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Tageblatt für die Stadt Aue und Umgebung. Billigste Tageszeitung im Erzgebirge 12. Jahrgang Nr. 125 Sonnabend, 2. Juni 1900 ! und Empfehlungsschreiben, die er bei sich geführt, i sehen war er jenseits der nahen Grenze^ wo sch ihm »,-L d «i ... kl.NNt- N»N Auch ein anderes von Nierstein > e- sank sofort. Ein wurde leck > nd veramwonNcher Redakteur: Ernst Aunkt, Aue lErzged.r^ i Redaktion u. Expedition: Au«, Marktstraße. scheint er sich kürzlich in Berlin aufgehalten zu haben. Nutzer den Papieren fanden sich bei der Leiche noch eine Brieftasche mit 36 Fünfdollarnoten und e'nPvrte- monnaie mit etwa 18 Mark in deutschem Gelds, fer ner eine vergoldete Taschenuhr nebst Kette, Taschen messer und andere Kleinigkeiten. Es liegt zweifellos Selbstmord vor. Auf einer Karte hat der Verstorbene die Wohnung seiner Frau und seines Sohnes in New- Jork angegeben, die er als seine Erben bezeichnet. 8 Die Fahrt der Torpedoboote auf dem Rhein ist, wie dem „Fränk. Kur." aus Aschaffenburg ge schrieben wird, für mehrere Schiffseigentümer verhäng nisvoll geworden. Als am letzten Mittwoch Nachm. halb 4 Uhr die Torpeeo-Division, die sich aus der Fahrt nach Worms befand, bei Untergernsheim den Einladeplatz für Backsteine an der Steinswiese passierte, wurde durch den hohen Wellengang der im raschen Lauf dahineilenden sechs Boote das 40 Meter lange halbbeladene Schiff des Aschaffenburger Schiffseigners Jakob Geiger zum Sinken gebracht. Schiff, welches dem Schiffer Lerch hörte und nahezu vollgeladen war, drittes, ebenfalls fast ganz beladen, mußte schleunigst auSgelnden werden, um es vor dem Sinken zu bewahren. Mrt knapper Noth wurde das Personal der urnergegangenen Schiffe ans Land ge rettet. Der durch die Torpedoboote verursachte Wcl- lengang war so stark, daß, nach den Versicherungen der Schiffsleute, ein eisernes Schiff, welches dort hielt, nahezu gebrochen wäre. Schuld an den Unglückssällen ist mit der Umstand, daß die ra che Ankunft der Tor pedoboote nicht mitgethe.lt war und so die Schiffe sich nicht rechtzeitig in Sicherheit bringen konnten. 8 Auch eine Grenzüberjchreitung. .Schon länger", so erzähl der Königliche Förster Hermann Müller (Altenau i Oberharz) im „Waidmann", „machle ich die mißliche Beobachtung, daß in meinem Reviere nahe der Schaum- b arg-Lipp eschen Grenze Buchen gestohl.'n wurden. End lich, auf einem Gange zum Schnepfenstrich, gelang e» mir, einen der Holzräuber zu überraschen. Der Schlau berger hatte sich die Nähe der Grenze ausgesucht, um mit Leichtigkcir entwischen zu können, da in damaliger Zeit - - es war in den fünfziger Jahren — no h keine Conventionen betreffs Verfolgung'der Forstsrevler zwi schen den beiden benachbarten Ländern Hannover und Lippe bestanden. Als ich nun auf etwa 60 Schritte herangeschlichen war, wurde der kräftige Mann meiner ansichtig und rückte im schnellsten Laufe aus. Im Um Erschet«» Klüglich Nachmittags, außer a» «S » steirrtagen. — Preis pro Monat frei in« hau« '.'0 Pfg., abgeholt 15 Psg. — Mit der Sonntagsbeilage: „Der Zeitspiegel" Bei der Post abgeholt t o Vierteljahr l Mk. — Durch den Briefträger 1.40 Marl. D eu t s ch l an d. 8 Berlin, 30. Mai. Aus Könitz lie st die Nach richt vor, daß die Verhaftung des Fleischers Hoffmann und seiner Tochter schon wieder aufgehoben worden ist, weil die Verdachtsgründe sich als unzureichend er wiesen haben sollen Ein Berliner Blatt läßt sich allerdings melden, Hoffmann sei nur deswegen wieder auf freien Fuß gesetzt worden, wei> man Angesichts der Haltung der Bevölkerung ernste Ruhestörungen befürchtet hatte, falls die Verhaftung aufrecht erhalten worden wäre. Die Unschuld Hoffmanns sei noch keines wegs klar erwiesen und er werde ,chars beobachtet, so daß eine Flucht ausgeschlossen ist. Nach einer weiteren Meldung ist der frü jere Geselle Hoffmann's, Woehlke, gestern in Marienburg verhaftet worden und soll heute noch nach Könitz gebracht werden. Z Wegen schlechten Einschenkens hat das Landge richt zu München einen Schenkkellner zu 14 Tagen Gefängnis verurteilt. Der Schenkkellner, der zugleich Pächter war, konstatierte, daß er der Brauerei (Volks brauerei) für den Hektoliter Bier 27 Mark abliefern mutzte, datz er aber den Liter nur zu 25 Pfennige ver kaufen durfte. Es wurde ferner konstatiert, es sei in München üblich, datz der Schenkkellner 8 bis 10 Pro ent mehr aus dem Faß herausschenken müsse, als dar- innen sei. * 8 Ein schauerlicher Mädchenmord ist im Walde bei Arolsen verübt worden. Ein junges Mädchen, dem ein Taschentuch gewaltsam in den Mund gedrückt worden war, ist erdrosselt ausgesunden worden. H Von den 15 Arbe lern, welche am 10. Maikin der Gewerkschaft Jünkerath (Eifel) von der heißen Gieß masse einer umgeschlagenen Pfanne überschüttet wur den, sind bereits sieben gestorben. 8 Medebach fWestfalenj, 29. Mai. Eine verheerende Feuersbrunst wüthete hrer gestern Nacht. 27 Wohn häuser wurden eingeäschert, darunter die Kirche theil- weise, auch viel Vieh ist verbrannt. Es liegt Brand stiftung vor. 8 Selbstmord eines Deutsch-Amerikaners in Bremen. Im Stadtgraben zu Bremen wurde die Leiche eines unbekannten Mannes gefunden, die anscheinend erst kurze Zeit im Wasser gelegen hatte. Es handelt sich um einen Deutsch-Amerikaner. Bei der Leiche fand man nämlich einen amerikanischen Bürgerbrief, auf den Namen Louis Berger lautend. Nach Postkarten leider nichts mehr anhaben konnte. Sich nun nach dem Buchstaben des Gesetzes sicher wähnend, erlaubte sich der freche Kerl die kleine Höflichkeit, mich auf da» Ende seiner Gefahr aufm rk'am zu maä en, indem er mir seine „hüllenlose" Hinterfront in gar nicht mttzzu- verstehendtr Weise zukehlte. Dieses /»nmutige Bild reizte mich derart, daß ich — in der Hitze und bei ra scher Schätzung der ziemlich beträchtlichen Entfernung — eine Ladung Lchnepfenschrot auf die dargebotene Zielscheibe abschickce. Hierauf machte der Holzdieb, laut „klagend", eine „hohe Flucht", wandte sich dann, erhob drohend die Hand und stieß mit einem leider hier nicht . wiederzugebenden Tonfall die Worte yervor: Ware, wä re, Du hast int Bückeborgsche schot, nü" Ausland. 8 Eine verwegene Räuberei. Man schreibt au» Madrid, 20. Mau Gestern Abend um halb 9 Uhr wurde in der Calle bei Barquillo, einer der Verkehrs- reichsten Straßen der Stadt, eine der verwegenen Räubereien ausgeführt, wie sie seit kurzer Zett hier an der Tagesordnung sind und ein beredtes Zeugniß ab legen von der erbärmlichen Organisation der Madrider Polizei. Die öffentliche Sicherheit scheint allmählich zur Mythe werden zu wollen, denn selten oder nie gelingt es den Wächtern der Ordnung, eines der be rufsmäßigen Verbreä.er habhaft zu werden, die Dank ihrer guten Organisation ihre Tyätigkeit mit größter Unverschämtheit am hellichlen Tage entwickeln. Sollte der Cioilgouverneur von Madrid eines Tages auf den Gedanken kommen, das Polizeiwesen z.u .refsrmiren, so könnte er mancherlei von der Berliner Diebes- und Verbrecherwelt lernen. Gestern Abend um die besagte Stunde erschienen vor oem Juwelierladen deS Lt Nu- nez vier anständig gekleidete Individuen, und während der eine mit Stricken die Thüre verschloß, zerschlugen die anderen das Schaufenster, bemächtigten sich der in der Auslage befindlichen Gegenstände im Werthe von 50 000 M. und verschwanden, nach allen Leiten Revol verschüsse abgebend, vor den Augen der nach der Poli zei ruf nden Passanten, in stner Oeffnung, die in die Abzugskanäle der Stadt führt. Der viert« der Str«lche, der die Thür verschlossen gehalten und aus diese Weise den Ladenbesitzer und sein Personal am HerauSkommen und Verfolgen der Diebe verhi.idest hatte, ergriff, nach dem seine Spießgesellen glücklich in der Erde ver schwunden waren, ebenfalls die Flucht, auf afl« die ihm in -er Weg traten, Schüsse abseuernd, wob^i er einen Logenschließer des Apollo-ThealerS schwer ver- ne einspaltige Pentzeile 1ü Pf«., „»iltche Inserate die Torpus-Zeile 25 Pfg., Reklamen pro Zeile 20 Psg. Bei 4 maliger Ausnahm, 15»/, Rabatt. — Bei größeren Inserat« n. mehrmaliger Ausnahme wird entspreä ent höherer Rabatt gewährt. Alle Postanstalten und Landbriefträger nehmen Bestellungen au. schen bewegen zu sollen, die nach seiner ethischen Auffass ung zumeist viel weniger sittenrein sein mochten als er selbst es gewesen, er, der Häftling! Natürlich machte Os kar sich jetzt die bittersten Vorwürfe, daß er von dem Freunde ein Opfer begehrt, welches dessen durch die Ver hältnisse überreizte Empfindlichkeit peinlich berühren mnßte, aber alle Rene und alle Selbstvvrwürfe konnten das Ge schehene nicht ändern, und so mußte er sich denn damit genügen lassen, durch treue und aufopfernde Sorge das- jentge nach Kräften zu sühnen, was er unabsichtlich an Kurt verbrochen. Er war es denn auch, welcher den Arzt bat, keine Mühe und keine Auslage zu scheuen, welcher für die Beischaffung der besten Krankenpflege Sorge trug und Rosa einstweilen ganz in dein Institute versorgte, da mit die Kleine nicht ahnungslos, ohne Böse» zu wissen oder zu wollen, durch irgend «ine Bewegung oder ein unvorsichtige» Geräusch die tiefe Ruhe des Krankenzim mers störe. Bange Tage vergingen; Oskar verbrachte jede freie Stunde, die er der Arbeit abringen konnte, in der Kran kenstube ; er löste, so oft dies seine Zeit erlaubte, die Graue Schwester bei der Nachtwache ab, er war unermüdlich, zart, verständnisvoll und aufopfernd in der Krankenpflege; würde er freudig sein Leben dahingegeben haben, uni das jenige de» Freunde» zü retten. Und endlich wurden die treuen Bemühungen seiner Uin- gebnng auch belohnt. E» brach ein Heller, freundlicher Morgen an, an dem Kurt von Wel» die Augen ausschlug und da» volle Bewußtsein zurückgekehrt war; mit einer matten Bewegung streckte er dem Freunde, der an seinem Lager saß, die abgezehrte Hand entgegen, kam Rosa» Name in fragendem Tone überfeine Lippen; aber selbst al» O»kar, den inneren Jubel bezwingend, weil er fürchtete, jede heftigere Erregung könne den» Freund« schaden, in ruhigem, «geschäftsmäßig kühlem Tone über da» Kind Aus kunft erteilte, verschwand die Wolke banger Sorge nicht von Kurt» Stirn, brütete er still vor stch hin, ohne sich au» seinem apathischen Zustande aufrtttteln zu lasse»; vergeb lich zerbrach sich Oskar den Kops, wa» «S sei, wovon der Geist de» Freunde» eingenommen war; jetzt zum ersten mal fiiig er an, der Ueberzeugung des Arztes beizüpflich- ten, daß geheimer Kummer den Ausschlag zu der Krank heit gegeben; worin derselbe aber so recht eigentlich be stehe, darüber sann «r nach, ohne zu einer Klarheit zu kommen. Der Arzt war mit dem Befinden des Kranken im allge- meine», mit der Zunahm,^seiner Kräfte zwar znfriedeu, er behauptete aber, auf keine völlige Genesung rechnen zu können, bevor jener ,sicht im stände sei, die Stimmung dum- pfer Gleichgiltigkeit, in die er verfallen zu sein schien, ab- -uschütteln. Tage vergingen, und au» den Tagen wurden Wo chen, ohne daß ein anderer wesentlicher Fortschritt al» jener de» zurückgekehrten Bewußtsein» zu konstatieren ge wesen wäre; ja, «» machte den Eindruck, al» ob dem Kran ken der Wille zum Leben fehle. In der ersten Stunde der znrückgekehrten geistigen THS- tigkett hatte er nach Rosa gefragt, hatte er sich auch der dienstlichen Vetyättniffe wegen orientiert, hatte er wissen wollen, ob seine Krankheit etwa gar seine Entlassung zur Folgezhabenckönne und dadurch die Subsistenzmittel seines Nachdem Oskar ihn in dieser Hinsicht bernhigt, war er nie mehr auf den Punkt znrückgekommen, raffte er sich aber auch in gar keiner Weise aus, blieb sein Zustand stets der gleiche. „Ich bin ein,alter Praktik»», ich weiß, daß nur «tue heftige BemütSasfektion ihm die Krankheit an den Hais gejagt; nur ein« solche wird ihn auch wieder aufrtttteln könne» au» seiner schläfrigen Stumpsfinnigkeit," ineinlu der Doktor kopfschüttelnd, „wo aber nehmen »vir die Lc- mtttSaffektiou her, deren e» bedarf, um sein erschlafftes Blut, um seine angekränkelte» Nerven wieder auf den richtigen weg -u bringen l" 77,18' Heachtet Roman von Max von Weißenthurn. »7 Die Aufregungen und Stürme, die Jahre hindurch an Kurts Nervensystem gerüttelt, hätten begreiflicherweise früher oder später ja doch ihre Folgen auf seinen Organis mus zur Geltung bringen müssen, und wenn man auch »sicht recht wußte, inwiefern der Besuch, den er in Gesell schaft OSkarS gemacht, ausschlaggebend hatte wirken kön nen, so lag doch die Annahme nicht ferne, daß nach allem, wa» vorangegangen, e» eine» ganz geringfügigen äußeren Anlasse» bedurft hatte, um die schwankende Kngel in» Nollen zu bringen. Oskar hatte fürchterliche Stunden durchgemacht, wäh rend er den noch immer bewußtlosen Freund nach Hause gebracht, zu dem Arzt geschickt und vonihn» die Bestätig, ung besten vernommen, wa» er ohnehin gefürchtet, daß ein« schwere Krankheit im Anzuge sei. Erst al» am fol genden Morgen der Doktor, ein älterer, praktisch erfah rener Mann, feststellen konnte, daß «» sich um eine Ge hirnhautentzündung handle, blieb er bei der Annahme, daß diese unbedingt durch eine heftige Gemütsbewegung »nm AuSbruche'gekommen sein müsse, wenn die Anlage -hierzu auch möglicherweise lange schon in dem Patienten gesteckt haben könne. vergeblich zermartet« Oskar sich mit Fragen und Vor stellungen, was e» gewesen, wodnrch Kurt, im stillen einen Kummer nährend, plötzlich zusammengebrochen war. Daß der Gedanke an Adelheid jenenmehr beschäftigte, al» er hatte zugestehen wollen, da» freilich wußte er längst, aber trotzdem glaubte er nicht, daß jener irgend eine Kunde von der unseligen Frau erhalten, die er ihn» vielleicht ver schwiegen, und die heimlich an seinem Herzen genagt, sei nen ohnehin zarten OrganiSmu» zerstört hatte. Er neigte vielmehr zu der Annahme, baße» Kurt» feine» Empfinden verletzt habe, sich zum erstenmal nach wieder erlangter Freiheit gesellschaftlich t» einen» Kreis« von Men