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. . — -'F-^ , /luer Tageblatt «W Anzeiger für öas erzgebirge YM DÄEOR «kl -er wöchentliche« Unterhaltungsbeilage: Muer Sonntagsblatt. WASWZ ua» M«.,ab«ft.ll,u, f,»>. rpnchstuo»« -»» Ne-arttoa «lt Mwnahm» -»» Gem»tag» «achmlNag» 4—s Uhr. — Telraramm-fiSriss,, Lag,blatt ^u«rzg»dl»g». geruchrech» SS. »'N» »I, stufsob, »«. Su/.k-i«, M. «»»«lang. ^ng.f°°»w Manustr.pt. kann »«-Sh- «lch. -.leist.. ««»w. Nr. 42. Freitag» 20. Zebruar 1914. Diese Nummer umfaßt 8 Seite«. Das Wichtigste vom Tage. Die Finanzdeputation M der Zweiten sächsischen Gtändekantmer hat sich mit allen gegen vier Stimmen für die Verlegung der Tier ärztlichen Hochschule von Dresden nach Leipzig erklärt. Der Kaiser ivohnte den Trauerfeierlichtetten für die Prinzessin Wilhelm von Baden in . Karlsruhe bei. B Dem Prinzen zu Wied ist bet seinem Besuch in Lon don die Unterstützung Englands zuge sichert worden. In der ReichStagSkommission über die Sonntagsruhe wurde ein Kompromtß-An- trag angenommen, der die volle Sonn tagsruhe für Gemeinde von über 75000 Einwohnern feststem. « vln Stell« der großen Flottenmanöver soll diese» Jahr in England «in« Probemobili sierung der ylottenreserde stattfinden. ». NL-«r«1 fl,-, au audn« Deutschlanäs Pugrekoräe. Die starken kriegerischen Gelüste, die sich in Len letzten Jahren in Frankreich regten, hingen zum großen Teil von der französischen Einbildung ab, daß das Mi litärflugwesen den Franzosen eine starke Ueber-- * legenheit gegenüber hen Deutschen verleihe. Unst man wollte die Ueberlegenheit dieser Waffe auSnützen, solange sie noch bestand, ähnlich, wie man sich im letzten Kriege auch auf die Ueberlegenheit einer neuen Waffe, der Mitratlleuse, freilich zu Unrecht, verließ. Viel leicht war man gerade deshalb besonders chauvinistisch nervös, weil man merkte, daß Deutschland mit großem Eifer an der Arbeit war, Vas französische Flugwesen ein zuholen. Man hörte und sah, wie die deutschen Flug apparate immer zuverlässiger, die deutschen Flieger im mer kühner und sicherer wurden. Aus dieser Situa tion heraus erklärt sich auch der ganz besondere Aer- ger, der sich unseren versehentlich auf französischem Boden verschlagenen Luftschtffern oder Fliegern gegen über äußerte. Di« Erfindung Zeppelin» mußte den Franzosen chwer in di« Glieder gefahren. Und die Erkenntnis, daß die deutschen OfsizierSflieger und ihr« Apparate allmählich die » französische Konkurrenz einholten, erweckte starken Verdruß. Man sah jenseits unserer Westgrenze die eigene Ueberlegenheit sich nach und nach nicht nur verflüchtigen, sondern in ihr Gegenteil verwandeln. Und dieses Gegenteil scheint heute bereits etngetreten zu fein. Sicherlich wird e» mit der Zeit eintreten müs sen. Di« wichtigsten militärischen Rekorde sind auf alle Fäll« heute schon in deutschen Händen. Wenn selbst englisch« Zeitungen darauf Hinweisen, darf man Wohl annehmen, daß solche Anerkennung eine Tatsache ist, und keine von falschem Patriotismus getrübte Illusion. Die Engländer haben begreiflicherweise ein wach same» Auge auf da» deutsche Flugwesen, weil sie selbst die Konkurrenz Deutschland» und eine zu weitgehende Stärkung desselben unangenehm empfinden. Die Mög lichkeit, daß Deutschland durch Fortschritte im Flugwesen selbst Nachteile in seiner Flottenrüstung gegenüber Eng land auSgletchen könnte, erfüllt englische Gemüter mit Beklemmungen. Den Franzosen wird es trotz dieser psychologisch begreiflichen Begründung wenig angenehm sein, sich von seinen Bundesfreunden jenseits des Aer- melkanal» die Tatsache bezeugen zu lassen, daß da» ftaw- -vstsche Flugwesen militärisch dem deutschen schon nicht mehr überlegen sei und auf alle Fälle bald überholt werden könnte. Viel ändern wird an der Sachlage auch die englische Warnung am End« nicht». Denn Rekord leistungen hängen letzten Ende» nicht vom guten Willen und von schönen Wünschen ab, sondern von her vor- handenenKraft. Deutschland aber hat nun einmal ein reichere» Reservoir gn brauchbaren militärischen Kräften al» Frankreich und England. Dies« harte Tat- fache kann auch der chauvinistisch« Franzose nicht au» der Welt schäften. Letzterer verdankt seine ylugerfolge Deutschland gegenüber nur dem Umstande, daß er früher auf dem Plan de» Wettbewerbe» erschien, in einer Zeit, als der Deutsche Den Wettbewerb auf diesem Gebiet« noch nicht so recht ernst nehmen wollte. Jetzt aber, wo der Deutsch« auch hier seine volle Kraft einzusetzen beginnt, wird sich deren Ueberlegenheit im Laufe der Jahre mehr und mehr unweigerlich geltend machen. Das ist eine sozusagen natur-gesetzliche Notwendigkeit. Wir brauchten nur erst einmal den Entschluß, den Flugbetrieb energisch in Angriff zu nehmen. Die stärkere Kraft ha ben wir längst. Es handelt sich hierbei nicht etwa nur um die Zahl der Menschen, die wir bei einer solchen Aufgabe dransetzen können, es handelt sich auch um die in Betracht kommenden moralischen Qualitäten. Ge wiß brachte der gewandte und leicht begeisterte Fran- zose mancherlei Vorzüge für das Flugwesen mit. Deut sche Gründlichkeit und Pünktlichkeit bedeuten aber gleichfalls sehr Wohl verwertbare Eigenschaften, und was die französische zunächst für die Raschheit der Erfolge be deuteten, das bedeuten die deutschen für die Nachhaltig keit. Der Deutsche läßt sich weniger leicht du/ch Mißer folge entmutigen. In Frankreich konnte man den Rück schlag auf die anfängliche Begeisterung nach dem Ein tritt zahlreicher Todesfälle von Militärfliegern schon verspüren. In Deutschland ist davon nichts zu merken. Außerdem wird der deutsche Flugzeugbau wie die deut sche Fliegerdisziplin den Vergleich mit der französischen mehr wie aushalten können. Wir werden nach dieser 9. Jahrgang. Sette hin die romanische Leichtblütigkett gewiß wieder einmal Übertreffen. Mag also der englische WarungS- ruf auch drüben den Wetteifer erneut anspornen r uns kann er als Anerkennung unserer Leistungen nur erfreu lich sein und in der Zuversicht bestärken, daß wir uns den Lohn aller Mühen und Opfer auf dem Gebiete des Flugwesens von niemand wieder werden entreißen las- sen. Oeffentl. Slaätveroränetensthung zu Aue. O Eine öffentliche Stadtverordnetensitzung war für gestern nachmittag Uhr einberufen worden Ts nah .ien daran 23 Mitglieder des Kollegiums teil, außerdem wa:en sieben Ratsmitglieder zugegen mit Herrn Bürgermeister Hofmann an der Spitze. Die Leitung der Verhandlung, n lag in den Händen des ersten Stadtverordnetsnvorsteher» Herrn Justizvat Raabe. Nach Eröffnung der Sitzung wurde mitgetetlt, daß die Stadtkassenrechnung aus da» Jahr 1S11, die zur Einsicht auslag, vom Rechnung», und Finanzausschuß geprüft und für richtig befunden worden ist. Der Rat hat sie daraufhin richtig gesprochen, das Stadtver- ordnetenkollegtum verfährt desgleichen. Weiter war di« Wähl von sieben Mitgliedern des Etadtverordnetenkolle- giums in die Kommisswn Mr Neuordnung der städ tischen Steuern vorzunehmen; diese Kommission soll auf Beschluß des Rates die Vorbereitungen treffen, di« sich au» der Einführung des neuen Gemeindesteueryesetzes er geben. Der Rat hat in dies« Kommission gewählt die Herren Bürgermeister Hofmann und Stadträte Schubert, Fischer, Christian Günther und Hermann Günther. Da» Stadtverordnetenkollegium seinerseits wählte die Herren Gaedt, Mehlhorn, Lederer, Gerlach, Ziegler, Selbmann und Justizrat Raabe. Sodann wurde über ein Gesuch des Herrn Paul Klöppel verhandelt, hn dem er um Wasser zuleitung zu seinem Pachtgrundstück an der Friedrich- August-Straße bittet. Der Wasserausschuß hat vorgoschla- gen, die Hauptleitung bis zu diesem GruMtück zum Preis« von 450 Mark herMtellen unter der Bedingung, daß Herr Klöppel sich verpflichtet, jährlich einen Zins von 20 Mark zu zahlen bis die in Aussicht genommene Verbindungsstraße von der Sch^achthoKraße bis zum Areal des Rittergutes Klösterlein fertiggestellt sein wird; an diese Straße kommt das Klöppelsche Pachtgrundstück alsdann zu liegen. Der Rat hat sich hiermit einverstanden erklärt und das Stadtverord netenkollegium schließt sich ihm an. Ferner lagen Gesuche vor um unentgeltliche Wasserabgabe an dfe Naturheiloereino für deren Gattenanlagen-. Ein solches Gesuch ist zuerst vom Naturheilverein I eingegangen und kurz daraus auch vom Naturheilverein Prießnitz. Der Wasserausschuß hatte gegen diese unentgeltliche Abgabe zunächst Bedenken. Ts ist dann festgestellt worden, daß der Wasserverbrauch in den Anlagen am Schlachthof im Jahre 1913 592 Kubikmeter betrug (— 1/18,40 Mark) und in den Anlagen -an der Bockauer Straße 298 Kubikmeter (— 59,00 Mark). Daraufhin -Hal Postlagernä. Plauderei von Met Wildenstein. ... > So haben er die Sittenrichter doch durchgesetzt, wen g- ftens in Belg ten, daß postlagernd« Sendungen an jung« Männer unter 17 Jahren und an junge Mädchen unter 18 Jahren nur ausgehändigt werden, wenn di« jungen Leute eine schriftliche Bewilligung d?» Vater» oder d«r -Stellvertreter», Lessen- Unterschrift amtlich beglaubig sein muß, vorweis-en können. Auch Mr da» Deutsche Reich hat man eine derartig« AlterSsperr« leigen'lich Jugend- sperre) verhängen wollen, u«ch nach dem Vorgang« Belgien» wird wohl die Einführung dt-eser Neuerung -auch bet rin« nicht allzulang« auf sich warten lasten. Mr werden- dann noch froh sein müssen, wenn nicht der ganze Verkehr, der sich postlagernd vollzieht, abgeschafft wird, wie die» von strengen Moralisten eLenfall» bereit» verkanak worden ist. Es steht ja unzweifelhaft f«st, daß durch postlagernd» Sen dungen Unmasten von Liebelei«», besond», in den -Großstädten, wo dl« Eltern außerstande sind ihr« halb wüchsigen Kinder zu beobachten, -in Szene gesetzt und unter halte" werden. E« unterliegt k-en5ow«n«g einem Aweifel, daß -sich au» diesen vostlag«rnden Korrespondenzen sch'ieß- lich unsittliche Verhältnisse entwickeln, di» am End, den Ruin manche« jungen Mädchen» und manch»» jungen Manne» veranlassen. Es steht ferner fest, daß Ver brecher und Schwindler aller Art di» Einrichtung -der postlagernden Brief« benützen, um au» diesen Vorteil zu ziehen. Namentlich der Dhiffrebttef, der al» Ldrest« «inen oder mehrere Buchstaben, sowie «in« oder mehrer« Zahlen trägt, spielt hier «ine große Noll«. Der Verbrecher, der sich verborgen hält, der auf d» Flucht begriffen ist, bezieht hochwichtige Nachrichten von seinen Komplizen und Verwandten durch post'vgernde Briefe und antwortet ihnen -ebenso postlagernd, weil «r befürchten muß, daß die Korre spondenz seiner Verwandten polizeilich überwacht wird. Der Heira»-, der Provisionsschwindler, der Kautions schwindler, Hochstapler all.-r Art korrespondieren vermittelst postlagernd«! Briefe, weil si« dabei nicht gezwungen sind, ihre Wohnung anzuge-en, und weil si« den postlag«rnden Brief auch unter fingiertem Namen in- Gmfang nehmen können. Die Liebes- und Daunerkorrespondenzen sind unzweif-rl« hast Auswüchse und Mißbräuch« der Einrichtung post lagernd» Brief«. Ab» si« können unmöglich Veranlassung werden, da» ganze Institut aufzuheben. Mit dem gleichen Recht« könnt« man verlangen, der gesamt« Eisen bahnverkehr solle eingestellt werden, weil ja di« Eisenbahn auch Schwind»!» und Gaunern, ja selbst den schwersten verLrechern Gelegenheit gibt, zu entfliehen und sich ihren Verfolg«» zu entzieh«». W» di» Bedeutung de» post lagernden Verkehr» Mr unser gesamte» öffentliche» Leben kennen lernen will, muh die Postanstalten mit großem Fremdenverkehr aufsuchrn. Gschäst»- und VergnUquw»- -reisende könn«" mit ihren Ann hörigen (di« Geschäft»-', ßenden mit '-hr n Fftmen) häufig -gar nicht and»» in Verbindung bleiben, al» indem sie verabriden, daß ihnen nach gewissen Orten Btt es» postlagernd geschickt werden. Der Tourist, insbesond», der Fußwanderer, der sein« Fsrtenreise antrttt. wäre von jeder Verbindung mit seinen Angehörigen abaeschnitten oder müßt» zu dem teuren tele graphischen versichr sein» Zuflucht nahmen, wenn « nicht verabredet hätte, an bestimmten Orten auf der Post nach zufragen, ob postlagernd« Briefe Mr ihn vorhanden sind. Dort, wo Sachsengängsr, üb-rhaupt ein« fluh tuierende ArbetteH-^, LoHrnden sind, ist der postlagernd« Brief ebenso «ine Notwendigkeit, wie er ein Schreiten und eine furchtbare Last für die Postbeamten wird. So -wissen die rheinisch-westfälischen Postämter im westlichen In- dustriebeztrke ein Klagelied zu -singen von der Last, di« ihnen die postlagernden Briefe verursachen, die von den Angehörigen der in dem westlichen Jndustrtebeztrk arbeiten den Polen au» Obevschleisten, Posen, M.-stpreußen geschrieben werden. Abgesehen davon, daß di« Handschrift«» außer ordentlich schlecht lesbar und schwer zu entziffern sind, schreiben di« mangelhaft -gebildeten Leute im Osten die deutschen Or e und Bezeichnungen meist phonetisch, da» heißt so, wie sie in ihr Ohr klingen, und -war mit pol nischer Orthographie. So kommen Rätsel herau», di« selbst von den routiniertesten Postbeamten manchmal nur mit großer Schwierigkeit gelöst werden können. Und wie mit den Ortsnamen, geht e» natürlich auch mit den Vaters namen der Adressaten. Auf der Post in Bozen in Tirol -hatte ich Gelegenheit zu beobachten, welch ungeheure Last für die österreichischen Postbeamten dort durch den Ver kehr in postlagernden Briefen, di* au» Italien kommen, entsteht. Zu bestimmten Tagen kommen Hundert« von fta- ltentschen Arbeit»», die in Oesterretchisch-Tirol in der Um- yegend Bozen» beschäftigt sind, nach dem Postamt und -wollen ihr« post lagernde Briefe und Karten abholen. Da «» um di, Schulbildung in manchen Gegenden Italien» noch recht schlecht bestellt ist. bilden di« meist«» der Briefadresien schwer zu lösende Rebusse, und der Verkehr mit den di« Iveffchiedensttn italienischen Dialekt« sprechenden Arbei «rn ist «in außerordentlich schwieriger. AVer muh imR «tch »- post gebt et ziehen al» Arbeit«^ al» Händler und Hausierer Italiener, Kroaten, Russen, polnisch« Juden hemm, welche ebenfalls, wie auch die einheimischen Hauste- Der, nicht ander» als durch postlagernd« Briefe mit ihren Angehörigen in Verbindung -leiben können. Die kroa-