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Sonnabend, den 15. August 1V31. liil k 86. Iahrgan- ssssissMssss»t Tageblatt jurMsihofswerda Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Der Sächsische Erzähler ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekannt machungen der Amtshauptmannschaft, de» Arbeitsgericht» und des Haupt zollamt» zu Bautzen, de» Amtsgericht», de» Finanzamts, der Schulinspektion und des Stadtrats zu Bischofswerda behördlicherseits bestimmte Blatt ErfcheinuvMvels«: TSglich mit Ausnahme der Sonn- und Feier- Fernsprecher Amt VIschosewerda Nr. 444 und 445. tag«. Lnugspret» für di« Zeit eine» halhen Monats: Frei In« Äm Falle höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger irgendwelcher ! Mi Hau» halbmonatlich Mark 1.20, beim Abholen In der Geschäfts» Störung de» Betriebe» der Zeitung oder der Besörderungseinrlch- SO " ' nd» tungen — hat der Bezieher keinen Anspruch aus Lieserung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung des Bezugspreise». WWVWWMWWSSSVSWWWMMWSSWWWSSSSSVSWWSWWSSWMMMWWMnoeMMMWWMWW Erscheinungsweise: TSglich mit Ausnahme der Sonn- und Feier tag«. Bezugspreis für di« Zeit «ine» halhen Monats: Frei In» stell« wSchenttich SO Pfg. Einzelnummer 10 Pfg. (Sonnabend- nummer IS Pfg.) Str. IS» Ileukmh und Ilmgegend Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadt und Land. Dicht verbreitet in allen Volksschichten. Beilagen: Illustrierte» Sonntagsblatt, Heimatkundliche Beilage , Frau und Heim / Landwirtschaftliche Beilage. — Druck und Verlag von Friedrich Mao, G. m. b. H. in Bischofswerda. — Postscheckkonto Amt Dresden Nr. 1521. Gemeindeoerbandsgirokasse Bischofswerda Kontos 64 I Anzeigenpreis <in Reichsmark): Die 44 mw breit« einspaltige ! Millimeterzeiie 1v Pfg., örtliche Anzeigen 8 Pfg. Im Textteil «e wm breite Millimeterzelle 30 Pfg. Für das Erfcheinen von Anzeigen in bestimmten Nummern und an bestimmte« Plätzen keine Gewähr. — Erfüllungsort Bischofswerda. Tagesschau. * Der französische Besuch In Berlin ist nunmehr endgültig auf die Zeit nach der Völkerbundskagung verschoben worden. Al- Grund wird der angegrlsfene Gesundheitszustand Briand» ange geben. Nach Meldungen au» Berlin sollen die Börsen am 20. August wieder eröffnet werden. Do» lnkernakionale Stillhallekonsorlium hak sich über die Be dingungen zur Verlängerung der kurzfristigen Kredite an Deutschland geeinigt und die Verhandlungen mik den deutschen Vankdelegierken sofort ausgenommen. Reichsverkehrsminister von Guörard hatte eine Besprechung mit Vertretern der deutschen Länder über den Entwurf ein« Ge setze» betreffend den Aeberlandverkehr mit Kraftfahrzeugen und über den Vahnspedittonsvertrag. * Der Fern-V-Zug Lasel—Berlin Ist in der Nähe von Erfurt von einem unbekannten Täter beschossen worden. 2m ersten Per sonenwagen find zwei Sugeleinschläge. Da» Frachlflugzeug der Streck« Berlin—London mutzte Frei tag abend in Laukwih-Süd wegen einer Motorstvrüng landen, wobei eine Wohnlaube zerstört wurde. Ein« Frau in der Wohn laube wurde schwer verletzt, die Insassen de« Flugzeug« blie- bea heil. -' P Ausführlich« an anderer Stelle. SM WWkW - M MS W? v. I. Berlin, 15. August. (Eign. Dienst.) Die schmerz liche Erkenntnis, daß das Gleichgewicht in den öffentlichen Haushalten nur durch weitere Sparmaßnahmen erzielt wer den kann, ist nicht nur durch die Reden des Reichskanzlers in der deutschen Oeffentlichkeit verbreitet worden. Dieser Tage hat der deutsche Städtetag ein Notprogramm aufge stellt, um die Haushalte der Gemeinden den gewaltigen An forderungen anzupassen, die durch die Aufwendungen für soziale Zwecke gestellt werden. Der ungedeckte Fehlbetrag der deutschen Gemeinden beläuft sich nämlich auf etwa 800 Millionen Mark. Daß in den Haushalten der Gemeinden noch Einschränkungsmöglickkeiten vorhanden sind, bedarf keiner Erörterung. Allerdings schleppen die Gemeinden sich heute mit erheblichen Zinslasten umher, mit denen die Bewilligungsfreudigkeit der Stodtparlamente in den Zeiten der Scheinkonjunktur die Steuerzahler belastet hat. Man che Kommune wird stch jetzt ernsthaft die Frage vorlegen, ob es notwendig wat in den vergangenen Jahren Sport plätze, Planetarien und ähnliche Einrichtungen in so ver schwenderischem Ausmaß zu schaffen, ganz abgesehen von den vielfach unproduktiv arbeitenden Wirtschaftsbetrieben der öffentlichen Hand. Die Not der Zeit wird hier schmerz liche Korrekturen vornehmen, und es wäre zu begrüßen, wenn sie endlich den Weg zur Besserung wiese. Die dringendste Aufgabe für den kommenden Winter bleibt aber die Ernährung und Versorgung der Mil lionenarmee der Arbeitslosen. Auch der Kanzler scheint der Meinung zu sein, daß wir den Tiefpunkt des Wirtschaftslebens noch nicht erreicht haben. Die Anzeichen, die Ms die Statistik des Instituts für Konjunkturforschung geben, deuten auf denselben Tatbestand hin. Die Voraus setzung für eine wirkliche Besserung der Konjunktur ist noch nirgends recht erkennbar. Es bleibt also nichts weiter üb rig, als daß wir uns zunächst auf diesen Schrumpfungspro zeß einzurichten suchen. Für diejenigen Volksgenoffen, die dem bitteren Schicksal der Arbeitslosigkeit verfallen sind, ist dies allerdings besonders hart, zumal die Spartendenz der Reichsregierung darauf hinausgeht, nach Möglichkeit auch die Kosten der öffentlichen Wohlfahrtspflege zu senken. So nüchtern man auch solche Feststellungen trifft, so wenig darf man sich die großen Gefahren dieses Zustandes verschwei gen. Was dem deutschen Volke in feiner Gesamtheit heute zugemutet wird, ist eine ungeheure Last, die deshalb so schwer zu tragen ist, weil in den weitesten Bevölkerungs kreisen die tiefste Hoffnungslosigkeit herrscht. Der Arbeiter, der schon seit Jahren aus seinem Erwerb herausgeworfen ist und die Leidensstationen der Arbeitslosenversicherung, der Krisenfürsorge und der Wohlfahrtspflege durchmachen mutz, der Angestellte, der seinen Arbeitsplatz verloren hat und keine Hoffnung hegen darf, jemals wieder in den Pro duktionsprozeß eingegliedert zu werden, der Angehörige eines freien Berufes, dem der wirtschaftliche Boden immer mehr unter den Füßen weggezogen wird, sie alle blicken nach einem Hoffnungsstrahl aus, der ihnen wenigstens die Umkehr aus der Zeit des Elends und der erzwungenen Un tätigkeit andeuten soll. Der Franzosenbesuch erst nach der Genfer Tagung. Gin TelephongesvrSch Lavals mit dem Ueichskaarler. Barl». 14. Aug. Ministerpräsident Laval hat sich heut« abend telephonisch mit Reichskanzler Dr. Brüning in Ver bindung gesetzt. Er hat ihm nochmals sein Bedauern zum Ausdruck gebracht, wie zuvor dem deutschen Botschaft« v. Hoesch, sich wegen des Gesundheitszustandes des Außen ministers Briand nicht zum ursprünglich vorgesehenen Da tum nach Berlin begeben zu können. Er hat hinzugefügt, daß er nach wie vor denfehn süchtigen Wunsch habe, die in Paris im vorigen Monat eingeleiteten Besprechungen so bald wie möglich wieder aufzunehmen. Wie Frankreich mit den deutschen Tributen arbeitet. Die Erkenntnis, daß die Weltwirtschaftskrisis auch auf die bisherige „glückliche Insel" Frankreich überzuareifen droht, hat die französische Regierung dazu veranlaßt, der Industrie große Staatsaufträge zu überweisen. Vor allem hat die Eisenindustrie sowie die Automobilindustrie bedeu tende Aufträge in Kriegsvorräten (!) erhalten, außerdem sind umfangreiche Grenzbefestigungs arbeiten in Auftrag gegeben worden. Ferner werden Arbeiterkolonien und billige Zinshäuser errichtet. Aus dem Erlös der neuen Kolonialanleihe sollen in den Kolonien große Hafenarbeiten, Eisenbahnbauten und Wasserleitungen finanziert werden. Möglichkeit eines neuen Abwägens der Kräfte nach den Wirren der letzten Wochen gegeben ist. Vermutlich haben die Sondierungen in Berlin ergeben, daß keine VUssttsst auf „ausreichende" Zugeständnisse Deutschlands besteht, wie st« die französischen Politiker bei diesem Besuch offenbar erhofft haben. Nun soll Deutschland erst weiter geknetet werden, um endlich mürbe zu werden. Dazu wird sie Genfer Böl- kerbundstagung zweifellos nach Kräften ausgenutzt werden. Selbst in Paris glaubt man nicht an die Krankheit Briands. Noch vor Bekanntwerden des Kommuniques gab das Journal des Debats der Vermutung Ausdruck, daß He Krankheit Briands in diesem Falle vermutlich als Diplo matisch" bezeichnet werden könne. Der Außenminister sei mit einer Beschleunigung der Reise unzufrieden gewesen, da ihm daran liege, sein währerrd der letzten Verhandlungen gesunkenes Prestige vor dem Berliner Besuch in Genf wie- Der.Franke" Kriand. Pari», 14. Aug. Ministerpräsident Laval hat das fol gende mit dem deutschen Botschafter v. Hoesch vereinbarte Kommunique der Presse übergeben: „Man weiß, daß Ministerpräsident Laval gestern den Besuch des deutschen Botschafters v. Hoesch empfangen hat. der ihn sowohl al» auch Außenminister Briand im Auftrage der deutschen Regierung offiziell eiageladen hatte, nach Ber lin zu kommen. Das für die Reise vorgeschlagene Datum war der 26. und 27. August. Ministerpräsident Laval, der Herrn v. Hoesch für die Einladung dankte und sie annahm, hat ihm gesagt, daß er. soweit es das Datum angehe, keine endgültige Entscheidung treffen könne, well Außenminister Briand gegenwärtig nicht in Paris sei. Der Ministerpräsident hat heute nachmittag von neuem Herrn v. Hoesch empsaugen. Er hat ihm mltgetellt. daß die Aerzte Prof. Vaquez und Dr. Marr, die beauftragt worden waren, sich über den Gesundheitszustand des Außenminister» Briand auszusprecken, zwar mit der lebhaftesten Befriedi gung Fortschritte festgestellt hätten, die jeder Tag zur voll ständigen Wiederherstellung des Außenminister» bringe. Sie haben jedoch zum Ausdruck gebracht, daß sie ihm nicht vär seiner Abreise nach Genf eine Unter- btzechung in der Ruhekur auf dem Lande ge fickt renkönKt en. die ihm für einen Monat verordnet fei. und deren Ruhen nach einer so kurze» Frist durch die Anstrengungen einer offiziellen Reise nach Berlin aufge- hoben werden könnte». Unter diesen Umständen find Ministerpräsident Laval und Botschafter v. Hoesch in der Erwägung, daß die Teil nahme des Außenministers Briand bei diesem Besuch uner läßlich sei. sich darüber einig, daß die Reife der französischen Minister nach Berlin auf ein Datum verschoben wird, das so nahe wie möglich nach dem Ende der Völkerbundstagung liegt." * Cs kann kein Zweifel darüber bestehen, daß der Ge sundheitszustand Briands nicht so gefährdet ist, daß er die Reise nach Berlin nicht antreten könnte. So gut er am 1. September zu der viel aufreibenderen Tagung nach Genf reisen kann, könnte er auch einige Tage zuvor die Spazier fahrt nach Berlin unternehmen. Würden Laval und Briand den Augusttermin für vorteilhafter gehalten haben, so wür den sie den Besuch nicht aufgeschoben haben. Offensichtlich ist den Franzosen die Lage noch nicht geklärt genug, man begrüßt es, daß auf der Genfer Ratstagung zunächst diel Gewiß soll keine Regierung dem Volk blauen Dunst vormachen und damit die Fehler wiederholen, die in den vergangenen Jahren gemacht worden sind und die einen großen Teil der heutigen Zustände verschuldet haben. Man muß aber von einer Regierung, die gezwungen ist, einem Volke so Hartes zuzumuten, verlangen, daß sie es nicht bei diesen rein fiskalischen Maßnahmen zur Wiederherstellung des Gleichgewichtes in den öffentlichen Haushalten bewen den läßt. Das ganze Volk ist tief durchdrungen davon, daß in den letzten zehn Jahren ein falsches System ge herrscht hat. Man kann diese Fehler nicht dadurch korri gieren wollen, daß man gewisse Auswüchse beschneidet und im übrigen den Brotkorb höher hängt. Diese Methode führt zwangsläufig zu einer immer weiteren Radikalisierung der deutschen Wählerschaft, weil diese nämlich nur die Härten sieht, aber nicht erkennen kann, daß der Wille zu etwas Neuem lebendig geworden ist. Der Ruf nach Reformen ist jetzt auch amtlich als berechtigt anerkannt worden. Nur müssen wir uns darüber verständigen, daß das, womit man bisher die Nöte der Zeit kurieren zu können glaubte, den Namen Reform kaum ver dient. Wenn man beispielsweise in der Krankenversicherung die Leistungen schematisch herabsetzt, dann erzielt man da mit vielleicht eine geringe Entlastung für die Versicherten und für die Wirtschaft. Das ganze schadhafte System aber, das von allen Teilen als eine Zumutung empfunden wird, bleibt in seiner Unzulänglichkeit bestehen, ja es wird durch die Verknappung der Mittel in feinen Härten noch gestei gert. Die mißbräuchliche Ausnutzung der Versicherungsein richtungen wird nicht verhindert, solange man an den Grundlagen nichts ändert, die ausreichende Versorgung der wirklich Bedürftigen aber wird auf das Schwerste beein trächtigt. Bei der Arbeitslosenversicherung dürften die Dinge nicht viel anders gelagert sein. Die übrigen Zweige der Sozialversicherung, die sich wie die Knappschaft teile mitten in der Krise befinden, teils dicht davor stehen, geben dem Gesetzgeber gleichfalls schwere Aufgaben zu lösen. Aber bisher hat sich stets das gleiche Schauspiel wiederholt, daß man nämlich wartete, bis der finanzielle Zusammenbruch da war und dann schematische Abstriche an den Leistungen oornahm mit dem Hinweis darauf, man könne in schwersten Krisenzeiten keine grundlegenden Reformen vornehm». Das gleiche gilt von der staatspolitischen Reform, die wir haben müssen, wenn Deutschland wieder zu voller Lei stungsfähigkeit gelange» soll. Die Fehler unseres staatlichen Aufbaues, die Ueberorganisation unseres Behördenappara tes und die dadurch heroorgerufene Unfähigkeit zur Leistung werden seit Jahren empfunden. Deshalb das Drängen nach der Reichsreform, deshalb die Mahnungen verantwor tungsbewußter Kreise, man solle diese Dinge nicht zu lange anstehen lassen und handeln, so lange es Zeit ist. Das Ka binett Brünina hätte sich manchen Mißerfolg beispielsweise bei der Osthilfe ersparen können, wenn es sich nicht aus Furcht vor Auseinandersetzungen mit unzulänglichen Kom promißlösungen begnügt hätte. Wir stehen jetzt wahr- scheinlich bald vor der unbedingten Notwendigkeit, die Fra ge der Reichsreform ernsthaft in Angriff zu nehmen. Eine große Gefahr liegt nun darin, daß wiederum auch hier nur ein dürftiges Kompromiß zustande kommt, durch das besten falls einige Schönheitsfehler beseitigt werden, bei dem aber der Kem der Schwierigkeiten unberührt bleibt. Gerade weil jetzt politische Gegenwartssorgen schwerster Art zu einer Lösung drängen, wäre es verfehlt, sich wieder nur mit Halb heiten, also zum Beispiel mit einer Berwaltungsgemein- schaft oder ähnlichem zu begnügen. Das deutsche Volk, das die Handlungen seiner Regie renden in dieser Krisenzeit mit ansieht hat eigentlich immer nur den Eindruck, daß durch ein System der Aushilfen die Krise verwaltet und das Allerschlimmste verhindert wirb. Der Wille zur Ueberwindung der Schwierigkeiten aber, der erne wesentliche Voraussetzung für den Neuaufbau ist, kann nur ausgelöst werden, wenn an den verantwortlichen stel len des Reiches eine stärkere Initiative entfaltet wird. Die Ueberwindung einer solchen Kris« ist nicht da» Ergebnis