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DerSWscheLrMer Nrschofswerdcrer Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Pischofswerda und den angrenzenden Gebieten Dies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amlshaupt- mannschast, der Schulinspektion und de« Hauptzollamts zu Bautzen, des Amtsgerichts, des Finanzamtes und des Stadtrats zu Bischofswerda. Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadt und Land. DichtesteVerbreitung in allen Volksschichten» Beilagen: Dilderwoche, Jugend u. Deutschtum, Mode oom Tage, FraU und Heim, Landwirtschaftliche Beilage. —- Druck und Verlag von Friedrich Moy G.m.b.H. in Bischosswerda. Fernsprecher Nr.444 und 44S Erscheinungsweise: Irden Werktag abends für den folgend. Tag. Bezagooreio iür die Zeit eines halben Monat«: Frei ins Hau» halbmonatlich Mk. ILO, beim Abholen in der BeichStts stelle wöchentlich SO Pfg. Einzelnummer 10 Pfg. 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Die Verhandlungen der Reichsregierung mit der Eisen industrie wurden auch am Sonntag fortgesetzt. Die Reichs regierung steht auf dem Standpunkt, daß eine Zurückzie hung oder Hinausschiebung der Arbeitszeitoerordnung nicht in Betracht kommen kann. * Der Völkerbundsrat hat in einer Sitzung in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag einstimmig ohne Debatte eine Entschliessung angenommen, in der der Kriegszustand zwischen Polen und Litauen für aufgehoben erklärt wird. * Durch Englands Vermittelung fanden am Sonntag in Genf französisch-italienische Besprechungen statt, um eine Verständigung in den bestehenden grundsätzlichen Mei nungsverschiedenheiten herbeizuführen. Das Völkerbundssekretariat, das bisher direkte Zweig büros in Paris, London und Rom unterhält, wird im Januar auch in Berlin ein Büro eröffnen. Zu den mit * bezeichneten Meldungen finden die Leser Aus führliches an anderer Stelle. Einigung zwischen Litauen und Polen In der Nacht zum Sonntag ist es in Genf nach lang wierigen Verhandlungen zu einer Lösung des polnisch-litau ischen Konflikts gekommen. Die Entscheidung hat, nachdem man sich schließlich hinter verschlossenen Türen geeinigt hatte, in einer öffentlichen Nachtsitzung des Völkerbunds rates, die ^23 Uhr begann, die Zustimmung des Rates ge funden. Auf Vorschlag des Berichterstatters, des holländi schen Außenministers Beelaerts van Blokland wurde fol gende Entschließung angenommen: Der Völkerbundsrat erklärt, daß der Kriegszustand zwi schen zwei Mitgliedern des Völkerbundes unvereinbar ist mit dem Geist und mit dem Buchstaben der Völkerbundssatzung, durch die Litauen und Polen gebunden sind. Er nimmt Kenntnis von den feier lichen Erklärungen des Vertreters Litauens, daß Li tauen sich als nicht im Kriegszustand mit Polen befindlich betrachtet, und daß also zwischen den beiden Ländern Frie den besteht. Der Rat nimmt ferner Kenntnis von den feier lichen Erklärungen des Vertreters Polens, daß die pol nische Regierung die politische Unabhängigkeit und die terri toriale Integrität der Republik Litauen anerkennt und voll ständig respektieren wird. Der Rat empfiehlt den beiden Negierungen, so bald wie möglich direkte Verhandlungen auszunehmen, um zur Herstellung von Beziehungen zu gelangen, die geeignet sind, zwischen den beiden Nachbarstaaten „das gute Einver nehmen, von dem der Frieden abhängt", sicherznstellcn, und stellt den beiden Parteien die guten Dienste des Völkerbun des und seiner technischen Organe zur Verfügung für den Fall, daß während der von ihm empfohlenen Verhandlun gen ihre Unterstützung gewünscht wird. Der Rat beschließt, daß die Beschwerde der litauischen Negierung in bezug auf die Behandlung von Personen litauischen Blutes oder litauischer Sprache, die die litauische Regierung bei ihrem Gesuch im Auge hat, von einem Ko mitee geprüft werde, das aus dem amtierenden Ratspräsi denten und zwei anderen, von ihm zu bezeichnenden Rats mitgliedern besteht. Dieses Komitee wird beauftragt, dem Rat in angemessener Frist einen Bericht zu unterbreiten. Der Rat beschließt, daß im Falle eines Kriegs zwischenfalles oder einer derartigen Drohung der Generalsekretär des Völkerbundes auf Ersuchen einer der beiden Parteien den amtierenden Ratspräsidenten und den Berichterstatter befragen kann, die dann gemeinsam die von ihnen für notwendig erachteten Befricdungsmaßnahmen Mitteilen werden. Der Rat stellt fest, daß beide Parteien sich verpflichtet haben, eine Untersuchung des Völkerbundes zu erleichtern und nimmt mit Genugtuung von den Erklä rungen des Vertreters Polens Kenntnis, nach denen die pol nischen Staatsangehörigen, die unter das Gesuch der litau ischen Regierung fallen, ermächtigt werden sollen, ohne Schwierigkeiten nach Polen zurückzukehren. Sollten un erwartete Schwierigkeiten auftreten, so wird der Berichter statter sich mit seinen guten Diensten zu ihrer Behebung ver wenden. Der Rat beschließt, daß diese Resolution in keiner Weise die Fragen berührt, über die die beiden Regierungen Mei nungsverschiedenheiten haben. Aus der Begründung der Resolution sei zu diesem letz ten Absatz der Entschließung bemerkt, daß der Berichterstat ter ausdrücklich vom Wilnagebiet und den Rechten spricht, „die die litauische Regierung glaubt geltend machen zu können." In der kurzen Aussprache erklärte Zaleski, daß er im Namen der polnischen Republik den Bericht und die Ent schließung annimmt. Woldemaras stimmte namens der litauischen Regierung dem Bericht ebenfalls zu und bat darum, daß der Bericht vom Rat angenommen werde. Nachdem der Rat diesen Beschluß gefaßt hatte, erklärte der Natspräsident Cheng Lu, daß er im Namen aller Ratsmit glieder die Vertreter der beiden Regierungen zu dem zufrie denstellenden Ergebnis beglückwünsche. Schließlich dankte Cheng Lu dem Berichterstatter für die dem Völkerbund und dem Frieden geleisteten Dienste. Nach weiteren Dankes- worten Zaleskis und Woldemaras hob Präsident Cheng Lu die Sitzung auf. Dann schüttelten Zaleski und Woldemaras einander die Hände. Die Unterredung Strefemann— VLlfudfki. Genf, 11. Dezember. Ueber die gestrige anderthalbstündige Un terredung zwischen Dr. Strefemann und Pilsudski wird von zuvor- lässiger Seite mitgoteilt, datz hierbei die deutsch-polnische Frage in großen Linien erörtert worden sei. Die Unterhaltung wäre für die gesamten deutsch-polnischen Beziehungen fördernd gewesen. Italienisch-französische Verhand lungen in Genf. England als Vermittler. Gens, 11. Dezember. Heute nachmittag hatte Briand Cham berlain und den englischen Botschafter in Rom Sir Ronald Gra ham zu Gaste, nachdem gestern abend die beiden englischen Diplo maten mit Scialoja gemeinsam Gäste des Untergeneralsekretärs des Völkerbundes Paoluzzi gewesen waren. Bei diesen Zusam menkünsten handelt es sich zweifellos um die französisch-italieni schen Beziehungen, in denen Chamberlain gern vermit teln möchte. Man sagt aber, daß vor nächstem Frühjahr keine Aussicht auf eine direkte Begegnung sranzöfijcher und italienischer Staatsmänner bestehe, während man die Möglichkeit einer baldi gen Zusammenkunft Mussolinis mit Chamberlain als gegeben an sieht. Nach Mitteilungen von englischer und französischer Seite ist zu nächst in den gegenwärtigen Verhandlungen der Gedanke einer Zu sammenkunft zwischen Briand und Mussolini zurückgestellt wor den. Eine derartige Zusammenkunft werde erst als zweckmäßig er achtet, wenn über die Grundlagen einer Verständigung zwischen Italien und Frankreich in großen Linien eine Einigung erzielt wor den sei. Die Verhandlungen, die jetzt in Genf zwischen Briand, Chamberlain und Scialoja eingeleitet worden sind, werden durch den französischen Botschafter in Rom de Beaumarchais fortgesetzt werde». Hierbei soll der englische Botschafter Graham weiterhin die vermittelnde Tätigkeit der englischen Regierung fortsetzen. Der gegenwärtige Stand der französisch-italienischen Verhand lungen ist kurz folgender: Die italienische Regierung ist bisher der Auffassung gewesen, daß die bisherige Orientierung der französischen Politik aus dem Balkan der Entwicklung der italienischen Inter essen entgegen gewirkt habe. Die italienische Regierung legt zunächst Wert darauf, daß die Orientierung vor allem der fran zösischen Balkanpolitik eine Aendcrung erfährt, und zwar wünscht die italienische Negierung, daß Frankreich von einer aktiven Politik aus dem Volkan Abstand nimmt. Italien verlangt, daß die italienischen Interessen aus dem Balkan keine Einschränkung durch die französische Politik erfahren, und daß vor allem die Entwicklung Italiens im östlichen Mittelmeerge biet von Frankreich nicht gestört werde. Die italienische Regierung betrachtet den Balkan und das östliche Mittelmeergebiet als eine natürliche Sphäre für die Entwicklung der italienischen Interessen. Von italienischer Seite soll nunmehr, wie weiter mitgcteilt wird, folgender Aktionsplan vorgesehen sein: 1) Einberufung einer vicrmächtckonsercnz zwischen Frankreich, England, Italien und Spanien zur Revision des Tangerskalnts. In der langcrsrage soll Italien den übrigen beteiligten Mächten gleich gestellt werden. 2s Revision der Rechtslage der Italiener In Tunis. Die Kin der der italienischen vevSlkerung sollen In Zukunst nicht gezwun- gen werden, französische Staatsbürger zu werden. Zs Freiheit der italienischen Auswanderung nach Tunis. 4) Grenzregelung zwischen Tunis und Lyrenaika zugunsten Ita liens. 5) Völlige Bewegungsfreiheit für Italien In Abessinien. Hierzu wird der französische Standpunkt folgendermaßen gekennzeichnet: l) Frankreich Ist bereit, an einer Italienisch-südslawischen Ver ständigung milzuwirken. 2s Frankreich lehnt zunächst die Einberufung einer viennächkc- konfercnz zur Revision des Tangerstalul, ab, Ist aber bereit, nach Abschluß der Verhandlungen ml« Spanien die Teilnahme Italiens an der Verwaltung des Tangcrgebleke« zu berücksichtigen. In be zug auf Abessinien wird eine Verständigung mit Italien für mög lich erachtet. Die übrigen Ilalienlsäien Forderungen werden vor- läufig noch abgrlehnt. Obwohl vorläufig zwischen der französischen und der Italieni schen Auffassung in einer ganzen Reihe von entscheidenden Fragen grundsätzl. Meinungsverschiedenheiten bestehen, neigt man doch der Ausfassung zu, daß eine Verständigung wird herbeigesührt werden können. Man weist hierbei insbesondere auf die vermittelnde Tä tigkeit der englischen Regierung hin, die gegenwärtig großen Wert auf die Herbeiführung einer solchen Verständigung legt. Keute Schlußsitzung in Genf. Genf, 11. Dezember. Die Schlußsitzung der lausenden Rats tagung ist auf Montag 11 Uhr festgesetzt worden. Auf der Tages ordnung stehen die Angelegenheit des Kreuzers „Salamis" und di« Frage der Souveränität Danzigs über die Westerplatte. In der Angelegenheit dos von der Vulkan-Werft für Griechen land gebauten Kreuzers „Salamis" ist eine Einigung zustandrge- kommen. Das von den Juristen der 14 Ratsmächte ausgearbeitete Gutachten geht dahin, daß sich der Rat mit der Interpretierung der Artikel 190 und 192 des Versailler Vertrages über das Verbot der Ausfuhr von Kriegsmaterial nur zu befassen hat, wenn das ge mischte deutsch-griechische Schiedsgericht ihn darum ersucht. Der Antrag der griechischen Negierung auf Auslegung dieser Artikel durch den Rat ist damit hinfällig. Die Abreise Briands, die ursprünglich für heute abend in Aus sicht genommen war, ist nun doch noch auf morgen, Montag, 13 Uhr verschoben worden, so daß Briand wahrscheinlich noch an der Schlußsitzung teilnehmen wird. Ein Teil der deutschen Dele gierten reist morgen vormittag 11 Uhr, ein anderer Teil mit Dr. Strefemann 18 Uhr von Genf ab. Genf, 11. Dezember. Briand hat beute nachmittag 8 Uhr Dr. Strescmnnn einen Abschiedsbesuch abgestattet, der sich bis 7 Uhr ausdehnte und bei dem noch einmal in Kürze eine Reihe politischer Probleme besprochen wurde. D. 123« und D. 1230 auf dem Rück transport. Paris, 11. Dezember. Wie Havas aus Horta (Azoren) meldet, hat der Dampfer Haocnstcin die beiden deutschen Wasserflugzeuge v 1220 und O 1230, die die Ueberquernng des Atlantischen Ozean« aufgcgeben habe», an Bord genommen, und wird sie nach Ham burg transportieren. Der Jungdeutsche Orden tritt in den politischen Kampf ein. Das Hochkapitel des Jungdeutscheu Ordens hat, wie be reits mitgeteilt, beschlossen, zum 18. Dezember ein Reichs meisterkapitel nach Berlin einzuberufen. Bei dieser Reichs tagung, die Tausende von jungdeutschen Führern aus dem ganzen Lande zusammenfaßt, wird das „Iungdeutsche Manifest" von Artur Mahraun der Oeffentllchkeit über geben werden. Damit soll eine Klärung der Stellung des Iungdeutsche» Ordens zu den Wahlen, den Parteien und dem ganzen Staatsaufbau verbunden sein. Mit dieser Aktion tritt der Iungdeutsche Orden in den politischen Kampf ein, wie es bereits Stahlhelm und Wehr» wolf getan haben. Während aber diese beiden Verbände den Parteien ihre Forderungen unterbreiten und der Stahlhelm seine Vertreter in das Parlament zu entsenden beabsichtigt, will der Orden andere Wege gehen. Als bewußter Gegner des parlamentarischen Systems wendet er sich gegen den „Parteiismus". In einer öffentlichen Versammlung, die am, Sonnabendabend im Saale des Keglerheims in Bautzen stattfand, sprach der Großkomtur des Jungdeutschen Ordens in Sachsen, Brude Lasse- Dresden. Nach seinen Dar legungen will der Orden mit aller Macht die „parteiische De-' mokratie" bekämpfen. Nicht einer einzelnen Partei gilt sein Kampf, sondern dem Parteiwesen. Der Neuaufbau de« deutschen Vaterlandes zu einem wahren Volksstaat könne nur außerhalb der Parlamente geschek-en. Der § 21 der Reichsverfassung, daß jeder Abgeordnete seinem Gewissen verantwortlich sei, fei ein Farce unter dem Listensystem. Nicht seinem Gewissen, sondern der Partei sei er verant wortlich, und wenn es ein Abgeordneter je wagen wolle, im Gegensatz zur Partei nach seinem Gewissen zu stimmen, werde er aus der Partei hinausgetan. Der Reichstag setze sich nur aus Interessengruppen zusammen, die nicht dem Volksganzen dienen. Der Iungdeutsche Orden werde den Parteien künftig keine Wahlhilfe mehr leisten. Sein Kampf gelte auch der Herrschaft der Plutokratie, der internationalen Hochfinanz, zu deren Lohnsklaven die Deutschen herabgesun ken seien. Weiter berührte der Redner grundsätzliche Fra gen. Das deutsche Volk sei zerrissen in zwei gleich große Lager. Hi« schwarz-weiß-rot, dort schwarz-rot-gold. Beide Teile stehen sich schroff gegenüber und seien bereit, über den anderen herzufallen. Der Iungdeutsche stehe zu den Farben schwarz-n>eiß-rot, al« der Fahne, für die unsere Väter und Brüder im Felde gefallen sind. Aber er bringe auch den ver fassungsmäßigen Reichsfarben di« schuldige Achtung ent gegen und sehe in dem anderen, der heute unter diesen Far ben marschiere, ebenso den deutschen Bruder, der dem Vater land zu dienen glaube. Das Ziel de» Iungdeutschen Orden« sei die Erziehung de» Deutschen zur Volksgemeinschaft unter