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DerMlWLrMer TageSKL fiirZWOwerda Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten D« Sächstsche Erzähler Ist das zm Veröffentlichung der amtlichen Bekannt« machvngen der Aratshauptmannfchaft, de« Arbeitsgerichts und des Haupt« zollamts zu Batchen, des Amtsgericht, de« Finanzamts, der Schulinspektion und des Stadtrats zu Bischofswerda behördlicherseits bestimmte Blatt Ileukirch und Ilmgegenö Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadt und Land. Dicht verbreitet in allen Volksschichten, Beilagen: Illustriertes Sonntagsblatt, Heimatkundliche Vellage/ Frau und Heim / Landwirtschaftliche Beilage. — Druck und Skrlag von Friedrich May, G. m. b. H. in Bischofswerda. — Postscheckkonto Amt Dresden Nr. 1521. Gemeindeverbandsgirokasse Bischofswerda Konto Nr. 84 Erfchetnungwoeis«: Täglich mit «usnahm tag«. Bmsgvvtts für die Zeit «im» hä -au» halbmonatlich Mart 1.10, bei» tll stell« »Lcheattlch « Pfg. Einzelnummer nummec 1ö Pfg.) « der Sonn- und Feier- lben Monats: Frei in» «holen in der Geschäft- 1ü Pfg. (Sonnabend- Fernsprecher Amt Bischofswerda Br. 444 und 44S. Im Fall« höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger irgendwelcher Störung de» Betriebe» der Zeitung oder der Besürderungseinrich- tunaen — hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung des Bezugspreises. Anzeigenpreis (in Reichsmark): Die 44 mm breit« einspaltige Millimeterzeit« 10 Pfg., örtliche Anzeigen 8 Pfg. Im Textteil di« 90 mm breit« Millimeterzeil« 30 Pfg. Für da» Erscheinen von Anzeigen in bestimmten Nummern und an bestimmten Platzen keine Gewähr. — Erfüllungsort Bischofswerda. Nr. 20V Dienstag, den 6. September 1S32. 87. Jahrgang Die Verordnung zur Entlastung nnd Belebung der Wirtschaft. Regelung des Steuernachlafses durch Steuergutscheine. - Weitgehende Ermächtigung auf sozialpolitischem Gebiet. - Finanzpolitische Maßnahmen. Tagesschau. * Die Verordnung der Reichsregierung zur Entlastung und Belebung der Wirtschaft wird amtttch veriifsenMcht. Im Rundfunk gaben Montag abend der Reichswirtschastsminifler und der Reichs- ftnanzminister Erläuterungen. * Reichslagspräsident Goerlng hat die Absicht, den Reichslag für kommenden Montag, den 12. September, einzuberufen. Man rechnet damit, daß der Empfang beim Reichspräsidenten am Sonn abend dieser Woche staltflnde«. Der Reichskanzler empfing am Montag in Anwesenheit de» Herrn Reichswehrminifler» di« Vundesstlhrer und andere Mit glieder de» Stahlhelm. An den Empfang schloß sich ei« Frühstück. * Vie Gellungsdauer der Souutagsrückfahrkarlea ist mit so fortiger Wirkung verlängert worden. Vie Heimreise kann nun Alontag mittag 12 Uhr angelreten «erden. Vie Konferenz in Stresa für den wirtschaftlichen Wiederaus bau der südosteuropäischen Staaten begann Montag nachmittag. Vorsitzender ist der ehemalige franzlislsche handel-minister George, Bonnet. *) Ausführliches « «derer Steil«. Hoffnung auf Segen. Aue Wirtschafisnotverordnung der Reichsregierung. In der guten allen Zett, als der ehrbare Kaufmann noch nicht zum System der Kartotheken übergeganaen war, sondern so, wie er es vom Vater gelernt hatte, Geschäfts bücher führte, schrieb er, sobald er ein neues Hauptbuch be gann, mit schöner Schrift ein „Mit Gott" hinein. Seitdem die Revolution über das deutsche Land gegangen ist, besitzt der Wahlspruch „Mit Gott" nahezu keinen Kurswert mehr. Selbst die neuerdings geradezu als heilig erklärte Weimarer Verfassung kennt in ihren grundsätzlichen Feststellungen das Wort Gott nicht. Erst dieser Regierung von Papen, zu der man im einzelnen stehen kann wie man will, blieb es Vor behalten, dem Beispiel des ehrbaren Kaufmanns aus der Väterzeit zu folgen und über den Beginn ihres Wirkens und ihres Werkes betont und bekennerisch den Wahlspruch „Mit Gott" zu setzen. Sie hat damit ihre „neue Staatsfüyrung" mit einem alten tragenden Gedanken besserer Vergangenheit verknüpft, mit dem Gedanken, daß an Gottes Segen alles gelegen ist. Und in dieser Hoffnung auf Gottes Segen, auf eine höhere, sinnvolle, nicht mit dem Verstand zu fassende, sondern nur iM Glauben zu empfindende, leitende, ausglei chende und helfende Gesetzlichkeit hat die Regierung wohl auch nur den Mut gefunden, anders als alle ihre Vorgänge rinnen, einmal mit einer umfassenden und durchgreifenden nicht auf Jnteressentenstimmen rechts und links hörenden Notverordnung zur Belebung der Wirtschaft und zur Be kämpfung der Arbeitslosigkeit hervorzutreten. . Notverordnung ist ein Wort, das in Deutschland bösen Klang gewonnen hat. Die Verordnungen, die das frühere System erließ, haben allzu ost Not geschaffen, anstatt der Not zu steuern. Sie waren mehr oder minder alle von marxisti schen Gedankengängen durchseucht, glaubten in staats- sozialistische r Auffassung, daß der Staat nur ein Ver teilungsproblem zu regeln habe, um alle, die Leistungsfähi gen wie die Leistungsunwilligen, versorgen zu können. Mit der politischen Wende ist auch das Scheitern dieses wirt schaftspolitischen Systems aller Wett offenbar geworden, wenn es auch immer noch Augen gibt, die nicht sehen, und Ohren, die nicht hören wollen. Die neue Notverordnung, deren Einzelheiten gewiß mancher Kritik unterliegen, die auch noch hier und da —wie könnte es anders sein? — Rückfälle in den alten Geist zeigt, die manchmal, wo ganzer Mut gehörte, noch erst tastend vorgeht, baut sich doch auf eine ganz andere Gedankenwelt und Gesinnungsgrundlage auf. Sie will nicht kommandieren, nicht eine schematische Gleichmacherei treiben, nicht die schon ausgeleierte Steuer presse noch einmal und wieder erfolglos umdrehen, sondern sie will der Wirtschaft helfen und sie wird der Wirtschaft hel fen, wenn die Wirtschaft sich selber hilft. Es ist endlich ein mal etwas „ganz anderes", was dem deutschen Volke in einer Notverordnung geboten wird. Es geschieht endlich einmal etwas, und Freund wie Gegner der Regierung Papen und ihrer bisherigen Regierungsarbeit werden darin Eine ausführliche Erläuterung -er neuen Verordnung veröffentlichen wir im 1. Beiblatt. übereinstimmen müssen, daß hier einmal das Problem, das das innere Lebensproblem Deutschlands ist, von einem ganz anderen Ende angepackt wird, und daß man hier einen Schritt geradedurch tut, der nicht mit allen möglichen Halb heiten und Zögereien mitten im Gang unterbrochen wird. Es ist schon was, wenn der Wirtschaft unter besonders sorg licher Zuwendung an die mittleren und kleineren Betriebe Milliarden zusätzlichen Kredites zugeführt werden, ohne daß gleich wie ein finsteres Gespenst eine Jnflationsgefahr am Horizont erscheint. Es ist schon was, wenn auch der kleine und kleinste Gewerbetreibende durch den in'seiner Einfach heit fast genialen Schlüffe! der Steuererleichterungen und der Steuergutscheine, sowie der Beschäftigungsprämien an die sem belebenden Strom neuen Blutes für die Wirtschaft teil nehmen kann. Und es ist schon etwas, wenn die ganz ein fache Berechnung ergibt, daß an Stelle einer sich bisher fast schicksalshaft vollziehenden Millionensteigeruna der Arbeits losenziffer fast mit einem Schlag rund IX Million deutscher Menschen, die sich heute noch an den Stempelstellen drängen, auf neue Arbeitsmöglichkeit sichere Hoffnung haben können. Und weil alles das etwas ist, das uns im Nach kriegsdeutschland völlig ungewohnt wurde, darum sollten wir auch endlich einmal aus der Mutlosigkeit ewiger Kritik- hasterei heraus, sollten wir auch die Hoffnung und das Ver trauen haben, daß auch die Fragen der landwirtschaftlichen Hilfe und der Zinssenkung und alles das, was hier und da noch unvollkommen scheint, jedenfalls mit gleichem Mut und mit gleichem guten Willen zu ihrer Zeit angepackt werden. Der Marxismus u>. seine alten oder neuen Mitläufer tobten schon, noch ehe die Einzelheiten der Notverordnung bekannt waren. Er wird weiter toben, so viel ihm das gestattet wird, von Reaktion schreien, von einem Kabinett der Ärbeiterent- ^rechtung und des Lohndrucks. Arbeiterentrechtung und Lohndruck? Weil durch die Notverordnung die Möglichkeit gegeben ist, den Arbeitsgang und die Arbeiterzahl durch eine selbstverständlich immer noch staatlicher Beaufsichtigung un terliegende und keinerlei Willkür ausgelieferte Lockerung der Tarife zu erweitern, soll der deutsche Arbeiter entrechtet sein? Wo bleibt denn da, von allem anderen ganz abge- ehen, der so hoch gepriesene Geist der Solidarität, das Ge fühl der gemeinsamen Schicksalsverbundenheit des Prole tariats? Ist es reaktionär, wenn ich, u. sei es mit einschnei denden Maßnahmen, Arbeit schaffe, anstatt daß ich eine Ar beitsstätte nach der anderen durch Ueberhöhung der Be lastungen zum völligen Erliegen kommen lasse? Wer heute schreit, und gestern die Brüning'schen Notverordnungen mit verantwortete, der soll erst einmal hingehen und die Notver ordnung von heute mit den Notverordnungen des alten Sy stems, mit den Notverordnungen Brünings, Brauns und Severings vergleichen und sich selbst dann im Gewissen prü fen, aber wirklich im Gewissen! Und wer von „Experimen ten" spricht, soll vorsichtig sein, wenn er im Glashaus sitzt. Hoffnung auf Segen! Cs regt sich schon in der Wirt schaft. Das ist zu merken, auch wenn man die Börse nicht als das geeignete Barometer ansieht. Cs ist ein Fünkchen von Vertrauen in das ganze Leben unseres Volkes hinein gekommen, und dieses Fünkchen muß zu einer Flamme an gefacht werden. Auch der ehrbare Kaufmann, der in sein Hauptbuch das Wort „Mit Gott" schrieb, war sich bewußt, daß damit noch nichts getan war, daß Gott nur dem hilft, der sich selber hilft, und daß das Vertrauen auf Gott mit einem Vertrauen auf die eigene Kraft gepaart sein muß. Dann wird die Hoffnung auf Segen nicht vergeblich sein. KarrrLerrede im Tonfilm. Berlin. 6. Sept. (Eig. Meldg.) Reichskanzler v. Pa pen hat in der Ufa-Tonwochenschau eine Ansprache gehal ten, in der er vor allem auf die Frage der Arbeitslosigkeit einging. Der Kanzler erklärte u. a., die Reichsregierung sei entschlossen, einen durchgreifenden Versuch zu machen zur Belebung der Privatinitiative und der Privatwirtschaft. Wir glauben, am Tiefpunkt der großen Weltkrise angelangt zu sein. Daher fühlen wir uns berechtigt, mit einem großen Einsatz von mehr als 2 Milliarden Mark der Produktiv seite zu Hilfe zu kommen, um insgesamt mehr als 2 Millio nen Menschen wieder in den Arbeitsprozeß eingliedern zu können. SlNWklWkS MWkWUkll SM Vie MeilÄvUkil. Weitere Erläuterungen. Berlin, 6. Sept. (Eig. Meldung.) Die heute veröffent lichten Wirtschaftsmaßnahmen werden von maßgebender Seite als ein konzentrisches Zusammenwirken aller Ressorts der Reichsregierung gegen die Arbeitslosigkeit bezeichnet. Die einzige Frage ist nun, ob der gegenwärtige Zeit punkt richtig ist. Das wird von den verantwortlichen Stel len bejaht! Man führt dafür vor allem ins Feld, daß der Vertrag von Lausanne eine sehr viel wertvollere Vor aussetzung für die wirtschaftliche Wiederbelebung ist, als man ihn bisher in Deutschland bewertete, und daß weiter eine ganze Reihe von Anzeichen dafür sprechen, daß sich in der Weltwi X^aft ein Umschwung anbahnt. In diesem Augenblick greift die Reichsregierung mit einer Anzahl von Maßnahmen ein: s i e entlastet die Wirtschaft; sie gibt ihr mit den Steuergutscheinen außerdem die Möglichkeit zu größerer Kreditschöpfung; sie hilft ihr weiter durch eine elastischere Gestaltung der Tarife und schließlich durch die öffentlichen Mittel, die für die Arbeitsbeschaffung zur Verfügung gestellt werden. Das sind fünfmal so viel, als ursprünglich gedacht war. Die X Milliarden, von denen in dem Kommunique die Rede ist, setzen sich folgendermaßen zusammen: Aus den 135 Millionen, die zunächst für Stra ßenbauten, Wasserstraßen und Meliorationen bewilligt wa ren; dazu kommen die 200 Millionen, die die gegenwärtige Reichsregierung für ihr Arbeitsbeschaffungsprogramm aus geworfen hatte, ferner die 50 Millionen für Hausreparaturen und endlich 170 Millionen bis 200 Millionen RM. ,die die Reichsbahn aus der Beförderungssteuer spart und in Auf träge umwandelt. Die Post hat 60 Millionen f>.- die gleichen Zwecke aufgeworfen, deren Finanzierung auch schon ge sichert ist. Das macht eine Summe aus, die zwischen 600 und 650 Millionen liegt. Der Rest besteht aus Aufträgen, die augenblicklich noch beraten werden. Natürlich sind in der Verordnung, die ja zum Teil aus Ermächtigungen besteht, deren Rahmen noch aus gefüllt werden muß, eine Menge Fragen enthalten, deren Verwirklichung im einzelnen geregelt werden soll. Die Arbeit der Ministerien ist deshalb keineswegs abgeschlos sen, im Gegenteil, die Ressorts werden in den nächsten Wochen alle Hände voll zu tun haben. Ein großer Teil die ser Arbeitslast liegt namentlich auch auf dem Reichsarbeits ministerium. Uebrigens wird die Tarifverordnung, für die dieses Ministerium hauptsächlich federführend ist, so bald wie möglich im Reichsgesetzblatt herauskommen. Ihr Inhalt ist bereits ebenfalls in der langen Verlautbarung der Reichsregierung enthalten. Um die Durchführung sicherzu stellen, wird der Reichsarbeitsminister voraussichtlich Ende der Woche die Schlichter zu einer Konferenz nack> Karlsruhe zusammenberufen. Zwei MMkllM m MWWvlvMlvMU ReichswirtsHaftsminister Warmbold hielt Montag abend im Rundfunk in der Stunde der Reichsregierung eine Rede, die über alle deutschen Sender verbreitet wurde. Der Mi nister betonte, daß die Reichsrrgierung es als ihre wichtigste und vordringlichste Aufgabe ansieht, den Leidensweg der deutschen Wirtschaft abzukürzen, das Erwerbsleben wiederzu beleben, die Zahl der Arbeitslosen zu ver mindern und damit die Lebenshaltung der breiten Schich ten des deutschen Volkes zu verbessern. Ein solches Ziel könne nur verfolgt werden, wenn die Maßnahmen der Regierung sich auf dem sicheren Grunde einer stabilen Währung aufbauen. Sie lehne alle Pläne ab, die darauf hinausgehen, eine zwar stabile, aber im Wert niedriger stehende Mark zu schaffen. Der Mini ster wies auf zahlreiche Anzeichen hin, die es wahrscheinlich erscheinen ließen, daß wir uns allmählich demEndeder