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Aumhal -Zeitung. Billigste Tageszeitung im Erzgebirge 12. Jahrgang Nr 134 Donnerstag, 14. Juni 1900 Be- inne veranlwortticher Redakteur: Srnft Kunkr, Aue sErzge rn^ Redaktion u. Expedition: Au«, Marktstraße. Deutschland. 8 Berlin, 11. Juni. Ein neuer Mord? Oeffentliche Stadtverordnetensitzung z» Aue am Donnerstag, den 14. Juni 1900, nachmittags 6 Uhr, im Stadthaus Tagesordnung: . 1. Einladung zum Sächsischen Gemein'oetag in Glau ¬ chau am 6. und 7. Juli 1900. 2. Kenntniß, ahme vom Rathsbeschluß über die festge ¬ setzte Lage der geplanten Muldenbrücke. 3. Verhandlungen mit dim Fleischermeister Herm. Be ¬ cher wegen Grundstückserwerbung am Schieußen- kopf der Bahnhofstraße. 4. Festsetzung der Gehalie für die Nadelarbeitslehre ¬ rinnen an den Bürgerschulen. 5. Einverleibung des vom Steinbruchsbesitzer Louis Reich erworbenen Grundstücks aus dem Guts be zirke des Staatsforstreviers Lauter in den Stadt- gemeindebezirk Aue. k. Festsetzung de» Baufluchtlinie der südlichen Seite des Marktplatzes. 7. Bau eines Eishauses und Ausstattung eines Ver- ernSzimmers für den Stadtkeller. Hierauf geheime Sitzung. In dem Hause Rheinsbergerstraße 17 machte sich seit etwa acht Tagen ein übler Geruch bemerkbar, der schließlich so penetrant wurde, daß man sich veranlaßt sah, seine U-I°ch- »u --g-«nd-n. -"'d--.- m°-, °°s ov INI movton Velins „Hatmandenn eine Ahnung, wer der Thäter ist?" Bärwald räkelte sich auf seinem Stuhle, drehte sein Glas im Kreise, trank dann hastig und meinte gedehnt: „Na, man hat so seine eigenen Gedanken." Der Wein hatte sein Gesicht noch um ein Bedeutendes gerötet und das Grinsen wich nicht mehr von demselben. „Wieso? Doch . . Prosit, Herr Wirt!" „Prosit! Ja, wissen Sie, die Besseren denke», unser einer ist dumm, aber da irre» sie sich." „Haben recht, Herr Wirt, ganz meine Anschauung; der Verstand des einfachen Mannes . .." „Wissen Sie, an dem Abend, als der Mord siattfaud, kam hier ein Herr ins Lokal und bestellte sich Bier. Ein Gesicht hatte der, na, wie einer, der schon am Galgen ge hängt hat. Ich sagte gleich zu meinem Jungen: mit dein stimmt's nicht. Aber, Schweigen ist Gold, mein Herr .. Prosit!" „Prosit! Wie sah denn der Mann au»?" Der Wirt beschrieb eine Figur, wie Naujvk» das ge- than hatten, dann fuhr er fort: „Ich war neugierig, trat näher und fragte: Der Herr hat wohl Aerger gehabt, dai» kommt wohl mal im Leben. Da kam ich aber schön an; er schnauzte mich an, was mich das anginge u. s. w.; dann wollte er Papiergeld gewechselt haben." „Papiergeld?" Der Wirt nickte und goß noch ein GlaS Wein hinter die Binde. „Ja; wissen Sie, kleine Münze hat man ja genug, aber Großgeld .. Wie er mir nun den Schein reicht, sehe ich einen roten Flecken." „Einen roten Flecken? Haben Sie denn den Schein noch?" «Ei gewiß, hier ist er, hundert Mark!" Er entnahm seiner Brusttasche eine Hundertmark-Note und zeigte sie seinem Gaste. Laubell betrachtete da» Blatt «md richtig, da war der Fleck. „Hören Sie," sagte er jetzt möglichst gleichgiltig, »der -*li ist interessant, Ich will Ihnen -old dafür „den." Aas Wülfels .Lösung. Kriminalroman von Fr. Ferd. Tamborini. 12 „Na, meinetwegen eine ganze Flasche, Herr Wirt," meinte Laubell jovial, „Sie trinken wohl ein GlaS mit." „Mit Vergnügen," sagte Bärwald, sich die fleischigen Hände reibend. Eine Minute später stand das Gewünschte auf dem Tisch, und Bärwald saß seinem Gaste gegenüber. »Wohl fremd hier, mein Herr?" „Jawohl; ich bin gestern erst au» Frankreich gekom men. Haben da einen vorzüglichen Tropfen, Herr Wirt; volle»» gleich noch ein Gläschen d'rauisetzen .. Prosit!" Da» bittere Zeng floß wie Oel in die Kehle des Wirt». ,Ja, >va« kann'S schlechte Leben nützen," sagte er lachend, )ie dicken Lippen mir dem Handrücken abwischend. „Tag aus, Tag ein dasselbe; da freut man sich, wenn'mal ein neues Gesicht auftaucht." „Jst'S immer jo still bei Ihnen?" „Na, wissen's, Arbeiter, Handwerker, e» läppert sich so zusammen. Im Sommer ist'» ja lebhafter hier, na mentlich Sonntag»; ich hab hinter'm Hause einen schöne»» Barten." „Prosit, Herr Wirt!" „Prosit!" „In den letzten Tagen ist'» wohl hier recht lebendig gewesen; ich hörte so etwas ans dem Wege." „Jaaaa! Das war vor'» paar Tagen,'»« Mordaffaire. Ich bi» ei» stiller Mann, kiumn're mich nicht um so 'wa». Schlimme Geschichten ..." Lnnbell sah in das verschmitzte Gesicht und hatte den Gedanken, daß der Kerl mehr wußte. „Sietrinken ja nicht, Herr Wirt! Hole» Sie noch'ne Flasche!" Da» that Bärwald sehr gerne. Nach guten» und reich lichem Trunk fühlt« er sich immer behaglich, und dann plauderte er gerne: „Das .. hm .. da» war 'ne eilige Sache mit dem Mord. Man sollt'» gar nicht denken, baß so wa» auch bei der Noblesse vorkommt. Gewöhnlich heißt'», dpt ist Proletariat, m,,,," ne einspaltige Petitzeile 1« Pfß», »u.tUche > Inserate die TorpuS-Zeile 25 Pfg., Reklamen pro Zeile 20 Pfg. Bei 4 maliger Aufnahm. Rabatt. — Bei größeren Inserat« mehrmaliger Ausnahme wird entspreä ent höh«« Rabatt gewährt. Alle Postanstalten und Landbriesträger nehmen Bestellungen an. Für unseren Stadtpark suchen wir zum sofortige» Antritt eine»» Wärter, dem außer der Aufsichlführung irn Stadtpark auch die Reinhaltung der Wege und Anlagen obliegt. Mit Rücksicht darauf, daß die rauhe Jahreszeit den Wärter im Stadtpark entbehrlich macht, ist der Gehalt auf jährlich 600 Mark festgesetzt morden. Während der übrigen Zelt wird der Wärter ent weder gegen besondere Vergütung von der Stadt beschäftigt oder er kann sich auch eigene Beschäftigung suchen. Die Stellung ist dauernd; bevorzugt werder Werber, welche eine ähnliche Stellung bereits hatten bez. einige gärtncci;che Kenntniß besitzen. Gesuche mit Angabe der bisherigen Thätigkeit sind bi» spätestens 17 Juni ISO» hier einzu» eichen. Aue, den 12. Juni 1900. Der Rat der Stadt Dr. Kretzschmar, Bürgermstr. sich auf Beschluß des Landgerichts zu Potsdam ay» Montag den 18. d. M vor dem dortigen Schwurge richt zu verantworten haben. Für die Verhandlung sind vier Tage angesetzt. 8 Graudenz. 11. Juni. Das 1. Bataillon de» 14. Infanterie-Regiments hat sich heute früh mittelst SonderzugeS nach Könitz begeben. 8 Die Beerdigung des in den Alpen verunglückten Berliner Studenten Hermann Scherer hat ain Donners tag in Kufstein, wie der „Nat.-Ztg." von dort ge schrieben wird, unter aroßer Bethellizung stattgefun den. Nachmittags um 2 Uhr ging di« Bestattung auf dem herrlich am Becgabhang gelegenen Friedhose vor sich. Außer der Mutter und Schwester de» Ver storbenen waren noch der Stiefbruder und der Vetter seines verewigten Paters, der Maler flros. Stadler aus München und Professor der Philosophie Sturstpf aus Berlin, Letzterer mit seinem Sohn, anwesend. Auch »vohnten zwei der Gefährte» des Verstorbenen, welche mit ihn» die unglückliche Besteigung unternom men hatten, die Herren Dörppinghaus und Freiherr v Saar von der akademischen AlpenvrrrtnS^section München, sowie zwei Vertreter der Sectton Innsbruck und der Vorstand der Zection Kufstein der Feier bei, Die ganze Einwohnerschaft von Kufstein gab durch ihre Anwesenheit ihrer Theilnahme an dem erschüttern den Unglücksfall Ausdruck. 8 Nach den» Pariser „Journal" hat der deutsche Reichskanzler bei seinem Besuch in Frankreich einige Tage in seiner Villa Kerjulien in der Nähe von Brest zugebracht. Wie Fürst Hohenlohe zu dieser Villa in der Bretagne gekommen ist, darüber weiß die franz ösische Zeitung eine romantische Geschichte zu erzählen. Die Villa gehörte in den vierziger Jahren de» ver gangenen Jahrhunderts dem russischen (?) Fürsten Peter Sayn-Wiltgensiein, der sie für eine reizende Mit- Pariser Künstlerin kaufte. Die Künstlerin liebt« die Bretagne, denn sie war <elbst Bretonin. Sie spielte lOrt HalmerShausen. Wie man aus Kassel müdet war der Arzt mit dem Einfangen eines Bienenschwarm» beschäftigt. Während dieser Thätigkeit wurde er der maßen von Bienenstichen zugerichtet, daß der Tod' b >ld darauf eintrat. 8 Die Mordlhat ain Teufelssee (bei Berlin) wird in den nächsten Tagen ihre gerichtliche Sühne finden, pene.ran» .ouroe vag man i»cy veranms» ;ay , l«'»« Töpfer Eugen Jänicke, welcher bekanntlich die UN- sl^t-ictie r» ernriinven KcUltsbli^ -ntv-ckt» ninn vcik u » - , " .... . er aus einer Wohnung im vierten Stockwerk des Hau ses kam, in der seit langer Zeit ein altes Fräulein hauste. Aus mehrfaches Pochen erhielten die Hausbe wohner keine Antwort. So holte man denn die Po lizei und öffnete gewaltsam die Thür, die von »nnen verriegelt und verschlösse» war. In dem Bett sand man die Bewohnerin, teilweise entkleidet, mit einer klaffenden Wunde am Hinterkopfe im Bette liegend. In dem Briefkasten an der Zimmerthüre steckte eine am dritten Pfingstfeierlage ausgegebene Postkarte. Wie uns unser Gewährsmann mitteilt, wurden sämmtlichc Behältnisse unversehrt gefunden. Z Berlin, 11. Juni. Oberbürgermeister Kirschner ist von den Straßenbahn-Angestellten ersucht worden, in dem aufs Neue ausgebrochenen Streite zwischen oer Direktion und oem Personale eine vermittelnde Thätigkeit auszuüben. Heute soll eine Deputation von Angestellte,. Herr»» Kirschner die Beschwerde»» des Per sonals vortragen. Die Angestellten verlangen 1. W,e- dereinstellung der Gemaßregelten. 2. Wahl der Be schwerdekommissionen mittelst geheimen und direkten Wahlrechts. 3. Sicherung des Coalitionsrechts für die Angestellten. Die Erregung in der Arbeiterschaft über das Verhalten der Direktion ist im Wachsen begriffen, an vielen Stellen, sind Sammlungen für die Gemaß regelten eingeleitet. 8 Entsprungene Verbrecher. Das König!. Polizei präsidium zu Berlin theilt mit. Am 3. d. M. sind aus dein Zuchthaus Graudenz die beiden gefährlichen Verbrecher Kellner Rudolf Robert Wierczoch uno Ar beiter Franz Kuhs, nachdem sie einen Aufseher erschla gen hatten, entsprungen. Wierczoch ist aus Rehdorf. Kreis Lchwetz, gebürtig, 30 Jahre alt, 1,58 Meier groß, hat schwarzes Haar, lange Nale, braune Augen, ist untersetzt. Kuhs stammt aus Thyinau, Kreis Marien werder, ist 29 Jahre al», 1,72 Meter groß, hat cunk- les Haar, blaue Augen, große Nase und ist schlank; es kehlt ihm die kleine Zehe des linken Fußes. theilungen an die Criininalpolizei erbeten. 8 Durch Bienenstiche getötet wurde der praktische an der Porte Li. Martin in den „Sieben Wundern !Arzt Dr. Räsgen aus dem im Rhöngebiet velegenen der Welt"; als achtes Weltwunder versprach ihr der „Gold, ineinetivegen." Laubell war zusriede»; er gab dem halbtrnnkenen Wirt fünf Zwanziginarkstlicke, trank langsam sein Gla» aus und eurpfahl sich. ? „ * Am ander» Morgen begav sich Laubell zum „Goldenen Sieb"; er war fast davyn überzeugt, die Spur deS Mör- derS gefunden zu hohen. Jin Hotel augekoiunien, mußse er erfahren, daß Herr Seipel nicht anwesend sei; er war zur Begräbnisfeier. „Gut," sagte Laubell znm Kellner, „ich werde auf den Herrn warten; sagen Sie ihm, ich habe mit ihm übereine dringende Angelegenheit zu sprechen." Er begab sich in» Lesezimmer. Nur zwei Herren waren anwesend, die gelangweilt in den Jonrnalen blätterten. Eine Stunde verstrich, auch «ine zweite, endlich trat Sei pel ein. „Was wünschen Sie, mein Herr?" fragte er Lanbell. „Sie gestatten wohl, daß ich Ihnen mein Anliegen in Ihrem Zimmer mitteile, hier sind zuviel Ohren." „Wie Sie das Io feierlich sagen, na, meinetwegen." Man stieg die Treppe hinaus in Seipel» Zimmer. Lau bell sandte seinrn Blick prüfend durch den behaglichen Raum, indessen er seine Gedanken zurecht legte. Seipels Augen hingegen hafteten gespannt auf dein Fremden. Endlich Hub Laubell an: „Verehrter Herr, ich hab« Ihnen zu sagen, daß in Ihrer Mordangelegenheit derBer- dacht auf eine Unschuldige gefallen ist; es wird sich die« bald beweisen lassen." Seipel zuckte kaum merklich zusammen, aber Laubell war e» ausgefallen. , „Da» ist unangenehm," meinte Seipel. „Na, wenn Gi« Beweis« haben." „O, ja; aber e» dürfte auch zu wünschen sein, daß Sie da» Ihrige dazu beitragen, der Wahrheit zum Siege zu »erhels««," 7S.1V Tageblatt für die Ma-t Aue una Umgebung «rscheint * ' " . / Jnseraw - - 7. f täglich Nachmittags, außer an Su - 0 ,Feiertagen. — Prei» pro Monat frei ins Hau« 22 Pfg-, abgeholi 17 Psg. — Mil i>,r Sonntagsbeilage: „Der Zeitspiegel" Bei der Post abgeholt , 0 Vierteljahr 1 Mk. — Durch den Uriesträger 1.40 Mark