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I,» dorch »»f— v»t«a fk«l In» -au» monatlich »»Pf,. 0,1 »«r«-sch-ft.st-U«ad« »«holt monatlich »»vfa. n. wdchint» üch I» Pf,. Sol tor hast dofloUt und foldft ad,«h»lt »lortolltldkllch I.»» Mk., monatlich 4» pfa. vuech do» Skliflrtl,«« frol in» -an» »lootal» -hrllch t.« Mk., monatlich 74pf^ «kfchoint tti,«ch In »onMi«,,afk,n« Son, mit k>u»nahm« oon «onn-und 1»I«ota,»n. Uns,»» -oitun^au»» toti,»r und flu»,ad«st«llon, samt, all« Postanstalton und SriostoL,«» nohmoa S«st«Uun,on «nt,«,«n. Mer Tageblatt Anzeiger für öas Erzgebirge mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Muer Sonntagsblatt. Sprachstuo», Sn rtiSaktion mit Mmnahm» »n Ssnatag» aachmiNa-» 4—S Uhr. — Laligramm-ftSrass», Lagebla« ftlreer^ebtrg». -naf^nch«, «. ' ' für «noerlangt »ingesaaSt» Manuskript» kann Hewtlhr «lcht geleistet wer»»«. Nr. 29. Donnerstag» 5. Zebruar t914. 9. Jahrgang. Diese Numm.r umfaßt 8 Seiten. Das Wichtigste vom Tage. Staatssekretär von Ja goto und Staatssekretär von Tirpitz bezeichneten unser Verhältnis zu England als recht^gut. Die Reichsbank hat den DiSkonr von -»/, auf vier Prozent und jden Lombardztn-fußdon 5V, auf fünf Prozent herabgesetzt. Ein Automobil überfuhr die beiden Reichstags, abgeordneten Pütz und Hebel, beide» Mitglieder der Zentrumspartei und verletzte sie schwer..) , ! ! l ! Preußen erhöht die jüngste Emission vierpro- zentiger Schatzanweisungen um weitere 200 Millionen Mark. * Der Massenmörder Wagner von Mühlhausen ist für unheilbar geisteskrank erklärt und außer Verfolgung gesetzt worden.*) In der Budgetkommisston der französischen Kammer wurde der Bau von drei Groß- Schlachtschiffen beschlossen. Minister Greh besprach eingehend die eventuellen Rüstungseinschränkungen, und betont«, daß England vorläufig einen abwartenden Standpunkt einnehmen solle. Nähere» ehe nn anderer Ste'ie Die Wolken am Vrienthirrmel. In Südalbanien haben,, wie 'o^ben be richtet wird, die Kanonen geknallt. Aber nicht, um daS Begrüßungsschießen zur bevorstehenden Ankurr't König Wilhelms einzuüben. ES hat vielmehr ein ernst liches Gerecht zwischen griechischen Regulären und Albaniern stattgefunden, da» die Griechen mit ihrer Artillerie schnell zu ihren Gunsten entschieden haben. Tie Albanier sollen die Angreifer gewesen sein. Mög lich, wenn auch Meldungen nicht dadurch Wahrheiten werden, daß eine griechische Regierung sie verbreitet. Wie ungern die Hellenen da» Stück Südalbanien Wieder herausgeben, das sie noch nördlich von Jannina sich aneignen wollten, erhellt wieder au» d« abermaligen Fristverlängerung, di« sie sich für die Räumung haben bewilligen lassen. Bisher hieß e», daß ihr Ab- zug mit dem 1. Februar gregorianischer ZMung be ginnen sollte: jetzt soll er den ganzen März auSfüllen >— hoffentlich nicht gar noch julianischen Stil-! Und der Wieder ist immer noch nicht abgereist! Sein Konak in Durazzo, da» also nun endgiltig al» einstweilige Hauptstadt gewählt ist, scheint ferttggestellt zu sein. Die Deputation, die ihm die Krone anbieten wird, soll ja nun Essad Pascha nach Potsdam führen. Hoffent lich werden Maler bereitgehalten, die historische Szene im Bilde zu fixieren. Am liebsten sähe es doch wohl Essads wenn der ander« die dar gebotene Herrschertrone ihm, als dem Würdigeren u. Geeigneteren, zurückgeben würde. In der Atmosphäre von PotSdam-Berlin liegt ja noch so eine Erinnerung von abgelehnten Kronen, die die Ab- ordnang einer Volksvertretung geboten hatte! Daß Es- sad Paschas Rolle noch lange nicht auSgespielt ist, spürt Wohl jeder. Umsonst hat er sich nicht so «iftig darum be müht, daß der Konak statt nach Balona nach Duraz- z o gekommen ist. An dem Bau soll er sich so lebhaft interessiert haben, al» wenn e» — sein eigene» Hau werden sollt«. Und wer weiß! Aber Mag später kommen, was da will: zunächst bekommt er erst einmal den Prin zen in Durazzo unter sein« persönliche Aufsicht und ent- zieht ihn den Einflüssen der Männer von Valona. Auf allzu sicherem Fundamente sind nun freilich solche Stellungen nicht aufgebaut. Hoffentlich hat Wil. Helm von Wied «in paar leidlich scharfblickende Augen und läßt sich nicht durch den Mann, der ihn al» Rat geber mit Beschlag belegen möchte, zur Duldung der Teufeleien diese» Ränkeschmied» verführen, Wohl gar zu ihrer Unterstützung J-mail Kemal» und de» alten Prenk Bib Doda, der soeben in Balona eingetrofsen ist, sind gewiß auch kein« Eaton« von bürgerlicher Tu gend. Aber sie etwa gelegentlich bloß auf Essadsche Ver dächtigungen hin al» angebliche Verschwörer und Ver räter bestrafen zu wollen — jene geistig« Epidemie, die überall Verschwörungen wittert, eine der grüßten Kala mitäten, di« über ein Volk kommen können, ist ja schon in Albanien au-gebrochen — würde nur Essad von Ne benbuhlern befreien, ejne tiefe Kluft aber zwischen dem Bolle und seinem neuen Könige auftun, Wahrscheinlich auch die Blutrache gegen ihn heraufbeschwüren. Daß er sich nicht dazu hergeben Wird, da» Tode»urt«U gegen BekirAga Vollstrecken zu lassen, ist anzunehmen. Viel- leicht liegt in diesem Falle die Begnadigung auch schon in Essads Sinne. Ferdinand von Coburg hat je- nen Stambulow zu rechter Zett abzuschütteln ver standen, al» seine fürstliche Souveränität das Ver trauensverhältnis zu dem Manne, der ihn in» Land ge rufen hatte, al» drückend zu empfinden begann. Und doch war bei Stambulow der Patriotismus gewiß grö- größer al» der persönliche Ehrgeiz. Und die Gegner, die er am Leben gestraft hatte, Waren der Verschwörung tat sächlich überwiesen, -um Telle waren sie auch Ruß- land» erkaufte Kreaturen. Auf Essad lastet der schimpfliche verdacht, seinen Vorgesetzten, den Kom mandanten von Skutari, Riza, meuchlerisch ermordet zu haben. Und neben dem Tanzen auf dem albani schen Vulkan, der jeden Augenblick den ganzen Westen der Balkan-Halbinsel wieder in Brand stecken kann, die Sorge um den heraufziehenden Krieg in ihrem Osten! Die Wtederanknüpfung der diplomatischen Beziehungen zwischen der Türket und Griechenland, Hat nicht viel zu besagen. Auch 1877 war eben zwischen Türken und Sen. den ein sogenannter Friede geschlossen, al» der russisch- türkische Krieg ausbrach. Bedenklich wäre, wenn e» sich wirklich bestätigt«, daß tatsächlich schon türkische Trup- p«n bet Gümüldschina stehen, also gar nicht feier lich um ein DuvchzugSrecht zum Zug« gegen Griechen land mehr nachzusuchen brauchten. Und in Peter», bürg arbeitet man an einem zweiten Ballanbund«, der Rumänien einbegreifen soll, gegen Bulgarien, Türket und — einen Dritten! Graf Tisza» jüngste Red«, daß Ungarn Rumänien nicht nachlaufe, führt «ine Sprache, die unter normalen Verhältnissen au» der dip lomatischen Etiquette verbannt ist. Das Recht äer Mütter. (Bon unserem Berliner S Mitarbeiter). Der oberste Gerichtshof in Oesterreich hat kürzlich eine vielbeachtete Entscheidung getroffen. Ein un- eheliches Kind war von seiner natürlichen Muter einer kinderlosen Frau in Pflege gegeben worben. N-un Jahr« lang kümmerte die Mutter sich bann nicht weiter um ihr Kind, und diese» gewann die Pflegemutter .so lteib^ wie nur je ein Kind sein« rechte Mutter lieben kann. Da meldet sich eine» Tage« bi« Mutter wieder und klagt aus Herausgabe de» Kinde». Die Gerichte sprechen «» ihr auch kraft der geltenden Gesetzesparagvaphen zu, und die letzte Instanz, der oberste Gerichtshof, ist schon im Begriff, dem Recht seinen Lauf zu lassen, al» eine unerwartete Wen- düng eintritt: das weinende verzweifelte Kind will nicht von seiner geliebten Pflegemutter lassen und mutz mit Ge walt oon ihr losgerissen und auf eine Tragbahre geschnallt werden, um zu seiner rechten Mutter transportiert zu werden. Da» ist aber nun doch ein Anblick, der gar zu deut lich illustriert, was da» alte römische Sprichwort schon wußte: kummum jus, summa tvjurla! Pedantische Buch stabengerechtigkeit wird zum schreiendsten Unrecht. Uich diesem menschlichen Eindruck gaben dann glücklicherweise in letzter Stunde auch die Richter noch nach und bestimmtem, daß da» Kind im Interesse seines leiblichen wie moralischen Gedeihens bei der Pflegemutter verbleiben dürfe. Nie mand, der ein Herz hat, wird sich der Freude über da» salo monische Urteil enthalten können. Und da ähnliche Fälle oft genug die Gerichte beschäftigen, da der Kampf zwischen der natürlichen und der erwählten Mutter fick nor nicht so selten obspielt, verdient der öster reichisch« Fall al» Präzedenzfall im moralischen k ünne all gemein beachtet zu werden. Seine Entscheidung ent spricht gew'tz dem allgemeinen Rechtsempfinden, mögen auch Beinahe. Skizze von Adolf Stark. (NaÄd Es war durchaus kein komplizierter Krimir alfall. Ein Kaufmann, ein sympathischer, liebenswürdiger, gebildeter Mensch, hatte seinen Nebenbuhler ermordet, aus Eifersucht, wi« der Staatsanwalt betont«. Der Derteidi;er konnte nur auf mildernde Umstände plädieren, und er tat e» Mit der Routine eines gewiegten Advokaten, ober ohne beson deren Eifer. Als er geendigt hatte, erhob sich der Ange klagte. Seine Blick« schweiften über die Gcschwc renenbank, über die zwölf Männer hin, an deren WHv'pruch fein Schicksal hing, und er sagte langsam, mehr für sich selbst, als für die andern: Ich habe e» nicht au» Eifersucht ge tan, sondern aus Liebe, au» Liebe zu ihr! Wer nie so wahnsinnig geliebt hat, daß ihm alles Denken und Wollen, alles Gefühl für Recht und Unrecht in nich»» zerstob, der kann mein Tun nicht verstehen. Nur der darf mich richten, der diAe Probe mitgenmcht und überstanden hat, die Probe, die für mich zu schwer war.. Da geschah etwas Unerwartete». Einer der Ge schworenen, ein vornehm aussehender, schlanker Mann in den Bierzigern, stand von feinem Sitze auf und ri< dem Borfitzenden zu: Ich darf über diesen Mann nicht zu Ge picht fitzen. Ich darf und ich will e» nicht. Ich erklär« mich für inkompetent! Unter allgemeiner Unruhe und Erregung unterbrach der Dorfitzend« di« Verhandlung. Im «e- ratungssaal versammelten sich die Richter, da trat auch schon der Redner von vorhin «in. Alle kannten ihn, den Gut«, -efitzer Herrn o. L., «ine allgemein geachtet« und beliebte Persönlichkeit, di« weit und -reit den Ruf «ine» an- tadeligen Ehrenmannes genoß. Schweigend winkte ihm der DoMende zu, daß er Platz nehm«, und Herr v. L. begann, ohn« «ine Aufforderung abtzuwatten: Ich bin Ihnen ein« Eckliirung für mein sonderbare» Handeln schuldig. Ich will vor Ihnen eine Beichte oblegen; das soll zugleich mein« Sühne fein für eine Gedankensünde, die feit mehr al» 16 Jahren mein Gewißen bedrückt und mir die Lebensfreude raubt. Uebrigen», da» Wort Gedankensünde ist zu schwach Gs war mehr; nur einem Zufall, nur einem leicht hinge worfenen Wort habe ich es zu verdanken, dah ich kein Mörder geworden bin«, daß ich von mir sagen kann: bei nah' hätte ich einen Menschen getütet. Gottlob nur beinahe. Sie hieß Ethel und war ein« Amerikanerin, kein« reiche Milliardärstochter, sondern eine arme Erzieherin, die nichts ihr eigen nannte, al» ihre Schönheit. Damals, als ich st reunen lernte, war sie nicht mehr das arme Mädchen; sie war eine reiche Frau, reich allerdings nur nach den be scheidenen europäischen Maßen gemeßen. Herr K, ein Gutsbefitzer, hatte da» schöne Mädchen in einem Badeort kennen gelernt, wo sie al» Erzieherin mit ihrer Herrschaft weilt«, und hatte fie geheiratet. K. war da», wa» wir «inen Krautjunker nmnen. Sein Interesse ging ganz in der Landwirtschaft auf. Höchsten«, daß er in den freien Stunden einmal das Gnveh'' über den Rücken warf und auf di« Jagd ging. Da» mar feine ganze Erholung. Bon den Freuden der Großstadt wußte er nicht» und sehnte sich nicht danach. Ethel liebte er mit jener ruhigen, tiefen, starken Liebe, deren folche Naturen «fähig find, di« alber die Frauen kaum zu erfassen und nie zu schätzen wissen. K. war ein Freund meine» Baiers und alljährlich bracht« ich im Herbst zur Jagdzeit einige Wochen bei ihm zu. Ich war 26 Jahre, al« ich bet meinem üblichen Jagdbesuch Ethel al» Hausfrau auf dem Gute fand. Nach acht Tagen war ich Li» zum Wahnsinn in fl« verliebt. Ich will Ihnen meinen Zu stand nicht schildern, ich könnte e» auch nicht. Der Mann vorhin hat ihn mit wenigen Worten wtedergegebm: ein Zustand, bet dem alle« Denken und Wollen, alles Gefühl für Recht und Unrecht in nicht» zerstiebt. Nur «in Wunsch leb^e noch in mir: Ethel zu besitzen. Sie liebte mich wieder. Wenigsten» sagte fie es, und ich glaubte es da mals. Ich ivar blind für die Wirklichkeit, ich merkte nicht, daß ich nur ein; Pupp« war in den Händen diese» Weibe», nur ein Werkzeug diese» blonden Teufel», der in Wstrklichkett nur eine» "lebte: da» Geld. Ich machte ihr den DMchlag, mit mir zu fliehen. Sie schüttelte da» Haupt: Unmöglich^ lieber Freund! Karl wird mich nie freigeben, und Ihre Geliebte werde ich nie sein. Ihre nicht und auch keine» anderen Mannes Geliebte. Ja, wenn ich Ihr Weib sein könnte, Ihr ehelich-» Weib. Aber da» ist nicht möglich. Karl wird mich nie freigeben! So träufelte sie Gift in mein Hirn. Ich wei; e» nicht mehr gena i, hat fie mir den Plan eingegeben, oder ent stand er von selbst al, höllische Ausgeburt meiner MH- losen Räche. Ich weiß nicht, wer zuerst das Wert au-ge sprochen. Wenn er tot wäre, wäre alles gut. Mer al» es etnMil ausgesprochen war, ließ « un» nicht mehr los. Immer wieder tauchte es auf in unseren Gesprächen. Wie ein Wirbel war «», wie ein Maelstrom, der langsam in weitem Vogen, aber sicher und unentrinnbar olle« zu sich heranzieht, und unrettbar verschlingt. Ich wollt« mit K. einen Streit vom Zaune brechen, wollte ihn tätlich be ledigen und dann iM Duell töten. Ich Lin ein guter Schütze und «ar mein« Sache sicher. Wer fie wollte von dem P"a, nicht» hören. Sie warf sich mir an den Hal», küßt« mich und schwor, fie würde es nicht überleben, wem fie mich in Gef-Hr wüßte. Ich nahm Mr echte Leidenschaft, was nur meisterhafte» Spiel war. Auch wandte fie ein, daß ein« Ehe -wischen un» beiden unmöglich sei, wenn ich ihren Mann erschossen hätte. Wenn schon, dann müßte es wi« ein Anfall aussehen, ein Unfall, an dem keiner schuld sei. Mein Gehirn verarbeitete diesen G-danken, van jetzt an belauerte ich dm nicht» ahnenden Freuitd, brrett, dm Zufall herbeizurufen, bereit, ihn künstlich zu, schassen, wem er nicht kommen sollte. Ich dachte d-van, ihn mit dem eigenen Gewehr zu erschießen. Man würde cm einen Jagd unfall glauben. Da bot mir der Teufel eine bessere Ge legenheit. Seit in meiner Seel« Mordpläne wucherten,