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u. Jahrgang. Mttwoch, den 27. Juli 1898. Auerthal -Zeitung Allgemeiner Anzeiger für die Stadt Aue «. Umgebung »m««, Mit, : Kr-Mim, Kut« s-i»er, AU« Vq«c u, ,» «»««««»»««tSpretS amtlich« Inserate dir LoiPut-Zeil« LöfPs. inN. dnSwmhnalln.«Klagen »ierteljLhrlich «erantwortlichn «.datteur»mtl « u«lSrzgebkge.1 «eNamen pro Zeil« M «g mit »nnanlohnl»«. Rrd-kti-n n. «rptditiaiu»»«, Markt,traße. «il» Postanstaltenimd LandbrichrSger durch die Post 1 MS. nehmen BestÄiuugen an. 'NE Erinnert wird an die sofortige Abführung der Hundesteuer für» 2. Haldjahr 1898. Der Rath -er Stadt Aue. Die „Auerthal - Zeitung " empfiehlt sich den geehrten Geschäftsleuten, Gastwtrthen und Vereinen zum erfolg» reiche« Auuoueire«. Bei Mederholungen hohe Prozente, bet grössere« Auf» träge» dtllige Pauschalpreise. Aus letzter Woche. Bom Sommer merkt man in diesem Jahre wenig; daran ist aber nicht nur Falb schuld, sondern auch die sich häufenden großen Ereigniffe find der Blüte der sauren Gurke nicht gün stig. Man braucht nur so in» Bolle hineingreisen und „wo man'» packt, da ist's interessant." Im Vordergründe der Ta gesereignisse steht natürlich die Indiskretion, die ein an den Wraf-Negenten von Lippe gerichtete« Kaisertrlegramin an die große Glocke hängte. Zwar soll die Fassung desselben „un genau" wiedergegeben sein, aber worin diese Ungenau,gkeit vrfteht, wird nicht gesagt und rS bleibt jedenfalls soviel üb- rig. das, man sagen kann, einem „Briefsteller für Liebende" ist die Form nicht entnommen. Bedauerlich bleibt die Be- kanntgab« de« Telegramm« auf alle Fälle. Die Verhandlun gen de« Bundesräte«, an denen sich der Graf-Regent vrschwerdeführend gewendet haben soll, find nach brr Reichs- verfaffung mit weisem Vorbedacht geheim. In einem Reiche, da« sich au« einigen zwanzig selbständigen Staaten zusammrnsetzt, können sehr leicht Meinungsverschiedenheiten zwischen den einzelnen BundrSmitgliedern vorkommen, deren öffentliche Bekanntgabe nicht nur irrend und verwirrend au, da« Volk wirken, sondern auch beim Auslande falsche Vor stellungen von der Festigkeit de« Reiches erwecken könnte. Glaubt also Graf Ltppe-Biestrrseld sich in seinen Rechten und in seiner .Stellung gekränkt, so läßt sich nichts dagegen sagen, daß er Hch an den Bundesrat wendet. Aber'in die Presse durste von dieser Angelegenheit nichts gelangen. Ist bas Recht de« Regenten wirklich verletzt worben, was sich ja so ohne wei tere» nicht beurteilen läßt, so wird ihm Genugthuung wer den, denn selbst da« sonst aus den Kaiser nicht gut zu spre- chende Ausland läßt dessen ritterlichem Sinn volle Gerech tigkeit wtederfahrrn und der Starke büßt nicht« von seiner Würde rin, wenn er dem Schwächeren gegenüber sich nach- gtebig zetgt. -- Der Fortgang de« Krieges hat in der Be- richt«tvoche nicht« Wesentliche» gezeitigt. Die Spanier thun so, al« ob Amerika ihnen mit Friedensanerbietungen kommen müßte l Admiral Lampson, der den,nächst mit einer Krieg«, flotte an di« spanischen Küsten kommen soll, wird jene An- rrbietuugen schwerlich bringen. Im übrigen hat sich vte spa nische Regierung im Innern dadurch Bewegungsfreiheit ver schafft, da« sie der Opposition durch Aufhebung der bürge,- lichen Freiheiten Zügel angelegt hat. — Kränklich hat «ei ne Sensation d>:rch die plötzliche Abreise ZolaS. Ob der vielgenannte Romancier seine Rundreifefahrkarte, die sechswö chig« Gültigkeit hat, wird verfallen lassen? Sein berühm ter norwegischer Kollege Björnstjerne Björnson hat ihm mit einem Schreib'« unter die Arme gegriffen, worin er sagt: „Eine der Münchener Berühmtheiten erzählt mir soecen, daß der deutsche Reichskanzler Fürst Hohenlohe ihm un umwunden gesagt hat, DreyfuS sei — was Deutschland betrifft — unschuldig. Und ebenso unumwunden hat er den Schuldigen genannt." Der gute Norweger ist von einer Vertrauensseligkeit, die seinem Dichterherzen all« Ehre macht. Man denke sich den deutschen Reichs- kanzler, der einem Privatmann Geheimnisse anoertraut, die bisher aufs strengste gehütet worden sind. Er erkennt offen an, daß da» mit der Spionage-Affäre richtig ist, daß man aber einen falschen Mann abgefaßt hat I Mit sol- chen Kindereien sollte ein ernster Mann sich nicht an die Oef- sentlichkeit wagen. Denn Björson ist nur Dichter, er bUdet sich bekanntlich auch ein, Politiker zu sein, und da dürfte er sich nicht, wie geschehen ist, blamieren. — Die Piatrosen der „Bourgogne" sollten am Sonntag in Hav- ' r« rtntreffen, und der Staatsanwalt wollte sich sogleich mit ihnen beschäftigen. Die französischen Zeitungen stem peln sie einfach zu „Oesterreichern'. Davon hat man bisher nicht» gehört. Wollte man die Elenden kein« Franzosen sein lassen, so hätte man sie doch einfach al» „Deutsche", noch besser als „Preußen" bezeichnen sollen. — Der Zar sorgt ernstlich für seine slawischen StammeS- tzenossen auf der Balkanhalbtnsel. Dem Fürsten von Montenegro hat er erst eine Lustjacht und sodann 80000 Hinterlader mit einer Million Patronen geschenkt, so daß gstirst Nikita in seinem Lande die Patrole ausgeben könnt« r „Kein Mann ohne Hinterlader l" Nun hat auch Bulgarien sein Geschenk bekommen: die Ausrüstung für hundert Theaterstückei In Bulgarien wird ja „vielfach „Homüdie" gespielt und werden vielfach „Dekorationen" otzcwendet und da kommt Väterchens Geschenk ganz zu fckff«. vrvä. Aus Sachsen und Umgebung. — Die älteste Frau in Dresden, die Rentiere Abra- hamson, feierte am Sonntage ihren 102. Geburtstag bei ziemlicher körperlicher und geistiger Frische. Die Greisin, welche seit 30 Jahren bet ihrer 74jährigen Schwiegertoch ter lebt, kann sich ihr Bett noch selbst bereiten und hat einen sehr ruhigen Schlaf. Zu ihrem 100. Geburtstage ließ sie sich noch einmal, und zwar zum letzten Male, wie sie meinte, photographieren. — Jn DreSden müssen von jetzt an die Namen des Bau meisters und de» Bauherrn an jedem Neubau angeschla gen werden. — Der VerbandStag der sächsischen Konsumvereine tagte in Meißen und befaßte sich besonders mit der Umsatzsteuer die lebhaft bekämpft wurde. Die Maßregel treffe gerade die Klassen, denen man einst weitgehende soziale Unter- stützungen in Aussicht gestellt habe. Uebrigens habe die Statistik ergeben, daß die Behauptung, der Mittelstand werde durch die Konsumvereine ruiniert, nicht stichhaltig sei. Mehr als 10000 Viktualienhändler seien im letzten Jahre existenzfähig geworden. Bisher seien erst 10 Vereine mit dieser Steuer belegt worden. Zur Agitation gegen die Umsatzsteuer wurden dem Vorsteher 300 Mark bewil ligt. Als Ort des nächsten VerbandStageS wurde einstim mig Rochlitz gewählt. — Anfang August ist ein Jahr verflossen, seit der Prt- vatuS Ihle in Radebeul vermißt wird. Er war mit Alpen- Sonderzug nach der Schweiz gefahren, hatte dort u. A. am Vierwaldstättersee gewohnt und ohne Führer eine Par- tie über den Rhonegletscher unternommen, von der er Licht zurückgekehrt ist. — Zu Fuß über die Saale ging der Fleischermeister Großmann aus Giebichenstein, dem man den Ehrenna men „Menschenretter" beigelegt hat. Tausende von Menschen an beiden Usern der Saale, sowie die Insassen zahlreicher Boote folgten mit Spannung seinem Auftreten. Aus 4 bis 5 m langen, 4 Zoll im Durchmesser messenden ver zinkten, luftdicht verschlossenen Bechröhren mit eigenar tigen kleinen Klappen, die flossenartig als Ruderchen die nen, ist ein einsacheS Blech angebracht, in das der Läufer die Füße setzt, die durch einen Riemen leicht befestigt werden. Mit diesem primitiveu Gestell eigener Erfindung bewegte sich der mit Rettungsmedaille geschmückte Gr. mit größter Leichtigkeit aus dem Flusse, zeitweise, wenn er ruhen wollte, sich mit einem keinen Ruder vorwärtStreibend. — Wie gefährlich das Verschlucken der Kirschkerne wer den kann, zeigte ein Vorfall in Meißen. Ein 7jährtger Junge wurde von heftigen Krämpfen befallen und Er brechen stellte sich ein. Eine große Menge Kirschkerne ka men zum Vorschein, welche die Ursache des Anfalles waren. — Die ehemalige Schäferei Seltnitz bei Königstein, als Vorwerk zum Rittergut Prossen gehörig, soll in den Be sitz des Staates übergehen. Die Felder sollen aufgesorstet werden, wodurch der Waldbestand hinter dem Lilienstein wesentlich vergrößert wird, und in dem massiven Gebäu- dekomplex beabsichtigt man eine staatliche Fohlenzuchtan stalt zu errichten. — Einen folgenschweren Jungenstreich beging in Ol bersdorf ein I3jähriger Bursche, indem er au» Uebermut einen großen Stein den Abhang hinunterrollen ließ u. damit einem 14jährigen Mädchen ein Bein zerschmetterte. — Der Stadtsteuer-Einnehmer Lohr in Pirna hat sich beim Amtsgericht gestellt unter der Selbstbeschuldigung, daß er an den ihm anvertrauten Geldern Unterschlagun gen in Höhe von 1300 Mk. verübt habe. Lohr ist in Haft behalten worden. — Am Mittwoch Abend gegen 7 Uhr wurde das Pfarr gehöft von Kühren durch ein Brandunglück betroffen. In folge einer Explosion wurde das Seitengebäude der Pfarre in Brand gesetzt und brannte bis auf die Umfassungs mauern nieder. Glücklicherweise ist hierbei niemand zu Scha den gekommen und wurde auch weiteres Unglück verhütet. Leipzig, 20. Juli. Der Verband deutscher Fahrrad. Händler beschloß die Abhaltung von Fahrrad-Meffen, de- ren erste im November d. I. zu Leipzig stattfinden soll. — Mit einem Kostenaufwande von 117 00Ü Mark wird auf Portitzer Flur unter der Bezeichnung „Fregesttftung für sittlich gefährdet« Knaben" ein Bau errichtet, in wrl- chem 80-Knaben Aufnahme finden sollen. — Bet der ge- gemvärtig stch vollziehenden Reorganisation des Hand» werk» ist hier der gewiß seltene Fall zu verzeichnen, daß sowohl die Dachdecker-Innung, als auch die freie Verei- ntgung der Dachdeckarbettgeber die Einrichtung der Zwangsinnung wünschen. Beiden sich sonst gegenüber, stehenden „Vereinigungen kann somit geholfen werden, d. h. e werden sich in der Zwangstnnung zusammen finden. Trotz de- Fehlbetrags der Ausstellung beförderte die Leipziger Straßenbahn seit 1. Januar d. I. bi» zum 17. Juli nahezu 1>/, Millionen Fahrgäste mehr al« im glei chen Zeiträume de» Vorjahres, in welchem 18 807 362 Personen befördert wurden. Der Einheitstarif von 10 Pfennigen hat die Benutzung beider Straßenbahngesell- schasten mächtig gefördert und solche Zahlen bilden einen erneuten schlagenden Beweis dafür, daß man billige Be förderungsgelegenheiten bieten muß, um ein gutes Ge schäft zu machen, denn im vorliegenden Falle wuchsen auch die Etnahmen um nahezu 130 000 Mk. — Der HandlungSretsende L. PH. Mayer au» Darm stadt hatte, obwohl vorbestraft, in einem hiesigen Hau se wieder Stellung gesunden. Ende April erhielt er einen Monatsgehalt im Vorau- und 300 Mk. Reisespesen, da mit sollte er sich aus die Reise begeben. Statt dies aber zu thun, brachte er die Beträge nicht nur hier sofort durch, sondern er prellte auch noch 6 Hoteliers um ver schiedene Beträge. Da» Landgericht gab ihm aus 1 Jahr Fretquartter in Zwickau. — Zu Fuß zum Hamburger Turnfest pilgerte der in Blasewitz wohnhafte hier bekannte 62 jährige Lehrer Streubbl. Er hat seinen Fußmarsch bereits angetrrten. Er marschierte schon vor 4 Jahren von Am- sterdam, wo er 36 Jahre eine Privatschule leitete, zum deutschen Turnfest nach Breslau. Nachdem da» Hambur- ger Turnfest beendet sein wird, macht sich Herr Streubel nochmals aus die Socken und zwar nach Amsterdam, wo er im September der Krönung der Königin beiwohnen will. — In der Umgebung von Dresden blüht der sozial demokratische Boykott. In Deuben, Radebeul, Lindenau, Klotzsche und anderwärts haben die „Genossen" die Gast- Höfe mit Boykott belegt. Um ihre Absicht wirksamer durch- zusühren, durchstreifen sie nächtlicher Weile die Dörfer und versehen die Straßenecken und Wände mit Jnschris- ten. Die mit roter Farbe und Schablonen hergestellten Warnungen sind nur schwer wieder zu entfernen. — Wie umfangreich muß der Viehschmuggel sein, daß er so hohe Verluste vertragen kann. Bet Adorf wurden innerhalb 2 Tagen 7 Ochsen beschlagnahmt. — Der 32 jährige Steinmetz Voigtmann aus Sche- dewttz bei Leipzig Stadtteile Thonberg wohn- haft, hat seine beiden 11 und 8 Jahre alten Kinderchen wiederholt so mißhandelt, daß die Nachbarn endlich ein geschritten sind und den Unhold angezetgt haben. Boigt- mann wurde zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. — Al- Hausmann für die neuerbaute Schule in Ntederretchenau, bei Zittau ist Mustklehrer Gustav Pret- bisch gewählt worden. — In Falk« beiAGera wohnte schon seit langen Iah- ren eine Frau Schlntter, die von ihrem Manne getrennt lebte und oft bettelnd ihr Dasein fristet«. Die Frau ging am Freitag in den Wald, um Hol- zu holen, stürz- te dabet einen Abhang hinunter und starb. Die Leiche mußte die Nacht über im Freien liegen bleiben und wur- de bewacht. Als am andern Morgen der Arzt und die Polizei kam, fand mau bet der Frau in die Kleider ein- genäht 1b Tausend-Markscheine und 80 Hundert-Mark- schetne vor. Der Arzt untersucht« die Tot« genau und wollt« gerade einen Rippenbruch feststellen, da etwa- wie gebrochene Rippen aus dem Kleide der Frau her- vorstieß. Man war aber nicht wenig erstaunt, als sich di« Sache al» eine Geldrolle entpuppte, die 2000 Mk. in Gold enthielt, so daß die Frau 20 000 Mk. bei sich trug. Wie sie zu dem Gelde gekommen, ist noch nicht festgestellt. Während die Leute nachts an der Leiche wach ten, kamen zwei Männer mit Licht auf die Leiche zu und ergriffen die Flucht, al» st« di« Wach« sahen. — Die Stadl Büchholz wird ihrem Gründer, dem Kur- fürsten Friedrich den Welsen, ein Standbild errtchten. Dl« Emrveihung des Denkmal« soll 1901, gelegentlich de» «00 Mtgen Slgdljudtlaums «folgen.