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Sonntag, 27. Oktober ISIS. 73. Jahrgang. D er S ächstsch e LrM ter Mschofswerdaa Tageblatt Wöchentliche Beilagen: Der Sächsische Landwirt nnd Sonntags-Unterhaltungsblatt Anzeigenpreis: Die Sgespaltene Grundzeile (Zlm. Masse 2S, oder deren Raum 30 Pfg., örtliche Anzeigen 20 Pfg. Ini Text- »läge Nachlieferung darum, die Re- Postscheck-Konto: Amt Leipzig Nr. LI S4S. — Gemeinde« verbandegirokaffe Bischofswerda Konto Nr. 84. Geschäftsstelle: Bischofswerda, Altmarkt lS. erscheint ftden Werktag abend« für 'den folgenden Tag. Der Be zugspreis ist einschließlich der wöchentlichen Beilagen bei Abho in der Geschäftsstelle monatlich Übergang der militärischen Kommandogewalt auf die Regierung. Berka, 26. Oktober. (Priv.-Tel.) wie wir hören, wer den dem Reichstag heute weitere Verfafsuugsänderungen zugchen. die eine Verankerung der neu, " darfiesten, insbesondere auch mit Bezug zwischen Mlitargewalt und Aipiloewatl lache handelt es sich bei dieser Verfassung daß die oberste Sommandogewalk de» k gierung übergeht. Ein Kronrat Berka, 26. Oktober. (Priv.-Tel.) Mit der »eiteren Demokratisierung der Reichsoerfassung, den Übergang der militärischen Kommandogewalt auf die Reichsregierung, be schäftigte sich am Freitag ein Kronrat, der unter dem Bor sitz des Kaisers und Beteiligung auch der Ratgeber der Krone außerhalb des eigentlichen Kriegskabrnetts zusam- mengetxeten war. Es handelt sich um Vorschläge, die be reits seit längerer Zeit im Reichstag im Umlauf sind. Die Tendenz geht dahin, die Verantwortlichkeit deL-ÄeichsEanz- lers auch aus dft^KomMMVögewäll des Kaisers auszudeh- nen und dementsprechend die Stellung des Kriegsministers in einen verantwortlichen Staatssekretär umzuwandeln, ihm gleichzeitig das Militärkabinett, das bisher direkt dem Kai ser unterstand, unterzuordnen und die Artikel 63 und 64 der Reichsverfassung, in denen die Kommandogöwalt des Kai sers als des obersten'Kriegsherrn begründet ist, in der Rich tung abzuändern, daß auch hier di« Verantwortlichkeit des Reichskanzlers Platz greift. Es versteht sich von selbst, daß wei dieser tiefgreifenden Neuordnung große Widerstände in der näheren Umgebung der Krone zu überwinden waren, was auch schon aus der mehrstündigen Dauer des Kronrats wervorgeht. Die Heer« unserer Feinde sind erst im letzten Kriegsjahre einem einheitlichen Oberbefehl unterstellt wor ben, und seitdem muß man sagen, daß sie mit ihrer Sach« Einigermaßen gut vorwärts gekommen sind. Wir wollen letzt, wo der Krieg zu Ende geht, und wo wir nur durch Klufrechterhaltung äußerster Kampfbereitschaft noch das schlimmste von uns äbwenden können, den umgekehrten Weg einschlaaen. Der einheitliche militärische Will«, der Idas gewaltige^HeHäude unseres Feldheeres allein zusam- Imenhalten kann, soll durch die Dielköpfigkeit der Zivilregie- Irung ersetzt werden. Die Vorlage schont aber schließlich so- vvohl die Zustimmung des Kronrats wie des Bundesrats gefunden zu haben, da sie heute schott bereits dem Reichstag »ur Beschlußfassung vorgelegt wird. Müssen wir kapituliere«? Von maßgebender militärisch« .Stelle wurde bereits xor einigen Tagen darauf hmgewiesen, daß es eine völlige VZerkennung der Lage sei, wenn Herr Wilson nur für die IZLgenseite Sicherheiten verlangt und lediglich einen Waf- »enstillstand befürworten will, der eine Wiederaufnahme der »eindseligkeiten seitens Deutschlands unmöglich machen soll, tatsächlich liegen die Dinge so, daß die Räumung Belgiens t>as militärische Übergewicht ausschließlich auf die Gien leit« drücken würde, daß also wir, falls wir eine solche Räu- önung zugestehen, Sicherheiten verlangen müs- len, daß unsere Lage, wenn unsere neuen Stellungen an her Landesgrenze biogen werden, sich nicht zu unseren Un- Wunsten verschlechtert. Es heißt aber doch wohl unseren Friedenswillen überschätzen, wenn man' wirklich auf der Ge- tenseite glaubt, uns einfach strangulieren zu können. Ge- hnß ist es kein Geheimnis, daß unser Heer eine schwere Krise durchgemacht hat und daß die Hobe Zahl an Äefan- hm en, die wir verloren, zum Test darauf zurückzuführen ist. Uber diese Krise ist doch jetzt überwunden. R)ie Gefangenengahl in den letzten Kämpfen ist erheblich ge ringer geworden. Di« Großangriffe der letzten Wochen ha- Ren dem Feinde Verluste zugefügt, die die unseren bei wei ßem übertreffen. Wir dürfen nach den Leistungen unseres Meeres die feste Zuversicht haben, daß unsere Front hält,, zumindest so lang« hält, bis di« eintretende Winterkätte den »eiteren Kämpfen ein Ende macht. »Die Winterruhe öder bedeutet für uns die Möglichkeit, neue »telkun-bftzsteme hinter unserer Front aurtzu- bauen und den ganzen Westen in eine einzige F e - stung zu verwandeln, das bedeutet also den Wie- , derbvginn der Kämpfe im nächsten Jahr, daß die Feinde gegen «in neues Stellungssystem anrennen müssen. Und ob die Stimmung auf der Gegenseite die Belastungsprobe aus hält, den Krieg ohne Zweck noch ein halbes Jahr weiterzu führen, ist uns zweifelhaft. Gerade deshalb aber brauchen ' wir nicht geduldig zuzusehen, wenn die Heerführer der Ge genpartei die Verhandlungen ins Endlosö hinzuzerren su chen sollten. Herr Wilson befindet sich in einem gefährlichen Irrtum, wenn er etwa glaubt, daß di« Einstellung des Un terseebootkrieges aus unbegrenzte Zeit von uns beabsichtigt ist. Wir haben, um einen Beweis unseres ernsten Friedens willens zu geben, uns bereit erklärt, auf die Torpedierung von Passagierdampfern zu verzichten, aber dieses Zugeständ nis gilt nur so lange, als wir an eine baldige Beendigung des Krieges glauben. Niemand kann auf deutscher Seite die Verantwortung dafür übernehmen, diese Waffe an di« Wand zu hängen und ruhen zu lassen, sobald bei uns der Glaube an den Friedenswillen der Gegner verloren ist. Wir können daher verlangen, daß die militärischen Führer un serer Gegner sich rasch über die Bedingungen klar werden, die sie unsLU ftellen beabsichttgen. Aus ein« solche Antwort Haben ttllyr nur wir ein Recht, sondern hat jeder ein Recht, der dem nutzlosen Morden ein Ende machen will. Aus dieser Antwort aber werden wir zugleich auch erkennen können, ob es der Entente ehrlich ist mit dem Derständigungsfrisdrn, oder ob sie uns nur Hinhalten will, so lang«, bis sie glaubt, uns ihre Bedingungen aufzwingen zu können. Die Wiener Presse zur neuen Wilsonnole Die», 25. Oktober. (W. T. B.)i In Besprechung der Antwort Wilsons auf die letzte deutsche Note stellen die Blätter fest, daß die Gesinnungen Wilsons im Widerspruch M dem von ihm proklamierten Selbstbestimmungsrecht der Völker sichen und eine Einmischung in die inneren Verhält nisse, insbesondere aber einen Eingriff in das Recht der Selbstbestimmung der Staatssorm bedeuten. Das Rechts gefühl des deutschen Volkes werde durch die Forderung Wilsons in der dynastischen Frage auf die allerhärteste Pro be gestellt. — Die „Neue Freie Presse" charakterisiert die Note Wilsons als ein Schriftstück, wie es selten von einem Sieger verfaßt wurde. Wenn sich aber das deutsche Volk der Überzeugung nicht länger verschließen kann, daß der Feind über einen weiteren Zuwachs an Streitkräften ver fügen werde, und daß die Überlegenheit an Waffen durch das Fehlen der Rohstoffe nicht einzuholen sei, wird «s «inen würdigen Weg zu einem schweren Frieden betreten. Deutschland, das zu großen Bestimmungen aufbewahrt fei, werde aus dem Frieden der Entente nicht zukunstslos her vorgehen. — Das „Neue Wiener Tagblatt" sagt: Kaiser Wilhelm und seine Ratgeber stehen vor der Frage, ob es möglich ist, die Zukunft und das ganze Schicksal des deut schen Volkes an Vie eine Frage des Schicksals der Dynastie zu hängen. Die deutsche Regierung wird den Faden der Verhandlungen nicht "abreißen lassen dürfen. Sie wird sich vor einer harten Notwendigkeit sehen, auch dies« Frage mit ihrem Derantwortlichkeitsgefühl ins Reine zu bringen. — Die „Reichspost" erinnert daran, um wieviel leichter die an gebliche Gewaltpolitik der Mittelmächte in Brest-Litowsk den völlig besiegten Ruffen und Rumänen das Frieden schließen machte, als es jetzt durch den Pazifisten Wilson und seine Assoziierten gegenüber den Mittelmächten geschieht. Ein russisches Urteil über Wilson Moskau, 24. Oktober. (W. T. B.) In der „Jsvestija" schreibt der Bolfchewikiführer Radek u. a: Wüson verlangt die Rückgabe Elsaß-Lothringens ohne Befragung der Be völkerung. Er besetzt die Philippinen als Weg nach China, wo er mit dem japanischen Kapital um die Herrschaft ringt. Er protestiert mit keinem Wort gegen den russischen Zaris mus und die Unterjochung der Irländer. Er fordert von dem englischen Kapital nicht die Rückgabe der kolossalen englischen Gebiete. Das amerikanische Kapital kämpft ge gen die Rätegewalt gemeinschaftlich mit den Engländern um den Besitz von Baku indezug auf Naphtha, um den Be sitz von Turkestw» mit Bezug auf Baumwolle und sibirische Erze, um den Rohstoffmarkt zu beherrschen. Das die von Wilson vertretene Abrüstung betrifft, so kann nur ein Dummkopf glauben, daß England und Amerika ihre Flöt- ten vernichten werden. Derttschösterreichischer Anschluß ans Reich. wie», 24. Oktober. Ein Österreich-Ungarn gibt es nicht mehr. Wie Schweden und Norwegen haben sich auch Zis- leithanien und Transleithanien getrennt. Vorläufig wollen die Ungarn noch an der Personal-Union feschalten. Man weiß aber an dem Beispiel von Schweden und Norwegen, wie lange eine solche Personal-Union hält. Das ist mit dür ren Worten die wahre Lage. Da muß es in Deutsch-Öster reich auffallen, wie achtlos die reichsdeutsche Presse an einer Tatsache vorübergeht, die durch den Abfall Ungarns — wir gebrauchen absichtlich dieses Wort — und die Neuord nung der Dinge im alten Österreich bedingt wurde. Der neue Bundesstaat Österreich kennt die alten politischen Richt linien der Habsburger Monarchie nicht mehr. Aus dem kaiserlichen Manifest geht eine Tatsache klar hervor, d i e bisher von der reich s deutschen Presse noch gar nicht beachtet wurde: Das Bündnis mit dem Deutschen Reich ist gelüst. Die Sonderaus gabe der „Wiener Zeitung" vom Donnerstag, den 17. Okt., hat dies klipp und klar verkündet. Der Gedanke natürlich ist nicht in feindseligem Sinne ausgesprochen. Aber di« Tatsache ist da: Der neue Bundesstaat Österreich ist von allen Verpflichtungen der früheren Monarchie gelöst. Im ungarischen Reichstag hat Graf Karolyi bereits frohlockend die Lösung des Bündnisses verkündet. Selbst Graf Tisza, der bisher ein Gegner der völligen Un abhängigkeit Ungarns und ein Anhänger des Bündnisses mit dem Deutschen Reich war, hat völlig umgelernt. In deutschnationalen Kreisen Österreichs war man auf diesen Wandel der Dinge längst gefaßt. In der reichsdeutschen Presse allerdings spielen ja die „ritterlichen Madjaren" im mer noch die Hauptrolle in allen Betrachtungen von der Bündnistreue. Nach den letzten Vorgängen im ungarischen Reichstag können nun auch die Reichsdeutschen mit Schiller sagen: „Jetzt zeigt ihr euer wahres Gesicht, bisher war's nur die Larve!" An der Donau pfeifen es di« Spatzen von den Dächern, daß Wilson'N der Vernichtung des Bündnis ses den höchsten Triumph seiner Staats- kunst sieht. Höfische Kreise klerikaler Prägung waren mit dem Herzen nie bei dem Bündnis. Der Not gehorchend, nicht dem eigenen Triebe haben sie die Bündnispolitik mit gemacht. Der selbständige tschechoslowakische Staat ist ein erbitterter Feind des Deutschen Reiches, genau so wie der polnische Staat, den Bethmanns geniale Staatskunst dem Deutschen Reich als Nachbar geschenkt hat! Auch der süd- ilavische Staat wird ausgesprochen deutschfeindlich sein. Vatikanische Strömungen haben namentlich in Polen ent scheidenden Einfluß; daß dies« nicht deutschfreundlich sind, weiß am alten Nibelungenstrom« jedes Kind. Nur an der Spree spielt man, namentlich in der Wilhelmstraße, immer noch den berühmten Vogel mit dem langen Halse. Das Bündnis mit dem Deutschen Reiche ist er ledigt. Ob Staatssekretär Sols sich für die Frage beson ders „interessiert", möchten wir bezweifeln. . . Den Deutschösterreichern ist gerade durch diese Tatsache die volle Freiheit des Handelns gegeben worden. In Wien laufen bekanntlich heute noch die Northcliffe-Agenten dutzendweise herum. Man weist mit Fingern auf sie, aber die Regierung hütet sich, sie auszuweisen. Für Deutsch österreich ist die Entscheidungsstunde da. In nationalen Äb- geordnetenkreisen hat man den Umfall der ritterlichen Mad jaren längst geahnt, wie man sich überhaupt in Deutsch österreich sehr oft auf den Satz aus Bismarcks „Gedanken und Erinnerungen" hesinnt, dich die Madjaren mit Vor lieb« das Lied singen: „Der Deutsche ist ein Hundsfott". Wer die geradezu maßlosen Äußerungen des Grafen Karo lyi über Kaiser Wilhelm und die deutsche Politik gelesen hat — warum die reichsdeutsche Presse so stillschweigend darü ber hinwegging, oder hinweggehen „mußte", wollen wir nicht erörtern — dem wird es nunmehr wohl klar fein, daß Ungarn sich nach der feindlichen Seite hin längst „orientiert" hat. Tisza hat offen im Reichstag behauptet, daß „wir" den Krieg verloren haben." Wenn auch einige Husarenpolitiker noch eine Entrüftunas- ksmödie gegen den Grafen Karolyi und seine Leute insze- cheatlichen Beilagen bei Abholung Am Falle höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger irgend welcher teil (Zlm- Messe 17) 60 Pfg. die 3gespaltene Zeile. Bei Wieder. ... ... , SO Pfg., bet Zustellung in« Haus Störung de» Betriebes der Zeitung «der der Beförderungseinrich- Holungen Rabatt nach feststehenden Sätzen. — Amtliche Anzeigen monatlich 1 Mk.; durch die Poft bezog« vierteljährlich Mk. L85 tungen — hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder die 3gespaltene Zeile SO Pfg. — Für bestimmte Tage oder Plätze ohne Zustellungsgebtihr.Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung de« Bezugspreises. wird keine Gewähr geleistet. — Erfüllungsort Bischofswerda. Am^blatt ! 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