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Auerlyal -Zeitung Tageblatt für die Stadt Aue und ErschNn« »»glich Nachmittags, außer an S > " Feiertagen. — Preis pro Pionat jrei in» Han« 20 Psg., abgeholt 15 Pfg. — Mil der Sonntagsbeilage: „Der Zeitspiegel" Bn der Post abgeholl pro Vierteljahr 1 Ml. — Durch den Briefträger 1.40 Mark. Billigste Tageszeitung im Erzgebirge. verantwortlicher Redakteur: Er»- AtNike, Aue sErzgeb-rm Redaktion u. Expedition: Aue, Marktstraße. UmgebuM. Inserat« ne einspaltige Petitzelle 1v. Pfg., amtliche Inserate di- Corpus-Ztile SL Psg., ReNamen pro Zeile 20 Psg. Bei 4 maliger Aufnahm. Ai«/o Rabatt. — Bei größeren Inserat« ». mehrmaliger Ausnahme wird entspreä end höher« Rabatt gewährt. Alle Postayftatten und Landbriefträger nehmen Bestellungen an.' Nr. 106 1^. Jahrgang Donnerstag, 10. Mai 1900 Oefferrtliche Stadtvevordneterr- sitzung in Aue. Donnerstag, den 10. Mai 1000, nachmittags 6 Uhr, tm Stadthaus-. Tagesoduung. 1. Uebernahme des Stadthausbauführers für den Schulhausneubau. 2. Linoleumlegung auf dem Eorridor uitd vor den Thüren des 1. Obergeschosses in 1 Mtr. Breite. 3. Festsetzung der Brückenlage l eim jetzigen Mulden steige. 4. Begutachtung des Beitrags mit der Elektrizitäts gesellschaft „Elektra". 5. Richtigsprechung der Wasserwerkskassenrechnung. O P US » - etz t <e » Deutschland. ß Berlin, 7. Mai. Aus Paris wird von einem verbrecherischen Anschlag gegen die grüßte der deut schen Dynamomaschinen auf eer Weltausstellung be richtet. In den Heizkasten der mit löOO Pserdekrästen arbeitenden Maschine ver Firma Lahmeyer war in der letzten Nacht eine Handvoll Kies geworfen worden. Wäre das -verbrechen nicht rechtzeitig entdeckt worden, so wäre infolge Erhitzung des Metalls eine furchtbare Explosion unvermeidlich gewesen. Da zur Ausführung der That mehrere Lä rauben gelöst und wieder ein- gesügt werden mußten, kann das Verbrechen nur von durchaus sachmännisa-er Seite ausgeführt worden fern. Daher erscheint auch die Annahme ausgeschlossen, daß es sich einfach um ein chauvinistisches Attentat handle; «s weist vielmehr aus ein verbrecherisches Concurrenz- manöver hin. tz Die Rheln-Torpedvboots-Division geht am 8. Mai von Köln nach Bonn, am 9. Mai nach Königswinter, Honnef, Remagen, Neuwied, am 10. und ll. Mai nach Loblenz, am 13. Mai nach Rüdesheim. — Den Höhepunkt der in Köln zu Ehren der Torpedoboots- division veranstalteten Festlichkeiten bildete der am Sonnabend Abend um 8 Uhr in den Räumen oes „Gürzenich" veranstaltete Festcvinmers. Die Ver samittlung sandle HuldigungStelegramm- dem Kaiser und dem Kronprinzen. Der Kölner Männergesang verein trug durch Borträge zur Verschönerung des in i gehobenster Stimmung glänzend verlaufenen Festes I bet. ß Familienärgerniß. Der Schneidermeister FipS aus München erwarb noch bei Lebzeiten für sich und und seine Familie die Mitgliedschaft des Gothaer Feuerbestaltungs-BereinS, was ihn und die Seinen berechtigte, einstmals unentgeltlich verbrannt zu wer den. Nachdem er heimgegangen war, wurde der Ver- abredung gemäß seine L iche nach Gotha geschafft, bald darauf empfingen die trauernden Hinterbliebenen seine Asche zurück. Zu ihrem größten Erstaunen lag der Urm eine Rechnung von 6.30 M bei. Entrüstet schrieben sie an die Direktion des Krematoriums, daß der VerstorbeneMitglied des Vereins gewesen sei, folg lich also hätte unentgeltlich verbrannt werden müssen. Hierauf erhielten sie folgenden Bescheid der Direktion. Der Schneidermeister Fips aus München sei allerdings gratis verbrannt worden. Er sei aber so dürr ge wesen, daß er hätte gespickt werden müssen dafür seien die Extraauslagen non 6.30 M. entstanden. Die Hinterbliebenen hielten sich dennoch für übervor- theilt und traten einmülhig aus dem Verein. tz Bcomberg, ö. Mai. Aus Janowitz wird gemeldet, daß bei einem Brand in Bielawa die Frau des An siedlers Hilbert verbrannt ist und deren Angehörige schwer verletzt wurden. 8 Breslau, 6. Mai. BeiFiebigthal bei Warmbrunn wuroen heute ein gutgekleideter H-rr und eine Dame wie angenommen wird, ein Liebespaar aus Berlin, erschossen im Walde aufgefunden. Die Dame heißt Fischer. , . . 8 Eine Stadt, die den Platz wechselt. Die Ver legung der Stadt Dannenberg, scheint allen Ernstes ins Auge gefaßt zu sein. Der Str dtvoigt von Dannen berg, Lampe, erläßt in der Piesse ergreifende Schil derungen > er Wassersnoth, wodurch die Stadt Dannen berg selt langen Jahren und auch in diesem Jabre schwer zu leiden hatte. In zwölf Jahren fei Dannen berg fünfzehn Mal von Ueberschwemmungen heimge sucht worden, wodurch der Nothstand namentlich unter der ärmeren Bevölkerung von Jahr zu Jahr bedroh licher werde. Der Ruin der Stadt Dannenberg sei besiegelt. Zu diesen Ausführungen wird als Antwort: von einem hohen Regierungsbeamten die Anregung' zur Gründung einer neuen Ltadt zwischen Marwedel- Hitzacker durch die Presse verbreitet. Der Plan der Stadtverlegung ist der Regierung zu Lüneburg unter breitet morden. 8 Der Verkehrsdusel muß aushören! So hat der CentrumSvertreter Müller-Fulda nach den jetzt, vor liegenden genaueren Berichten in der Flottenkommission bei der Debatte über die Besteuerung der Schifffahrt»- karten erklärt. Der denkwürdige V-rkehrSduselsatz de» Herrn Müller lautet: „Der VerkehrSdnsel muß auf hören. Wenn der übergroße Verkehr eirgeschränkt wird, so wäre dies kein Unglück. Di« ganz« Mensch heit ist jetzt fast ununterbrochen aus der Eisenbahn. Es wird zu viel gereist. Die Leute sollen lieber mehr zu Hause bleiben. Es ist gar kein Fehler, wenn der Verkehr eingeschränkt wiid!" Diese Leistung des Herrn Müller stellt sich ebenbürtig neben das agrarische Wort von der „Eisenbchn-Vagabondage". Allerdings, wenn es so manche» beschränkten Menschen giebt, nnShalb ioll denn nicht auch der Verkehr beschränkt werden. 8 Dortmund, 7 Mai. Die Frau eine» Bergmänn in Herne knüpfte ihre 6 und 8 Jahre alten Kinder am Thürpfosten aus und erhängte sich dann selbst. 8 Saga«, 6. Mai. In Rückenwal^au wurden der Bahnwärter Brendel nnb der Hilfsarbeiter Lufler vsm Güterzuge überfahren, wobei Ersterer schwer verletzt» Letzterer getötet wurde - In Sankt Peter in dem R'esengebtrge brannte das Wohnhaus der Witwe Hollmann nieder. Die Besitzerin erlitt schwere Brand- wunden, und ihre Tante, die Witwe Lorenz, kam in den Flammen um. 8 Heiltgenstadt-Eichsfeld, 6. Mai. In Breitenwor bis äscherte schon wieder ein mächtige» Feuer neun Gebäude ein. Ein Feuerwehrmann wurde verletzt. D«r. Schaden,beträgt ca. 200 000 M. Ausland. 8 Kasan, 7. Mai. Bei der Station WitSnopolie erlitt ein Personenzug einen Unfall. Die requirirte Hilfsmaschine fuhr in den hintersten Waggon de» Zuges h nein. Fünf Wagen wurden zertrümmert, wobei 6 Personen das Leben verloren und Viele schwer ver letzt wurden. 8 Toulon, 7. Mai. Bei den hiesigen Munizipal- wählen kam es zu Zusammenstößen, bei denen mehrere Personen Verletzungen erlitten. 8 RosanS, (.Deport. Drome), 7. Mai. Hier ist es anlätzlich der gestrigen Munizipalwahlen zu Ruhe- 8 Athen, 7. Mat. Großfürst Georg hat sich mit Prinzessin Marie von Griechenland verlobt. Die Hoch zeit wird im Laufe des Sommers in Petersburg statt, finden. A« d-r Iremtz«. Roman von Alexander Blumenberg. O» Thekla» erwähnte Wilhelm selten, seinen Kummer um die teure Tote verschloß er den Augen der Welt, er trau erte um sie im tiefsten Herzen. Niemand hatte hier sein Weib gekannt, niemand ihre lichten, süßen Augen gesehen. Ihre große, heilige Liebe gehörte ihm allein, und ihr baut« er in stiller Seele einen Kultus. * K Niemand erwartete Frau von Walden, al» sie den Fuß auf den Perron de» Bahnhose» der Universttät»stadt T. setzte. Sie hatte e» selbst nicht ander» gewollt und zu dem Zweck« ihre Ankunft auf beinah' zwei Wochen später an gekündigt, da sie dem alten Onkel, und vielleicht auch je- mand anderem die Unruhe ersparen wollte, in welche man sich ihrer Seereise halber doch hineinängstigen würde. So hatte sie denn bereit», um alle» Aufsehen zu ver meiden und die Ueberraschung vollständiger zu machen, an der letzten großen Station vorläufig ihr Gepäck im Hotel zurückgelassen und ihre dunkle Reise-und Trauertoilette mit einem Hellen Sommeranzug vertauscht, welche leicht ver- zethliche Eitelkeit man der jungen Frau nicht verdenken konnte, denn nach so langer Trennung wollte sie auch den möglichst freundlichen Eindruck machen. Da» Glück, die frohe Erwartung ließen ihr liebliche» Gesicht in mädchen hafter Frische strahlen, und die großen, dunklen Augen lach ten in verhaltener Freude. Am Bahnhof standen einige Wagen, Minna besann sich einen Augenblick Wenn sie den Weg zu Fuß zurücklegen konnte, ja, dann würde ihre An kunft am wenigsten bemerkt werden. So fragte sie denn einen der herumstehenden Bahnbeamten: „Wie wett ist'» zur Wohnung de» Professor» Klinger, Bergstraße Nr 1?" „O, nicht einmal fünf Minuten von hier, Fräulein," antwortete ber Mann unb berührte höflich seinen Mützen schirm. „Da, sehen Sie doch die Mauer drüben Na ja, da gehen Sie immer lang, und rechts um die Ecke stoßen Sie dann geradenwegs aus Nr. 1, können » gar nicht verfehlen." Minna dankte und lächelte verstohlen über da» „Fräu lein". Dann ging » wie auf Flügeln an der Mauer ent lang. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen, Erwartung und der schnelle Lauf machten sie gleich atemlos. Sie mußt« einen Augenblick, tief Atem schöpfend, stehen bleiben, al» sie nun, um die Hofmauer biegend, eine stille, vornehme Straße, nur an einer Seite mit Häusern bebaut, vor sich hatte. Gegenüber erstreckten sich Wiesen und Felder, und weiterhin in blauer, duftiger Ferne die Höhenzüge de» Gebirge». Bom Hause Nr. 1 sah man hier noch nicht», e« war zurückgebaut, so daß ein hübsch angelegter Vorgarten Raum gefunden hatte. Ein eiserne» Gitter schloß da» Grundstück von der Straße ab und dichte», gut gepflegte» Gebüsch drängte sich so dicht vom Garten au» an da» Gitter, daß dasselbe nur an weni gen Stellen einen Durchblick erlaubte. An Minna» Ohr war der Schall von Kinderstimmen gedrungen, ihr suchen de», spähende» Auge fand auch eine Lücke im Gebüsch Unbekümmert um die duftige Toilette drängt« sie sich dicht an da» Gitter und die feinbehandschuhten Finger bogen die Büsche auseinander. Unter einem Wallnußbaum stand auf weichem Rasen ein Gartentisch, und daran gelehnt ein Knabe und ein Mädchen. Sie hatten beide «ine Butter semmel in der «inen Hand, mit der andern pickten sie ver gnüglich Erdbeeren von einem Teller und bissen dazu herz haft in ihre Semmeln. Der schöne kräftige, blonde Knabe da war ihr Emil! Und Ww diese grüne Wand noch trennte sie von dem ge- liebtenKinde. Minna fühlte, wie ihr alle» Blut zum Her en strömte, wie e» sie kalt und heiß durchschauerte bei einem Anblick; sie hatte sich diesen Augenblick jahrelang eb endig vor die Seel« gezaubert, nun war di« Erfüllung hr genaht Vorsichtig wollte sie die Zweige wieder zu- amiuenbtegen und nun gehen und den Knaben an ihr türmisch pochende» Herz reißen, da hörte sie ihn sprechen, und um seine Stimm« zu vernehmen, blieb sie stehen. „Da, Llara, ich mag nicht mehr, Du kannst alle» ha ben," sagte er und schvb großmütig den Teller, ans wel chem ungefähr noch drei sehr kleine Beere» und Stiele und Blätter lagen, dem kleinen Mädchen zu. Da» steckte denn auch noch die drei letzten in» Mäul chen, und da auch der letzte Rest Butterbrot verzehrt war, strich st« sich die Händchen an der Schürze ab. „Was wol len wir nun spielen, Emil ?" fragte sie. Emil hatte sich in» Gras geworfen und stopfte den Rest seine» Butterbrotes einem kleinen Putt scher in»Maul, wel cher da» Traktament augenscheinlich nicht zu würdigen schien und krampfhafte Anstrengungen machte, zu bellen und sich lo»zureißen. „Armer Fippo, Emil, laß ihn laufen," bat da» kleine Mädchen und kauerte sich neben ihren Spielgefährten in» Gra». „Fippo muß Prügel haben, wenn er da» schöne Bro» nicht essen mag," belehrte Emil altklug. Da» Tier würgte, als wenn » am Ersticken wäre, endltch hatte e» den Semmelbissen niedergeschluckt, nun riße»sich aber auch mit Gewalt lo» und fuhr mit wütendem Ge kläff gegen die Hecke. Die Kinder hatten nicht» Arge» dar au». Emil hatte sich lang auf den Bauch gestreckt, stützte den Kopf auf die Ellenbogen und schaute seine kleine Ge fährtin prüfend an. „Mach doch die häßlichen Dinger wie der au» Deine»» Ohren, Clara," sagte er, „ich mag Dich nicht darin leiden, nein, gar nicht." Erschrocken fuhr die Kleine nach den rosigen Ohrmu scheln. Seit aestern trug sie darinnen ein paar Korallen- Ohrringe und war nicht wenig stolz darauf. „Aber Emil," rief sie halb beleidigt und halb belehrend, „da» ist ja schön, und wenn'» nicht schön wäre, hätte e» mir meine Mama doch nicht von der Reise mitgebracht." „Hö ho! Meine Maina bringt mir sicherlich nicht so dumme Dinger mit," meinte Emil spöttisch. 72,18* „Ach, Deine Mama, di« kommt ja iminer gar nicht," erwidert« da» Vein« Nachbarskind in demselbrn Tone