Giacomo, nachdem er mit Sofia verheirathet worden, zur Wahrheit gemacht. In der Nähe von Spolitto hat er einen, freilich sehr bescheidenen, Bauernhof käuflich erworben, wohin die kleine Familie, selbstredend auch Mutter Forghese, noch vor Schluß des laufenden Jahres zog. Giacomo, nach dem betrübenden Vorfall, der ihm mit dem Director des St. Salvatore passirte, hat den Geschmack am Verkehr mit dem Leben verloren; er widmet sich seiner Arbeit und bringt die Mußestunden nur im Kreise der Seinigen zu. Dennoch kann man nicht leugnen, daß sein Glück gut basirt ist; an der Seite eines strebsamen Weibes, in der Umgebung munterer Kinder, hat itzn das Geschick ein ruhiges Plätzchen bereit gemacht.