Volltext Seite (XML)
Amts- niiS AWMblatt für den Bezirk Kes Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. Abonnement oiertelj. 1 M. 20 Pf. einschließl. deS „Jllustr. Unterhaltungsbl." u. der Humor. Beilage .Seifen blasen"' in der Expedition, bei unseren Boten sowie bei allen Reichspostanstalten. Lrlegr.-Ädreste: Amtsblatt. Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag u. Sonn abend. Jnsertionspreis: die kleinspaltige Zeile 12 Pf. Im amtlichen Teile die gespaltene Zeile 30 Pf. Fcrusprcchrr Nr. 2I<>. 53. Jahrgang. Donnerstag, den 27. September Das Konkursverfahren über das Vermögen des Tischlermeisters Nnx »»um»nn in Schönheide wird nach Abhaltung des Schlußtermins hierdurch ausgehoben Eibenstock, den 21. September 1906. Königliches Amtsgerichl. Nr. 1 des Verzeichnisses der dem Schankstättenvcrbot unterstellten Per sonen und Nr. 17 des H Nachtrages zu diesem Verzeichnisse find zu streichen. Stadtrat Eibenstock, den 25. September 1906. Hesse. Mrt. Ein Deutsch-Amerikaner über unsere Sozialdemokratie. Der Deutsch-Amerikaner vr. Wolfgang Max Schultz in Chicago hat kürzlich in den „Preußischen Jahrbüchern" einen ausgezeichneten Artikel über die deutsche Sozial demokratie veröffentlicht, der gevade deshalb von be sonderem Interesse ist, weil er aus dem großen Industrie lande jenseits des Ozeans kommt. vr. Schultz geht von dem Gedanken aus: „daß es falsch und unwahr ist, den Ausgleich der wirtschaftlichen Gegen sätze als Ziel und Grundsatz der Politik (d. h. politischer Agitation im Staate) aufzustellen — denn darin liegt eine Vergewaltigung des Grundprinzips alles Lebens, das im Streben nach Differenzierung (der Verschiedenheit des Wirkens und Daseins aller Lebewesen) beruht". Damit drückt dieser wackere Deutsch-Amerikaner schon in seinem ersten Satze der sozialdemokratischen Gleichmacherei den Stempel der Unnatur und inneren Unwahrheit auf und weist nun an Jahrtausenden nach, wie alle irdischen Gebilde, Pflanzen, Tiere und Menschen — namentlich auch diese — seit ihrer Erschaffung an diesem „Grundprinzip" fefthielten. „Der .lebendige Odem', der von dem Schöpfer dem Menschen eingehaucht wurde, war zugleich auch der Be ginn der Differenzierung der menschlichen Lebenstätigkeit, der Ausgangspunkt der im Laufe der Zeiten nach allen Richt ungen auseinandergehenden Wege, die sowohl die Völker wie die Individuen (jeder einzelne Mensch) in der Entwicklung und Gestaltung ihres Daseins einschlugen. So natürlich und unwiderstehlich diese Differenzierung (Streben nach eigenar tigem Sonderdasein) in der Betätigung des Menschenlebens ist, so natürlich und unvermeidlich sind auch die wirtschaft lichen Gegensätze, die zu allen Zeiten da waren. Wenn nun die Sozialdemokratie den Ausgleich der wirtschaftlichen Gegen sätze auf ihre Fahne schreibt, so verspricht sie etwas, was sie niemals halten kann; sie will das Grundprinzip alles Lebens vergewaltigen, und das kann sie nicht." Sehr unbefangen und treu schildert vr. Schultz sodann die öffentlichen Zu stände seiner Heimat, der Ver einigten Staaten von Nordamerika: die An häufung ungeheurer Vermögen in den Händen Einzelner, die Klassenjustiz, die Korruption im Geschäftsleben und Beamten mm, das anwidernde Treiben der „übermütigen Herren menschen", die Unehrlichkeit der Berufspolitiker und das frag würdige Gebühren der Polizei, und meint zutreffend: „Das alles würde gewiß einen herrlichen Agitationsstoff für die Sozialdemokratie abgeben, und man kann gar nicht aus denken, wie es im deutschen Reichstag zugehen würde, wenn Herr Bebel und seine Partei derartigen Stoff zur Verfügung hätten." Aber, fragt er dann weiter: „Warum hat Amerika keine Sozialdemokratie, obwohl die amerikanische Arbeiterschaft in der „Labor-Union" (Arbeiter- Genossenschaft), die sich in Fach-Unionen über alle Arbeits zweige verbreitet, eine sehr straffe Kampfesorganisation besitzt?" Die Antwort lautet: „Sehr einfach —die ameri kanische Arbeiterunion vertritt die wirk lichen Forderungen eines Arbeiters; die deutsche Sozialdemokratie aber eine (angeblich) „intelligente" radikale Partei, die es verstanden hat, die Interessen des deutschen Arbeiters in ihr Programm einzukleiden. Der amerikanische Arbeiter vertritt sich selbst, ist selb st ä n d i g — der deutsche läßt sich von einer Schar von (angeblich) „Intellektuellen" vertreten, die die Sache des Ar beiters mit Dingen verquicken, die ihre, aber nicht der Arbeiter Herzenssache sind. Der deutsche Arbeiter in der Sozialdemokratie ist unselbständig." „Daher haßt auch der amerikanische Arbeiter", nach vr. Schultz' weiteren Ausführungen, „seinen Arbeitgeber und seine Kapitalisten nicht." Die entgegengesetzten Ansichten und Ge fühle habe der deutsche Arbeiter auch nur von seinen „In struktoren", die damit die Lebensinteressen des Arbeiters schädigen. „Deutschlands Fortschritte sind groß, aber wieviel größer könnten sie sein, hätten seine Arbeiter amerikanische Gesinnung", d. h. auf gut deutsch, wären sie nicht im Banne der Sozial demokratie, würden sich selbst vertreten und nur ihre wirklichen Forderungen geltend machen. So spricht ein freier Deutsch-Amerikaner. Hört es, Ihr Bebelsklaven! TageSgeschichte. — Deutschland. Am Dienstag wurde in Kiel S.M.S. Deutschland in den Flotten-Verband eingestellt, und zwar als Flaggschiff des Prinzen Heinrich, des neuernannten Chefs der aktiven Schlachtflotte. Das bis herige Führerschiff Kaiser Wilhelm II. gibt diese Funktion auf und tritt als Geschwaderschiff in den Verband der zweiten Division zurück. Deutschland ist mit Wohnräumen für den Kaiser ausgestattet und weist alle technischen Neuerungen auf, um als Admiralschiff eines Verbandes von 16 Linienschiffen seinen Platz voll auszufüllen. — Zu der Thronsolgefrage in Braunschweig veröffentlicht Graf von der Schulenburg, der Führer der Braunschweiger welfischen Parteien, eine Erklärung, in der es u. a. heißt: Der Herzog von Cumberland wünsche unter Zuziehung seiner Söhne und Berater und auf Grund des in Gmunden liegenden Aktenmaterials alsbald zur Braunschwei ger Thronfolgefrage Stellung zu nehmen. — Neuerdings ver lautet, daß der Landtag bei etwaiger Unentschiedenheit des Herzogs von Cumberland einen neuen Herrscher in der Person des zweitberechtigten Agnaten, des Herzogs Karl Borwin von Mecklenburg-Strelitz, zweiten Sohne des Großherzogs Adolf Friedrich, zu wählen beabsichtige. — Hunderttausend Mark für gemeinnützige Zwecke stellte der Landtag von Sachsen-Altenburg dem Her zog aus Anlaß seines 80. Geburtstages zu freier Verfügung. Der Herzog hat der Spende aus eigenen Mitteln noch 50000 Mark hinzugefügt. — In Mannheim ist der sozialdemokrarische Par teitag zusammengetreten. Abg. Dreesbach begrüßte die Ver sammlung mit einer Ansprache, in der er betonte, auch dies mal würden scharfe Worte fallen, aber auch diesmal würde der Parteitag reine Luft schaffen. Das Band, das die Partei, mit der Gewerkschaftsbewegung verknüpfe, werde befestigt werden. Dann eröffnete Adg. Bebel den Parteitag namens des Vorstandes mit einer Rede, in der er die Vorgänge in der preußischen und deutschen Politik besvrach. Zu Vorsitzen den des Kongresses wurden Singer und Dreesbach gewählt. Ein Antrag, auf die Tagesordnung „Die russische Revolution und die deutsche Arbeiterklasse" zu setzen, wurde zurückgezogen, nachdem Singer namens des Parteivorstandes bemerkt hatte, daß der Parteitag es sich ohnedies nicht nehmen lassen werde, bei passender Gelegenheit der russischen Revolution „bewun dernde Sympathie" auszusprechen. — Hamburg, 25. Septbr. Der Postdampfer „Gertrud Woermann" ist heute nachm. 5 Uhr mit 60o in die Heimat zurückkehrenden Kriegern an Bord, von Swakop- mund kommend, in Cuxhaven eingetroffen. Die Truppen werden daselbst zum ersten Mal bis zu ihrer Entlassung in dem großen Schuppen der Hamburg - Amerika - Linie unter gebracht. — Unter den Herero in S ü d w e sta fri ka befindet sich eine immer steigende Partei, die den Kampf gegen die Deutschen aufgeben will. Man hält den Widerstand für vergeblich und viele von ihnen sprechen es aus, daß man die Widerspenstigen unschädlich machen muß. Dadurch wird aber die Feindschaft unter den beiden Parteien immer größer. Aus dieser Spaltung ergeben sich manche Vorteile für uns, denn unter Mitwirkung dieser friedlichen Elemente wird es zweifellos gelingen, der sich noch im Felde herumtreibenden Räuberbanden Herr zu werden. Ausgezeichnete Dienste haben uns die Verläßlichen als Sendboten bereits geleistet und es steht zu erwarten, daß das auch beim Patrouillenreiten unter Beobachtung der gehörigen Sicherheitsmaßnahmen der -Fall sein wird. Die Sendboten gehen bewaffnet aus, sie sind außerordentlichen Gefahren ausgesetzt. Davon ein Beispiel. Vor einiger Zeit begab sich der Herero Titus, früher Unter- kavitän von Otiisewa, in Begleitung anderer unbewaffnet zu einer widerspenstigen Hererowerft im Khomasgebirge, um sie zur Uebergabe zu bewegen. Die Herero gingen mit. Halb wegs ergriffen ihn jedoch die scheinbar friedfertigen Volks genossen und schnitten ihn in Stücke. — Rußland. Zu der bevorstehenden Rückkehr derZarenfamilie sind die denkbar größten Vorsichts maßnahmen getroffen. Für Neu-Peterhof und Zarskoje Sselo sind von dem kürzlich ernannten Palastkommandanten Dedjulin neue Bestimmungen ausgearbeitet worden. Für den militärischen Sicherheitsdienst kommt zunächst die Hauptwache in Betracht, die unter direkter Leitung des Palastkommandanten General Dedjulin steht. Ferner sind selbständige Benach richtigungswachen eingerichtet worden, die der Einfachheit und schnelleren Orientierung halber mit Nummern versehen sind und von welchen jede sowohl mit dem Palastkommandanten als auch mit dem Führer der Hauptwache telephonisch in Verbindung treten kann. Um zwischen diesen Benachrichtig- ungswachen eine lebende Verbindung herzustellen und in jedem gewünschten Moment eine Verständigung oder Verbindung aller Benachrichtigungswachen zu erzielen, verkehren zwischen ihnen berittene Patrouillen. Außerdem sind zahlreiche Streif wachen eingeführt worden, die stets in unmittelbarer Ver bindung mit der Hauptwache stehen, Tag und Nacht deren Anordnungen weiter geben und Kontrolldienste ausführen. Für den zivilen Sicherheitsdienst besteht ein sehr starkes Zivilkorps, das sich aus einer großen Anzahl besonders zu verlässiger Geheimagenten rekrutiert, von denen eine bestimmte Kategorie nur den Innendienst innerhalb des Zarenschlosses und die andere den Außendienst versieht, der sich auf die Bezirke außerhalb des militärisch bewachten Rayons er streckt. Da man mit den Passierscheinen trübe Erfahrungen gemacht hat und sollst auch die Zuverlässigkeit der Beamten selbst im engeren Hofhalt des Zaren stark anzweifelt, so hat General Dedjulin besondere Vorschriften erlassen, die den Zu gang in die Nähe der Zarenschlösser und den Verkehr mit den Hofbeamren sehr erschweren. Jedenfalls erwarten den heimkehrenden Zaren die denkbar besten Sicherheitsmaßregeln. — Der Kassierer der russischen Katharinen bahn, Arzmowitsch hat durch falsche Buchungen den Staat um 600000 Rubel geschädigt. — England. Der britische Kriegsminister Haldane hat kurz nach seiner Rückkehr von den Manöver» in Deutsch land in Newcastle-on-Tyne eine Rede gehalten, worin er sagt, daß die Beziehungen zwischen Deutschland und England besser geworden seien, nachdem die 15000 Mann deutscher Truppen in Südwest-Afrika auf 7000 Mann ver mindert wurden. Dadurch wird unser, d. h. der Engländer, Werk in Südafrika viel bequemer. Daraus ersieht man, daß die Briten die Truppen in Südwest-Afrika mit Miß trauen betrachtet haben, obwohl schon von militärischer Seite darauf hingewiesen worden ist, daß diese Truppe kaum hin reichte, um den Kampf mit den Aufständischen und die Auf rechterhaltung der Ruhe und Ordnung in dem großen Schutz gebiete durchzuführen. Merkwürdig ist auch der Hinweis auf das Werk der Engländer in Südafrika und die Verbesserung der Beziehungen der beiden Staaten. In Deutschland hat man an so etwas nicht gedacht. Die Briten haben offenbar gefürchtet, daß die große deutsche Truppenmachr dort auf das Buren-Element in Südafrika nach manchen Seiten einwirke. Aus der Verminderung des Mißtrauens gegen Deutschland gehen aber noch weitere Maßnahmen des britischen Ministeriums hervor. Herr Winston Churchill hat neuerdings zu erkennen gegeben) daß die Regierung ent- schlossen ist, die englische Garnison in Südafrika auf 3000 Mann zu vermindern. Damit ist in Verbindung zu bringen, daß neuerdings eine bedeutende Anwerbung von Konstablern in England für Südafrika statlfindet. Die Truppen werden vermindert, aber die englische Polizei wird dort verstärkt. Die Konstabler haben dort das Wahlrecht, die Mannschaften des Heeres nicht. So erreicht man einen doppelten Zweck, bei den Wahlen wird das britische Element verstärkt und man spart an den hohen Kosten der Garnison. Alle Maß nahmen der Engländer haben einen politischen Hintergrund. — London, 24. September. Ein in den Abend blättern veröffentlichtes Telegramm aus Kapstadt bringt die Nachricht, daß 2 Engländer wegen Lieferung von Waffen über die Grenze an Hereros zu Geld strafen von je 30 Pfund Sterling oder im Falle der Nicht zahlung zu je 4 Monaten Gefängnis verurteilt worden sind. Der Richter verurteilte die Handlungsweise der zwei Leute in schärfsten Ausdrücken und wies auf die gespannten Be ziehungen zu Deutschland hin, die voraussichtlich eintreten würden, wenn solche unerlaubte Handlungsweise nicht scharf unterdrückt würde. — Amerika. In Amerika hat eine massenhafte Lynch ung von Negern stattgefundcn. Aus Atlanta (Georgia), 23. September, wird darüber gemeldet: Zahlreiche Bergewalflgungen weißer Frauen durch Neger haben die hiesige weiße Bevölkerung aufs höchste erregt. Gestern begann ein allgemeiner Angriff gegen die Neger. Ein Pöbelhaufe zog nach dem Negerviertel, mißhandelte die Neger und Negerinnen mit Stöcken und warf nach ihnen mit Steinen. Miliz wurde beordert, es dauerte aber sehr lange, ehe sie zur Stelle war. Man nimmt an, daß etwa 30 Neger hier und in der Um gegend getötet worden sind. Lokale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 26. September. Als Bewerber um unsere Stadtmusikdirektorstelle hat sich u. a. Herr Hans Tittel aus Lößnitz, Sohn des dortigen Stadtmusikdirektors Herrn Tittel, eines geborenen Eibenstockers, gemeldet. Wie aus dem Anzeigenteil zu ersehen, veranstaltet derselbe am morgigen Donnerstage im Deutschen Hause hier ein Probe konzert, wobei er uns Gelegenheit geben wird, ihn gleich zeitig als Cello-Solist kennen zu lernen. Herr Tittel hat das Konservatorium in Leipzig besucht und nachdem in ver schiedenen Kapellen gewirkt. Hoffen wir, daß sich das In-