Volltext Seite (XML)
Ams- M AllWMtt Abonnement vtertelj. 1 M. 50 Pf. einschließl. de« .Jllustr. UnterhaltungSbl.* u. der Humor. Beilage .Seifen blasen* in der Expedition, bei unseren Boten sowie bei allen Reichspostanstalten. Lelegr.-A-rrssr: Amtsblatt. für den Wrk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. Erscheint täglich abends mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage für den fol genden Tag. JnsertionspreiS: die kleinspaltige Zeile 12 Pf. Im amtlichen Teile die gespaltene Zeile 30 Pf. /rrnsprccher Nr. 2IÜ. -n 58. Jahrgang. Mittwoch, den 20. Oktober Die Eisenacher Gedenkfeier an die Gründung des Nationalvereins. Eine glänzende Versammlung von Reichs- und Landtagsabgeordneten fand vo,m Freitag bis Sonntag voriger Woche in 'der alten Wartburgstadt Eisenach statt, an der deutschesten.Stätte Deutschlands, wo, wie es in der Festrede des Herrn Professor Hieb er hieß, Berg und Schloß und Land in Einent erinnert au Gro ßes und Gutes, Holdes und Gewaltiges aus verklun genen Tageu, um die Erinnerung an die vor 50 Jah ren erfolgte Gründung des Nationalvereins, aus dein dann die nationalliberale Partei hervorging, zu feiern. Die größten Leuchten unseres Reichstages, Geh. Re gierungsrat Professor vr. Paasche, Bassermann, Professor Hieber,vr. Stresemann, auch der grei se Mitbegründer des Deutscheü Nationalvereins, Kom- lmerzienrat Sw a ine, waren vertreten. — Nun sind die Festtage vorüber. Sie Haben in die Wartburg stadt, in der es um diese Jahreszeit still zu werden beginnt, eine Fülle patriotischer Anregungen getra gen, und rückströMeUd- wird diese Flut unsere gange politische Hantierung beleben. Auch die politische Han tierung innerhalb der engen Parteigrenzen. Es läßt sich nicht verkennen, daß mach der Hochstimmung des Sommers, nach dem Aufschwung der Gemüter, der so herzbewegend auf dem Berliner Parteitag zum Aus druck gekommen war, hier mich» da wieder der Zweifel Eingang zu finden versucht Hat. Daß man angesichts der nicht gerade ermutigenden »Ergebnisse der letzten Reichstagswahlen stutzig zu werden »ansing und die Bedächtigen, Skeptischem deren es "in jeder Partei gibt, gelegentlich wohl sich und 'andere mft der Frage quäl ten : sind wir denn mun eigentlich, auch aus. dem rechten Wege? Solchen Träumern, und versonnenen Grüb lern hat BassermarM in der zündenden Rede, die er am Sonnabend auf-dem Begrüßungskominers der Eisenacher hielt, die passende Antwort gegeben. Er hat darauf Angewiesen^ daß die Zahl der rational liberalen Wahlstimmew 1903 und 1907 um rund 400000 gewachsen ist und daß schon- darum kein Grund vor liege, in neurasthenischer Bekümmernis-über einen na tionalliberalen Niedergang zu klagen. - Er hat dann aber auch, des weiteren »betont — und. das dünkt uns ein zutreffendes ,unsd ungemein schlagfertiges Argu ment —„ haß die -Haltung der Nationalliberalen in nicht zu langer Frist -auch durch die Tatsachen,, sozu sagen offiziell, gerechtfertigt werden, würde. Denn die sogenannte Rerjchssinanzreform, die konservative und klerikale Stilisten feit nuUmehr einem Vierteljahr mit vollen Backen preisen; ist ungenügend. Wenn inan dann aber — wohl mehr über kurz als über lang — die Finanzen des Reiches von neuew reformieren wird., wird auch an der Erbschaftssteuer nicht mehr vorüber zugehen sein. - Und was Bassermann- so am Vorabend awgebaui Hatte, das führte am Tag darauf Professor Hieb er bei der eigentlichen Erinmerungsseier im Marienthal weiter. Er gab — wenigstens- im ersten Teil seiner Gedenkrede — Geschichte ; aber er gab sie immer in Be ziehung auf die Gegenwart. Er zeigte, wie die Gedan ken, die einst die Grürcher des Nationalvereins bewegt hatten — die Einheit Unh die Freiheit — ihre Verwen dung «gesund-en hatten beim Reichsbau; wie dieser Bau ohne den Nationalverein und. das Frankfurter Parla ment kaum möglich gewesen- wäre und wie Bismarck, indem er nach der Neubefestigung des preußischen Kö nigtums dem Volke d as allgemeine gleiche Wahlrecht schenkte, jenen Bund zwischen dem nationalen und dem liberalen Gedanken schuf, der hinterher dann ganz folgerichtig in der Begrüchd-chng der nationalliberalen Partei seinen weiteren Ausdruck fand. Eines von den hohen Gittern, um die man einst im Nationalperein rang, ist inzwischen erstritten: unerschütterlich und nach menschlichem Ermessen unverlierbar steht die Einheit des Reiches da. Um die Freiheit allerdings muß da und dort noch, hartnäckig gekämpft werden, und viele von uns empfinden, wie Lothar Bucher einmal klug und fein die Notwendigkeit des Liberalismus motiviert hat, mit wachsender Belliemmung, daß unsere öffentlichen Zustände nstcht Mehr unseren Bedürfnissen adäquat sind. Der Hunger nach Liberalismus, von- dem Bassermann vor ein paar Jahren, sprach, ist heute berechtigter denn je. Dennoch gibt es keine andere Möglichkeit, diesen Hunger Au stillen;, als wenn man den liberalen Ge danken dem nationalen paart. Das ist — darin hatte Professor Hieber gan- recht — das Erbteil, das uns vom Nationalverein überkam. Und nur insdem wir's bewah ren, werden wir siegen. Tagesgeschichte. Deutschland. — Die Konfirmation der kaiserlichen Prinzessin Viktoria Luise vollzog sich am ver gangenen Montag voxmittags in ebenso schlichter wir feierlicher Weise. Außer dem Kaiserpaar und den näch sten Angehörigen waren nur wenige Fürstlichkeiten in der stillen Friedenskirche zu Potsdam anwesend. Die Prinzessin verlas ihr felbstverfaßtes Glaubensbekennt nis, worauf der Oberhofprediger Dryander, unter Assi stenz einiger andrer Geistlicher den Segen über die hohe Konfirmandin sprach. — Das Gotteshaus war herr lich mit Teppichen, Gewinden aus Eichen- und, Blut buchenlaub, Chrysanthemen und blutroten Alpenveil chen ausgeschmstckt. Die kaiserlichen Eltern geleiteten die Prinzessin vor den Altar und nahmen, die Tochter in der Mitte, auf goldenen Sesseln Platz. Im Kirchen raum, auf prachtvollem roten Riesenteppich, standen 60 Sammetsessel für die geladenen Fürstlichkeiten und sonstigen Gäste. Unter letzteren bemerkte man neben dem Reichskanzler und Frau von Bethmann-Hollwez den Fürsten und die Fürstin Bülow. — Zum Gedenken des 78. Geburtstages Kaiser Friedrichs war am Montag das Mauso leum in der Friedenskirche zu Potsdam würdig mit Blumen ge schmückt. Die stille Feier hatte diesmal besondere Bedeutung noch, als das Kaiserpaar nach Beendigung der Einsegnungs feier mit seiner Tochter das Mausoleum besuchte und am Sarkophag des unvergeßlichen Toten einen Kranz niederlegte. Verschiedene Fürstlichkeiten, ebenso Ab ordnungen von Regimentern erschienen gleichfalls im Mausoleum. — Eine Botschaft des Kaisers an Taft. Der Kaiser beauftragte den nach WashiUgton zurück- reisewden Botschafter Mafew Bernstorfs, dem Präsi denten Taft seinen Dank für die gastfreie Aufnahme des deutschen Geschwaders und des Großadmirals von. Köster anläßlich der Hudson-Fulton-Feier auszuspre- chem, — Persönliche Fühlungnahme mit den Führern der bürgerlichen Parteien des Reichstags sucht der gegenwärtige Reichskanzler von B e thm a n w - Ho llw eg, gleich seinem Vorgän ger Fürsten Bülow und gleich Bismarck, zu nehmen. Herr von Bethmawn wird in ähnlicher Weise, wie es die beiden genannten Kanzler taten, mit den. Führern der bürgerlichen Parteien Rücksprache über wichtige Gesetzentwürfe Pflegen, bevor diese veröffentlicht oder an den Reichstag gebracht werden. Diese Methode ist durchaus empfehlenswert, denn, es wird in münd lichem Besprechung des für und wider häufig leichter eine Verständigung über strittige Fragen erzielt, als durch hitzige Reichstags-Debatten. Diese Methode wird noch erfolgreicher wevden, wenn es gelingt, inehr Män ner des praktischen Lebens als deutsche Volksvertreter gewinnen. Aussicht dazu soll ja voryanoen — Wie die „Nordd. Allgemi. Ztg." erklärt, ist die Nachricht, daß sich ander holländischen Grenze infolge erhöhten Schmuggels von.Tabak und Kaf fee eine Verstärkung bei: Zollbeamten notwendig mache, durchaus unzutreffend. — Die Berliner Ferrer-D emon, st rat to nen um vergangenen Sonntag hchbeu, wie zu erwar ten stand, nicht zu Szenen geführt, wie sie ängstliche Gemüter nach den Vorgängen in Paris befürchteten. Zwar kam es p uch in Berlin verschiedentlich zu Rei bereien mit der Polizei, die bestrebt war, beabsichtigte Stvaßenumzüge zu verhindern. Es gelang ihr oas auch und die geplanten Demoustrationen vor der spanischen Botschaft mußten unterbleiben. — Für die Hinterbliebenen Liliencrons, des verstorbenen großen deutschen Dichters, wird eine Nationalspende gesammelt, sie wird am 3. 1. 1910 geschlossen. — Striegau, 17. Oktober. Zu dem Denkmal, das zur Erinnerung an die in der Schlacht bei Hohen friedberg am 4. Juni 1745 gefallenen Oesterreicher und Sachsen an der Chaussee von Striegau nach Günthers dorf errichtet werden soll, wurde heute der Grundstein gelegt. Deutsche Kolonien. — Welch gute Ei nnahmequelle die deutsch südwestafrikanischen Diamanten-Felder für den Staat find, beweist, daß, laut „Frkf. Ztg.", der südwestafrikanische Landesfiskus seit Errichtung der Diamantenregie bisher rund 3^/z Millionen Mark ge zogen hat. Das ist schon ganz hübsch und dabei hat die Diamantenbeförderung erst begonnen. — ,Sultan Matsche mb a f. Aus dem Süden von Deutsch-Ostafrika kommt die Nachricht, daß der Sultan Matschemba gestorben sei. Bis zum Jahre 1899 war er im Hinterlande von Lindi angesessen und störte andauernd dort die Ruhe. 1895 hatte ihn zwar der damalige Oberstleutnant von Trotha zur Unterwer fungveranlaßt, in Wirklichkeit aber blieb er immer auf sässig und widerspenstig. Als mau endlich von unserer Seite Ernst machte und ihm mehrere Kompanien auf den Hals schickte, flüchtete er über den Grenzfluß, oen Ro- wuma, in portugiesisches Gebiet. Seit einem Jahrzehnt war er für die Portugiesen eine Quelle dauernden Aer- gers, zumal sie nicht die nötige Energie und zureichende Truppenmengen aufbrachten, um ihn energisch zu züch tigen. Spanien. — In den s Pa wischen Kammern bildeten am Sonnabend die ausländischen Kundgebungen über dis Hinrichtung Ferrers den Gegenstand lebhafter Debatten. Im Senat erklärte sich iw Beantwortung einer Anfrage des Demokraten- Diaz Moren oer Mi nister des Aeußern, wie der Telegraph aus Madrid berichtet, damit einverstanden-, dem Senat die amtlichen Telegramme mitzute-ilen, welche ihm aus fremden Städ ten über die letzten Ereignisse zugingen. Er brachte sie zur Verlesung und erklärte im Anschluß daran, die Re gierung werde keinerlei Einmischung in ihr Tun und Lassen dulden. Im weiteren Verlaufe der Senatssitz ung griff der Demokrat Diaz Moren die Politik der Regierung an und erklärte, die Kundgebungen des Aus landes feien durch das Verhalten, der spanischen Re gierung veranlaßt. Diese Erklärung rief Lärmszenen hervor. Der Minister des Aeußern erwiderte, kein guter Patriot dürfe den Märchen Glauben schenken, die im Ausland die Ansicht erweckt hätten, daß man in Spanien jemanden wegen seiner Ideen verurteile. Das sei ganz und gar unrichtig. Der Republikaner Odon de Buen erklärte, die Regierung hätte schon zurücktreten sollen, sie hätte es in ihjrer Macht gehabt, die Besu delung der spanischen Flagge im Auslande zu vermri- den. Der Minister des Aeußern erklärte daraus, die Protestkundgebungen im Auslande rührten von solchen Leuten her, die sich in Unkenntnis über die spanischen Gesetze befänden. Alsdann wurde die Sitzung geschlos sen. — Der spanische Finanzminister fordert einen au ßerordentlichen Kredit vow'68 Millionen Pe setas für den Feldzug bei Melilla bis zum Ende des Jahres. England. — Ferrer-Dessnonstrationen in London. Londons Volk, sonst fischblütig und- nicht so leicht aus dem Gleichgewicht zu bringen, veranstaltete auf dem historischem Trafalgar-Square vor der NelsomSäule ein Meeting, das so wild- und stürmisch verlief, daß es den Pariser Szenen kaum nachstand-. Zu ernstlichen Zusammenstößen mit der Polizei kam es jedoch auch in London nicht. Griechenland. — Die Lage in Griechen-lawd spottet jeder Beschreibung. Der König Georg, ist nach dem Rück tritt der Prinzen aus der Arches noch weniger als ein Schattenköwig; das Offizierkorps herrscht schran kenlos und hat längst auch das Parlament unter seine Botmäßigkeit gebracht. Das Offizierkorps beschuldigt den König, die Angliederung Kretas an Griechenland absichtlich versäumt zu haben, um seinem zweiten, Soh ne, -dem Prinzen Georg, die Möglichkeit zu bieten, als Gouverneur des unabhängigen Kreta zu walten., Die Militärliga, wie sie sich nennt, ist jetzt dabei, ohne die Regierung zu befragen,, für die Durchführung ihrer Absichten eine auswärtige Anleihe aufzunehmen. Lokale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 19. Oktober. Die nunmehr endgültig abgeschlossene Landtagswählerliste verzeichnet in der Stadt Eibenstock 1477 Wähler. Davon haben 1 Stimme 584, 2 Stimmen 452, 3 Stimmen 154 und 4 Stimmen 287 Wähler.