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l8-k. LH Evllnakend, den ätz. Decembtt. Aekletrißische Aeilage zum sächsflckieit Erzähler. Zur gemeinnützigen Unterhaltung für alle Stände. Aus -em Arbeiterleben. Erzählung von Alice Kurs. (Schluß.) Rasch war Wenzel hinter den riesigen Kachel ofen geschlüpft ; es war unmöglich ihn in dem bereits herrschenden Dunkel zu bemerken. Er hörte, daß Andres nach einem kleinen Flecken in der Nihe ge schickt wurde, wo der Schwiegersohn des Wirths ebenfalls einen Krug hatte, um frische Pferde zu beschaffen. Ein paar flackernde Unschlittkerzen wurden in'« Zimmer gebracht, die wenig genug zur Erleuch tung beitrugen. Wenzel brauchte sich kaum tiefer in den Schatten zu drücken. Der Wirth brachte eine Flasche dunkrlrothen Wein, ein altbackenes Brod, wegen dessen er sich entschuldigte und ein paar Gläser. Nachdem er die Reste von Wenzels Essen abgeräumt, ließ er seine Gäste allein. Der Bergrath ging mit unruhigen Schritten im Zimmer auf und ab. Naniuka hatte die Umhüllung ein wenig zurückgeworfcn. Das flackernde dicht be schien ihr bleiches, elendes Gesicht, sie seufzte tief auf. Im Augenblick war Neumahcr bei ihr und neben ihr hinknicead umschlang er sie leidenschaftlich. „Naninka, flehte er, verlaß mich ht. Noch ist nichts verloren; wir werden das Au ad erreichen, dazu trage ich noch Geld genug bei m.c. In Ham burg bin ich creditirt, in Bremen, in London ist mein ganzes Vermögen angelegt. Du sollst ein heißgeliebtes, ein reiches Weib sein!" Sie wandte sich fort. „Du wirst später über das, was ich gethan, anders denken. Zu meinem Unglück hast Du es zu schnell und unvorbereitet erfahren. Ich will alles thun, Dich glücklich zu machen. Ich liebe Dich, und Du wirst lernen mich lieben." Schaudernd stieß sie ihn von sich. „Du schwurst vor wenig Stunden mir anzu gehören mit Leib und Seele, in Freud und Leid — daran denke!" Er hatte sich von den Knieen erhoben und blickte in ihr Gesicht. Auch sie sprang jetzt auf. „Schmerzen, Entbehrung, Leid hätte ich mit dem Gatten tragen können, sagte sie leise aber bestimmt, selbst wenn ich ihn nicht liebte, wenn ich ihn nur achten konnte. Die Schande aber tragen Sie allein. Lassen Sie mich fort, zu meinem Vater zurück — Sie sollen ungehindert reisen." Jetzt lachte er Höhnisch auf und flüsterte, sie fest umschlingend; „Dich von mir lassen, Schätzchen, nimmer! Selbst in dieser Stunde der Gefahr fühle ich, wie süß es sein wird, Dich ganz mein nennen zu können." Sie brach in bitterliches Weinen aus. Er faßte ihre Hand und fuhr fort, indem er sich dicht an ihr Ohr beugte. „Naninka, folge mir. Gehst Du von mir, so ist mir die Freiheit ohne Dich nichts Werth; ich selbst gebe mich dann den Gerichten an und —" Das Weitere verstand Wenzel nicht mehr. Na ninka sank, die Hände vor dem von Thränen über strömten Antlitz zusammenschlagcnd in den Stuhl zurück. Neumaher hatte ihr gesagt, daß ihre Tren nung von ihm dann auch ihren Pflegevater in's Verderben zöge, da dieser eng mit ihm verbunden wäre. Der Bergrath trat aus dem Gemach und spähte unruhig nach dem Wagen aus. Den Augenblick benutzte Wenzel, um hinter dem Ofen hervor an der halbohnmächligen Naninka vor über die Ausgangsthür und das Freie zu gewinnen. Draußen stand Neumaher mit dem Wirth. Beide bemerkten ihn nicht. „Haben Euer Gnaden noch weit?" fragte letz terer, der erst vor Kurzem von einem andern Orte hergezogen, daher Neumaher, wie dieser zu seiner Freude bemerkte, gar nicht kannte. Neumaher nannte einen Ort ganz in entgegen gesetzter Richtung als er zu fahren beabsichtigte, und fügte hinzu, daß seine Frau möglichst schnell zu einem Verwandten wolle, der zum Tode erkrankt sei. Der Wirth entfernte sich. Neumaher lauschte, ob das Getrappel von Pferden sich noch nicht ver nehmen ließ. Am Himmel schoben sich dichte Wolkenmassen hin und her, ein paarmal brach matter Mondenschimmer hindurch. Der Bergrath schüttelte sich wie im Fieberfrost. Eine unheimliche Vision war vor ihm aufgestiegen. Er sah die Polizeibeamten in seiner Wohnung, er sah sie in seinen Schränken und Kisten wühlen, die reichen Teppiche mit ihren Füßen beschmutzen. Jetzt leuchteten sic umher auf die frischen Blumen in den Kelchgläsern — auf den zierlichen Nähtisch, ein Ge schenk für sein junges Weib. — Sie schoben die schweren Portieren von dem Eingänge in das Braut gemach zurück, das er selbst mit allem Luxus auS- gestattet hatte. Sie kramten in seinen Schriftstücken und Briefschaften — er knirschte mit den Zähnen. — Viel Verdächtiges konnten sie, das wußte er wohl, nicht finden, — nur seine Person mußte er