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für den Oczirk des Anitsgmchts Eidenstock und dessen Umgebung Erscheint täglich abends mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage für den fol genden Tag. JnsertionspreiS: die kleinspaltige Zeile 12 Pf. Im amtlichen Teil? die gespaltene Zeile 30 Pf. ^ernsprrcher Nr. LIV. Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. - —— 58. Jahrgang. -- -n Ubonnement virrtelj. 1 M. 50 Pf. einschließl. der .Jllustr. UnterhaltungSbl/ u. der Humor. Beilage .Seifen blasen' in der Expedition, bei unseren Boten sowie bei allen ReichSpostanstalten. Telegr.-Il-ressr: Amtsblatt. Dicllstag, des 30 November Bichzähluog am 1. Dezember 1909. Zum Nachweise ver Größe des im Lande vorhandenen Viehstandes und des Umfanges derFletscherzeugung findet am 1. Dezember dieses JahreS eme beschränkte BiezShtnag stau. 1Ä Mil der Aufnahme ist zugleich die übliche Aufzeichnung der Pferde und Rinder nach der Verordnung vom 4. März 1881 verbunden. M. Die Zählung erfolgt nach dem Stande vom 1. Dezember. Mit der Aufzeichnung find die Schutzleute beauftragt. Die Viehbesitzer werden um wahrheitsgetreue Angaben ersucht. Stadtrat Eibenstock, den 24. November 1909. Hest- Jur Hröffnung des Weichstages. Der Reichstag beginnt am 30. November eine neue Session. Die Arbeiten, die ihn erwarten, werden kaum etwas enthalten, was geeignet wäre, die Parteigegen- sätze, die beim Abschluß der Finanzreform! hervorge- treten und seitdem in Wort und Schrift mehr als! ge nug behandelt worden sind-, weiter zu verschärfen. Dir Aufgaben, die zu lösen sind, gehören Gebieten an, auf denen sich die Parteileidenschaften nicht zu betätigen pflegen. Vor allem komtnt es darauf an, in dem Reichs- hausha.lt für 1910 mit Hilfe der durch die Finanzreform geschaffenen neuen Einnahmen das Gleichgewicht her zustellen und die finanzielle Stellung! des Reiches zu befestigen. Bei Aufstellung der Ausgaben ist unter Zu- riickdrängung mancher an sich wünschenswerten Dinge mit ganz besonderer Sparsamkeit verfahren worden, so daß die Parteien, dse zwar über die Höhe des Be darfs einig, bei der Auswahl der neuen Steuern! aber in Feindschaft geraten waren, int neuen Etat keinen Anlaß zur Fortsetzung des Streites finden werden. Neben dem Etat wird die meiste Arbeit die Reichs versicherung in Anspruch nehmen. Durch sie sollen nicht nur die verschiedenen Gesetze über, die Versiche rung her Arbeiter einheitlich zusammengefaßt, son dern es soll auch! die bestehende' soziale Fürsorge auf land- und Hauswirtschastliche Arbeiter und auf die Witwen und Waisen ausgedehnt werden. Hier gibt es mancherlei starke Meinungsverschiedenheiten, nicht nur zwischen den Parteien, sondern, auch innerhalb ein zelner Parteien. Sie sind vorwiegend sachlich-prakti scher Natur und werden darum! die Parteilage im all gemeinen wenig beeinflussen,. Was, abgesehen von dem Streit über Vergangenes, namentlich über die Schuldfrage beim Zerfalle des alten Blockes, die Parteigeister am meisten erregt, ist die Frage der Wahlrefprm in Preußen. Nachdem durch eine preußische Thronrede eine Wrhlreform angekün digt worden ist, wird diese guch! nun in, Angriff genom men werden müssen. Ohne Zweifel wird dieses The ma von Rednern der Listken schön bei der Etatsdebatte im Reichstage berührt werden. Wir halten es jedoch für ausgeschlossen,, daß der neue Reichskanzler sich auf eine Erörterung hierüber ein lassen und Aufschlüsse über das, was etwa die preußische Regierung zu tun sich entschlossen hat, geben werde. Die Frage gehört nicht vor den Reichstag, und mag die Art ihrer Lösung auch einwirken auf das Verhältnis der Parteien im Reichs tage zueinander, so ist doch die Lösung selbst ausschließ lich die Sache Preußens und als solche jeder Einwirkung des Reichstages entzogen. Tagesgeschichte. Deutschland. — St apellauf.der„ Thü ri,ngen". Das Li-- nienschiff „Ersatz Beowuls" ist Sonnabend nachmit tag auf der Wärst der Aktiengesellschaft Weser in Grö- pelingen glücklich voU Stapel gelaufen. Der Großher zog von Sachsen hielt die Taufrede'. Die Herzogin von Sachsen-Altenburg taufte das Schiff auf oen Namen „Thüringen". — Der. sozialdemokratische Wahlsieg, !in Halle a. S Konnte der Sieg des konservativen Kandidaten in Lanhsberg a. W.-sSoldin nicht vollkom men befriedigen, weil nicht alle bürgerlichen Parteien «geschlossen gegen den Sozialdemokraten austraten, so Muß der sozialdemokratische Mahlsieg in Halle a. S. um so tiefer bedauert werden, als hier wirklich alle" ^bürgerlichen Parteien zusammengingen und es gleich wohl nicht fertig brachten, dem freisinnigen Kandidaten Reimann zum Siege zu verhelfen» Schuld an dem Erfolge der „Genossen" trägt ohne Zweifel die Lau heit der bürgerlichen Wähler, von denen diesmal knapp L2000 an der Wahhurne erschienen, während bei den allgemeinen Wählen des Jahres 1907 nscht weniger als 25 249 bürgerliche Stimmen abgegeben worden wa ren, daß der Sozialdemokrat vor nahezu drei Jah ren nur etwa 22 000 und jetzt über 26 000 Stimmen er hielt, ist kein Grund zu der AnNghme, daß Konservative oder Mitglieder des Bundes der Landwirte gegen den freisinnigen und für den sozialdemokratischen Kandi daten gestimmt hätten. Die Zahl der Wähler hat sich in den annähernd drei Jahren doch» vermehrt. Die bürgerlichen Parteien haben jetzt aber ganz beson deren Anlaß zur Rührigkeit, da die Verärgerung wei ter Volkskreise infolge der Finanzreform ufw. doch eine recht starke ist. — Die sozialdemokratischen Or gane sind über den Wahlsieg des Genossen Kunert ganz aus dem Häuschen und zeigen damih daß sie ihn nicht erwartet hatten, lieber das Wahlergebnis äu ßern sich die bürgerlichen Blätter mit tiefster Erbitte rung. So sagt di« „Tägl. Rundsch'.": Der Fall im Halle gibt im besonders ernsten Maße zu denken. Das Bür gertum Hat eine Niederlage erlitten, die alles bisherige in den Schatten stellt, und die ganz allein dadurch zu erklären ist, daß die Partei der Indifferenten, die der nationale Elan 1907 für die bürgerliche Sache mit fortriß, diesmal Mann für Mann in das sozialdemo kratische Lager marschiert ist, weil sie das Vertrauen zu den bürgerlichen Parteien verloren haben. Das Blatt macht die Haltung der Köniservativen im Kampfe um die Finanzreform für diesen wie für die andern sozialdemo kratischen Wahlsiege der jüngsten Zeit verantwortlich. Dis „Nordd. Allg. Ztg." will erst nähere Darlegungen aus dem Wahlkreise selbst abwarten, ehe sie ein Ur teil fällt. — Reichstagsersatzwahl in Eisenach- Dsrmba ch Nachdem der durch die Triolen-Affäre als Abgeordneter unmöglich gewordene bisherige Vertre ter von Eisenach-Dermbach, Schack, seün Mandat süd lich niedergelegt hat, steht in dem genannten Kreise eine Ersatzwahl bevor. Da die Zahl der Anhänger der Wirtschaftl. Vereinigung, deren Kandidat Schack war, erheblich zurückgegangen ist', so werden am Tage der Ersatzwahl ein Freisinniger und ein Sozialdemokrat um die Palme zu ringen haben. — Ein neuer Kriegshelm soll bei der In fanterie eingeführt werden. Er ist aus einem grünen Stoff, ähnlich dem bei der Maschimengsswehrabteilung gebräuchlichen gefertigt. Auch bei diesem Helm ist die vislangegriffene Spitze beibehalten, wird aber im Ge fecht abgieschraubt. Sie und der übrige Beschlag sind matt bronziert, können also nicht mehr durch Blinken zum Verräter werden. Das Praktische aber an dem neuen Helm ist, daß die beiden Schirme vorn und hinten aufgeklappt werden können. Bei der neuen K'ampfes- weise wirb fast nur noch im Liegen gefeuert, und, dabei führten die Schirme des alten Helms viel zu Unträgk- lichkeiten, indem sie teils gegen das Gepäck schlugen, teils den freien Ausblick des Schützen hemmten. Beim nunmehrigen Kriegshelm ist das vermieden. Dieser neue Helm wird gegenwärtig den Regimentskammern einer Anzahl Jnfanteriere'gimenter zum Ausprobieren überwiesen. — Im Kieler Werftprozeß nehmen die Ver handlungen ost eine so humoristische Wendung, daß das im Gerichtsbericht häufig wiederkehrende Wort „Heiterkeit" sehr begreiflich« erscheint. In der Tat war die letzte große Auseinandersetzung zwischen den Sach verständigen und den Angeklagten über die Gepflogen heiten im Alteisenhandel überreich an komischen Stel len. Die Sache hat aber auch ihre ernste Seite. Durch den Kieler Prozeß ist festgestellt wo öden, daß nicht bloß die Verwaltung der kaiserlichen Werst ihrer Re form dringend bedurfte, es ist auch festgestellt worden, daß gewisse Teile des kaufmännischen Gewerbes in Zu kunft etwas mehr als bisher unter die Beobachtung -er Gerichte gestellt werden müssen. Man ergötzte sich an folgenden besonders bezeichnendem Stellen: Alt eisenhändler Felix Cohn-Berlin als freiwilliger Zeuge bekundete, haß die Bahn« mit ihren Gewichten nicht zuverlässig sei. Meistens hätten die Angestellten der Bahn auch gar keine Zeit dazu, genau zu wiegen, selbst wenn sie es wollten. Bon der Durcheinan,Verwerfung guter unh schlechter Altmaterialien bekundete der Zeu ge, daß dies allgemein üblich sei, das sei ähnlich wie beidn Gutsbesitzer, der auch billiges unH gutes Ge treide mische. Hier ereignet sich ein kleiner Zwischenfall, als der Geschworene Gemeindevorstand Voß-Wesselbu- ren die Worte des Zeugen als Beleidigung der Land wirtschaft bezeichnete. Cohn erklärte, daß er nur an den Getreidehandel gedacht habe. Frankenthal, der Angeklagte, behauptete, daß im Alteisen handel von 20 Händlern neunzehn mischen, und daß der zwanzigste es auch tut, aber es bloß nicht sagt. Der LachverH kündige Kaufmann Sauer Berlin erklärte dagegen, es ei geradezu eine Schande für den Alteisenhandel, wenn o etwas öffentlich gesagt werdet Es sei ja leider Tat sache, daß solche Grundsätze im Alteisenhandel herrsch ten, anständige Kaufleute hielten sich aber au andere Grundsätze. Frankenthal blisib einen Gegenhieb nicht schuldig und erwiderte, daß gerade im Berlin so viel schlechte Ware gemischt werde, daß die Kieler Häusler die reinen Waisenknaben dagegen wären» Der Zeuge Kaufmann Kc,rn bekundete, er habe gelernt, daß man aus 100 Tonnen Späne 135 Tonnen mischen könne, bei Weber in Bochum habe er das gelernt. Der Angeklagte Jacobsohn fragte, ob der Zeuge misse, was der Sohn dieses Weber sei? Kern amtwvrtete, er sei Gerichts assessor. Jacobsohn antwortete: „Das ist nicht rich tig, der Betreffende ist Staatsanwalt!" Auch das mit Spannung erwartete Gutachten des Gerichtschemikers Prof. Dr. Jessrich liegt nunmehr vor. Bei den Briefen u. Abrechnungen des Angeklagten Frankenthal sind vier verschiedene Tinten in Frage gekommen, unter ihnen isst eine Tinte, die.der im Untersuchungsgefängnis des Kieler Landgerichts völlig gleichartig ist. — Die Frage, ob der Angeklagte Frankenthal tatsächlich Briefe ge fälscht hat, isst noch nicht gelöst, man muß noch weiteres abwarten. Sturm in der bayrischen Ab g e ordne- tenkammer. Bei der Beratung, des Umlagegesetzes zum Einkommensteuergesetz überstimmt die aus Kon servativen und Zentrum bestehende Mehrheit die li berale Minderheit. Die Sitzung, die unter gewaltigem 'Lärm verlief, mußte schließlich abgebrochen werden, da der Führer der Nationalist,eralen erklärte, seine Freunde müßten sich erst darüber schlüssig machen, ob sie unter solchen Umständen sich überhaupt noch an der Beratung beteiligen könnten. Frankreich. — König Manuel von Portugal hat den Hof Englands verlassen uns weilt seit Sonnabend in Paris, das er wahrscheinlich am Mittwoch wieder ver lassen wird. Politische Motive sind dem Besuch nicht beizul'sgen, immerhin munkelt mam daß der König, sich für das Zustandekommen eines portugiesisch-fran zösischen Handelsvertrages verwenden will. Spanien. — General Marinas erklärte den Krieg in Ma ro kk o für beendige da er auf seinem jüngsten Vorstöße keänem Widerstande seitens der Rifkabylen mehr be gegnete. Ob die Sach!e damit erledigt isst, bleibt abzu- wapten. England. — Die Abwehr einer möglichen Inva sion. Das ist die Generalidee der ganzen englischen Kriegskunst. Im nächsten Sommer soll Blättermeldun- gsn zufolge die ganze Territorialarmee mobilisiert wer den, um einer von der regulären Armee mit Trans- portschsiffen dargestellten Invasion zu begegnen. Im London sollen zudem in nächstem Zeit schon, die Wir kungen von aus Lüftschiffen herabgeworfenen Bomben, studiert werden. Man sieht, Nervosität ist ein schwer zu heilendes Uebel. Dänemark. — Der sozialdemokratische Bürgermei ster in Kopenhagen. Die Nachricht, daß der Ge noss v P. Knudsen (seines Zeichens früher Handschuh macher) zum Bürgermeister in Kopenhagen gewählt sei, ist in diesen ForM unrichtig. Knudsen, der in Deutsch land sehr bekannt ist, und den man als Leiter der po litischen Organisation den Titel „der dänische Bebel" beigelegt hat, ist seit 20 Jahren Folkethingsabgeordne- ter und seit 12 Jahren Stadtverordneter. Er ist in seinen Formen ein außerordentlich liebenswürdiger