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Auertyal -Zeitung. Tageblatt «rs<v»tmt ^täglich Nachmittags, außer an S Feiertagen. — Preis pro Mona» jrei ins Hau« rv Psg-, abgeholt 15 Psg. — Mil der Sonntagsbeilage: „Der Zeitjpiegel" Bei der Post abgeholl p^e Vierteljahr 1 Ml. — Durch den Briefträger 1.40 Mark. Nr. 131 für die Gta-t Aue und Billigste Tageszeitung im Erzgebirge. verantwortlicher Redakteur: «ruft Surrt», Äuc sErzge r»» Redaktion u. Expedition: Aue, Marktstraße. Sonntag, 10. Juni 1900 Umgevnng. Luserate ne einspaltige Petitzeile 1v Pfß», »u.tttche Inserate die Corpus^jeile 25 Psg., Reklamen vro Zeile 20 Psg. Bei 4 maliger Aufnahm» <k»/a Rabatt. — Bei größeren Inserat« a. mehrmaliger Ausnahme wird entspreü ent höherer Rabatt gewährt. Alle Postanstatten and Landbriesträger nehmen Bestellungen«». 12. Jahrgang Deutschland. 8"Jn Hannover ereigneten sich am Mittwoch Abend anläßlich de? Streiks der Straßenbahnangestellten große Krawalle. 8 Die große Frühjahrsparade aus dem Tempel hofer Felde bei Berlin, die der ungünstigen Witterung wegen zweimal hat abgesagt werden inüssen, fand gestern statt. Z Gegen die Erhöhung des Bierzolles von 4 aus 6 Mark ist eine von zahlreichen Firmen unterzeichnete Eingabe an den Reichstag gerichtet worden. Die Zollerhöhung trifft ganz überwiegend das Pilsener Bier. 8 Berlin, 8. Juni. Im preußischen Abgeordneten hause wird eine Jnterpellanon über die Borgänge in Könitz erwartet. 8 Könitz, 8. Juni. In den späteren Abendstunden sanden am Mittwoch lärmende Straßenkundgebungen gegen die Juden statt. Um 10 Uhr abends war Feueralarm. Es brannte ein zur Synagoge gehöriger Schuppen. Das Feuer griff auf die benachbarten Schuppen des Malers Heyn und des Kaufmanns Petzold über. 8 Auf dem Bahnhöfe zu Homburg v. d. H. ereig nete sich am Mittwoch früh dadurch ein Eisenbahn unfall, daß ein von Frankfurt kittlaufender Zug wegen zu starken Gefälles über die Drehscheibe hinaus in die Mauer fuhr, welche die höher gelegene Luisenstraße vom Bahnhose trennt. Durch den Anprall wurden drei Personen schwer, sieben leicht verletzt. 8 AuS Metzeral (Lothringen) wird der „Straßbur ger Post- berichtet: In der Familie des hiesigen Bürgermeisters sand dieser Tage eine Tauffeier statt, bei welcher fünf lebende Geschlechter vertreten waren nämlich: 1. der Täufling als jüngster Sproß des Hauses, 2. dessen Eltern, 3. die Großeltern des'Bür- germeisterpaares, 4. der Urgroßvater, 5. die Ur-Urgroß- mutter, die trotz ihrer 90 Jahre noch ziemlich rüstig ist. 8 In Millionen Mark ausgedrückt betrug im Jahre 1897 bezw. 1897 u. 98 die Schuld der Städte Ber lin t'88, München 102, Frankfurt a. M. 71, Leipzig 70, Hanover 64, Breslau 53, Dresden 43, Köln«. Rh. 4l, Magdeburg 40, Altona, Düsseldorf, Nürnberg, Elberfeld je 30, Stettin, Charlottenburg je 27, Bar men 24, Dortmund, Königsberg je 22, Stuttgart, Karlsruhe je 21, Mainz 20, Braunschweig, Mannheim je 19, Chemnitz 18 j 8 Eine Warnung vor Ostpreußen, Nach einer Meldung aus Rom macht das italienische Amt bekannt, daß die Auswanderung italienischer Landarbeiter nach Ostpreußen durchaus nicht rathsam sei. Die Gleich giltigkeit und Habsucht der Grundbesitzer bereite den Tagelöhnern eine so elende Lage, baß die Lohn-, Nah. rungs und Wohnungs-Verhältnisse selbst in Italien besser seien. — Das ist nicht gerade ein Compliment für die Herren Agrarier in Ostpreußen! Ausland. 8 Der Schah von Persien ist in Warschau ange kommen; bei seiner Fahrt zum Residenzschloß bildete die gesammte Garnison in den Straßen Spalier. 8 Der dänische Dampfer „Lovisa" traf auf der Westküste Jütlands den englischen Dampfer „Kelso" der ganz in Flammen stand. Die Besatzung ist ge rettet, „Kelso" vernichtet. 8 Bad Gastein, 7. Juni. Graf und Gräfin Lonyay treffen ain 18. zu einem achttägigen Aufenthalte hier ein und werden in demselben Hotel absteigen, wo der König der Belgier gestern Wohnung genom men hat. 8 In Zürich ist eine Falschmünzerbande, bestehend aus 6 Personen aufgehoben ww den. 8 Paris, 7. Juni. In Folge heftiger Regengüsse im Departement Saone et-Loire traten große Ueber- schwemmungen ein. In Pierre ertranken drei Perso nen, vier werden noch vermißt. Der Schaden soll sich auf eine Million Franks belaufen. Der Eisenbahnbe trieb mußte eingestellt werden. 8 Pans, 7. Juni. Nach Meldungen der Morgen blätter ereignete sich gestern auf dem Ärttllerie-UebungL- platze in Poitiers ein ernster Unglückssall. Vierzehn berittene Artilleristen führten einen Munitionswagen mit 40 Petarden nach dem Uebungsplntze, als plötzlich die Munition explodirlr. Alle 14 Artilleristen wurden verletzt, darunter einige schwer. Drei derselben werden wahrscheinlich das Augenlicht einbüßen. 8 Budapest, 8. Juni. Bei der Kirchenfeier der re- formirten Gemeinde zu Samlyi im Szatmarer Kreise ereignete sich ein ernster Unglückssall. Als der Geist liche von einem an der renovirten Kirche angebrachten Gerüste hrab eine Rede halten wollte, brach das Ge rüst, auf dem sich 20 Personen befanden, unter der Last zusammen. Merkwürdigerweise wurde keine Per son getödtet doch trugen alle mehr oder nuniger schwere Verletzungen davon. 8 Wien, 8. Juni. Gestern ist bei den hiesigen Rennen der Jockai Vasalek io unglücklich gestürzt, daß er tötlich verwundet vom Platze getragen werden mußte. Air» -e* psNtischeir wett. Deutschland. * Deutscher Reichstag, 205. Sitzung vom 7. Ju>ni. Die zweite Beratung des Flottengesetzes wird fort gesetzt. Ausland. * Budapest, 8 Juni. Wie verschiedene Blätter melden, ist man in Belgrad einer Verschwörung auf die Spur gekommen, deren Theilnehmer einen Anschlag auf das Leben des Königs und seines VaterS auf deren gegenwärtigen Reisen im Osten des Reiches ge plant hätten. Die Verschwörer seien jedoch mich recht zeitig hinter Schloß und Riegel gebracht und zum Theil auch ins Ausland abgeschoben worden. De* Ltr-ies irr Sü-<rfptt«r * Paris, 7. Mai. Nach einer Privatmeldung au» Washington lehnte Krüger das Anerbieten ab, jeden'. Burgher hundert Acres amerikanischen Bodens anzu weisen. * Wie verlautet, will die Hauptstreitmacht der Buren bei Hatherley 12 Meilen von Pretoria, an der Bahnlinie nach der Delagoabay, standhalten. * Die militärischen Sachverständigen, die in der englischen Presse zu Worte kommen, sind der Ansicht, daß mit der Besetzung Pretorias (er Krieg noch nicht zu Ende sei, und bereiten sich auf einen langen Klein krieg im Bezirk von Lydenburg vor. Aus Aue und Umgebung. Aue, den 9 Juni 1900. Konzerte seitens der Stadtkapelle finden morgen statt: Nachmittag halb 4 Uhr im Garten des Brauerei restaurants und im Saale des Muldenthales. — Die Theateraesellschaft im Hotel blauer Engel bringt morgen dip Tragödie: „Maria Stuart zur Aufführung und ist ein Besuch bestens zu em pfehlen. — Der Kreuzbruder-Tilch (260) Auertyal hat heute Sonnabend, den 9. Juni Versammlung. — Der „Bärgerverein hat nächsten Möntag, den 11. Juni, abends halb 9 Uhr Monatsoersammlung. — Der .Naturheilverein' Hot heute Sostnabend Abend Versammlung bei Leonhardr. „Aber Herr Seibel sagte doch, daß er um halb neu» zum zweitenmal ins Haus gekommen sei." „DaS mag wohl sein. Entweder waren wir schon im Hause, und dann konnten wir nichts von ihm merke», denn wir waren im Hinteren Zimmer und erzählten den bei den jungen Leuten von einem sonderbaren Vorfälle ...' „Sonderbarem Vorfälle., nun? Erzähle» Sie mir diesen Vorfall auch einmal." Der Alte berichtete nun das Ereignis mit der jungen Frauensperson. Eine Bewegung entstand unter den An wesenden. „Aber Sie wunderlicher Mann," rief Bauer, das ist ja eine wichtige Mitteilung! Wie sah denn die Dame aus?" -Jung, hübsch, mittelgroß, schlank, zarte Hände And ein Augenpaar .." Scheu blickte der Alte aus die Seite, aber seine Ehehälfte schien diese» Mal über seine Begei- sterung hinweg zu hören, sie setzte dieselbe vielmehr fort: „Und einen Handschuh hatte sie an und an der freien Hdnd am Goldfinger eine» schönen Ring. Die war wirklich fdin, Herr Richter, auch so blaß und zart; aber am Mäntel chen waren Blutflecke ..." „Blutflecke ?" rief Bauer. „Habt Ihr Euch nicht geirrt?' „Nee, wir haben uns nicht geirrt. Da» kann man schon beschwören. Hier, mein Alter hielt die «üchenlampe dicht über sie." „Wie viel Uhr war'»?' - „Etwa» nach halb neun.' „Da» muß also,'wandte sich Bauer an Seipel, „noch vor ihrem zweiten Besuche gewesen sein. Ist Ihnen diel- leicht eine Dame begegnet, auf welche di« Beschreibung paßt Haben Sie jemand eiligst auf der Landstraße .. „Ich habe nicht» bemerkt," sagte Herr Seipel. „Fatal k' meinte Bauer und zu Grete gewandt fragt« er,: „ Waren Sie denn im Hause?" Ja!" -Stand denn die HauSthür offen?' .Di« steht meist immer offen.'' „Wie viel Zeit lag zwischen Ihrem ersten und dem zweiten Besuch hier im Hause?" „Das erste Mal mochte es halb sechs sein; etwa drei Stunden später kam ich wieder." „Haben Sie da niemand von den Hauslenten gespro chen ?" „Nein ich ging unbemerkt die Treppe hinauf. Die Thüre war diesmal nicht verschlossen. Licht war nicht an gezündet, alles blieb still bei meinem Eintritt. Ich zog meine Streichhvlzdose bervor und zündete die dort stehende Kerze .. Doch erlassen Sie mir die Schilderung des gräß lichen Eindrucks." „Ich bedauere, Ihre Gefühle nicht ganz schonen zu können. Haben Sie die Leiche berührt?" „Ich kann nichts sagen," erwiderte Feodor Seipel schau dernd. „Ich will nämlich wissen, ob die Leiche schon völlig erkaltet war." Seipel schwieg; erst nach einer Weile sagte er: „Ich weiß nichts, gar nichts. Ich entsinne mich nur, daß ich laut aufschrie, so daß die Hanslente herbeieilten." „Lag die Tote genau so ?" -Ja!' „Haben Sie nichts von einem Dolch oder Messer ge-, sehen?" „Ich habe nichts gesehen, auch wohl nicht darauf ge achtet." Herr Bauer sah dem jungen Herrn scharf in» Gesicht, al» wolle er ihm ins Innerste der Seele blicken; Seipel^ fühlte den Blick. Diese Kälte reizte jein erregtes Gemüt, außerdem merkte er, daß der Beamte ihm Mißtrauen ent gegen brachte. AmtSgerichtSrat Bauer wandte sich nun zu dem alten Ehepaar. „Ich möchte," Hub er an, „noch einige» über' den gestrigen Abend erfahren. Haben Sie diesen Herrn in» Haus treten sehen?" „Nein!" sagte Nanjvks, „wir kamen erst nach halb neun von der Arbeit.' Pes Aittseks Köfimg Kriminalroman von Fr. Ferd. Tamborini. b „Weshalb lebten Sie nicht im Baterlande?" „Ich bin Chemiker, da wendet man sich dorthin, wo die besten Chancen sind; übrigens scheint es nicht notwen digst« vorliegenden Falle, Ihne» meine persönlichen Ver hältnisse ..." „Pst!" AmtSaerichtSrat Bauer besaß eine unglaubliche Mnhe. E» lag ihm der Gedanke sehr nahe, daß ihm dieser Chemiker Seipel Wichtige» verbergen wollte. Er forschte weiter: „Hatte Ihre Mutter Differenzen mit anderen Men schen?« „Ich weiß nichts davon ' „Seltsam, daß Sie so wenig über die persönlichen Ber- hältnisse Ihrer Mutter orientiert sind; Sie standen doch mit ihr im Briefwechsel." „Ich habe mir die ganze Nacht den Kopf zerbrochen, aber nicht» finde ich, um da» Dunkel zu lüften, nicht den gevingsten Verdacht habe ich." „Ich finde e» wirklich sonderbar, daß Ihre Mutter, eine betagte Frau, so gänzlich ohne familiären Zusammen hang lebte; auch in den Briefen, wie Sie sagen, wurde nicht» davon erwähnt, und da» muß doch Verdacht er wecken, daß hier eine Uneinigkeit, ein Zerwürfnis unter den Familengliedern obwaltete. Seipel zuckte wieder mit der Schulter. „Auch »ist e» mir auffällig, daß der Mord gerade an, dem Tage und zu der Stunoe sich ereignet hat, da Sie zurückkehrten. Ich frage nochmal»: wußte jemand etwa» von Ihrer Rückkehr ?" „Möglich, daß meine Mutter meinen Verwandten hier von Mitteilung machte, aber bestimmt kann ich da» nicht sagen." „Weshalb Sie so vlvtzlich und unerwartet zurückkehr ten, wollen Sie nicht sagen?' „Ich verweigere hierüber jede Auskunft, da» sind in terne Angelegenheiten, gänzlich ohne Belang für den Fall.'