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l. " «" "UMl 82« !—««»> /luer Tageblatt WW Anzeiger für -as ErMebirge WAWW mit -er wöchentlichen Unterhaltunssbellage: ^uer Sonntagsblatt. «pttchstmiS, »er Ne-aktto« mit Muenahm» »er Sonntag» nachmittag« 4-S Uhr. - Lel.gramm.ss-r.ss», Lag.blatt ftu«»rrg»btrg». Hmspeech« «. LLÄ" rar unvnlangt «ing«san»t, Manuskript« kann v.«ahr nicht g.l.ist.t ««».«. Nr. 90. Dienstag» 21. April 1914. 9. Jahrgang. Diese Nummer umfaht 8 Seite». Das Wichtigste vom Tage. Die sächsische Zweite Kammer verwies gestern das Dekret über die Errichtung der Amts« hauptmannschasten Aue und Werdau an die Ftnanzdeputatton A.*) « Der neue Minister de» Innern, GeorgWtlhelmvon Loebell, wird sein neues Amt am 8. Mai antreten. » Die Erkrankung des Kaiser- von Oesterreich scheint erheblicher zu sein, als anfangs ange nommen wurde. Die Nachricht von der Erkran kung bewirkte ein starkes Zurückgehen der Kurse aller Papiere an der Berliner Börse.*) Die Retchsetnnahmen aus Zöllen, Steuern und Gebühren haben in dem jetzt abgelaufenen Rechnungsjahre 1913 eine Mindereinnahme gebracht. ! ! ! « Die Jungliberalen haben durch ihren Gesamtvor stand erklären lassen, daß sie in eine Auf lösung ihres Verbandes nicht etnwtl- ligen. i , s ! ! ' ! ° Präsident Wilson ersuchte den Kongreß um die Ermächtigung, die Land- und Seestreit- kräste gegen Mexiko verwenden zu dür- f-n.*) -t Näher«« st.hl a» »»derer St«n«. Die Post aus Norfu. Am Düppeltage ist endlich die Entscheidung über die Straßburger Gtatthalterei gefallen. 'Wenn man be denkt, wie störend die monatelange Ungewißheit über die Zukunft des Landes für den ruhigen Fortgang der elsäßtschen Geschäfte gewesen ist, wird man ein Gefühl der Befreiung von einem Drucke bet der Nachricht emp finden: wenn doch verhältnismäßig Kleines mit ganz Großem verglichen werden darf, im Grunde verwandt dem Seufzer der Erleichterung, mit dem vor einem Hab ben Jahrhunderte der endliche Fall von Düppel begrüßt wurde. Natürlich hinkt der Vergleich, zu dem der Lag verführte, gewaltig besonders in der Hinsicht, daß der neue Herr im Elsaß im Augenblicke noch nichts von ei nem siegreichen Feldherrn an sich hat, sondern mit dem Die Tischlaufer. Humoreske mm Ulse HqgM-MWer. Umtzdiu« »«kdot«n. Oberlehrer Stein, einer der Herren Theologen vom Friedrtch-Wilhölm^Symnasium, und Doktor Winter, ein« der Herren Mathematiker der gleichen Anstalt, steigen in lebhafter Unterhaltung die Stufen de» Schulgebäudes hin ab. Allem Anschein nach ist die Frage, die sie beschäftigt, sehr interessant, denn sie trennen sich, auf die Strohe ango- langt, noch nicht gleich, sondern Oberlehrer Mein gibt dem Kollegen ein Stück Weges das Geleit, obgleich seine Behausung in der entgegengesetzten Richtung liegt. Kollege, haben Sie Mr heute nachmittag schon «tiwa» vor? fragt schließlich stehenbleibend Oberlehrer Stein. >— Nun. Be stimmtes noch nicht gerade. — Dann trinken Sie, Litte den Kaffee bei mir. Kollege Holm kommt auch. Da steigt mir übrigen» ein großartiger Gedanke auf. Da« ist gleich ein« günstige Gelegenheit, einen meiner neuen Tischläufer «in- -uweihen. — Mn Lächeln geht Über die Züge Doktor Winters. Meine Schwester Lott« hat sie mir kürzlich ge- schickt, fahrt Stein eifrig fort, Gleich drei Stück. Di« Sprüche, die sich darauf befinden, entsprechen freilich nicht ganz meinem Geschmack, aber sonst sind die Dinger sfwmo». Hübsch breit und etwa« kräftig in Material und Farbe, gerade wie ich es so li«be. Lotte kennt schon ihren Bruder. — Da» glaube ich gern. Seinen Geschmack und seine bei nahe rührende Freude, wenn er etwa» neue» Mr da» eigen« Heim erhält, meint gutmütig lächelnd Doktor Winter. — Da haben Sie recht, liebster Kollege. Ach, Winter, Sie glauben gar nicht, wie glücklich ich mich fühle, seitdem ich mir di« eigen« Häuslichkeit eingerichtet habe. Eine Häus lichkeit, ganz «i« ein Familienvater, und dabei ohne di« schweren Pflichten «ine» solchen. Meine Wirtschafterin hält mir all«» tadellos in Ordnung. Peffer könnte es Vie Lest« Hausfrau nicht machen. Sie müssen hoch selbst sagen, mein lieber Winter, habe ich nicht alle» «undechchön? Menn ich bloß an meinen herrlichen Flügel denS«, an mein» präch- Tage seine» Einzug» in Straßburg gewissermaßen erst vor das Düppel rückt, da» er dort bezwingen soll. Nicht in dem Sinne, daß er sich in jenes Verhältnis zu seinen Schutzbefohlenen stellen sollte, das ein vielbesprochener Weihnachtsbrief auf dem Höhepunkte des heute glück lich überstandenen Konflikts mit den Worten: beinahe in Feindesland unserer Elsahpolittk vorzuzeich ¬ nen sucht. — Mir Meinen im Gegenteile mit dem! Düppel, da» überwunden werden soll, da» Mißtrauen, da» dem soeben ernannten Statthalter v. Dallwitz vielfach entgegengetragen wird, seit seine Kandidatur öffentlich erörtert wurde. Aber soll man ihm eine so geringe An passungsfähigkeit andichten, daß er nicht selber heraus- bekommt, wie verschieden in Straßburg und in Ber lin regiert werden muß? Preußen» Landtag zwingt die Jnnerminister seit 25 Jahren mit seinen 200 Konser vativen -usammenzimrbetten; die große Mehrheit des elsätzischen Landtages steht auf wesentlich anderen Grundlagen. Und in Dessau verstand derselbe Herr von Dallwitz sich doch auch mit dem nationalliberalen Land tage aus einen leidlichen Fuß zu stellen: sollte der einst so anpassungsfähige Herr in vier Berliner Jahren ein solches Talent verloren haben. Ein ernsteres Bedenken gegen di« Wähl als das angegebene, das zu beseitigen in von Dallwitz eigener Hand liegt, ist die geringere RepräsentattonSsähigkeit des einfachen Adli gen, der noch nicht einmal den Fretherrn-Titel führt, nachdem Fürsten und ein Graf, der jetzt bei der Verab schiedung den Fürstentttel erhielt, die Elsaß-Lothringer an eine hoh« Aristokratie im Statthalterpalaste gewöhnt haben, v. Manteuffel hieß ja allerdings auch bloß Frei- Herr, war aber daneben ein berühmter Feldmarfchall und ehemaliger Jlügeladjutant des Königs von Preußen. Den Bestrebungen der Reich-Ander, ein vollberechtigte» Glied im Kranz« der deutschen Bundesstaaten zu werden, scheint doch sozusagen «in Dämpfer aufgesetzt zu fein durch eine solch« Gtatthalterwahl, wo st« am liebsten zu einem richtigen Grotzherzogtum avancieren möch ten. Bismarck hat nicht mit Unrecht in seinem I871«r Reden darauf htngewtesen, wie ersprießlich ckin« Be lebung solcher damals noch schlummernden, heute aber bereits vollentwickelten landschaftlichen — er sagte geradezu partikularistischen — Untertriebe diese» echt germanischen Stamme» für sein« Wtederverdeutschung werden könne. v. Loebell, der neuernannte preußische Minister de» Innern, hat ein« gute Presse. Die Auffassung, daß dem Reichskanzler vor ollem daran gelegen gewesen sei, Herrn v. Dallwitz die Treppe htnauszubeförd«rn, um sich seiner zu entledigen, macht sich natürlich auch vernehmlich. Herr v. Loebell aber soll von der Bülow- Zeit an in guter Uebung für die Meinungen des Reichs kanzlers zu haben sein, soweit in diesem Urteil ein Da- ttge Bibliothek, an mein« — Jawohl, Leister Stein, er- widert Doktor Winter, Sie haben das entzückendste In strument, den größten Bücherschatz, die schönste« Lampen, die seltensten Teppiche und neuerdings die originellsten Disch- läufer. «Keiner im Kollegium kann mit Ahnen antreten. Also, ich komm«, um die neuen Wunderwerke in Augen schein zu nehmen. Auf Wiederischen, heute nachmittag I >— Aus Wiedersehen. Bitte, um vier Uhr. —- Oberlehrer Stein betrachtet prüfenden Blickes den ge deckten jKaffeetiisch. Emilie, haben wir auch nichts vor. gessen? — Ich denk« nicht. Herr Oberlehrer. e— Wie gut sich da» satte Bläu der Kornblumen zu dem kräftigen Rot der Stickerei des Läufers macht. >— Ja, wunderschön, Herr Oberlehrer. — Hm, sagen Sie mal, Emilie, finden Sie nicht, daß der Spruch Sich regen bringt Segen Mr «inen Tischläufer wenig geeignet ist? Gute» Geticht, frohe» Ge sicht oder auch nur kurz Guten Appetit würde mir viel -paffender erscheinen. — Ach, Herr Oberlehrer, der Der» ist doch so schön Und da» Fräulein Schwester werden schon gewußt haben, weshalb sie gerade den Der» auswählten. — Klingling! Ach, die Herren! Emilie verschwindet, um di« Korridortür zu öffnen. Professor Holm betritt das Zimmer. >— Tag, mein lieber Stein. — Herzlich wilh kommen, bester Holm. — Nein, wie behaglich Sie «» doch in Ihren vi«r Pfähle« hab««. — Nicht wahr? Gin Leuchten geht üb« das Gesicht de» Herrn Oberlehrer». Vier 'Schläge ertönen von der prächtigen Wanduhr her, und mit einer Pünktlichkeit, di« dem Schulmann alle Ehre macht, schreitet Doktor Winter über di« Schwelle. GmMe bringt den Kaffee und die Herren nehmen an dem Tische Plcch- O, wie da» duftet, Fräulein Emilie, Si« scheinen ja «in feine» Tränklein gebraut zu haben, sagt (schmunzelnd Professor Holm. Und wi« festlich Si« den Kaffeettsch hergevtchtet Haden, fügt Doktor Winter hinzu. Sogar Blumen! Gmili« -al alle Tassen gefüllt und verläßt in sichtlich gehobener St Immun- da» Zimmer. Nun aber, Litt», zu langen, lieb« Freund«. Obevl«hr«r Stein reicht den mit leckerem Backwerk belegten Teller herum. Alle Wetter, da ist ja «ich der neu« Tifchläufer, -ck-t Doktor Winter wieder del enthalte» ist, findet der Minister Geworden« ja rum Gelegenheit, die Meinung zu widerlegen. Ein Ehef der Reichskanzlei, der etwa eigene Politik machen wollle, ioäre ein sonderbare» Ding und würde doch wvhl kein« Stunde sein Amt behalten, wenn sein Vorgesetzter etwa» ioert ist. Das Amt eines preußischen Minister» de- In nern taugt aber ganz besonders für die Erziehung «ine» Charakters zur Selbständigkeit. Man nennt 'Herrn v. Loebell den Mann der preußischen Wahlreform. Auf dem Dallwttzschen Standpunkt« dürfe» di« Ling« ja auch nicht stehen bleiben, daß die königlich« Botschaft von 1908 eingelöst werden fälle, Ä aber genüge, wenn das nach Jahrhunderten gescheh«. Da di« Thronrede je nes Jähre» Herrn v. Loebell zum Verfasser hatte, wäv« er ja der gegebene Mann, den Schlußstrich unter jene» Vordersatz zu ziehen. Es nl-ibt natürlich immer noch die Frage offen, ob ein rustii ' ^n,^bereite« Abgeordneten haus heute schon vorhcrndei. ü' geheim«» und direk tes Verfahren möchten wir das ' chaupten, auch wohl für Einführung von Fixsätzen bei der Bestimmung der WäL- lerklassen, womit zugleich die zwischen Zentrum UM Nationalltberalen unlösbare Streitfrage, ob Dritteluna im Kreise oder in den Urwählerbezirken, au» der Welt geschasst würde. Herr v. Loebell hat sich jederzeit der Sympathien aller Parteien erfreut; e» wird ihm jeden falls leichter fallen als Herrn v. Dallwitz, an dies« schwierige Reform heranzugehen. Die Rückberufung die ses erschienen und angesehenen Beamten in da» ein flußreiche Amt eine» Minister» de- Inner« wird all-»' mein al- ein glücklicher Griff de- Reich-kanzler- bezeich net. Die Aage äer Kmtshauptmanv* schäft Äue vor äem Lanätage. -si- Di, Zweit« Kammer des sächsischen Landtage» trat gestern Nach den Osterferien nachmittag» v Mr wteder zu sammen. Am Regierungstische: Staat-Minister v. Setzd«- witz, Graf Vitzthum v. «Ästädt und Kommissare. Präsident Dr. Bogel eröffnet dte Sitzung mit einigen Worten der B*> grützung. ALg. Koch (Fortfchr.) berichtet über den Sta des Hauptstaatoarchivs und beantragt namens der Finan» deputatiou das Kapitel zu genehmigen. Einstimmig wird da» Kapitel bewilligt. Lbg. Däbritz Mons.) berichtet über das neue Kapitel 4 im Etat: IKMenseDeräbeMichen. Abg. Friedrich (kons.) hält den Ankauf von Kohlen, feldern für klug. Er bedauert, daß die Regierung nicht in allen Fällen, wo ein Bergwerk unter günstigen Bedingungen zu erstehell ist, rasch zugreift. ALg. Günther (Fortfchr.) bemängelt, daß so große Summen ausgewendet werden müh- len zur baulichen Herstellung der Gebäude aus den Kohlen- felderoberflcichen. Er Littet, die Gebäude, die da» betrifft, an und schiebt «in Stück Sähnenbäiser zwischen di« Zähn«. Der neu« Tischkruser? verwundert sich Professor Hostn, Ach Si« wissen noch nicht. Unser lieber,Kolleg, Stein hat von dem fürsorglichen 'Schwesteriletn zur Beqvolllmmn- nung seiner Wirtschaft diejfe neue Spende «chatten. — So. fol Wie nett von Fräulein Stein. — Ja, es ist «im lieber Kerl, meine Schwester Lotw. Prüfend gehen Doktor Winter» Augen durch die dicken Brillengläser auf der neuen Errungenschaft des Oderlchrschau»halte» hin und her» Sich regen bringt Segen. Nanu, will Fräulein Lotte auf di« Regsamkeit unserer KauaoeMeuge anspiÄen? Oder etwa -ar auf meinen Schmerbauch? Ja, der Spruch kommt Mr auch etwa» merkwürdig vor, sagt jetzt Oberlehrer Stein. Das ist entschieden ein Mißgriff vo-n Lotte. Schweigend sicht Doktor Winter auf. Langsam und etwa« umstäMich zieht er ein« Schmiege au» der Tasche und beginnt dick Maß« de, neuen Tischläufers festzu-stellen. Wnfundslckbzig Zentimeter breit. Hm! Ja, Kollqg«, was -machen Si« denn da? ertönt e» wi« aus einem Munde von den beiden an deren. — Mein Lisch ist fünfundachtztg Zentimeter breit, mein Läuf«r demnach nach flüchtiger! Schätzung vierzig Zentimeter. — Na, haben Sie denn die Maße Ihre» Tische« so genau im Kopfe? — Ganz genau. Dazu «acht Doktor Winter eine Handbewegung, die jeden Widerspruch von vornherein ausschlicht. — Ach so, wir haben ja nicht um sonst den Mathematiker in unserer Mitte, meint Sin klein wenig spöttisch der Theologe Stein. Fünfundstebzig Zenti meter stehen vierzig Zentimetern gegenüber, oerharmt Dok tor Winter bei dem interessanten Problem. — Mein« Herr«», fällt 'Ihnen nicht der ,i«sige Unterschied in den Maßverhültnissen auf? Lieber Stein, ist denn da» über haupt ein Tischläufer? >— Na, erlauben Sie mal, Winter, tä> werde doch wissen, wa» ein Tischläufer ist! Bester Kolleg«, hebt da Professor Holm etwa» schüchtern an, ick verstehe ja von solchen Dingen gae nicht». Schmit ich milch aber erinnern kann, And dte Läufer, di» mein« Frau Ge, die Tischtücher breitet, von «scher Farbe und feiner iim Gewebe. Da» dunkle Grau und der kräftig« Stchf lassen in mir den Gedanken reifen, doch Kolleg« Winter» Frage nicht