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Tageblatt für -le Stadt Aue uud «rschktut —— lägttch Nachmittags, außer an Sonn- u. Feiertagen. — Preis pro Monat frei ins Hau» SO Psg., abgeholt 15 Psg. — Mit der Sonntagsbeilage: „Der Zeitspiegcl" Bei der Post abgeholt pro Vierteljahr 1 Ml. — Durch den Briefträger 1.40 Mark. Billigste Tageszeitung im Erzgebü»^. Verantwortlicher Redakteur: «ruft Ku«»,, Aue fErzgebirge. I Redaktion u. Expedition: Aue, Marktstraße. Nr. 53 Dienstag, den 6. März 1900. IS Jahrgang. RmgMUWM . Inserat» ». mehrmaliger «ufnoHu« wird enispreä end DrtzrtfetzeH- rtsletzrtas. 158. Sitzung vom 2. März In Verbindung mir dem Marineamt wird zunächst der Etat für Kiautschau zur Beratung gestellt. Nach kurzer Debatte wird der Titel „Staatssekretär- be willigt. Beim Kapitel „Instandhaltung der Flotte und der Wersten- bemerkt Abg. Singer (Soz.), daß es früher auf den Wersten Gratifikationen von 100 Mark nach 25jähriger Dienstzeit gegeben habe. Heute gebe man den Werftarbeitern sogen. Dienstalterszu lagen, nach 5 Jahren 6 Mark, und dann steig« eS jährlich um eine Mark. Die Zulage werde aber nicht ausgezahlt, sondern gesperrt und einer Sparkasse zu geführt. — Staatssekretär Tirpitz erwidert, die Ge samtausgabe der sogen. Dienstalterszulagcn betrage jetzt über 100 000 Mark, während sie unter dem früheren Modus nur 20 000 Mark betragen hätten. Und die Arbeiter hätten jetzt ein Recht, statt einer Gabe. — Abg. Singer (Soz.) wend.-t sich nochmals gegen solche Art des WohlthunS durch Sparzwang. Man solle doch lieber die Arbeiter durch höhere Löhne in die Lage versetzen, selbst zu sparen. — Staatssekretär Tirpitz entgegnet, die Arbeiter selbst seien mie den ^ienstalters- zulagen zufrieden, die ArbeiterauSschüsse hätten den Werstverwaltungen ihren Dank ausgesprochen. Morgen: Etat der Zölle, Verbrauchssteuern und Stempelab gaben. -e* H-stttisstze« wett. Deutschland. * Berlin, 3. März. ( estern Abend um 7 Uhr sand im Kgl. Schlosse die feierliche Investitur des Kronprinzen Friedrich Wilhelm nur dem Orden vom goldenen Vließe statt. * Deutschland enlsendet zu der anläßlich der Pariser Weltausstellung in einem französischen Kriegs hafen stattfindenden Flotienschau ein Geschwader, be stehend aus dem großen Kreuzer „Fürst Bismarck", sowie den Linienschiffen „Kaiser Withelm II." und „Kaiser Friedrich III." * Die Reichsregierung scheint iveitere Kolonialer. Werbungen ins Auge gefaßt zu haben. Wenigstens wird aus Madrid gemeldet, in dortigen diplomatischen Kreisen glaube man bestimmt, daß Deutschland die Inseln des Sulu-Archipels, die in die Abtretung der Philippinen an-Nordamerika nicht eingeschloffen wur den, erwerben werde. * Berlin, 3. März Die Nationalzeitung bemerkt gegenüber der Meldung von einer geplanten Entsen dung deutscher Kriegsschiffe nach Frankreich zur Theil- nahme an einer internationalen Flottenschau anläßlich der Pariser Weltausstellung, in Marinekreisen ist hier von nichts bekannt Ausland. * Konstantinopel, 3. März. Der Sultan empfing nach dem Selamlik den englischen Botschafter und ersuchte ihn, der Königin Viktoria und der englischen Regierung seine aufrichtigen Glückwünsche zu den Siegen in Südafrika zu übermitteln. * Konstantinopel, 2. März. Gestern und heute wurden etwa vierzig höhere Beamte und Offiziere verhaftet, einem Verhör unterzogen und größten teils in Haft behalten Es herrscht das reinste Schreckensregiment. * Rangun, 2. März. Die zur Bestrafung der Wa-Leutr entsandten britischen Truppen zerstörten am 26. Februar den Pallifadenbau der Wa-Leure zu Mengtum, ohne daß sie selbst Verluste dabei hat ten. Am folgenden Tage eroberten sie, vereint mit den chinesischen Mannschaften, die ganze Gruppe von Dörfern, die mit den Mördern in Verbindung steht. 60 Eingeborene wurden getötet und 2000 Behausungen niedergrbrannt. ... - Ve* iir Oü-esfarrke» * In den beiden Burenrepubliken wurden, wie nachträglich auch von englischer Seite zugegeben wor den ist, mehr als 70 000 Mann aufgeboten. Dazu kommen Leute anderer Nationalität, die' bereits in Transvaal ansässig waren, teils zur Beteiligung am Kriege sich dahin begeben haben. Mit diesen zusammen ist die streitbare Macht der Burenrepubtiken von Sach verständigen auf 87 000 Mann berechnet worden. Die Engländer beziffern ihre gesamte, nach Südafrika gebrachte Truppenmacht ruf fast 200 000 Mann. Sicher ist aber, daß die englische Armee in Südafrika nicht stärker als 150 000 Mann ist. * London, 2. März. L->rd Roberts und Lord Kitchener kamen Freitag Morgen in Kimberley an und wollen heute die Stadt wieder ver lassen. * 73 Wagen mst Lebensmitteln find in Ladysmith eingerückt. ' > < - * Ulster, di« englischen Verluste vor Ladysmith teilt dw Dimes mit: Seit dem Beginn der Einschließ ung sind 24 Offiziere und 250 Mann getötet, 70 Offiziere und 520 Mann verwundet worden-6 Offi ziere und 340 Mann starben an Krankheiten. Die weiße Zivilbevölkerung ist in diese Ziffern nicht mit einbegriffen. * General Cronje ist mit Familie und Gefolge in Kapstadt eingetroffen und sofort nach Simotown, süd lich von Kapstadt, gebracht worden. — Für einen Ehren degen an General Cronje hat man in Parts« bereits die Summe von fast 4000 Fränks zusammengebracht. * Ueber die Taktik CronjeS soll sich Major Mbrecht sehr abfällig ausgesprochen haben. Anstatt die Trup pen in da- Loch zu führen, hätte er die köpfe» besetzen müssen. Der Krieg sei übrigens keineswegs beendet. Noch stünden 75 000 Mann (?) im Feld«. * Nach den neuesten Meldungen sind die Buren bereits bis auf NorwalSpont zurückgegangen, wo die Bahnlinie Co eSberg—Bloemfontein den Oranjefluß überschreitet. Brüsseler Meldungen sprechen davon, daß die Buren gar nicht einmal gewillt sind, Bloem fontein zu verteidigen, sie sollen vielmehr beabsichtigen, hinter Bloemfontein «ine neue Verteidigungsstellung einzunehmen, deren Zentrum b'ei Wynburg liegt. Ve * irr t f «h t < ", . s . Deutschland. 8 Unter den beim Paardeberg gefangen genomme nen Burenoffizieren befindet sich auch der ehemalige Leutnant von Dewitz, früher beim 4. Garderegiment zu Fuß. 8 In Hannover ersckoß sich der Bankier S. Reinhard, ein bekannter Spekulant. 8 Halberstadt, 2. März. In einem vom Circus Jansly gemiethetrn Ztalle brach gestern Abend um 11 Uhr Feuer aus, wobei 11 Circuspferde umkamen. Die Uebrigen wurden gerettet. 8 Nauen, 2. März: Eine arge Skandalgeschichte macht hier viel von sich reden. Gin Schuldienec hat ein seiner Obhut anvertrautes Schulztmmer eines Gemeindr-SchulhauseS zum nächtlichen Stelldichein von Personen beiderlei Geschlechts aus dem Handwerker und Dienstbotenstande HHgegeben!, wobeigegen die guten Sitten arg gesündigt worden > sein soll. Was „Wir haben Veld genug um auSzukommen, unsere Freunde aufgefunden haben," antwortete P „Sie thun besser, da» Kind bet mir zu la würde es gut versorgen. E» scheint mir s' ärmen Wurme» anzunehmen und e» h damit e» nicht ermordet werde. Sie find vielleicht gar dicht die Mutter der Kleinen und dann habe ich ein so gute» Recht an dieselbe, wie Sie." „Ich werde mich nicht von meinem Kinde trennen," rief die aufgeregte, junge Frau, „verlangen Sie da» nicht von mir, ich werde nimmer, nimmer darein willigen. Wenn wir sterben müssen, werden wir zusammen sterben." „Da» Kind ist nicht sicher bet Ihnen," bemerkte Carlo «rr Wirtin gewendet. „Seine Feinde würden e» bet Ihnen suchen, und es ermorden." „Ich möchte ihnen nicht raten, den versuch zu wagen. Ach würde e»bt»zu meinem letzten Blutstropfen vertei- Auf folschem W-ge. Roman von Oswald Reicher. 4 „Ziehen Sie sich rasch an, sage ich Ihnen," wiederholte Jeanne. Während Paula sich hastig ankleidete, ging Jeanne fort um Carlo zu holen. „Was gedenkt Hhr zu thun?" fragte sie, al» alle drei in ihrem Zimmer versammelt waren. „Sie werden meiner Schwester ihr Kind nicht rauben, so lange ich lebe," bemerkte Carlo, einen scharf geschliffe nen Dolch unter seiner Weste hervorziehend. „So ist e» recht. E» steckt doch mehr Mut und Feuer in Ihnen, al» ich vermutete," lobte ihn Jeanne. „Wenn wir nur den Bahnhof von Pinnow erreichen könnten," rief die junge Mutter in bitterer Verzweiflung. „Er liegt nur eine kurze Strecke vor London." „Und wie weit ist e» von hier nach London?" „Zwei Stunden." „Ach wenn wir nur erst in London wären." „Was wollt Ihr in London beginnen?" fragte Jeanne neugierig. „Wir haben Veld genug um auszukommen, bi» wir "iaula. tr zu taffen. Ich Pfttcht, mich de» hier zu behalten, ^7.1cht gar einem mstthi «n .. Dje Männer verließen eiligst da» Hau», und einig« MinuKn shäter bürbe man sie auf ihren Pferden dieLano- straße entlanggalopptereu. „Jetzt müfftn st« schon in Sicherheit sein," murmelt« Jean«,« di» -lüchDstnge d«ksnd. üß.» digen. Die Kleine sieht meinem verstorbenen Kinds so ähnlich. Nein, ich kann sie nicht wieder hergeben. Da,, nehmt diesen Beutel mit Goldstücke», und laßt sie mir." „O, Millionen würden mich nicht dazu bewegen," un^ terbrach Paula sie, und warf sich, ihr zu Füßen, „Gott hrst Sie Ihres Kindes beraubt," sagte sie, ..ich weiß, was Sie gelitten haben müssen. Wollen Sie mich jetzt des meinigen berauben? O, haben Sie Erbarmen mit mir." „Ich kann e» nicht wieder verlieren," murmelte Je anne. Carlo flüsterte seiner Schwester einige Worte in» Ohr, welch« zum Bette stürzte, da» Kind in ihre Arme nahm, und durch da» Fenster sprang. Der junge Mann folgte ihr auf demselben Wege. Die ganze Angelegenheit war so plötzlich und schnell vor sich gegangen, daß Jeanne, deren langsamer Ver stand nur einen Gegenstand in dem gleichen Augenblick zu fassen vermochte, verwirrt und betäubt dastand. Ihre erst« Eingebung war, Lärm zu machen, aber die Möglichkeit der Gefahr für da» Kind hielt sie davon zurück. Sie brach in Thränen au» und schluchzte heftig. „Sie mag doch wohl die Mutter sein," murmelte siq. „O, wie ich die Kleine geliebt haben würde! Ich dachte Gott hätte sie mir zum Ersatz für meinen verlorenen Liebling schickt. Süßes, holdes Kind, ich werde Dich nie wieder- I» Jeanne» Wesen, wie in ihrer Stimme verriet sich wenig Sanftmut und Milde, al» sie zwei Stunden später im Wohnzimmer erschien, wo die bnden Fremden lasst und ungeduldig nach dem Frühstück riefen. Emil schwieg. Ein etwa» in den Blicken seiner Frau gefiel ihm nicht, und kündigte ihm wenig Gute» an. Jeanne deckte gemäch lich den Tisch und zündete langsam Feuer im Kamin an. „Wo find Ihre anderen Gäste ?" fragte einer der Män ner, al» daS FrühstÜck endlich auf dem Tische stand. „Fort." „Ich glaub« e» nicht." Jeanne zuckte gleichgilttg die Achseln. ' „ Welchen Weg nahmen sie." „Das müßt Ihr selbirmlSfiudig machen." Di« Männer sprangen auf, und der ältere näherte sich der HanSftau mit geballter Faust, doch Jeanne lachte ihm nur in» Gesicht. ' »Her«," zischelte er, „woge e», mit mir zu scherzen, und ich bringe Dich und Dritten Mann an den Galgen. Er ge- hörte zu Dryden» Band«» da» wissen wir." „Und lhu rficht minder, Schurke. Glaubst Du, ich kenne Dich nicht, Peter Gnsstön. Wenn Emil gehängt wird, sollst Du ihm Gesellschaft leisten. Ich belauschte Eure gestrige Unterredung in der Scheuer von Anfang bi» zu Ende, Ihr Hallnnken." Al» Peter Gnytqn sich bei dem Namen anreden härt«, den er längst verschollen wähnte, überzog eine fahl« Bläff« sein Gesicht. Ueberrascht und erschrocken starrte er Je anne an. . „Dryden» Witwe!" stieß er hervor. „Da» war ich" rftf Jeanne mit lautem Lachen, aber jetzt bin ich Emil» Fray. Weisst Ihr mein, Hau» nicht iu fünf Minuten veHassen habt, Hertw ich da» Gericht auffor- dern, unter der alten Ulme im Wäldchen nachzugraben. Nimm Deine Hand nur von der Tasche weg, mein Junge, ich werde schon noch mit Di« fertig." Etr -og eine vyn ihxe» erstem Manne« Pistole» he«- vor und spannte, gelaßen dpn hahy, um für alle Falle be- reiten sein, ' - - ------ gMyton.. luch Nicht Ich habe