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AukttlM -Zeitung. Tageblatt für -ie Stadt Aue anoMmgebun,^ «rf»,tnt täglich Nachmittag«, außer an S> - > » Feiertagen. — Prei» pro Monat frei in« Hau« L2 Psg., abgeholt 17 Psg- — Mit der Sonntagsbeilage: „Der Zeitspiegel" Bei der Post abgeholt Vierteljahr 1 Ml. — Durch den Briefträger 1.40 Mark. Billigste Tageszeitung im Erzgebirge. verantwortlicher Redakteur: «ruft Au«»*, Aue jErzgetün, > Redaktion u. Expedition: Aue, Marktstraße. Inserate »e einlpaltige Petitzcile 10 Pfg., amtlichr Inserate die Corpus-Zeile 25 Psg., Reklamen pro Zeile 20 Pfg. Bei 4 maliger Aufnahm. rk<>/o Rabatt. — Bei größeren Inserat« u. mehrmaliger Aufnahme wird entspreä ent höherer Rabatt gewährt. Alle Postanstalten und Landbriefträger nehmen Bestellungen an. Nr. 147 Freitag, 29. Juni 1900 12. Jahrgang veffeutliche Stadtverordnetenfitzung zu Aue am Donnerstag, den 28. Juni 1900, nachmittags 6 Uhr, im Stadthaus. Tagesordnung: 1. Festsetzung der Baufluchtlinie der südlichen Seite de» Marktplatzes. 2. Herstellung ter Fußwege mit Granit im Innern der Stadt. 3. Erweiterung der elektrischen Klingelleitung der Bürgerschule auf dem Steinigt. 4. Nachtrag zu Punkt 11 der Bedingungen für den Bezug von Wasser aus dem Wasserwerke der Stadt Aue. 5. Bericht über die Fleischbeschau im Monat Nai 1900. 6. Anschaffung eines transportablen Coaksofens für das Wasserwerk. 7. Herstellung der Gas-und Wasserlettunp.sanschlüsse vor dem Bau der Straßen. 8. Pläne für den Schulneubau an der Schwarzen- bergerstraße. D e ir iiw i f etz t * * Deutschland. 8 Görlitz, 26. Juni. In Waldau wurde ein 20- jähriger Forsteleve von einem Wilderer erschossen, der noch nicht ermittelt werden konnte. 8 Das erste gerichtliche Nachspiel zum Bootsunglück aus dem Rhein ging am Sonnabend vor dem Schöf fengericht zu Bingen vor sich. Angeklagt war der Händler Jakob Lustenberger von dort, der, als früherer Schiffer mit dem Schifsfahrtsverhältnissen vertraut, an jenem Abend die Hilferufe vom jenseitigen lifer gehört und trotz Aufforderung mehrerer Peisonen, die sich ihm zur Unterstützung anboten, keine Anstalten zur Rettung der nach Hilfe Rufenden getroffen hatte. Das Gericht verurteilte ihn zu vier Wochen Ge. fängniS. 8 Infolge schlechter Vermögensverhältnisse flüchtete aus Gera der Kaufmann Noah, nachdem er sein 5- jähriges Kind vergiftet hatte. Der Versuch, noch zwei seiner Kinder zu vergiften, mißlang. 8 Du heiliger Bureaukratismus! Ein Bankhaus * in Köln erhielt dieser Tage eine Postkarte von dem köngl. Bekleidungsamt eines Anneekorps, für die als portopflichtige Dienstsache 5 Pf. Porto nachträglich zu entrichten waren und durch welche angezei t wurde, daß für einen Kunden des Bankhauses 7 Pf. per Reichsbankgirokonto überwiesen würden. Da die lieber- Weisung geschehen, die verschiedenen Buchungen vor genommen waren, mußte nun das Bankhaus seinem Kunden von diesem wichtigen Geschehnis durch Post karte Mitteilung machen und ihm schreiben, daß ihm 7 Pf. gut geschrieben und 10 Pf. Porto belastet wor den seien. Provision wurde bei der Größe des Ge schäfts nicht berechnet. 8 Kiel, 25. Juni. Anläßlich der Enthüllung de» Denkmals Kaiser Wilhelms des Großen in Holtenau sind sämtliche Kriegsschiffe, sowie zahlreiche im Hasen liegende Segelyachten reich beflaggt. Um einviertel 10 Uhr verlieb der Kaiser die , Hohenzollern" und fuhr im Verkehrsboot „Fulda" nach dem Platze in Holtenau, wo das Denkmal errichtet worden ist. Das Boot führte die große Kaiserstandarte. Um halb 10 Uhr landete der Kaffer mit seinen Gästen und dem Gefolge an der Landungsbrücke in Holtenau, wo Prinz Hein rich und der Prinz Kanin von Japan bereits anwesend waren. 8 Dortmund, 25. Juni. In Norvboerge b Hamm hatte ein Dienstmädchen Salat mit Kress: angerichtet, in welchem sich Schierling befand. Der Hausherr, und das Dienstmädchen starben alsbald nach Genuß' des selben. — Auf dem Wege von Bruenninghausen nach Baroß wurde in der vergangenen Nacht ein junger Mann durch Revolverschüsse getödtet. Der Thäter ist verhaftet. 8 Hermsdorf (Mark), 25. Juni. Durch Spazier gänger wurde am Sonnabend Nachmittag in der Nähe von Glienicke in einer Schonung die Leiche eines Mannes aufgefunden, der sich sch-inbar erhängt hatte. Da der Körper jedoch fast ganz auf dem Boden ruhte und nur der Hals mit der Schlinge ein wenig erho ben war, wurde sofort der Verdacht rege, daß hier nicht ein Selbstmord, sondern ein Raubmord vorlieqe. Dieser Verdacht wurde zur Gewißheit, als man dem Tobten die Mütze vom Kopf nahm und eine tiefe, nach Urtheil deS zugezogenen Arztes von einem stum pfen Instrument herrührende Wunde an der linken Kopfseite entdeckte. Dee Ermordete, ein 65jähriger Mann, Namens Glocke, war bei dem Schlächtermeister Mieth in Teschendorf in, Dienst, und auf der Rückfahrt von Berlin nach Teschendorf begriffen. Der Mord muß zwischen Berlin und Dalldorf stattgefunden ha ben. Deni Glocke flhlte Geld und Uhr, während das nicht verkaufte Fleisch auf dem Wagen vorgefunden wurde. Die Mörder haben offenbar ihr schon todtes Opfer bis an den Hermsdorfer Wald gefahren, e» in die Schonung geschleift und dort mit einer Schnur an einem Baum erhenkt. Da das Fuhrwerk, das Glocke leitete, bereits als herrenlos am Sonnabend siüh in Birkenwerder angehalten wurde, muß dl S Verbrechen bereit» in der Nacht vom Freitag zum Sonnabend geschehen sein. Man darf annehmen, daß die Thäter bald gefaßt werden, da sichere Spuren vorhanden sein sollen. 8 Bayerische Soldaten in der Marine-Infanterie. Wie die „Lorrespondenz Hoffmann' mittheilt, haben sich zum Uebertrilt in die auf Kriegsstärke zu ergän zenden Marine»Jnfanterie - Bataillone und die neu zu bildende Feldbatterie v?n bayerischen Truppenteilen auch welche gemeldet und sind dienstfähig für die Tropen befunden worden: Von der Infanterie 187 Sergean ten und Unterofftzi.re und 727 Gefreite und Gemeine, von der Feldarnllerie 23 Unteroffiziere und 50 Kano niere und Fahrer; es können jedoch nur von den An gemeldeten 3 Unteroffiziere und l00 Gefreite und Ge meine von der Infanterie und 1 Unteroffizier und IS Mann von der Feldartillerie berücksichtigt werden, welche spätestens am 28. d M. sich bei dem 2. See bataillon in Wilhelmshaven stellen müssen. 8 Berlin, 25. Juni. Vorgestern Abend hat in Wannsee ein Mordanfall aus den Geh Regierung-Rit Jsenl arth vom Reichsversicherungsamt in Berlin statt gesunden. Herr Jsenbarth hat am sogenannten Stol per See, zwischen Wannsee und Neubabelsberg eine einsam am Waldessaum belegen« Villa vor einigen Monaten erworben, die er leit kurzer Zeit mit seiner " Familie bewohnt. Diese Billa war vor einigen Mo naten bereits der Schauplatz eines Verbrechens. Sie wurde nämiich als sie noch einem Berliner Künstler gehörte und während der Wi- termonate unbewohnt war, zur Nachtzeit von bisher nicyt ermittelten Thä- tern in Brand gesteckt. Am Sonnabend Abend um 101/2 Uhr war nun Geheimer Rigierungsrath Jsen barth gerade damit beschäftigt, die Jalousien in der Villa herunterzulassen, als plötzlich 00m Walde her hinter der die Vtlla eine kleine Anhöhe aufwetst, ein scharfer Gewehrschuß fiel, dem gleich darauf noch mehrere folgten. Eine Ku,el durchbohrte den linken Arm de- Geh. Raths, sodaß dieser nunmehr um Hilfe ries. Seine Gattin eilte herbei und bewaffnete sich mit einem Revolver, um dann mit großem Mut in da» Freie zu eilen und dort die Thäter aufspüren zu wollen. Von denselben aber fehlte jede Spur, sie waren in zwischen verschwunden und sind auch bisher nicht er- ZSeloynter Hdetmrtt. Kriminalroman von William Michelsohn. 11 Laryll sollte ste begleiten und bei ihnen speisen und dann mit ihnen das Theater besuchen. Albertine zog eben ihre Handschuhe auf, al» an der HauSthür geläutet wurde, und bald darauf hörte man die Stimme der Wirtin. „Sie sollen nicht hineingehen,' rief sie, „ich leide e» nicht.' Linen Augenblick später wurde die Thür zu Laryll» Zimmer aufgerissen, und Darre trat ein, dicht hinter ihm ein anderer. Carylls Gesicht wurde kreidebleich. Er ahnte, daß die beiden Männer seinetwegen gekommen waren. Den noch richtete er sich fest auf, und fragte in hochmütigem Ton, was ihr unbefugtes Eindringen zu bedeuten habe. Darre schritt unbeirrt auf ihn zu und legte seine Hand auf Hei» jungen Mannes Schulter. „Herr Theodor von La- rvll," sagte er mit klarer Stimme, „im Namen der Köni gin verhafte ich Sie.' „Au» welchem Grunde?" fragte Laryll gefaßt. „Ich verhafte Sie al» den Mörder Otmar WidsonS." „ES ist nicht wahr, mein Gott,«» ist nicht wahr,' schrie Wberttne. Laryll antwortete nicht. Er wendete sich Albertine zu, die bleich und regungslos, al» wäre sie zu Stein verwan delt, dastand. „Albertine," sagte er mit leiser, aber deutlicher Stimme, »ich gehe in» Gefängnis, vielleicht in den Tod, aber ich schwöre Dir bei allem, wa» mir heilig ist, daß ich an die- sem Mord unschuldig bin.' „Geliebter!" Sie näherte sich ihm um einige Schritte, Aber ihr Vater trat zwischen ste und ihn. „Zurück, Albertine," rief er mit harter Stimme. „Du tast-letzt nicht» mehr mit diesem Manne zu schaffen. Je de» Band zwischen Dir und ihm ist zerrissen!" „Da hast unrecht, Papa/ erwiderte ste mit einem stol zen Blick. „Ich liebe ibn mehr al» zuvor." Und ehe ihr Bckkv st» oaran verhindern konnte, schlang st« ihre Arme um Carylls Hals und bedeckte sein Gesicht mit heißen Küs sen. „Teuerster," schluchzte ste mit thränenfeuchten Wan gen, „was auch immer die Welt sagen mag, meine Liebe wird Dir ewig gehören, mein Herz sich nie unter keinen Umständen von Dir abwenden." Laryll küßte sie leidenschaftlich und entfernte sich dann. Als er das Zimmer verlassen hatte, fiel Albertine ohn mächtig zu ihres Vaters Füßen nieder. * » * Theodor von Laryll war wenige Minuten nach drei Uhr verhaftet worden, und um fünf war die Neuigkeit durch ganz Melbourne verbreitet, daß der Verbrecher, der den Mord in der Droschke in so heimtückischer Weise be gangen hatte, verhaftet sei. Die Abendzeitungen waren voll von der Angelegenheit. Die Entdeckung, daß der Mörder der vornehmsten Gesellschaft der Stadt angehörte, erregte ungeheures Aufsehen. Theodor v. Laryll, der Bräutigam der schönsten und reichsten Mädchen» der Stadt, war eine allgemein bekannte Persönlichkeit. „Die Tragödie in der Droschke," „Die Verhaftung de» mutmaßlichen Mörders," so waren die »leisten Artikel über schrieben, die sich mit der Angelelegenheit beschäftigten. Am Tage nach der Verhaftung Laryll» hatte Roger eine lange Unterredung mit seiner Tochter. Er wünschte mit ihr aufs Land zu gehen, bi» die öffentliche Aufregung sich etwa» gelegt haben würde, aber Albertine weigerte sich entschieden da» zu thun. „Ich werde ihn nicht verlassen, wenn er meiner am meisten bedarf," erklärte ste entschlossen. „Alle haben sich gegen ihn gewendet, noch ehe sie die Thatsachen kannten. Er versicherte mir seine Unschuld und ich glaube ihm." „Dann »lüge er seine Unschuld beweisen," sagte ihr Vater, im Zimmer langsam auf- und abgehend. „Wenn er nicht mit Widson in die Droschke gestiegen ist, muß er anderwärt» gewesen fein und sein« Verteidigung auf ein Alibi stützen." „Da» wird er sehr leicht können," erwidert« Albertine, und ein Hoffnungsstrahl verklärte ihr Gesicht. Er war am Donnerstag Abend bi» elf Uhr bei ynS." „Sehr wahrscheinlich," bemerkte ihr Vater trocken. „Aber wo war er um ein Uhr Freitag morgen» ?' „Auch verließ Widson unser Hau» lange vor Theo dor," fuhr Albertine fort. „Du mußt Dich dessen erinnern, denn e» war gerade an dem Abend, an dem Du mit Wid son in Streit gerietest." „Meine liebe Albertine," sagte Roger, mit unzufriede ner Miene vor ihr stehen bleibend, „Du drückst Dich nicht ganz richtig au». Widson und ich hatten keinen Streit mit einander. Er fragte mich, ob e» wahr sei, daß Du mit Laryll verlobt bist, und ich antwortete ja. Da» war alle», und darauf entfernte er sich." „Ja, und Theodor ging erst zwei Stunden später fort," rief Albertine triumphierend, „Er sah Widson den gan zen Abend nicht wieder." „Ja, da» behauptete er," erwiderte Roger bedeutsam. „Ich glaube jedem Wort Theodor», ich glaub« ihm mehr, al» der ganzen Welt," versicherte die Tochter mit erglühenden Wangen und blitzenden Augen. „Aber werden auch die Geschworenen ihm so zuver sichtlich glauben?' fragte der Vater. * „Auch Du hast Dich gegen ihn gewandt, Papa," ant wortete Albertine und Thränen füllten ihre Augen. „Du hältst ihn für schuldig." „Ich bin weder darauf vorbereitet, seine Schuld zu bestreiten, noch ste zuzugestehen," sagte Roger kalt „Ich habe für ihn gethan, wa» ich thun konnte, und Lovell seine Verteidigung übertragen, und wenn Beredsamkeit und Klug heit ihn zu retten vermögen, darfst Du beruhigt sein." „Ich wußte e», teuerster Papa," rief Albertine, ihren Väter umarmend, „daß Du ihn schon um meinetwillen nicht gqnz verlassen wirst." „Mein geliebte» Kind," erwiderte Roger mit versagen der Stimme, „e» giebt nicht» in der Welt, da» ich nicht um Deinetwillen thun möchte." 71,U