Volltext Seite (XML)
Aeuetrißische Anlage zum jächflscheil Erzähler. Zur gemeinnützigen Unterhaltung für alle Stände. Wiener Vrief. Heute wollen wir die dritte Blumen-Ausstellung besichtigen. Auf dem Wege dahin kommen wir bei dem Ausstellungspostamt vorbei. Wie ist es nur Möglich, daß so viele Leute so unpraktisch sein können, sich auch gar nicht um die doch fast in allen Staaten gleichen Postvorschriften zu bekümmern. Die Fenster des Postamtes sind bedeckt mir unab- sendbaren Briefen, Postkarten und Kreuzbandsendungen. Als gewissenhafter Berichterstatter habe ich mich in's Postamt verfügt und habe mich von der Sachlage Aberzeugt. Da liegen mehrere Hundert deutsche Postkarten, darunter sehr viele nach Sachsen avressirte. Bedient sich Jemand bei Frankirung eines Briefes einer Ausländischen Briefmarke, nun so geht zwar Her Brief ab, gilt aber als unfrankirt, zahlt folglich Strafe. Nicht so verhält es sich mit den ausländischen Postkarten; diese dürfen gar nicht expedirt werden, weder in Oesterreich, noch in Deutschland oder Eng land. Ebenso ist es mit den Kreuzbandsendungen, — davon liegen ganze Stöße da, theils sind sie mit fremdländischen . Marken versehen, theils mit nicht Hinreichenden österreichischen Marken, und unterliegen doch bekanntlich Kreuzbandsendungen nach fast allen Ländern dem Frankaturzwange. Wie viel Verwandte nnd Freunde in der fernen Heimath mögen unge- duldig auf Nachricht warten, wie ost mag auf die Postvttwaltrrng geschimpft werden, weil abgesandte Postkarten, Briefe und Packetsenvungen, nicht ange nommen sind, und doch tragen, wie ich mich hier Aberzeugt habe, in vielen hundert Fällen die Absender selbst die Schuld. Aber so gern ich auch möchte, ich kann diese Sachen nicht absenden, also lassen wir sie Liegen und gehen weiter. Seitdem wir das letzte Mal diesen Weg zum Florazelte gemacht haben, ist hier wieder viel Neues And Schönes entstanden, es wird aber immer noch gearbeitet und Herrliches geschaffen; da ist ein wirk lich höchst geschmackvoller eiserner Gartenpavillon in gothischem Style, hellgrau und braun angestrichen, mit reizenden Ledermöbeln, daneben ein Caffeehau-, in dem schöne Römerinnen in ihrer malerischen Mattonaltracht uns einen vorzüglichen Caffee serviren. Die diesmalige Blumen-AuSsteflung ist sehr schön, viel schöner als ihre Vorgängerinnen, man kann sich gar nicht satt sehen an dem üppigen, vollen Grün, an den herrlichen Formen der Farren und Palmen. AuS dem herzoglich braunschweigischen Garten zu Hitzing finden wir ein Riesenexemplar von einer Vrsvaeas regia», eine prachtvolle Mrrmta L.inäenü; Abel aus Hitzing hat, wie immer, die bestgepflegtesten, seltensten Sachen: Baumfarren, lüttses serrsts mit Blüthenschaft, eine colossale Ittlls» ensete u. s. w., Oscar Liebmann aus Dresden schöne Farren und Palmen gesandt. Unsere Freunde aus Japan haben uns mit einer sehr bedeutenden Collection wundervoller blühender Lilien überrascht, darunter manche Sorten, die hier noch nicht bekannt waren, die Japanesen haben sich die Knollen aus ihrer Heimath senden lassen und hier dieselben in der kurzen Zeit von 2 Monaten zur vollen Ent wicklung und Blüthe gebracht; sehr nett sind auch die großen japanischen Blumentöpfe aus buntem Steingut. Die beiden fleißigen Gärtner der Japanen haben in ihrer Abtheilung einen originellen Garten angelegt, in dem sie alle Blumen und Pflanzen in den eigenthümlichsten Zwergformen halten. — Ganz vorzüglich vertreten ist auf der diesmaligen Aus stellung das Obst und Gemüse ; hervorheben muß ich hier: Üudisous adelmovkstus, eine Bohnenart, deren grüne Schoten in den Ländern der südlichen Halb kugel eine der bevorzugtesten Pflanzenspeisen bilden, und eine aus algierischem, durch die ostasiatische Expedition vom Ackerbauministerium bezogenen Saamen mit Erfolg cultivirte köstliche Ananas- Melone: lUelon äes Lonlonniers. Graf E. Szechenyi hat eine prächtige Sammlung von Melonen und Kürbissen gesandt, unter diesen sind zu nennen: die kleinen Igel-Kürbisse, die brasilianische Äormoäiea okarantkia; die über Ellen langen Schlangen gurken, Luvumis üeouoss, mit Melonengeschmack, endlich die dreijährige Wurzel und Pflanze einer ausdauernden Kürbisart, Ouvurdita perrennis, welche im Jahre 1845 aus Texas eingeführt wurde. Wenn wir das Florazelt am Osteingange ver lassen und auf einer von Schweden ausgestellten, eisernen Brücke das Heustadelwasser überschreiten, so gelangen wir nach ein Paar Hundert Schritten zu einen» ziemlich großen, mit Leinwand gedeckten Holz bau. Hier ist unter dem rothe« Kreuze die Aus stellung der Militärsanität und der freiwilligen Hilfe im Kriege. Was wir hier sehen, stimmt uns sehr ernst, wir werden an trübe schwere Zeiten ge mahnt; und trotz des vielen Großen, das uns hier geboten wird, trotz der vielen neuen Erfindungen und Verbesserungen, scheint es uns doch viel zu gering, viel zu wenig, lange nicht hinreichend, wenn wir an die Unmasse neuer Erfindungen im Heerwesen denken, an die unglaublich vervollkommneten Waffen, welche wir im Jnduftriepalais sehen, alle dazu gemacht, pm das Leben von möglichst viel Menschen zu zerstören. Die Erfindung einer neuen Kanone oder eines verbesserten Gewehres wird eben viel