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Auerthal -Mmg. Tageblatt für die Stabt Aue und Umgebung, Erscheint täglich Nachmittags, außer au Svuu- u. Feiertage». — Preis pro Monat srei ins HauS 20 Psg., auswärts 25 Psg. — Mit der Sonntagsbeilage: „Der Zeilipiegel" k Psg. mehr. — Bei der Post abgeholt pro Vierteljahr l Ml. — Durch den Briefträger 1.40 Mark. Billigste Tageszeitung im Erzgebirge. Berantwvrtllcher Siedakteur: Ernst Funke, Aue jErzgebirge.j Redaktion u. Expedition: Aue, Marktstraße. Inserat« die einspaltige Pentzeile 10 Psg«, amtliche Inserate die CorpuS-Zeile 25 Psg-, Reklamen pro Zeile 20 Psg. Bei 4 maliger Ausnahme SV«/, Rabatt. — Bei größeren Inseraten ». mehrmaliger Ausnahme wird entsprechend höherer Rabatt gewährt. Alle Postanstallc» und Landbriesträger nehmen Bestellungen an. Freitag, den 15. September 1899. Nr. 157 IS. Jahrgang. 2lrr» -eir politischen wett. Deutschland. * Der Kaiser hat dem Kronprinzen von Japan den Schwarzen Adlerorden verliehen. * Berlin, 13 Sept. Die vom „Konfektionär" ge brachte Meldung, daß das russische Kaiserpaar aus der Reise nach Darmstadt Potsdam berühren werde, ist nicht richtig, wohl aber wird das Zarenpaar die «Prinzessin Heinrich von Preußen in Kiel besuchen und einige Tage bei ihr verweilen. Eine Begegnung zwi. scheu Kaiser Wilhelm und Zar Nikolaus ist sür spä ter in Aussicht genommen. * Eine Zusammenkunft des Zaren mit dem Deut schen Kaiser soll unmittelbar bevorstehen. Auf der russischen Botschaft zu Berlin, wo auch ^städtische Be hörden über die Sachlage Nachfrage halten ließen, er- llärte man, nicht unterrichtet zu sein, stellte jedoch die vorliegenden Nachrichten auch nicht als unrichtig hin, Lhatsache ist, das das Kaiser Alexander-Garde-Grena- merregiment, dessen Chef der Zar ist, Befehl erhalten bat. aus dem Manöver sofort nach Berlin zurückzu lehren. Das Regiment soll heute in Potsdam ein- buartiert werden. Es wird aus der plötzlichen Rück berufung gefolgert, daß die Alexander-Grenadiere in Parade vor dem russischen Kaiser stehen werden. — vraf Murawiew, der russische Minister des Aeußeren Pird in den nächsten Tagen in Berlin erwartet. * Berlin, 12. September. Auf dem westpreußischen Städtetage teilte der Oberpräsident v. Goßler mit, baß der Kaiser die Wiederherstellung der niederge brannten Lauben in Marienberg wünsche, die einen historischen Wert als Zeugen der alten Ordensstadt besäßen. Für jeden Giebel.dieser Häuser würden 1000 M. bewilligt werde»». Der Kaiser hat die Absicht, aus keiner Rückreise von Rominten der Stadt Marienburg linen Besuch abzustatten. Er wird mit der Kaiserin eine Wagensahrt durch die heimgesuchten Stadtteile machen und dann noch kurze Zeit im Schloß verwei- len. — Der Reichskommisfar für die Pariser Weltaus stellung, Geyeimrath Dr. Richter, wurde aus Wunsch pes Kaisers von oer Regierung ermächtigt, den» Sport komitee für die olympischen Spiele aus der Ausstel lung, an dessen Spitze Prinz Aribert von Anhalt stehl, llOOOO M, als staatlichen Zuschuß zu übermitteln. * Die „Deutsche TageSzlg." schreibt: „Aus sicher ster Quelle erfahren wir, daß die Hoswürdentrüger stnd Kammerherren, welche gegen den Mittellandkanal gestimmt haben bis aus weiteres vom Hose verbannt werden. * Lebhaft besprochen wird gegenwärtig in der Presse klmerilas ein von Professor Hugo Mintsterberg von per Harvard Universität herrührender Artikel über I.Deutsche und Amerikaner", der in der September- Plummer des „Allantic Monlhly" jetzt erschienen ist. iDer Verfasser sucht den Grund der zwischen beiden Motionen in neuerer Zeit entstandenen Mißverständ- Inisse in den Vorurteilen, die die große Masse des IVolkes hüben und drüben hegt. Der Deutsche ist dem lAmerikaner, so sagt Professor Münstcrberg, ein bier- Ilrinlender, sauerkraulessender, ungekämmter und den ISonntag nicht heilig haltender Geselle, während der iDeutsche sich den Amerikaner als ein vulgäres Jndt- Ividuum dalstellt, das Tabak kaut, die Tabaksjauche Inach allen Richtungen der Windrose ausspuckt, Whiskey Itrinkt, dem allmächtigen Dollar, bei Tag und Nachr Inachjagt und, wenn er sich ein Vergnügen macht, Iharmlose Neger im Madison Square in New - Jork loder aus den Commons in Boston lyncht. Das wirk liche Deutschland und Amerika, wie eS ist, seien den iBolkSmassen beider Länder nicht bekannt, Professor iMünsterberg glaubt nun, infolge des neuen, von Herrn IMac Kinley eingeschlagenen Kurses, des JmperialiSinus, Mürben sich beide Nationen bald zu einander hinge- Wogen fühlen. „Ein heroisches Ausleben des amertka- Mischen Volkes hat begonnen, denn der'Imperialismus Idez Präsidenten findet einen freudigen Wiederhall im Manzen Lande" schreibt er. Da ist wohl der Wunsch der Vater des Gedankens, denn Professor Münsterberg ist ein entschiedener Anhänger des Monarchismus. Wenn beide Länder Monarchien wären, glaubt er, würden bald Deutsche und Amerikaner ein Herz und eine Seele sein. Den Amerikanern hat der Artikel nicht besonders gefallen und den Deutsch-Amerikanern gar nicht. Ausland. * Aus allen Ländern und aus Frankreich selbst wer den Kundgebungen zugunsten DreysuS' gemeldet. Ein Artikel Zolas in der „Aurore" schließt: „Keiner von uns wird seinen Posten verlassen. Den unbesieglichen Beweis werden wir beibringen. Ich wiederhole, die Wahrheit ist iin Anmarsche, nichts wird sie aushalten. In Rennes hat sie einen Riesenschritt vorwärts gethan. Ich fürchte nur, daß die Wahrheit, wie ein Blitzstrahl das Vaterland verwüstend, sich Bahn brechen wird, wenn wir uns nicht selbst beeilen, sie unter der Hel ler» Sonne Frankreichs wieder erstrahlen zu lassen. * Zur Dreyfus - Angelegenheit sind noch einige Nachträge zu bringen. Die Schlüßbernlung soll äußerst stürmisch gewesen sein. Vier Richter waren, so wird erzählt, seit den Aussagen Rogets, Gonses und Bois- dessres zur Verurteilung fest entschlossen, drei jedoch zur Freisprechung geneigt, von denen zwei unerschütter- lieh blieben, während der dritte von den Generälen stark bearbeitet wurde. * Wien, 13. Sept. Die großen Kavalleriemanöver bei Papa, denen der Kaiser Franz Joseph beiwohnen wollte, sind infolge andauernden starken Regens ab gesagt rvorden. * Paris, 12. Sept. Dem Ministerium nahestehende Personen versichern, daß Beweise sür ein Komplott der Antisemiten, Nationalisten und Royalisten zum Umsturz der Republik erbracht und eine vollständig organisieite royalistische Regierung entdeckt wor den sei. * Die Polizei verhaftete nachts in der Rue Cha- brol drei Personen, welche Guerin vom fünften Stock eines Nachbarhauses aus init Lebensmitteln zu ver sehen suchten. Guerin erschien gestern eine Stunde aus dein Dache und erklärte, nur noch sür zwei Tage Brot zu haben. Er will sich jedoch nicht gutwillig ergeben. Alle Insassen sind sehr gemagert. * Wie aus Tripolis gemeldet wird, ist dort die Nachricht eingettofsen, die scanzösische Mission Foureau- Lamy sei in der Oase von Air durch eine große Zahl Tuaregs angegriffen worden, welche nach schweren Ver- lüsten die Mission vollständig vernichtet hätten * Paris, 13. September. Der Minister sür die Kolonien Decrais hat keinerlei Benachrichtigung hin sichtlich der Vernichtung der Expedition Foureau-Lamy erhalten. * London, 13. Sept. Seit 24 Stunden geht hier das Gerücht, daß der erste Minister der Eap'Colonie i»n Begriffe stehe, die Unabhängigkeit der Lvlonie zu erklären. * Newyork, 12. Sept. Nach einem Telegrammaus Rio de Janeiro hat sich der ständige Tarifausschuß der Deputiertenkammer in seinem Berichte über den Ausfuhrzoll aus den nach Frankreich, Deutschland und Italien bestimmte»! Kaffee dafür ausgesprochen, daß dieser dreimal so groß wie der Wert der Ware sein soll. * Kapstadt, 12. Sept. Verschiedenen hier, aus Pre toria eingegangenen, allerdings nicht amtlichen Be richten zufolge »vtrd Transvaal die in der letzten Depesche Chamberlains enthaltenen Bedingungen an- nehmen. * Blüemsonrein, 12. Sept. Ein hiesiges Blatt meldet heute aus angeblich bester Quelle, daß die Regierung von Transvaal die Einladung zu einer Konferenz nach Kapstadt annehmen werde. * In Kapstadt ist man der Ansicht, daß die hef. ligen Reden, welche in der vorigen Woche im Volks- raad von Transvaal gegen England gehallt n wurden, gar nicht ernst gemeint seien, denn sonst hätten die Verhandlungen, wie gewöhnlich bet ernsten Fragen, in einer geheimen und nicht in einer öffentlichen Sitzung siattgesunden. Die englischen Jingo-Bläster drucken natürlich die beleidigendsten Aeußerungen der Redner im Volksraad mit Behagen ab. * Pretoria, 12. September. Die letzte Depesche Chamberlains wurde im Rate verlesen; sie wurde mit Stillschweigen ausgenommen und nur einige Mitglie der des Rates unterbrachen die Verlesung einigemale durch Zwischenrufe. V * * nr i f eh t < Deutschland. 8 Selbst gezeichnet hat der Kaiser den Entwurf der Bugverzierung, welche der aus der Kieler Werst iin Bau befindliche Panzerkreuzer „Fürst Bismarck" erhalten wird. Als Gallionsfigur wird eine Büste des ersten deutschen Kanzlers am Vordersteven angebracht. 8 Das Schlafzimmer des Kaisers im Stadtschloß zu Potsdam, das bekanntlich im Dreysusprozeß durch die' Angaben des Advokaten de Muller eine Rolle zu spielen berufen war, wird auf Anordnung des Kgl. Hosmarschallaintes ebenso wie die übrigen Zimmer, die dein Kaiser zum Aufenthalt vorbehalten sind, fortan dein Publikum nicht mehr gezeigt werden. 8 Berlin, 13. Sept. Der Finanzminister Dr. Miquel scheint in ziemlich ernster Weise erkrankt zu sein. 8 Ern dreitägiger Kongreß sämtlicher Touristen, vereine Deutschlands wird in den nächsten Tagen von Sonnabend bis Montag, in Kassel stattfinden. Ver treten werden alle größeren Bergvereine, wie Harzktub, Rhönklub, Vogesenklub, Schwarzwald-, Erzgebirge-, Teutoburger-, Vogtländischer, Schwäbischer und Tyü- rtngscher Waldverein siin. 8 Kiel, 12. Sept. Heute Vormittag um 8 Uhr er eignete sich aus dem zur Herbst-Uebungsflvtte gehörigen Kreuzer „Wacht" eine Explosion im Backbord-Kefsel infolge Reißens von 36 Steh!?olzen. Vier Personen wurden getötet, außerdem wurden ein Unteroffizier und drei Mann leicht verletzt. 8 Darmstadt, 12. Sept. Die Verhandlung gegen den Oberschulrat Lettweiler begann heute vor dem hiesigen Verwaltungsgerichtshof. 8 Wolgast, 12. Sept. Der letzte Veteran aus den Freiheitskriegen, August Schmidt, ist im Alter non 104 Jahren vergangene Nacht gestorben. 8 Ein erschütterndes Familiendrama har sich in dein s westhavelländischen Dorfe Michaelisvruch bei Fnesack abgespielt. Durch ihre eigene Enkelin, ein Mädchen von 40 Jahren, hat sich die 72jährige Witwe Minna Müller vergiften lassen in der Zeit, wo ihre Tochter und Schwiegertochter sich nach Friesack begeben halten, um Einkäufe zu besorgen. Durch Krankheit schon seit Jahren ans Bett gefesselt, rief sie ihre Enkelin heran und ließ sich von dieser Gift, das sie schon lange ausbewahrte, herbeiholen. Sie redete dem Kinde vor, es sei Zucker und ließ es sich in den Mund streuen. Kurze Zeit daraus stellten sich bei der Greisin krampfhafte Schmer zen ein, und da ihr niemand Hilfe leisten kannte, starb sie unter den größten Qualen vor den Augen der entsetzten Enkelin. 8 Emden, 12. September. In einem Wirthaus, streite in Rechtssupweg bei Norden »vurde der Heizer Menenga von drei Arbeitern vorsätzlich ermordet. Die Attentäter sind verhaftet. Ausland. 8 Graz, 12. Sept. Die Berge Obersteiermarks stnd bis 1000 Meter herab mit Neuschnee bedeckt. Die Temperarur im Thal ist plus 6 Grad Reaumur. 8 Wien, 12. Sept. In der reich mit Trauerschmuck versehenen Pfarrkirche der Hufburg fand heute ein feierliches Requiem für die Kaiserin Elisabeth statt. 8 Wien, 13. Sept. Infolge des anhaltenden Re- genwetterS laufen aus allen Landesteilen der Monar chie bedrohliche Nachrichten ein. 8 Wien, 13. Äeptbr. Erzherzog Rainer hat seine aus mehr als 100 000 Exeinplaren bestehende Samm- lung von Handschriftcn der hiesigen Hosbibliothek zum Geschenk gemacht.