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AerSWsHeLrMer ^-uchoiswewaer Hauptblatt und gelesensteZeitung im Amtsgerichts- bezirk Bischofswerda und angrenzenden Gebieten Die« Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt- «annschast, der Schulinspektion und des Hauptzollamts zu Bautzen, des Amtsgerichts, des Finanzamtes und des Stadtrats zu Bischofswerda. Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadt und Land. Dichteste Verbreitung in allenVolksschichten Beilagen Sonntags-Unterhaltungsblatt und Landwirtschaftliche Beilage. Geschäftsstelle Bischofswerda, Altmarkt 15. — Druck und Verlag der Buchdruckerei Friedrich May in Bischofswerda. — Fernsprecher Nr 2) G*sch«tn»pg»«etse: Jeden Werktag abends für den folgend. Tag. V«r»g»peei»: Bel Abholung in der Geschäftsstelle monatlich TM». 5.—. bei Zustellung in» Haus monatlich Mk. 5.50, durch dl« Poft bezogen otrrteijlihrltch Mk. 15. - ohne Zustellungsgebühr. «Ute Postanstalten, Postboten, sowie Zeitungsausträger und die »eschästsstrlle de» Glatte« nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. Postscheck-Konto: Amt Dresden Mr. 1221 Gemeinde, »erbandogtrostafi« Bischofswerda Konto Rr. »4. Im Falle höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger irgend weicher Störung des Betriebe« der Zettu-g oder der Besörderungretnrich- tungen hat der Bezieher keinen Anspruch aus Lieferung od«r Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung de» Bezugspreise» «nzelgenpeelo: Dir «gespaltene Grundzeit» «Atm. Moss» Ich oder deren Raum 1.40 Mk., örtliche Anzeigen 1.- Mir. Im TeA, teil (Alm. Mossr 14) 4 Mk., di« Sg.svalten» Zelle Br« holungen Nachlaß nach feststehenden Sagen — Amtliche AnzekpM die llgrspaltrn» Zeile 2.40 Mb. - Für bestimmte Tage oder PÜM wir» keine Gewähr geleiste,. — Erfllllungsort Dtschofswerd«. Sir 257. Donnerstag, den 3. November 1921. 7«. Jahrgang. Der Stand der Mobilisierung in der Tscheche). Infolge der Telephonsperre und der strengen Zensur, die seit der Mobilmachung in der Tschechoslowakei herr schen, gelangen nur wenige im Sinne der Prager Regie rung gefärbte Meldungen über die Grenze. Unserem ^-Mitarbeiter ist es gelungen, der Wahrheit entsprechende Berichte über den Fortgang der Mobilisierung zu erhalten. Er gibt uns hierüber folgende interessante Darlegungen: Das tschechische amtliche Preßbüro verbreitete am Sonn abend die Meldung, daß sich die Mobilisierung im ganzen Staatsgebiets in vollster Ordnung vollziehe. Wie die Vor gänge von Graslitz, Rumburg und anderen Orten Deutsch- böhmens zeigen, entspricht dies durchaus nicht den Tat sachen. Es muß vielmehr festgestellt werden, daß die tsche chische Militärverwaltung überhaupt nicht in der Lage ist, e i ne M o b i lm a ch u n g d u r ch z u f ü h r e n. Die Magazine der Regimenter sind voll st än big leer, und die Militärverwaltung kann den einrückenden Reservisten nicht einmal ein Taschentuch geschweige denn Uniform und Ausrüstung aushändigen. Der Bestand an Ge wehren ist überaus gering, da offenbar die Sokolvereine, die Waffe», die ihnen seinerzeit zu „Übungszwecken" überlassen wurden, nicht mehr abgeliefert haben. Auch die mancherlei Rüstungsstllcke, die nach dem Umstürze den in die Heimat zurückkehreirden Feldsoldaten von den tschechischen Bahnhofs kommandos abgenommen wurden, sind spurlos auf den dort zulande nicht ganz unbekannten Wegen verschwände n. Die Eingerückten, lungern friere ird auf den Kasernen höfen umher, und am Montag, dein vierten Mobilisierungs- ttige, konnte noch nicht einmal die Präsentierung, d. h. die Feststellung des Standes der Eingerückten, vorgenommen werden. Bei allen Truppenkörpern herrscht nach der über einstimmenden Aussage aller Augenzeugen ein nicht zu über bietender Wirrwarr. Niemand trifft Anordnungen. Werden sie dennoch gegeben, so ist kein- Exekutive vorhan den, die sie durchführen kann. In den geräumigen Kasernen von Theresienstadt, in denen 1914 zwei Infanteriedivisionen untergebracht waren, ist auf einmal kein Platz mehr für 1000 Reservisten. Man muß die Leute in den naben tsche chischen Dörfern einquartieren, wo sie sich langsam aber sicher wieder verlaufen. Trotz des Befehls, innerhalb 24 Stun den einzurücken, sind bei 3 Regimentern bis zum 31. Oktober abends kaum 40 v. H. bei ihren Stammkörpern erfchienen. Die Deutschböhmen lassen sich Zeit. Es gibt nach beute ganze weite Landstriche, aus denen überhaupt noch kein Mann dem Mobilificrungsbcfehl Folge geleistet hat. Bei den Tschechen wiederum ist die Liebe zum Staate auch nicht groß. Sie wollen wohl alle vom Vaterland leben, keiner aber möchte dafür sterben. Es ist sehr bezeichnend, daß gerade die Tsche chen nach kurzer Anwesenheit bei ihren Kaders nach alt österreichischem Muster sich sehr bald wieder von ihrem Trup penteil entfernten. Ein tschechischer Regimentskommandant äußerte zu seinen Offizieren, es sei ihm lieb, daß so wenig Leute einrücken, denn er wüßte beim besten Willen nicht, was er mit noch mehr anfangen sollte. Nicht einmal für die Reserveoffiziere sind Uniformen da, ganz abgesehen von den Waffen. Wie eine solche Armee in Bewegung gesetzt werden soll, ist ein interessantes Problem. Neue Vlutfzenen In Deutschböhmen. Vien, 1. November. (W. T. V.) Nach einem Sonder bericht der „Reichspost" aus Prag vollzieht sich die Mobili sierung der Tschecho-Slowakci unter einem gewaltige» mili-, tärischen Aufgebot. An den Straßenkreuzungen stehen Mo schinengewehre und Artillerie blockiert die Bahnhöfe. Tro-i dem begegnet die Mobilmachung den schwersten Hinder nissen, nicht nur bei den Deutschen. In zahllosen Versamm lungen werden Beschlüsse gegen die Einrückung gefaßt. Die blutigen Zusammenstöße bei diesen Gelegenheiten mehren sich. Ähnlich wie in Graslitz suchten die tschechischen Behör den in Böhmisch-Leipa eine Versammlung mit Waffenge walt zu sprengen. Schließlich schoß das tschechische Militär in die unbewaffnete Menge. Drei Tote und 21 Verwundere blidben auf dem Platze. Auch eine starke kommunistische Agitation gegen die Stellungspflicht bricht sich in den tsche chischen Berg- und Hüttenrevieren Bahn. * Der Bund der Landwirte in Böhmen hielt am 29. und 30. Oktober in Karlsbad seinen Parteitag ab. Es wurde dabei, wie die „Deutsche Landpost" mitteilt, eine Entschlie ßung gefaßt. Die Wiedergabe dieser Entschließung wurde aber vom Zensor unterdrückt, denn das Blatt zeigt an der Stelle eine große Lücke. Zweifellos richtete sich die Ent schließung gegen die Mobilisierung, denn anschließend an die Zensurlücken stehen kurze Tatsachenberichte über die Vorfälle in Graslitz. Entthronung des Hauses Habsburg. Vien, 1. November. Nach den letzten Nachrichten aus Budapest hat die ungarische Regierung auf Grund der neuer lichen Demarche der Großen und Kleinen Entente einstimmig beschlossen, den Thronverlust des Exkönigs Karl und des ganzen Hauses Habsburg unverzüglich auf gesetzlichem Wege durchzuführen, weil König Karl eine freiwillige Abdankung abgelehnt hat. Dieser Entschluß wurde auch den Budapester Vertretern der Tschechoslowakei, Jugoslawiens und des rumänischen Regierungsbeschlusses wurde die ungarische Nationalver- Königreichs mitgeteilt. Zur gesetzmäßigen Durchführung des sammlung auf kommenden Donnersiag einberufen. In zwischen erklären die Regierungen der Kleinen Entente, daß bei der Abrüstung Ungarns der Kleinen Entente ein Kon trollrecht übertragen werden müsse, und verweisen darauf/ daß bei der Abrüstung Österreichs ebenfalls ein internatio naler Militärkvntrolldicnst geschaffen werde. Karls Uedcrgade an die Entente Budapest, 1. November. (Drahtber.) Wie die Blätt. r melden, Hot der Sonderzug, der den König Karl zu dem englischen Kononenbot zu bringen hatte, um 5 Uhr morgens die Station Battaszek passiert. Vor dem Zug des Königs fuhr ein mit Militär besetzter Sonderzug und hinter dem Zug des Königs fuhr gleichfalls ein mit Beymffneten gefüll ter Sicherungszug. Die Züge hielten bei der Donaubrü > zwischen Battaszek und Basa. Der König stieg dann in einen Wagen, der ihn zu dem englischen Kanonenboot Glowworm brachte. Die ganze Umgebung war von Militär stark besetzt. Dem Bester Lloyd zufolge hat eine förmliche Übergabe des Königs an die Entente nicht stattgcfunden. Die Regie rung sei, wie dos Blatt erklärt, gar nicht in die Lage gekom men, den König der Entente zu übergeben, da diese in Ti- Hany bereits selbst durch einige höhere Offiziere die Be wachung des Königs besorgt hatte. Vern, 1. November. (Drahtber.) Wie hier bekannt wird, hat die Umgebung des früheren Kaisers Karl Aufent- haltsbcwilligung in Luxemburg erhalten. Finanznöte und Finanztorheilen des Vkrbandcs Auch in den Ländern unserer Gläubiger sind die Fi nanzen keineswegs erfreulich. Der greise italienische Staats mann Giolitti teilte in einer Rede mit, die italienischen Schulden vermehren sich jährlich um 6 Milliarden Mark und bringen den Staat in Bankrott, wenn nicht etwas energi sches dagegen geschehe. Der Voranschlag des französischen Haushalts für 1922 schließt gleichfalls mit einem Fehlbetrag von 1> - Milliarden Franke». Die französischen Finanzen haben sich ausschließlich aus die von Deutschland zu envar- tenden Zahlungen eingestellt. Daß man in Frankreich doch allmählich an der Hoffnung auf die rettenden deutschen Zah lungen irre wird, zeigt ein Artikel von Jean Finot in der „Revue Mondiale". Finot empfiehlt, die Gefahr eines deutschen Banlrottes dadurch zu vermeiden, daß England an Deutschland den Wert der Kolonien zahlen solle. Von einem französischen Verzicht will aber Fnwt nichts wissen. Bei den Finanzsorgen der Verbandsmächte ist es eigentlich unverständlich, daß noch immer sinnlose Zerstörungen deutscher Werte gefordert werden. Die „Deutschen Werke" in Hanau, Erfurt und Spandau werden durch eine plötzliche Entscheidung der Militär-Kommission unter General Rollet aufgefordert, wichtige Teile ihrer Anlagen zu schleifen und bereits bewilligte, zur Verarbeitung dalicgende Rohstoffe zu vernichten. Dies bedeutet eine neuerliche Zerstörung von Millionenwerten und die Notwendigkeit, In diesen schweren Zeiten Zehntausende von Arbeitern zu entlassen. Bei der unbedingt notwendigen Ermäßigung der Besatzungskosten gehen die Verbandsmächte gleichfalls sehr zaghaft vor. Diese Politik muß mit Notwendigkeit den finanziellen Ruin Deutschlands beschleunigen und die Aussichten unserer Gläu biger auf Reparationszahlungen verringern. MM tkk MM« WttMls. Berlin, 1. November, (W. T. B.) Da» preußisch« Slaatsministerium ist zurückgetrelen. nachdem alle Bemü hungen des Ministerpräsidenten, durch Umbildung de» Kabi netts eine neue Regierung zu schaffen, die sich auf möglichst weite kreise stützt, fehlgeschlagen sind. Es ist anzunehmen, daß der Rücktritt veranlaßt worden ist durch einen Beschluß der Landtagsfraktion der demokratischen Bartel, worin e» heißt, daß ihre Minister aus der jetzigen Regierung zurücktre- ten, um freie Bahn zur Bildung einer tragfähigen Regierung zu schaffen. * Das Kabinett Stegerwald war im April nach langwieri gen parteipolitischen Schwankungen und Bedenklichkeiten als eine Art Verlegenheitsmftristerium entstanden. Es konnte sich nach seiner Zusammensetzung — Zentrum und Demokraten — mir auf eine parlamentarische Minderheit stützen unk» mußte immer bemüht sein, den benachbarten Parteien rechts und links kleine Gefälligkeiten zu erweisen, um sich für Ab stimmungen eine tragfähige Mehrheit zu sichern. Nach rechts hin ist ihm das gelungen. Die beiden bürgerlichen Parteien, die nicht im Kabinett-vertreten waren, bezeigten ihm wohl wollende Neutralität: hatten sie doch schon bei der Wahl des Ministerpräsidenten für Stegerwald ihre Stimme abgegeben. Die Mehrheitssozialisten, die das Verschwinden ihrer Be trächtlichkeiten Severing und Hänisch aus der Regierung nicht verschmerzen konnten, ließen sich dagegen nie zu be sonderen Freundlichkeiten gegen das Kabinett -Stegerwald bereitfinden. Dessen Leiter begriff sehr bald die peinliche Un sicherheit seiner Stellung und unternahm es deshalb, wenig stens für Preußen — da rin Reiche die Aussichten dazu gar nicht verlockend waren — eine Verbreiterung der Plattform herbeizuführen. In feinem eigenen Blatte, im „Deutschen" warb Stegerwald unaufhörlich für diesen Gedanken, und in öffentlichen Reden brachte er dafür immer wieder neu« Gründe vor. Am liebsten wäre ihm zweifellos die „groß« Mitte", von der Deutschen Volkspartei bis zu den Mehrheits sozialisten, gewesen: aber als die Dinge der» Reifen nah« schienen, zerstörte der Mord an Erzberger und die ihm fol gende vom Reichskanzler Dr. Wirth höchst persönlich einge leitete Hetze gegen rechts alle Hoffnungen? Ermutigt durch die Beschlüsse des Görlitzer Parteitages der Mehrheitssozia listen nahm Stegerwald Ende September seinen Lieblings plan mit erneutem Eifer wieder auf, er fand dabei verständ nisvolle Unterstützung durch den preußischen Landtagspräst- denten Leinert, der selbst die Verhandlungen zwischen den Fraktionen führte, aber eine Übereinstimmung konnte auch da nicht erreicht werden. Nunmehr wollte Stegerwald da» Reich vorangehen lassen, wo sich ja auch aufs gleiche Ziel gerichtete Bestrebungen geltend zu machen begannen. Indes, nachdem auch hier nichts zustande gekommen ist, was Ste gerwald hätte ermutigen können, eine Erweiterung des Preußenkabinetts vorzunehmen u. als im Reich sich infolge des Fernbleibens der Demokraten aus dem neuen Kabinett Wirth dessen parlamentarische Basis auch verschmälerte, da scheint Stegerwald vermutlich die Lust endgültig verloren zu haben. Dazu kam noch, daß die Demokraten in Preußen den Spuren ihrer Fraktion im Reichstag folgten- Diese Tatsache mag Stegerwald in seinem Entschlüsse, mit dem gesamten Kabinett zurückzutreten, bestärkt haben, Was in Preußen werden soll, ist vorläufig noch ungewiß. Zu wünschen ist nur das eine, daß die Zeit der Unklarheit nicht wieder über so lange Wochen ausgedehnt wird, wie da mals, ehe das Kabinett Stegerwald antrat. * Berlin. 2. November. (Drahtber.)»-Die preußische Re- gierungskrisis wird von den Blättern auf die Krisis im Reich zurückgeführt. Die Verhandlungen über die große Koalition in Preußen hätten bereits zu einer weitgehenden Einigkeit gefilhrt, als der Verlauf der Krisis im Reiche neue Schwierigkeiten geschaffen hat. Die Sozialdemokraten haben wegen des Verhaltens der Deutschen Volkspartei bei der Regierungskrisis im Reich erklärt, daß sie zur Zeit nicht mit dieser Partei Zusammengehen könne. Gleichzeitig haben sie eine verschärfte Stellungnahme gegen das Kabinett Stegerwald angekündigt und auch durchblickcn lassen, daß sie darüber hinaus gegebenenfalls zu dem Mittel der Ob struktion greifen würden, unr die gengemvärtige Negierung zu -stürzen. Aus dieser Situation hätten die Demokraten gestern die Konsequenzen gezogen und ihre Minister aus dem Kabinett abberufen. Hinsichtlich der Neubildung des Kabinetts nennen die Blätter zwei Möglichkeiten, entweder Herstellung einer gwßen Koalition von der Deutschen Volks-