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Tonnabeud, 30. Juli. IMm« 4000 »UiA, Iksmta Rr.17L. Jiiuster Jahrqan« 6uer kageblat und Anzeiger für das Erzgebirge verantwortlicher Redakteur! 7ri, N'aKdlO. Für di e Inserate verantwortlich: Walter t-ra». Beide in Aue i. Erzgeb. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Sonntaasblatt. ° .°g- VNtck-». vtrl,„„l«l!lch,n Sprechstunde der RrdaV«^. mit Auenahme der Sonntage nachmittag, von Uhr. - Lelegramm-Adreffe: Tag^latt Aue. - Fernsprecher «" in Au. i' Lr.a.d Für unverlangt »ingesandt» Mannftript» kann Sewühr nicht geleistet werden. Bezog,prei,: Durch unser» Bote« frei in, ksau, monallich so pfg. Bei der törschllftrstell« abgeholt monatlich 4st,psg. und wöchentlich ,o pfg. — Bei der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich l.ro Mk. — Durch »Ml Briefträger frei in. Kau, vierteljährlich ,.,r Mk. — Einteln« Nummer to pfg. — Deutscher Postzeitung» katalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mu Aarnahm« von Sonn- und Feiertagen. Insertion,prei,: Di« fi^engespaltene Aorpu^eile oder deren Raum ,o pfg., Reklmnen rr Pf» Lei größeren Aufträgen entsprechender Rabatt. viele »»«er »»ttstt io reite» Außerdem liegt das achtseitige illustrierte Sonntagsblatt bei. Das Wichtigste vom Tage. Prinz und Prinzessin JohannGeorg oonSach« sen beabsichtigen im Oktober eine Reise nach Italien und Palästina anzutreten. * Die Errichtung eines wirtschaftlichen Beirates soll im Bereiche der RetchSverwaltung auch beim Auswärtigen Amt stattsinden. - - Der als mutmaßlicher U r h e b e r d e sLichtenraderBomben- atrentats verhaftete Louis Rodemeyer hat gestern «in teilweises Geständnis abgelegt. (S. Tel.) Der Postbote Bergmann der am Donnerstag in Berlin 50 000 Mark unterschlug ist gestern verhaftet worden. (S.Tel.) * . i Kaiser Franz Josef verfügte die vollständige Ab sage der österreichischen Manöver. (Siehe pol. Tagesgesch.). sitz Asquith bezeichnete im englischen Unterhaus das bis» herige Ergebnis der Vetokonferenz als wesent lichen Fortschritt. IE- Mutmaßliche Witterung am 31. Juli: Siidwestwind, veränderlich, »arm, trocken, Eewitternehzung. 'M«! Wohin -er Kurs? Die Sammlung aller positiv schaffenden Parteien wird offiziös als Parole für die Vorbereitung zu den nächsten Reichstagswahlen ausgegeben. Das ist ein Schlag wort, mit dem nichts anzufangen ist. Im Grunde ist es nur eine andere Wendung der Dovise vom Zwange des Schaffens, die v. Bethmann Hollweg in seiner ersten Rede als Reichskanzler vor dem Reichstage vorangestellt hat. Kurz vorher hatte dieser Zwang eine gründliche Probe durchgemacht. Wenn jemals eine Nötigung zun. Schaffen für die Parteien vorhanden gewesen war, so lag sie in der Finanzmisere des Reiches. Alle bürger- Die kleine Brann. Skizze von Josef Buchhorn. Nachdruck verboten. Tag für Tag saß sie übler den verzwickten Plänen und blät terte in den dickleibigen Kursbüchern, und je weiter die Saison vorschritt, desto blasser und schmaler wurden ihre Wangen. — Dem wies sie die beste Reiseroute nach Lugano, und ihr« Sehn sucht zitterte hinter den Zahlen her, die Stationen auf der Fahrt zu dem Süden waren, und jenem entdeckte sie die Wunder der Ostsee und pries den Zauber Zoppots und die herbe Schöne Rü gens. Wieder andere wollten zur Lurlei und zum Lichtenstein. Und hatte sie ein paar Minuten lang an den Küsten des schwä bischen Meeres geträumt, dann steuerte sie einige Augenblicke später durch die Wasser des Atlantischen Ozeans zu den Shet land- und Jar-Oer-Jnseln. Zuganschlüsse — Dampferfahrten — ob der D-Zug 7,20 nach München zu empfehlen oder der 8,30 vorzuziehen sei. Ob auf der Fahrt zwischen Basel und Luzern bequeme Gelegenheiten wären, Zwischenstationen zu machen? — Fräulein, hier! und Fräulein, da!, unermüdlich ging das Frage ul Antwortspiel. Und wenn der Abend kam, wußte sie vor lauter Zahlen und Zügen nicht mehr, wo ihr der Kopf stand. Wenn sie nur ein einziges Mal hätte ausspannen und in einer jener Wunderwelten landen können, die sie in Gedanken tagtäg lich fast besuchte! Aber zu Hause wartete eine sieche Mutter auf sie, und wenn die Arbeit des lauten Tages getan war, begann die Pflicht der stillen Nacht. Dann ging die Pflegerin, die sich um di« Kranke sorgte, so lange sie auf dem Amte war. Und doch! Trotz all der Lasten, die ihr nach Feierabend wurden, «ar sie nicht kleinmütig und zage. Im Gegenteil! Es hätte ihr etwa« gefehlt, wenn sie bei ihrer Heimkehr nicht an das Bett der Mutter hätte treten und sie nach ihrem Befinden hätte fragen können. Zu ihren Kollegen war sie gleich freundlich, und ntemanden gab e- unter allen, der sich irgendeiner Bevorzugung von ihrer Seite hätte rühmen können, trotzdem gar viele nach lichen Parteien waren von der Dringlichkeit der Reform über zeugt, und doch ist sie die Quelle unauslöschlichen Parteihaders geworden. Und in dem ganzen Jahre Bethmann Hollwagschen Regiments haben alle positiven Aktionen nur neuen Zwiespalt und neue Verbitterung heraufbeschworen, vor allem die preußische Wahlreform, deren unglücklicher Beginn und haltloses Ende die Parteien unter sich und von der Regierung abgetrieben haben. Aber auch die s oz i a l po l i t i s che n Entwürfe haben die Frak tionen bunt durcheinander gewürfelt, und wenn auch das Stel lenvermittlergesetz und das Kaligesetz glücklich durch Kompromisse zustande gekommen sind, so ist doch die Wirkung auf einen Aus gleich im Parteiwesen völlig ausgeblieben. Mas aber dem Zwange zur Aöbeit nicht gelang, das wird dem Worte von der Sammlung erst recht versagt bleiben. Jede Partei wird den Begriff des positiv schaffenden anders fasten. Die Konservativen werden nicht nur die Sozial demokratie und die Fortschrittspartei davon ausnehmen, sondern auch die Nationalliberalen, wenn sie sich von der Rechten nicht umarmen lasten. Der Liberalismus dagegen wird auch in der Sozialdemokratie und der Arbeiterbewegung starke schöpfe risch aufbauende Kräfte erkennen. Ihm werden der schroffe Egois mus d.'s Agrariers und der Ultramontanismus des Zentrums als zerstörende Mächte gelten. Soll aber die Sammlung der schaf fenden Parteien gar nur ein gemeinsamer Kampf gegen die Sozialdemokratie bedeuten, so muß unter den gegenwärtigen Ver hältnissen diese Parole glatt zu Boden fallen. Jede bürgerliche Partei ohne Ausnahme hat aus politischer Taktik schon Bündnisse mit der Sozialdemokratie geschlossen, auch die Regierung hat sich des öfteren die parlamentarische Unterstützung der Sozialdemo kratie gefallen lasten. So wird es in Zukunft auch wieder kom men. Mögen die Unentwegten, die Vollen und Ganzen der Sozial demokratie sich noch so laut als Todfeinde der bürgerlichen Gesell schaft anpreisen, — die politische Praxis sieht doch anders aus und läßt sich namentlich nicht über einen großen Kamm scheren. Nur in Augenblicken Hoher Spannung ist es möglich, für eine poli tische Kampagne eine Parole auszugeben, die wirklich große Parteien zu gemeinsamer Aktion zusammenführt. Das war bei den Wahlen von 1907 der Fall. AVer wir sind dank der Schuld der Klnservativen und des Wankelmutes des Bundesrates seit dem tief in die Niederungen heräbgestiegen. Heut« gilt es für jede Partei, sich in sich selbst sammeln und stärken. Erst dann kann sie mit den Nach barparteien erfolgreich Fühlung nehmen und auch hierbei werden die örtlichen Besonderheiten das entscheidende Wort mehr spre chen als allgemeine Schlagworte. Will die Regierung sich auf die Sammelparole verlosten, so wird sie eine starke Enttäuschung erleben. Mit solchen Phrasen lockt sie heute keinen Hund mehr vom Ofen. Ihre Taten will man sehen. Alle Parteien ohne Ausnahme sind darin einig, daß sie die Regierung nicht nach ihren Worten, sondern nach ihren Handlungen beurteilen, und da wird die Frage laut: W o hin geht der Kurs. Die Poli tik, die reichsländische Verfassung, die neue Militärvorlage, die Sparsamkeit im Etat, die Behandlung der Sozialreform, die Vorbereitung für den nächsten Zolltarif, der ruhige, sichere Aus bau unserer Flotte, die Wahlreform in Preußen — das sind die Meilensteine dieses Kurses, an denen die Parteien ihren Auf marsch vollziehen, um ihre schaffenden Kräfte zu erproben. B i s da's in wird mittömenden Worten weder Be schwichtigung noch Sammlung erzieltwerden. Politische Tagesschau «ne, 30. Juli. * Staatssekretär v. Kiderlen-Mächter äußerte sich zu dem Korrespondenten der N. Fr. Pr.: Mir ich die politische Situation beurteil«? — Ich kann mich nur günstig über die Weltlage äußern. Ich sehe keinen schwarzen Punkt und nirgends einen Krieg im Anzuge. Auf die Frage nach dem Verhältnis Deutsch lands zu England erwiderte Kiderlen-Wächter: Da sage ich nur, man soll über unsere übrigens guten Beziehungen zu England nicht allzu viel sprechen. Mit diesen Beziehungen ist es wie mit schönen Frauen: Je weniger man von ihnen spricht, desto bester. Oib sich eine volle Uevereinstimmung zwischen mir und Aehren- thrl betreffs der schwebenden Fragen ergeben hat? Gewiß, wir haben unssehrgut verstanden. * Abwanderungen der Industrie ins Ausland. Auf Wunsch führender Kreise der deutschen Industrie ist der Hansabund in eine Enquete darüber eingetreten, ob und aus welchen Ur sachen (Finanzreform) Abwanderungen industrieller Unterneh mungen in das Ausland erfolgt sind. Das Ergebnis wird vor aussichtlich in dem im Oktober dieses Jahres erscheinenden Werke des Hansabundes über die öffentlich rechtlichen Belastungen von Handel, Gewerbe und Industrie Berücksichtigung finden. * Hiebers Landtagsmandat verloren. Die liberalen Par teien haben bei der Landtagsersatzwahl im Kreise Welzheim, der bisher durch den früheren nationalliberalen Abgeordneten Hieber vertreten war, eine Niederlage erlitten. Es erhielten Ge meinderat Kinkel (Soz.) 1448 Stimmen, Gemeinderat Wurst (Fortschr. Vpt.) 1200 Stimmen und Mohring (Bauernbund) 1079 Stimmen. Bei der Hauptwahl in der vorigen Woche stand der Sozialdemokrat an erster Stelle. Für die Stichwahl hatten die Nationalliberalen, deren Kandidat vollständig au-gefallen «ar, die Parole für den Kandidaten der Fortschrittlichen Volkspar- einer solchen verlangten. Denn ihre Art blieb nicht verborgen, und ihre selbstlose Aufopferung weckte Bewunderung und Rüh rung zugleich, und: Wer die kleine Braun einmal heimführt, der Hat das große Los gewonnen, ging es hier und da. Bis eines Tages in dem Wesen der kleinen Braun eine merkwürdige Acnderung eintrat. Sie legte mehr Wert aus ihre Blusen und Schlipse als vorher und hatte stets, im Gegensatz zu einst, irgendeine Schleife im Haar, eine dunkelrote oder eine dunkelgrüne, weil die am besten zu ihren kastanienbraunen Flech ten paßten — und ihr Antlitz, das sonst so unbeweglich lag, strahlte eine stille Heiterkeit und eine innere Zufriedenheit aus, und ihre blauen Augen lachten in den Tag, auch wenn Wolken seinen Glanz abblendeten. Der junge Assistent Hans Menke, der die kleine Braun vor allen andern in sein Herz geschlossen hatte, wagte sich zuerst an sie heran und erkundigte sich nach dem Befinden ihrer Mutter. Da wurde sie wieder so ernst, wie sie es frühe: immer gewesen war, und schüttelte das feine Köpf chen: Ich danke für Ihre freundliche Nachfrage, Herr Menke; aber zu Hause ist es noch genau so traurig wie zuvor — und allem Anschein nach will es da auch nicht bester werden —. Soso, hatte der andere erwidert, soso; ich dachte nur, weil Sie — weil — Weil ich? fragte sie erstaunt. — Nun, lächelte er und war ein wenig verlegen, weil Sie plötzlich so ganz anders, so — auf getaut sind. — Da wurde sie über und über rot und wandte dem jungen Beamten brüsk den Rücken zu. Was ging das den an, ob sie aufgetaut war oder nicht? Wenn sie aber geglaubt hatte, nun würde der sie ungeschoren lasten, dann irrte sie. Mit Fragen trat er ihr allerdings nicht mehr zu nahe und war auch in allem anderen zurückhaltender als bislang. Zu Haus« nur klagt« er seiner alten Mutter das Leid, das ihn bedrückte, und glaubte ihrem Trost, e- würde noch alles gut werden, weil er sich an ihn klammerte. Aber seine Blicke ruhten auf der Arbeit der Keinen Braun und seine Blicke folgten all ihren Gedanken gängen, und eines Tages, er zitterte bis in das innerste Herz hinein, hatte er sie durchschaut, hatte sie sich, ohne daß sie es wollte, ihm geoffenbart. . . Ihrem Arbeitsplatz gegenüber stand ein breiter, mit Bro schüren und Reiseprogrammen bedeckter Tisch, der war für die jenigen aus dem Publikum bestimmt, die sich selbst zu helfen verstanden, die ihre Pläne ohne amtliche Unterstützung zur Reife brachten. Da hatte sich, wie seit Wochen schon gelegentlich, «in junger Mann niedergelassen, der mit einer Emsigkeit und einem Eifer Prospekte durchsuchte und durchblätterte, Karten nachsah und verglich, als ob er das moderne Verkehrswesen zu seinem Spezialstudium erwählt hätte. Menke folgte den Blicken der kleinen Braun, und das Leuchten, da- in ihren Augen stand, verriet ihm mehr, als ihm lange Sätze hätten sagen können. Eie liebte, liebte den Menschen, der keine vier, fünf Schritte von ihm entfernt saß, und den er hätte erwürgen mögen, weil ihm wurde, was er begehrte; wurde, ohne daß er große Anstrengungen zu machen, ja, daß er zu fordern brauchte, wo er seit einem Jahr schon ehrliche, aber fruchtlose Hoffnungen gehegt hatte. Hin und wieder, wenn der jung« Mann von seinen Plänen aussah und in seinem Müttern innehielt, gab er mit unbefangenem Freimut der kleinen Braun einen ihrer fragenden Blicke zurück, nickte ihr- zu und lächelt« fik_an, und sie senkte dann den feinen, flechten, schweren Kopf und wakd-rs^ bis unter die Haarwurzeln und in den Nacken hinein. Ein paar Tage strätsr — Menke hatte gerade in der Nähe der kleinen Braun zu tun — trat der junge Mann in das Bureau und wandte sich, ohne erst seinen Stammplatz etn- zunehmen, sofort an das Mädchen, lüftete leicht seinen Hut und bat um zwei Rundreisevilletts, deren einzelne Etappen bis in kleinste ausgearbeitet waren. Zuerst war die Beamtin feuer- rot geworden, dann aber wich alle Farbe aus ihren Zügen, und sie wäre umgesunken, wenn Menke sie nicht schleunigst gestützt Hätte. Er ließ sie auf einen Stuhl nieder und bat den jungen Herrn, morgen wiederzukommen, da die Leiden Billett- nicht so- fort ausgeferttgt werden könnten. Der nickte Zustimmung, wünschte dem Fräulein eine gute Besserung und empfahl sich. Menke hatte nur «inen flüchtigen Blick auf da» Formular ,« werfen brauchen, um alle Zusammenhänge zu entwirren: Dip. lomingendeur Herbert Ullrich- und Frau . . . Zwei Hochzeit-