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AlMthÄ -MtlMA. Tageblatt für -ie Ma-t Aue und Umgebung Erscheint tSgllch RachmiNagü, außer an Sonn- n. , Feierlagen. — Preis pro Monat srei ins Hau» 20 Psg., auswärts 25 Pfg. — Mit der Sonntagsbeilage: „Der Zeitspicgel" 5 Psg. mehr. — Bei der Post abgeholt pro Vierteljahr 1 Mk. — Durch de» Briefträger 1.40 Mark. Billigste Tageszeitung im Erzgebirge. Verantwortlicher Redakteur: Ernst Funke, Aue jErzgcbirge.I Redaktion u. Expedition: Ane, Marltstraße. Inserat» die eittspaltige Petitzeile 10 Psg», amtliche Inserate die Corpus Zeile 25 Psg., Reklamen pro Zeile 20 Psg. Bei 4 maliger Ausnahme Sk°/o Rabatt. — Bei größeren Inseraten ». mehrmaliger Aufnahme wird entsprechend höherer Rabatt gewährt. Alle Postanstalten und Landbriefträgcr nehmen Bestellungen an. M. 141 Sonntag, den 27. August 1899. Aieerthal-Zeitttieg erscheint jetzt täglich, l o st e 1 rNsir«tzt uur ÄtU» Pfcnuige. <»UchP Lvelt. * Berlin, 24. August. Der Kaiser wird, wie die englische Zeitung „Truth" berichtet, am 2o. November, nachmittags in Windsor eintreffen. Der Aufenthalt des Kaffees in Windsor wird 5 Tage umfassen. Alsdann wird der Kaiser dem Prinzen von Wales einen Besuch in Sandringham avstat- ten und daraus die Rückreffe nach Deutschland un treten. — Am 10. September tritt der Kaiser die Reise nach Schweden an, von wo die Rückreise am 27. September erfolgt. — Am 0. September trifft der Kaiser in Stuttgart ein. * Berlin, 25. Aug. Die durch die Ablehnung der Kanalvorlage heroorgerusene KrlsiS darf in der Hauptsache als beseitigt angesehen werden, nach dem Fürst Hohenlohe, der nach Mitteilungen aus parlamentarischen Kreisen zunächst für die Auflö sung des Abgeordnetenhauses erngetreten war, von dieser Ansicht zurückgekommen ist. Es giebt also keine Auflösung uno keinen Ministerwechjel. Es ist sogar fraglich, ob Herr v. o. Recke uusscherden wird. * Bei der DentmatSenthüllung auf dem Schlacht felde bei st. Privat wurden dem Kaiser auch die kompanieweise angetrelenen allen Krlegsvereranen des 1. Garde-Regunenis zu Fug vorgefteüt. Als nun die Reihe an die 9. Kompanie kam, winkte der Kaiser den kommandierenden General oes 1. Armee korps, General der Jiffanterie Grafen Finck v. Finckenstein, welcher im Fahre 1870 als Hauptmann und Ches die genannte Kompanie oer St. Privat ins Feuer geführt hatte, zu sich heran und ries fhm schon von weitem zu: „Lieber Gras, hier ist Ihre neunte Kompanie, fehen sie sich die Leute in der Nähe an, vielleicht giebis noch einige Kriegs kameraden zu begrüßen!' Und in der Tyac sand denn auch der General manchen wieder, der da- . mals mit ihm im Feuer gestanden halle. * Berlin, 25. August. Der saatenstand im Deutschen Reiche stellte sich um vie Mitte des Mo nats August folgendermaßen dar: Winterweizen 2,2, Sommerweizen 2,4 Wutterroggen 2,5, Som merroggen 2,s, Sommergerste 2,3, Hafer 2,5, Kar toffeln 2,8, Klee 2,8, Luzerne 2,0, und Wiesen 2,9, wobei 2 gut und 3 mittel bedeutet. * Zu Beginn der gestrigen Sitzung im Prozeß Dreysus wurde eine Aussage Denvts, eines Zreun- des Sandherrs, verlesen, nach welcher letzterer ihm erzählt habe, die Brüder Dreysus' hätten ihm 4b 000 FtankS angevoten, wenn oas Berjahren ein- gestellt werde. Demange ließ oarauf eine Aufzeich nung SandherrS verlefen, welche dieser nach feiner Unterredung mit den Brüdern Dreysus' gemacht hatte. Aus dieser geht hervor, daß »etztere erklärt hatten, sie seien bereit, ihr Bei mögen zu opfern, um die Wahrheit ans Licht zu bringen. Der Ber- leidiger wies mit Recht auf den Unterfchlev zwi schen den beiden Lesarten hm. — Zeuge Oberst Maurel (Borsitzenoer des Kriegsgerichtes von 1894, kränklich und alt) erklärt, daß sein Gedächtnis nicht alles behalten habe, was in jenen Dez.mberlagen 48S4 vorging. Er werde nur das erzählen, dessen er sich bestimmt erinnere. Jouaust. sagt: „Lie allein sind Richter darüber, welche Grenze Sie Ihren Aussagen stecken wollen." Maurel erzählt, indem er jeden Schlußpunkt seiner kurzen Sätze deutlich markiert: „Währe, d unserer Sitzungen ereignete sich kein Zwischenfall. Mine Ueberzeu- gung von Dreysus' Schuld stand schon fest, als wir uns zum Beraten zurückzogen. Ich glaube, auch meine Kameraden waren damals schon sicher. Das Packet, welches mir ein Offizier im Namen des Ministers überreichte, war versiegelt. Der Offizier gab mir keinerlei mündliche Erklärung." Labori fragt den Oberst Maurel, welcher Offizier das Par ket überbracht habe. Maurel antwortet, „Du Paty de Clam; ich bemerke gleich, daß kein anderer Offi zier mir Papiere überbrachte!" Labori: Haben Sie diese Schriftstücke vorgeiesen?" Maurel: „Nur eins!" Labori: „Welches?" Maurel verweigert die Antwort, aber Labori wiederholt seine Frage. Nun wird Maurel unwillig und sagt: „Schon das eine Schriftstück war überflüssig; denn unsere Ueberzeugung stand fest!" Labori: „Aber den ken Sie nur, der übrige Inhalt der Ministersendung konnte wichtige Ausklätungen enthalten, vielleicht auch entlastendes Material. Wer sagte Ihnen denn, daß der Minister den Angeklagten durchaus verur teilt haben wollte ?" Maurel schüttelte mit dem Kopfe und sagte: „Ich verstehe nicht, was der Ber« leidiger meint." Labori wiederholt die Frage, und Maurel antwortet: „Ich sage, was ich sagen will, und darf kein Wort weiter sagen. Uebrigens hat der vom Kassationshof vernommene Kriegsrichter Freystätter wesentlich dasselbe gesagt." Labori: „Wir werden Freystätter morgen hören." Maurel: „Ich habe ein krankes Kind und bitte Heimreisen zu dürfen." Labori: „Morgen, nach FreystälterS Aussage." Maurel: „Gut, ich bleibe bis morgen; aber jetzt darf ich mich zurückzie-en?" Labori: „Nein. Ich möchte in Ihrer Gegenwart den Zeu gen Mercier befragen." — Alsdann nahm La- vori den General Mercier in ein Kreuzverhör. Mercier wurde durch einzelne der Fragen Laboris in schlimme Berlegenheit gebracht, sodaß der Reihe nach Roget, Gonse, Lauth und zuletzt sogar Gribi- lin beffpringen mußten und der Präsident Jouaust Labori ersuchte, seinen ironischen Ton aufzugeben, da der Zeuge Mercier ohnehin gereizt sei. Auch der Regierungskommissar Carriere versuchte Labori wiederholt zu unterbrechen, damit er wenigstens Mercier Zeit zum Nachdenken gebe. — Labori: „Glauben Sie ernstlich, daß in Deutschland und England 35 Millionen für die Dreysussache a,f- gebracht wurden?" Mercier: „Darüber könnten sie vielleicht bessere Auskunft geben." Labori: „Was soll das heißen?" Mercier : „Ich muß Ihnen nicht alle meine Gedankenpreisgeben." — Zeuge Müller, der an Kracken geht, zitiert fast wörtlich oen Baedecker, indem er seinen Besuch in Potsdam erzählt. Er giebt die Ausmaße jedes kaiserlichen Zimmers und bezeichnet alle Bilder. Er sagt, er Hütte sich, wenn er noch mehr Trinkgeld gegeben hätte, auf den Rand des kaiserlichen Bettes setzen können. Er erzählt dann: „Auf dem Tisch lag eine Nummer der „Libre Parole" mit dem Blau stiftvermerk: „Dreysus ist gefangen." Demange zu Mertian Müller: „Wissen Sie gewiß, daß Sie in des Kaisers Zimmer waren?" Müller verlegen: „Man hat es mir wenigstens gesagt." — Die Sitzung wird geschlossen. * Rennes, 25. August. Der Eindruck der gestri gen Gerichtssitzung war derart günstig, daß nie mand mehr an der Freisprechung Dreysus'zweifelt. Dir Rollen sind vertauscht; statt Dreysus sitzt jetzt der Generalstav aus der Anklagebank. Rian glaubt, daß der Prozeß nicht ohne die Berhastung Merciers zu l-mde gehen wird. * Der Bericht der „Boss. Ztg." giebt eine Zeu- genaussage wieder, die sich mit Dreysus' Beziehungen zu den Frauen befaßt Es heißt da : „Hauptmann Duchatelet hatte 1894 eine Unterhaltung mit Drey sus, der ihn nach Einzelheiten über die Nachrichten abteilung und die Berichte der Militäratlachees befragte. Sie waren in der Nähe des Triumph bogens, als Dreysus ihm von einer dort lebenden Schönen sprach, ihm anbot, mit ihm zu ihr zu gehen und bet ihr eine Tasse Schokolade zu trinken. Dann überlegte er es sich und sagte: „Nein, ich IS. Jahrgang. habe erst letzte Nacht 15 000 Franks bei ihr im Spiel verloren." Demange: „Warum hat Zeuge das nicht 1894 ausgesagt?" Duchatelet: „Weil ich die Sache damals nicht für wichtig hielt!" Dreysus weist im einzelnen die Verwendung seiner Zeit am Tage vor jenem Gespräch mit Duchatelet nach, die es ausschließt, daß er habe bei der Dame spielen können. * Rennes, 24. August. Labori hat mehrere Pariser Blätter wegen Verleumdung verklagt, weil sie behauptet hatten, er habe sich verstellt und sei gar nicht ernstlich verwundet worden. * Im „Figaro" wird ein Bries des verstorbenen früheren italienischen Botschafters Rebmann an die Marquise Arconetti-Visconti mitgeteilt, welchen Rebmann kurz vor seinem Tode geschrieben hat. Es heißt darin: «Ich fühle den Tod kommen, aber ich fürchte ihn nicht, denn ich leide sehr. Ich be- daure nu>', sterben zu müssen, bevor ich die Unschuld des unglücklichen Dreysus festgestellt sehe." * London, 24 August. Johannesburger Tele- gramme melden: Als Gegenleistung für die neuen Zugeständnisse an die Ausländer verlangte die Burenregierung, daß England aus seine Suzeräni- tät über Transvaal verzichte (?). Chamberlein habe das Anfinnen als unzulässig zurückgewiefen. * Paris, 25. August. Gestern Abend gegen 9 Uhr überbrachten Marktweiber Lebensmittel für Guerin, sie wurden jedoch von der Polizei zurück- gewiesen. Um 9'/^ Uhr sand eine kleine Kundge bung für Guerin in der Rue Lafayetle statt. * Rambouillet, 25. August. Beim Empfange der Mitglieder des Arrondissementsrats sagte Prä- sident Loubet, er habe nicht ohne tiese Trauer ge sehen, daß die Verwirrungen der Gemüter Unruhen auf den Straßen hervorgerusen, aber man dürje deren Bedeutung weder übertreiben noch sich einer Entmutigung Yingeben; er habe die seste Ueber zeugung, daß das Ende der Beruhigungen nahe sei. D e v »» i f ctz t e s tz Berlin, 25. August. Ein Angestellter einer Lederhandlung ist nach Unterschlagung von 12000 M. mit seiner Geliebten durchgegangen. 8 Königsberg, 24. August. Der wegen des Ver dachts der Spionage in Pillau verhaftete und dann hierher gebrachte Franzose, PcolessorMüller, ist gestern Abend, da der Verdacht als grundlos erkannt wurde aus der Hast entlassen worden. 8 Dre bayerische Regierung beabsichngt, wegen der allzu großen Kosten, die die Erhaltung der Fe stung Geroldseck verursacht, diese zu verkaufen. Es wäre jammerschade, wenn die altehrwürdige, einstmals so stolze Festung, an die sich so viele ge schichtliche Erinnerungen knüpfen, in falsche Hände geriete und so dem Untergänge geweiht wäre. Ge roldseck trägt aber auch nicht wenig zur Verschöne rung Kufsteins bei. 8 Nürnberg, 24. August. Wie verlautet, soll Nürnberg der Sitz des Generalkommandos des dritten bayerischen Armeekorps werden. 8 Herne, 24. August. Wegen der Unruhen in Herne sind dem „Vorwärts" zufolge bis jetzt gegen Streikende 15 Jahre 4 Monate und 3 Tage Ge fängnis und 6 Wochen Haft verhängt worden. Da bei ist der große Krawall vom 27. Juni noch nicht verhandelt worden. Er wird jedenfalls vor das Schwurgericht kommen. Das durchschnittlich« Straf- maß beträgt bei den bisherigen Verurteilten rund 7 Monate. 8 Ein Unglückssall hat, wie aus Rottweiler (Reg.-Bez. Trier- berichtet wird, dem Straßenmeister Riechet aus St. Wendel das Leben gekostet. Kurz vor einer von dort nach Niederlinxweiler fahrenden Dampfstraßcnwalze wollte er auf die andere Seite der Landstraße schreiten. Dabei wurde fern linker Fuß von der Walze erfaßt, er kam zu Fall, und ehe der entsetzte Maschinist den eisernen Koloß stillstellen lassen konnte, ging dieser über R. hinweg und zer malmte den Körper des Unglücklichen zu Brei.