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»87L. erjage zum sächsischen Erzählen — Wozu? Wozu daran denken? fuhr er fort. Das ist, als wenn tausend Nadeln mein Herz durch stechen. Ja, kommt, laßt uns gehen, laßt uns musiziren vor den feinen Leuten! Schon hatte ihn Livia von dem Tische entfernt und in die Menge der Neugierigen gedrängt, die sich vor dem Caffeehause angesammelt und bald von Fortunato's, bald von Violanta'S bleichem Antlitz das Geheimniß abzulesen suchten, dessen Vorhandensein ihre Worte nur zu laut verrathen hatten. Da aber theilte sie, die alte Scheu vor weiteren Demüthig- ungen überwunden, die Menschenmasse, und auf Fortunato hinstürzend und sich an ihn klammernd, rief sie in Empörung und Verzweiflung Livia zu: — Laß ab von ihm, Weib; denn er ist mein Mann vor Gott und den Menschen und ich allein habe ein Recht an ihm Zwischen uns liegt viel, aber es gehört nur ihm und mir. Livia empfand jetzt Mitleid mit diesem, also außer sich gerathenen Weibe, daS halb flehend, Halb in imposantem Stolz sich gegen sie gewendet. Sie trat von Fortunato zurück und wartete gespannt, was er thun werde. Er schwieg, und als hätten die letzten Worte Violanta'S andere Gedanken, andere Empfindungen in ihm aufgerufen, verlor sich der Zorn aus seinem Gesicht, das Feuer aus seinen Augen. Die alte Erschlaffung nahm die ausgebrochene Leidenschaftlichkeit auf und fast blickte er wieder so sanft-träumerisch, wie wenn er die Wange an die Geige gedrückt hätte und deren Töne zu lauschen schien. — Fortunato, richtete sich das junge, mit neuem Muth erfüllte Weib gegen ihn, so daß er ihre bittende Geberde bemerken mußte; laß un* mit einander sprechen! Willst Du? Er schwieg noch immer. — Laß uns mit einander sprechen, drang sie inniger in ihn, und sollte es das letzte Mal sein. Aber nun uns das Schicksal wieder zusammen geführt, können wir nicht so fremd an einander vorübergehen. Willst Du? Fortunato blickte sich nach Livia, nach Filippo, nach dem alten Baßgeiger um, die alle drei unweit von ihm standen und ihn beobachteten. — Ich habe, erwiderte er, ihnen gesagt, daß ich sie nicht verlassen will. Ach, es sind mir gute Menschen! — Sie sollen es Dir auch bleiben, Fortunato. Aber laß uns sprechen mit einander. Ich schwöre Dir, daß ich Dich nicht trennen will von ihnen. Livia trat wieder Hera«. Der Dettclmustkant. Girre Italienische Novelle von Smidt-Weißenfel-. (Fortsetzung.) — O, erwiderte sie weich, so Dich wiederzufinden, hätte ich nicht geglaubt! — Nicht wahr? rief er höhnisch. Es freut Dich nicht, eines Bettelmusikanten Weib zu sein? WaS werden Deine Buhlen dazu sagen? Und bei diesen Worten maß er Violanta'S Be gleiter mit einem wilden Blick, so daß dieser aus seinem bisherigen Erstaunen in eine sichtliche Be unruhigung überging. — Signora, wandte er sich an Violanta, geben Sie mir ein Wort der Erklärung. — — Verzeihen Sie, unterbrach sie ihn, fast er drückt von Scham und Schande, die so jäh an dieser Melle über sie einbrachen; es ist ein Unglücklicher, den ich retten muß. — Mich retten? Du mich retten? — Ja, sagte sie zu Fortunato mit verzweiflungs voller Energie. Hör' mich an, aber nicht hier. Komm mit mir, Fortunato! — Mit Dir gehen? Niemals! versetzte er zornig. Niemals! - Und in diesem Augenblicke eilte Livia auf ihn zu und sagte angstvoll, mit einem Blicke voller Haß auf Violanta: Du wirst uns nicht verlassen, Fortunato? Euch guten Leute? antwortete er schnell. Nein, ich bleibe bei Euch. Filippo und der Alte, die näher getreten waren und den Auftritt verwundert verfolgten, ohne den Zusammenhang sich klar machen zu können, gaben jetzt ihrem Genossen ebenfalls durch Zuruf zu er kennen, daß sie ihn zurückerwarteten. Livia jedoch drängte sich an ihn und nahm seinen Arm. Komm, Fortunato, sagte sie, laß die feine Dame, wenn sie Dein Weib war. Die betrügt Dich doch nur wieder. Sie zog ihn mit sich fort und Filippo suchte auf der Erde die zerbrochene Geige, den messingenen Teller und die umher gerollten Kupfermünzen auf. — Nicht wahr, Livia? erwiderte Fortunato auf ihre letzten Worte, als hätte sie ihm das Richtige gesagt. Die betrügt mich wieder, wie sie mich schon einmal betrog, damals, als ich . . . Er hielt inne und schlug sich mit der Hand vor die.Stirn. .. ur. , ,