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AllMIM -Willig. Tagedlatt für die Stadt Aue und Erschein« ! tilglnh RachmitlanS, außer an S > /seierlagen. — Preis pro Mona; srei in» Hau« 20 Psg., abgehvll l5 Psg. — Mi; lnr Sonntagsbeilage: „Ter Zeitspicge!" Bei der Pvsl abgeholi , o Vierteljahr I Ml. — Durch den Bries».'M >.40 Marl. Nr»M Billiaste Tageszeitung iin Erzgebirge. veraniworllicher Redakteur: Ernst Funke, Aue jErzge r,r , Redaktion u. Expedition: Aue, Marktstraße. Sonnabend, 9. Juni 1900 Umgebung Inserat« , ne ein,paltlge Petitzeile >t» Pf-., an.tltch, .snserate die Corpus-Zeile 2b Psg., Reklame» pro Zeile 20 Psg. Bei 4 maliger «usuahm. 2k'/o Rabatt. — Bei größeren InstrBer a. mehrmaliger Aufnahnie wird entspreö eul höherer Rabatt gewährt. All« H'Hanstallea und Landbriesträger nehme» Bestellungen an. iL^Jahrgaiigl Errichtung einer Freibank in Äue betr Nachdem dar- Königliche Ministerium des Innern da» vonden hiesigen städtffchenKollcgien beschlosseneOrts- grsetz, die Errichtung einer Freibank in Aue betreffend genehmigt Hal, bringen wir dasselbe nachstehend zur öffentlichen Kenntnih. Aue, 7. Juni 1900. Der Rath d r Stadt. Rudolph, Raisassessor. Ficker. vrtihgesetz, die Errichtung einer Freibank in Aue betreffend 8 1. Zur Verwerthung desjenigen Flestches der in Stadtbezirke Aue geschlachteten Rinder, Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen, Pferde und Hunde, welches durch den verpflichteten .Zleischbeschauer auf Grund der Beschau für nicht bankwürdig, aber zum Genüsse von Menschen als unschädlich befunden worden ist, wird vom I. Juni 1900 ab eine Freibank errichtet, welche unter der Ver waltung und Aufsicht des Raths der Stadt Aue steht. 8 2. Als Verkaufsstelle für die Freibank dient bis auf Weiterer die jetzige Polizeiwache im alten Rathhau'e. z 3. Der Verkauf nicht bankwürdigen unl als solches sofort nach der Beschau vom Tyierarzt durch einen schwarzen Stempel von quadratischer Form kenntlich gemachten Fleisches darf nur an dieier Ver kaufsstelle u. durch die vom Rathe damit beauftragten u. besonders verpflichteten Pe-sonen geschehen, soweit solche- nicht nach ß I3s des Ge^tzes vom 1. Juni 1898 dem Besitzer zur Verwendung im eigenen Haus halte zu überlassen ist. Nicht bankwürdigcs Fleisch, das zunächst gesund heitsschädlich ist, durch entsprechende Behandlung aber genießbar gemacht werden kann, darf erst dann ver kauft, an Andere abgegeben und zum Genüsse ver wendet werden, wenn es nach Anweisung des Thier arztes unter ortspolizeilichcr Aufsicht unschädlich ge macht worden ist. Widerspricht der Besitzer der Unschädlichmachung, - so ist das Fleisch als ungenießbares zu behandeln. A4 In der Verkaufsstelle wird das daselbst zum Verkaufe gelangende Fleisch nach seiner Gattung u. dem Grunde der Minderwerlhigkeit aus einer Tafel unter Beifügung des Verkaufspreises ,-ur öffentlichen Kennt-! niß gebracht. 8 ü. Der Verkaufspreis für Freibanksleiich wird von dem als Fleischbeschauer in Pflicht stehenden Thierarzte bestimmt. 8 V. Auf der Freibank darf Fleisch nur in Meng n von höchstens 3 Kilogramm verkauft werden. 8 7. Das nichtbankwütdige Fleisch darf weder an Personen, welche Fleisch gewerbsmäßig verarbeiten, mit Fleisch oder Fleischwaaren handeln oder Gast-, Schank- vder Speisewirthschaft betreiben, veräußert oder sonst überlassen, noch von diesen Personen seil gehalten oder in ihrem Gewerbebetriebe oder Haus stande verwendet werden. 8 8. Bankwürd'ges Fleffch aus der Freibank zum Verkauf zu bringen ist unzulässig. 8 9. Der Verkauf aus der Freibank erfolgt für Rechnung des Eigenlhümers des Fleisches gegen Ent- richtung der unten im Anhänge festgesetzten Gebühren. Der Erlös nach Abzug der Gebühren und etwaiger Verlage wird dem Eigenihümer ausgezahlt. 8 10 Zuwiderhandlungen gegen vorstehende Be stimmungen werden mit Geldstrafe bis zu ISO Mark oder mit Hast bis zu 14 Tagen geahndet. Aue, den >9. März 1900. An Kath der Stadt. Air Htadtlmordileteu. (I-. 8.) Dr. Kretzschmar, (I,. 8.) Bruno Hänel, Bürgermeister. Stndtverordnctenvorft. Airtz-rirK. Die Gebühren für den Verkauf noa Fleisch auf der Freibank, einschließlich ter für die Benutzung der städtischen Verkaufsstelle vetragen für ein Rind 9 Mk. — Pf. b. „ „ 2alb 4 . I>0 „ o. „ „ Schwein 4 . 50 „ ä. „ , Schaf 4 50 „ o. „ eine Ziege 4 „ 50 „ 427b/. II M. 212b/. VII. Das vorstehende Ortsgesetz nebst Anhang wird ge nehmigt. Dresden, am 28. Mai 1900. Ministerium des Innern ,1-. 8.» Für den Minister: Merz. Krehcr. OeffentLiche Impfungen in Aue betr. Im letzten Impftermine wurde da» Jmpfgeschäst dadurch erheblich erschwert, daß verschiedene ivipf- pflichtige Kinder nicht zur angesetzten Zeit — halb»Uhr — im Jmpflokale anwesend waren und auch solche vvrgestellt wurden, die nach der Bekanntmachung ovm 25. Mai c. für andere Lage vorgeladcn wäret». Die Eltern, Pflegeellern oder Vormünder detimpf^ pflichtigen Kinder werden deshalv hiermit nochmät» auf die Bestimmungen der genannten BekanntmachUttg hingewiesen und ausgefordert, die Vorzustellr»HitR Kinder zur rechten Zeit zu den Impfterminen zu bringen. Kinder, welche in einem Impftermine sorgrstellt werden, zu dem sie nicht vorgeladen sind, werden un weigerlich zurückgewiescn. Zuwiderbandlungen gegen die Jmpfvorschrtsten werden mit Geld bis zu 50 Mark oder Haft bi» ,u 3 Tagen bestraft. Aue, den 6. Juni 1900. Der Rat der Stadt Pocizeiaöteilung. Rudolph, Ralhsassessor. Ficker Gasthofs Verpachtung. Dos der Stadt Aue gehörig«, frühere' Zeller Rathhaus wird zum Betriebe des Gast- und Schankwirthschasts- gewerbes entsprechend umgebaut und soll für diese Zwecke ver Pachtet werden. Die Schankräume werden bestehen auS: einem ca. 45 Quadr.Meler großen Gast zimmer, einem ungefähr 17 Quadr.Meter .großen Vereinszimmer, einer etwa 15 Quadr.-Meter großen Küche mit geräumiger Speisekammer und aus großem Buffet jowie geräumiger W'.rthswohnung im Erdge schoß und mehrere , Tisch, fvr'chie überall nach einer Waffe vder einem svnsti- gen Anhalt: nichts war zu finden. „Mnß io 'was in unserem Hause passieren," stöhnte die Alte, „ein Mord!'' Ein Pvlizeikvnnnissar erschien noch in derselben Nacht, aber erst am folgenden Morgen kam die Gerichtskvm- illissivn in Begleitung des jungen Feodor Seipel.' Da friedliche Hänschen des Tagelöhners Naujvks, der sich red lich bisher durch seiner Hände Arbeit den Unterhalt er- wvrben batte, war die Stätte eines abscheulichen Verbre chen» geworden. Beim Betreten des Hauses schon bemerkte einer der Gcrichlsberren, daß es ein Leichtes sei, unge sehen da» Han» zu betreten. Stand die Hausthür offen, war in wenigen Schritten die Treppe zn ersteigen; seit lich an der Treppe her zog sich ein schmaler Hausflur bi» zur Küche. Neben dieser lagen zwei Schlafkammern und da» Wohnzimmer der Familie NaujokS, hieran reihte sich die „gute Stube". Die beiden Alten und Fritz Berg stiegen mit den Ge- richlSherren hinauf in die Wolmung der Ermordeten. Man betrachtete genau den kleinen Treppenraum: die erste Thür führte ins Schlafzimmer; der Wvhnzimmerthür gegen über stand ein großer Kleiderschrank. Der Verichtssekretär machte sich Notizen. Jin Wohnzimmer, da» nun betreten würde, war eine beklemmende Luft; dunkle Vorhänge verbreiteten einige Dämmerung. Die Einrichtung war einfach-bürgerlich. Die größte Ordnung herrschte allenthalben. Eine Thür führte in» Schlafzimmer, neben dieser ein Sofa, ein runder, kleiner Tisch, einige Stühle, Bilder, Kommode, da» war alle». Keine Spur, die Aufklärung gab. Ans dein Sofa lag noch die Leiche. Der Sekretär zog die Vorhänge zurück, öffnete da» Fenster und blickte hinan». Bon hier aus konnte man den HanSgarten der Nanjvk» fast ganz überblicken; das Fen ster der andern Wand führte nach der Chanssee hin und gestartet, einen Au-blick ans die Bärwaldsche Wirtschaft. Des Mäisets Aösunjj Kriminalrvman von Fr. Ferd. Tambvrini. H Feodor Seipel seufzte. Was mochte hier vorgegangen sein? Wenn sich doch nur ein kleiner Anhalt böte, eine Spur ; aber nichts, gar nichts. Das war zu fürchterlich. „ES muß sofort Anzeige erstattet werden," meinte er nach einigem Sinnen, „hier muß Licht geschafft werden!" Der Siegen prasselte jetzt in Strömen herab. Kein Stern durchdrang die schwarzen Wvlkenmassen. Feodor Seipel wandte sich der Stadt zu. Die Zurückgebliebenen befreiten sich allmählich von dem Bann, der sie bisher gefangen hielt. Allerlei Ver- mulmigen wurden ausgesprochen, hin und her wurde er- wogen. Die Mutter tadelte unausgesetzt ihrer Tochter Ver halten. „Denkt, ihr Sohn ist e», wie schrecklich!" „Ich bin ivie renoviert im Hirn," sagte der Alte. Eingeschüchtert verließ daS junge Paar da« Gemach; die Alten blieben Sie betrachteten da» wachsbleiche Ge- sicht der Leiche. Hart, abstoßend sah e« an», wie bei Leb zeiten ; die Todesruhe hatte nicht einen Schimmer der Verklärung über diese Züge verbreitet. „Mach'» Fenster auf," sagte NaujokS, „hier ist'» ja zum Ersticken." Die Alte öffnete einen Fensterflügel und sah hinan» in da» Unwetter. Da» Licht der Bärwaldscheu Wirtschaft flackerte unruhig herüber. Da, plötzlich öffnete sich dort die HauSthür, eine schlanke Gestalt trat heran», blickte einen Augenblick nach recht» und link» und rille dann der Stadt zu. „War da» nicht Herr Seipel?" fragte die Frau. „Au» der Wirtschaft?" „Ja, gewiß!" „Hatwohl dvrt Erkundigungen einziehen «vollen l" Man trat wieder an die Leiche; l.nchtete unter den Der Arzt untersuchte die Leiche und der Amtsrichter betrat die anderen Räume. „Die Waffe," begast» der Arzt, „die gebraucht ivnrd«, Ivar «in dolcharliges Instrument; sie ist tief in Re link« Seite gedrungen und hat das Herz getroffen. Der Lod ist sofort eingetretcn. Aber die Leichenstarre .. sie tritt stets »ach einigen Stunden ein, hier aber .. ." Der Amtsrichter trat wieder ein. „Keine Waffe vor handen? Wie meist in solchen Fällen," sagte er. „War auch gestern nicht vorhanden, Herr Untersuch ungsrichter," erklärte NaujokS. „Gut!" Amtsrichter Bauer war eine stvlze, hohe Er scheinung; dunkle» Haar, martialischer Schnurrbart, for schende Augen gaben ihr etwas Gebietende-, dazu «ine eiserne Ruhe. Er wandte sich jetzt an die jungen Leute: „Waren Sie gestern abend zu Hanse?" »Ja!" „In welchem Zimmer haben Sie sich meist anfgehal« ten?" Diese Fragen waren an Grete gerichtet, die zaghaft vor der Mutter stand. „Na," flüsterte die Alte, „'ran- mit der Wahrheit f" Fritz Berg stand äußerst verlegen im Hintergründe. „Wo haben Sie sich ausgehalten?" fragte Ban« noch mals scharf. „Ich .. ich hab' erst im Hause .. „In welchem Zimmer'?" „Inder Küche; da hab'ich Kartoffeln geschält für» Abendbrot." „Welche Zeit war es?" „So etwa um süns Uhr herum." „Und dann?" „Dann bin ich in den Barten gegangen." „Was haben Sie dvrt gemacht?" „Ich habe erst gegraben .. / „Weiter, weiter." „Dann hab' ich einen Augenblick mit Fritz Berg »m Zaune zusammen gestanden."