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fiuer Tageblatt Mzeiger für -as Erzgebirge W mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage r Mer Sonntagsblatt. Mttwoch» 7. Zanuar 1914. 9. Jahrgang. Nr. 4. «pwchftm»« 4« «Ravten «u ftueaah«» -er ckeauta-e aachMsag» 4—s Uh». — retegnumu-ft-e^st, ragebtat» fiueeez-ettrz«. Hisst »echtt «. Iü, «wettaa-t etngesanöt» Masustttpt, kam» Vnoätz, nicht geleiM ««ch«. Vies« Nsmmer smfaßt 8 Setten. Das Wichtigste vom Tage. In der verhandluna gegen den Obersten von Reu» ter ergibt sich bei den militärischen Zeugen ein erheblicher Widerspruch zu den vehaup- tuntzen der Zivilisten.*) Der Landtag von Glfaß.Lothringen ist in Ge- gentvart Ve», Statthalters Grasen von Wedel in Strabburg feierlich^eröffnet wvrden. Au» Chile wird gemeldet, dab di« chilenisch« Kammer einem Schi«v»g«richt»vertrag mit gta- lien zustimmt, der in Zukunft alle Streit sragen zwischen Lh!le und Jtal'eu re^e n ftl * Die Nachricht, dab mit dem verunglückten Dampfer Oklahoma an der amerikanischen Küste 82 Mann untergegangen sind, hat sich bestätigt.*) * Die Nachrichten über die Zusammenziehung von griechischen Banden nach Südalbanten lauten immer beunruhigender. -l »Iäh«r«« > «h« an and»»» G«. Ariegsminister Cnver Pascha. Der Pariser Tempo will wiffen, daß zwischen Deutschland und Rußland «in« Verständigung über di, Frage der deutschen Militärmtssion in Kon stantinopel bevorsteh«. In unterrichteten deutschen Krei sen wird diese Meldung bestätigt. Natürlich wird «S sich nicht um einen Erfolg der englisch-französischen Preß. Hetze gegen die Mission handeln, und nicht um einen Deutschen Rückzug, sondern nur um ein gewisse» Ent gegenkommen, da» die Berliner Regierung der russi schen Diplomatie, um deren Position gegenüber der Op position im eigenen Lande zu verbessern, bezeigt. An und für sich bleibt die deutsch« Regierung auf ihrem Stand punkte stehen, daß e» sich um eine rein türkische Ange legenheit Handl«. Sie wird aber Wohl ihr Einverständ nis damit kundgeben, der türkischen Regierung anheirn- zustellen, die Mitarbeit der deutschen Offizier« auch an gewissen anderen Stellen zu verwenden, sodatz auch Liman von Sander» später — vorläufig wird er un- , ter allen Umständen auf dem ihm zugewiesenen Po sten beharren — einen anderen Wirkungskreis erhalten könnte. Vielleicht hat man in chauvinistischen französi schen und russischen Kreisen bet dieser Meldung zunächst doch ein gewisses Gefühl der Genugtuung gehabt. Man konnte dort Immerhin wähnen, es Handl« sich WM eine Wirkung ihrer hetzerischen Agitation. Diese Genugtuung mußt« dann aber gleich wieder einer Enttäuschung ge wichen sein, da gleich darauf au» Konstantinopel berich tet wurde, der Kriegsminister Izzet Pascha sei zurück getreten, zu seinem Nachfolger aber kein anderer al ber erst recht deutschfreundlicher Gesinnung verdächtig« Oberst Enver Veh ernannt wvrden, unter Beförderung zum Generalmajor. Zugleich verwandelt sich der Lite! Bey in P<chha. Enver Pascha hat sein« militärische Erziehung in Deutschland genossen und war ein« Zett lang Mili tärattache« in Berlin, wie er al» ein blutjunger Offi zier durch seinen Zug in di« albanischen Vera« den letz ten Anstoß zum Ausbruch der jungtürfischen Revolution gab, wie er mit Mahmud Schäftet Pascha IVOS den verwegenen Zug der Saloniki«« nach Konstantinopel mttmachte, wie er, al» der Dripoliskrteg ausbrach, von Berlin auf Schlvtchpfaden über die ägyptische Grenze na..- Tripolis eilte, mit großem Geschick und unbeug samer Energie den widerstand der Araber gegen Ita lien organisierte, wie er, als am Balkan sich immer be. h . e Krl?gwoken »ufammenzogen. wiederum .Mmli.)) in dr« Hetmar -urüÄehrt, am Krieg« teilntmmt, ohne viel wider die Verlotterung der Heeresberatung au-rtchten zu können, aber dann während de» zweiten Balkankrtege» durch den kühnen Handsweich gegen die Bulgaren in und um Adrianopel da» endgültige yrie- densergebnts für die Türkei doch noch verhältnismäßig erträglich gestaltete — da» alle» ist mehr al» irgend et wa» anderes von den letztjährigen Schicksalen der Tür ket bei un» in lebhafter Erinnerung. Wa» für Gründ« auch für den Rücktritt Izzet Pascha» ausschlaggebend gewesen sein mögen, jedenfalls haben die Türken durch die Wahl seine» Nachfolger« gezeigt, daß sie sich nicht in» Bockshorn jagen lassen. Die russisch-franzvsisth- engltsch« Preßfehde gegen di« deutsch« Militärmtssion galt nicht so sehr ihrem deutschen Charakter al« über haupt ihr« Aufgabe, da» türkisch« Heerwesen ernsthaft zu erneuern, die Türket Wirklich stark zu machen. Li« Arbeit der Msston Vletbt nun doch der Türket erhal ten, und di« türkisch« Regierung ist in ihrem Eifer, sich der deutschen Hilfskräfte zu bedienen und sich von allen fremden, auf di« Schwächung de» ottomanischen Rei che» bedachten Bestreibungen frei zu hatten, durch jene Hetze bestärkt Worden. ES ist Wohl möglich, daß sich der Heißsporn Enver Pascha al» Krieg-Minister nicht sonderlich bewähren, daß er sein Land zu leichtfertig neuen äußeren Berwickelungen prei»geben könnte, aber welche Folgen auch daraus entstehen möchten, sie wür den die Mächte de» Dreiverband«» kaum befriedigen; denn diesen ist vorläufig nur mit einer schwachen tür kischen Regierung gedient, di«, jeglich« Reibung chrgstlich meidend, einer friedlichen Durchdringung de» ottomani schen Reichskörper» mit fremden auflüsenden Elemen ten nicht Widerstrebte, wer da» Fortbestehen «ine» kräftigen türksichen Staatswesens Wünscht, wird mit einem Draufgäryer wie Enver Pascha an der Spitze de» tür kische« Heerwesen» immer «her einverstanden sein, als mit dem vernünftige» Schützling einer der Mächte de» Dreiverbands». Denn jede starke Lebensregung tm Or ganismus des osmanischen Reiches mutz die fremden Freunde verscheuchen, die «S schon blo» mit einem rein fallenden Kadaver zu tun zu haben wähnen. Die Aufbesserung äer französischen OsfizlersgehLlter. TW» Pari - wird un« von unserem Kvrwßwntvnwn geschrieben! Di« frantzästsche Negierung hat endlich di» immer dringender geworden» Reform der P-amienhesoldnng in Angriff genommen. Auesft ist Vas Gehalt der Ofstzt«« und MterHsitzier« erhöht wmden; di« »och schlecht« g» stellten Lehrer müssen bald folgen und ander« Staatsbeamte — wie Sollwächter, Straßen- und Brückenwärter, Psstbe- om e und Aksenalarbsiier — besetzen feit nahq-u fünfzig fahren da» gleiche Gehalt, erwarten also auch «ine baldig« llusbesserung. Da weder Geld noch Geburt in Frankreich ein Vorzug für di« Offizierolaufbahn bilden, ist dies« in höherem Maß« al» in den übrigen Armeen Guropa» ein >uf. Mer sich ihm zuwendet erwartet aber, daß er in hm keinen Nahrungssorgen ausgssetzt ist, sowie Frau und tind ernähren und später einmal auf «in sorgenfreies Alter Hofen kann. Bei der bisherigen Besoldung war da» ent schieden nicht der Fall, zumal die Heitatserlwubnis sticht an den Nachwei» eine» gewissen Vermögen» gebunden ist and manche Liebesheirat aUs einem flotten Offizster einen mit So gen kämpfenden, bald alternden Mann machte. Infolge dessen war der Offiziersmangel in den letzten Jahren groß. Die Zahl der geistigen Durchschnittselemente Überweg, «Nd der KriogsmiMer Mußte immer mehr «ruf Offizier« zurück greifen^ Vt« au- dem Einfachen Eoldatsnstand hevvorge- gangen sind. Au- der Arttlleti« flohen di« Tüchtigsten in di« Prtoatindustrie der Hüttenwerke «nd Werften, va di« Einführung der dreijährigen Dienstzeit «in« -«deutend« Ver mehrung des OfftjterLsrp- verlangt, war dchen Gehalts- aufbesserung nicht mehr -u verschieben. Dieser Mehrheit konnte sich keine der bürgerlichen Parteien verschließen und die Kammer hatte sich nach kurzer Zeit Über den vom Kriegs minister NoulÄNs «ingebrächten Antrag geeinigt, der di« Mitt« -wischen mancherlei anderen Vorschlägen hielt. Nur den Generalen, von denen die Vstgodegenerale jetzt 1B8V0 Franc», di« Divisionsgenerale 16S00 Fran« «hätten, Wollte man nicht erhöhen. Der Senat hüt den dkesbetzüst- sichen Abschnitt de» Gesetze« -war gestrichen. Va « ad« nach der Verfassung nicht das Recht hat, kn di« Finanz»»- setze neue Ausgaben einzustellen, konnte er die Gehälter d«r General« nicht erhöhen. Di« Kammer wiederum hat da von» Senat geänderte Gesetz angenommen, ohne sich für «ine Gehaltserhöhung der Generale auszusprechen. Diche müssen sich also vorläufig mit den früheren Bezügen begnügen. Nach dem neuen Gesetz erhalten: bisher: jetzt Unterleutnants: 1. Gehaltsstufe S41L L88Ü 2. 8860 8210 Leutnants: in vier Gehaltsstufen tzS8S—tzöSS «1A-B78 Hauptleute: in vier Gehaltsstufen 8kW-«ö4 «40-«« Bataillonskommandeur«: die «r- sten fünf Jahre . . « «14 7«- " die -weiten fünf Jahre eoiÄ 81« Oberstleutnants: «88-7200 AM) Oberst«: si«-vooo 11«ö Peter Hessens Wunschersüllung. Skizze von M. Fischer. -) 2Ns an Hermann Jessens Haus der erste Wcststurm des Jahres stieß, als das erste Trümmereis sich durch die end losen Massermassen schob, und die Fischer aus dem Dorfe nm Strande Ausguck hielten, ob's bald an der Ztzit sei, wieder auf den Fang zu gehen, gab'» eine schwere Stunde m der niederen Wohnstube der Jessenschm Familie. Hermann Jessen, der Schriftsteller, der Sonderling, den nach glücklichen Erfolgen in der Hauptstadt die Sehnstlcht herausgetrieben Hatto zur heimatlichen Ostestüste, kämpfte um sein Kind. Kämpfe mit seinem Weib«. E» »war um di« Zeit vor Ostern. Peier Jessen, um den der Streit ging in dem Hause hinter der Düne, stand unter den Fischern am Strand. Die Hellen Augen des Sechzehnjährigen suchten das sndlose Meer ab; ^ «ichzeittg war «in sinnender, schme-zlicher Zug in dsm jungen Glicht. Von dem Lag« ab als der Vater da» Hau» am Ausgang des Fischerdorf«» erworben hatte, war zur Ferienzeit Peter Jessen» Ltsblingsort der Strand gewesen Im Hochsommer hatte 'er stundenlang iM Dünensand ge legen, und manche Nacht hatte ihn mit den Fische-» draußen gesehen auf dem Meer. Erst unbewußt, dann immer deut licher war da die Liebe groß geworden für da» Meer und da» Leben auf und in den Wassern. Und heut» hatte der Jüngling dem Bat«, di« erst«, einzige «nd groß« Lieb, feine» Leben» gebeichtet, seine Lieb« zur See und tzum Seemanns beruf. Al» auf des Vaters Stirn ein« Wölbe erschien, «ast» in den Augen de- Jungen heiß «mporgestiegen, und als wm da« heiser hervorgestoßen«: Vaters ich bitt« dich kaß mich «in Seemann -werden! kein« Antwort gekommen «ar, hatte Peter Jesse« di« Stube »«lasst« und «ar U» de» Strastd Nein -um dritten Mal« folgt, soll Peter Jessen werden, was seine stolze Mutter will -- Und mag er dabei auch zugrunde gehen. Hermann Jeffsn lieh sich schwer in den Astmstuhl in der Nähe des Hfen» nieder Und begann langsam -u «den: Ich studiert«, lange bevor ich dich kennen lernte, an der Ben iner Universität. Meine Mittel waren gesting und ich hatte wenig Verkehr mit den Studiengenossen. Nur an einen schloß ich mich an — den Namen sollst du später erfahren. Er war der Sohn wohlhabender Leute, hakte «ine tadellos« Erziehung genossen Und war von Natur frohlebig veran lagt. Bst einem SonntagsbuMmel durch die Berlin« Friedrichstadt traf ich ihn mW wunderte mich, dsß der sonst heitere Kommilitone bedrückt und allein seine Strohe zog. Da wir uns vom Hörsaal kannten, sprach ich ihn an. Wir wanderten gemeinsam weiter und kamen in» Gespräch. Plötzlich blieb er stehen ustd sagte: Ich beneide Sie, Jessen. Da» Studium bedeutet Ihnen Freud«, Sie streben ernst und «erden ststd «in Ziel erreichen. «r seufzte Und brach ach Ich erwidert« ihm, daß ich kaum beneidenswert sei. Mein« armseligen Mittel würden mir nicht di« Beendigung de» Studiums gestatten. Schnell« al» es mir lieb wäre, müsse ich vielleicht di« Universität verlassen. Der ander« hörte schweigend zu und erwiderte dann müde: Wenn wir doch tauschen könnten, dann wäre un» beiden geholfen. Ich mag nicht studieren ustd soll es, und Sie «ollen es gern und können'» sticht. Mr gingen, «l» er da» sagte, an einem halbftrtigen Neubau vorüber. Mein Gefährt, bktsb stehen und saAe: Lieb« heute al, morgen würde ich tauschen mit einem der schwer astbettenden Handwerk«, dke morgen hier wieder am Werke sind. Sehen Sie mich dach , Jessen. Ich kann Lasten tragen, kann körperlich arbeiten wie ein Pferd, hab auch Geschick zu Handarbeiten — und lernen, städtsssu, Dsmtzd Ws» tch f»T kamt ich nicht.,. gelaufen ^und sein schmerzliche» Weinen Hatto der Sturm verschluckt. Derweil kämpft« Hermann Jessen, Ider Bat«, sirren schweren Kampf um sein Kind. !Kämpfte mit seinem Weiba Gs war nicht Abneigung gegen die Berufswahl feines Kindes gewesen, was Her mann Jessens Stirn Umdiilsterte, al» er da von erfuhr. Nur die Sorg«, daß sein Weib, die ehrgeizige Mutter des Peter», nicht einwilligen werde in den Wunsch de» Kindes, raUbte dem Vater di« Antwort. Just hätte Futu Jessen da» Zimm« ihre» Mannes betteten, und er zauderte nicht länger, ihr von de» Jungen Wunsch zu sagen. Eine Stille war gefolgt, Sekunden wohl nur, und doch war'», als schritt« in diesen Sekunde» 'ein ganze» M al durch die Stille de» Raume». FraU Jessen hatte nicht nur ein starre- Nein gesagt und war dann langsam gegangen. Hermann Jessen rief ihr kün Halt nach; stumm faß « am Schreibtisch den Arm schwer aufgestützt. Er kannte sein Weib. In fliegenden Minuten rann jetzt sein ganze» Leben an ihm vorüber, von der ärmlichen Jugend an, über Fehlschläge und Bitterkeiten hinweg, bi» er al» Schrift steller di» ehrgeizig« Tochter de» reichen GroßkaUfmimm» kennen lernte, Vie ihn empor riß und anspornt«, die ihm üb« manche Hindernisse hinweg -um Altar gefolgt war, di« sein und de» Kinde» Leben bewacht hatte, und die in stillen Stunden ehrgeizige Träume spann für ihste» Kinde» Zu kunft. Hermann Jessen siebte Visse Frau trotz ihrer Härten, hatte sie gewähren lassen die langen Jahr« der Ehe hindurch NM gatt'» seine» Kinde» Glück. Vein« Endes Bitte brannte in sein« Seele wie glühende» Erz, da ging Hermann Jessen schweren Schrittes zur Wohnstube zu sein« Frcku und bettelte für sein End. Und al» noch einmal das starre an, versagend« Nein sein Ohr traf» sagt« er mit hart« Stimme:' Go «t« ich dtr st« WWchs« srzöhis», «v «mm Van» dai.