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Amts- M Aiizchebtlltt für de« Abonnement vierlelj. 1 Pt 20 Ps. cinschlietzl. des »Jllustr. Unterhattungsbl." u. der Humor. Beilage »Seifen blasen-' in der Expedition, bei unfern Boten sowie bei allen Reichspostanstalten. Wrk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. Vrschtint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag u. Sonn abend. Jnscrtionspreis: die kleinspaltige Zeile 12 Pf. Jin amtlichen Teile die gespaltene Zeile 30 Pf. AL LN«A Donnerstag, den 12. März Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. —: -...., . — -! SO. Jahrgangs Die Benutzung städtischen Leitungswassers zu Bauzwecken betreffend. Vor Beginn der Bauperiode wird in Erinnerung gebracht, daß das städtische Leitunaswasser zu Bauzwecken nicht ohne vorherig« Anzeige benutzt werden darf. Abgesehen davon, daß angesichts der häufigen Uebertretunaen gegen die rechtswidrige Verwendung des städtischen Leitungswassers im gegebenen Falle gerichtlich vorgegangen ivird, ist nachträglich der volle Bauwasserzins von dem Betroffenen beizuziehen und jedes Erlaßgesuch wegen geringen Wasserverbrauchs auf Grund Stadtratsbeschlusscs im Einver nehmen mit dem Wasserausschuffe von vornherein abzulchnen. Dabei wird bcinerkt, daß eigenmächtig bewirkte Anschlüsse an die städtische Wasserleitung, welche also dem Stadt rate auch nicht vorher angezeigt sind, ebenfalls als rechtswidrige Handlungen voin Stadt rate gerichtlich verfolgt werden. Eibenstock, am 7. März 1903. Der Stadtrat. Hesse. Müller. Die vedingte Begnadigung. Im Anschluß an die im Reichstage verbreitete Denkschrift über die bedingte Begnadigung dürfte er angebracht sein, einige Erläuterungen zu dem Gegenstände zu geben, der trotz seiner großen sozialen Bedeutung noch nicht die verdiente Aufmerksam keit findet. Die bedingte Begnadigung ist eine abgeschwächle Form der bedingten Verurteilung, und diese ist amerikanischen Ursprung». In Amerika gibt e» besondere Beamte, die dafür zu sorgen haben, daß jugendliche Angeklagte womöglich vor dem Ge fängnis bewahrt bleiben. Zu diesem Zwecke können sic verlangen, daß der Verurteilte .zeitweise auf Probe gestellt wird". Eine solche .Stellung auf Probe" Hal zur Folge, daß der Verurteilte vorläufig auf freiem Fuße bleibt, jedoch durch den staatlichen Beamten, der zu seinen Gunsten eingeschritten ist, beaufsichtigt wird und auf dessen Antrag einer Besserungsanstalt überwiesen werden kann, wenn er sich in der Probezeit abermals eine Straf tat zu Schulden kommen läßt. Da» amerikanische Vorgehen sand zunächst in der kontinen talen Strafrechtspflege keine Beachtung, bi» im Jahre 1887 da englische Parlament eine Bill erließ, kraft deren bei den Jugend lichen, die zum erslenmale eine strafbare Handlung begehen, die Aburteilung auSzusctzen und erst dann eine Gefängnisstrafe zu verhängen ist, wenn der probeweise Freigelassene sich innerhalb der Frist nicht bewährt. Au« dem amerikanisch-englischen System hat sich dann die eigentliche bedingte Verurteilung entwickelt, wie sie in Belgien und in Frankreich zu Recht besteht. Das Wesen der bedingten Verurteilung liegt darin, daß, wenn ein Angeklagter zum erstenmal zu einer kurzen Gefängnisstrafe verurteilt wird, die Vollstreckung de» Urteil» von Gerichtswegen während einer bestimmten Zeit ausgesetzt werden kann. Begeht nun der so be dingt Verurteilte in der Bewährungsfrist keine strafbare Hand lung wieder, so erlischt da» Urteil von selbst, die Strafe wird nicht vollstreckt und die Verurteilung ist al« nicht geschehen zu erachten. Wenn dagegen der bedingt Verurteilte noch im Laufe der Bewährungsfrist abermals mit dem Strafgesetz in Konflikt gerät, dann muß er neben der neuen, ihm auferlegten Strafe auch die im ersten Urteil erkannte voll verbüßen. Die Vorteile dieser Einrichtungen werden immer mehr ge würdigt, nachdem man die Schädlichkeit der Freiheitsstrafen ins besondere gegenüber jugendlichen Personen erkannt hat. Der Aufenthalt im Gefängnis ist für diese oft eine wahre Schule de» Laster» und legt in den jungen Herzen, die meist doch nur au« Unbesonnenheit gefehlt haben, erst den Grund zur völligen Verderbnis. Dazu kommt, daß die Unglücklichen, die einmal mit dem Makel einer Gefängnisstrafe in früher Jugend behaftet worden sind, förmlich al» verfehmt gelten und zuweilen die schwersten Demütigungen über sich ergehen lassen müssen. Wenn aber irgendwo, so muß gerade bei jugendlichen Personen die staatliche Strafgewalt al» Hauptzweck die Besserung de» Ver urteilten im Auge haben. Au» diesem Grunde hat sich denn auch die deutsche Straf justiz nach längerem Zaudern, da« in der Notwendigkeit, erst die praktischen Wirkungen der Einrichtung in den übrigen Ländern abzuwarten, seine Begründung fand, entschlossen, dem fremden Beispiele zu folgen. Bei un» hat man indes der bedingten Be gnadigung, richtiger dem Strafaufschub mit der Aussicht aus spätere Begnadigung, den Vorzug gegeben. Seit dem 1. Januar herrschen einheitliche Grundsätze, durch die eine gleichmäßige Hand habung der Einrichtung in den verschiedenen Bundesstaaten ge sichert ist. Darnach soll von dem bedingten Strafaufschub vor zugsweise zu Gunsten solcher Verurteilten Gebrauch gemacht werden, die bei der Tat da» 18. Lebensjahr nicht vollendet hatten. Da« Gericht hat darüber zu entscheiden, ob Ihnen ein Straf aufschub bewilligt werden soll. Die Bewährung«frift kann auf mehrere Jahre bemessen werden. Wie au» der eingangs er wähnten Denkschrift hervorgeht, sind in Deutschland bisher nicht weniger al« 72,, vom Hundert aller jugendlichen Verurteilten endgültig begnadigt und damit vor dem Gefängnis bewahrt worden. Tagesgeschichte. — Deutschland. Am 9. März waren, wie bereit« erwähnt, 1b Jahre seit dem Tode Kaiser Wilhelm« de» Großen vergangen. Der Trauertag hob fast um dieselbe Stunde, in der der Kaiser da« Zeitliche gesegnet hat, mit einer Trauercour am Sarge an, der mit einer Fülle frischer Blumen dicht bedeck« war. Zur selben Zeit läutete die große Glocke der Kaiser Wilhelm Gedächtnis-Kirche. Da« Innere de« Mausoleum« in Eharlotten- burg war mit einer kostbaren Blüten- und Pflanzendekoration geschmückt. ES waren nur Blumen mit weißen Blüten verwendet. Kurz vor 9'/^ Uhr traf da« Kaiscrpaar im Mausoleum ein, wo e« vom Prinzen Heinrich erwartet wurde. — Wie in voriger Nr. bereit« gemeldet, wurde das Publi- kandum de« Bischofs Korum von Trier zurückgezogen. Das ist ein Rückzug, eine so eklatante Niederlage aus kirchlicher und politisch-klerikaler Seite, wie sie die katholische Kirche und da« Zentrum selten zu verzeichnen hat. Da« am Sonntag, den lb. Februar, also vor reichlich drei Wochen, in allen Pfarrkirchen der Stadl Trier verlesene Publikandum hatte folgenden Wort laut: „Die heilige Pflicht der Eltern ist die gute Erziehung ihrer Kinder. Die Religion muß aber die Grundlage der Er ziehung bilden. -Nach wiederholten Entscheidungen der Kirche ist es katholischen Eltern nicht erlaubt, ihre Kinder in nicht katholische oder konfessionslose Schulen zu schicken, besonders wenn an demselben Orte katholische Schulen vorhanden sind. Dieser Grundsatz gilt auch für Trier und für die hiesige konfessionslose höhere Töchterschule, und kann nicht abgeändert werden. Daher erklären die Pfarrer der Stadt Trier ini Anschluß an den Erlaß des hochw. Herrn Bischof«: Wenn katholische Eltern ihre Kinder ohne die wichtigsten, von der Kirche anerkannten Gründe, welche für schulpflichtige Kinder höchst selten gelten können, und ohne die notwendigen Vorsichtsmaßregeln dieser Schule überweisen, so versündigen sie sich schwer und können im Sakrament der Buße nicht losgesprochen werden. Demnach bitten und beschwören die Psarrer der Stadt Trier die katholischen Ellern, dieser ihrer heiligen Pflicht und ihrer Verantwortung vor Gott doch ein gedenk zu sein." Nach den vielen Zustimmungsadressen, die der Bischof aus katholischen Kreisen erhielt und bei der Unterstützung, die ihm die ultramontane Presse zu teil werden ließ, muß der nun auf Veranlassung der preußischen Regierung erfolgte, weder bei den Freunden noch bei den Gegnern de« Bischofs Korum in dieser Art erwartete glatte Widerruf von der Kanzel um so tieferen Eindruck machen. ES ist ausnahmsweise einmal ein schwerwiegender Sieg der Staatsgewalt über klerikale Uebcrgriffe zu rühmen; die römische Kurie hat einen allzueisrigen deutschen Bischof, dessen Verhalten laut Erklärung de« Reichskanzler« den konfessionellen Frieden gefährdete, desavouiert. Wenn etwas ge eignet ist, die Befriedigung über diesen Ausgang nicht allzu hoch kommen zu lassen, so ist e« die Besorgnis, daß nun zur Be lohnung wohl um so eher der Jesuitenorden seinen Wicdereinzug in da-Deutsche Reich halten wird. — Der bezügliche Erlaß lautet: „Gemäß den Erläuterungen der Minister im Abgeordnetenhause und weiteren Mitteilungen hat die Königliche Staatsregierung die Absicht, den Wünschen der Katholiken in der hiesigen Schul frage gerecht zu werden. Deshalb hat der Bischof in Uebcrein- stimmung mit dem Heiligen Vater angeordnek, daß unsere Kanzel publikation wegen veränderter Umstände al« nicht geschehen zu betrachten sei." — Der sächsische Gesandte in München, Frhr. ». Friesen, hat die vormalige Kronprinzessin in Lindau weder gesehen noch gesprochen, sondern nur bei der Frau Groß herzogin von Toskana Erkundigungen über die weiteren Dispo sitionen eingezogen. Von sächsischer Seite ist kein Versuch gemacht worden, die Prinzessin zum Verlassen Lindaus zu bewegen, wohl aber scheint die deutlich hervorgetretenc Stimmung der Lindauer Bevölkerung ihre Entschließung zu beeinflussen. Sie beabsichtigt, gutem Vernehmen nach, die Insel Whigt zu längerem Aufenthalt aufzusuchen. — Dem Kapitän LanS, dem Kommandeur des „Iltis" bei der Beschießung dec Takufort», ist vom König von England der Bath-Orden verliehen worden. Der englische Botschaster in Berlin überreichte Kapitän Lan« den Orden im Auftrage des König« und gab ihm zu Ehren ein Frühstück, wozu der englische Marine- und Miiitär-Attacha Einladungen erhalten hatte. — In der Provinz Posen scheint für die ReichSlagS- wahlcn ein Kompromis der deutschen Parteien auf der Grundlage der Wahrung des gegenseitigen Besitzstandes in Aussicht zu stehen. In einer in Meieritz abgehaltenen Versamm lung de« deutschen Wahlverein», die sich für die Wicderaufstellung de« bisherigen Abg. v. GerSdorss-Bauchwitz entschied, teilte der Majoratsbesitzer Major ». Klitzing aus Schloß Neudorf mit, der Kaiser habe ihm gegenüber den Vorwurf ausgesprochen, daß wir Deutsche un« nicht einigen könnten. Wenn wir zusammenhalten würden, würden wir der Polen Herr werden. Auf direkte An regung de« Kaiser« solle in der ganzen Provinz Posen ein Kom- promi« der Deutschen geschlossen werden, wo die Liberalen in der Majorität seien, sollten die Konservativen für diese, wo die Kon servativen da« Uebergewicht hätten, sollten die Liberalen für diese stimmen. E« wäre erfreulich, wenn diese« Wahlbündnis im Kampfe gegen die Polen zustande käme. — Italien. Das römische Blatt „Tribuna" meldet, es scheine nunmehr gewiß zu sein, daß der Kaiser von Ru ß- land im November nach Rom komme. — China. Nach einer Meldung des Reutcrschen Bureaus aus Peking, l i. März, hat Juanschikai Truppen gegen eine Boxerabteilung abgesandt, welche in einer Stadt lOO Meilen östlich von Peking militärische Ucbungcn vornahm. Die Boxer wurden zerstreut, zwölf wurden getötet. Es wurden aber auch mehrere Solvatcn getötet. Die Gefangenen wurden ent hauptet und ihre Köpfe öffentlich ausgestellt, ferner wurde öffent lich bekannt gegeben, daß auf Mitgliedschaft und Unterstützung der Boxersekle die Todesstrafe steht. — Der „Daily Mail" wird dagegen aus Schanghai gemeldet, daß die Aufständischen in der Provinz Kwangsi von den Kaiserlichen Truppen Munition er hielten. Verschiedene Städte seien von den Aufständischen in Kwangsi genommen worden und die Autorität der Regierung habe in der Provinz fast ausgehört;, in Schantung äußerte sich der Christcnhaß in der Zerstörung von Kirchen. Ob diese letzteren, sehr beunruhigend klingenden Nachrichten sich bestätigen, bleibt abzuwarlen. Jedenfalls dauert es nun schon Monate, daß war nende Stimmen und Zeichen von neuen Gärungen im weiten chinesischen Reiche sich erheben. Deshalb haben auch die euro päischen Kolonien in Schanghai die schließlich von China vurch- gesetztc Zurückziehung der englischen, französischen, deutschen uno japanischen Truppen sehr ungern gesehen. Localc und sächsische Nachrichten. - Eibenstock, 12. März. Den III. öffentlichen Vor trag im Kaufmännischen Verein hielt vergangenen Mon tag Herr Ur. Theo Sommcrlad über das Thema: „Der deutsche Kaufmann und die deutsche Geschichte." Redner wie« daraus hin, wie da« Charakterbilo de» Kaufmann« in der Geschichte schwanke, und wie ungünstig er besonders von, Mittelalter mit seiner ver kehrten Auffassung, daß jeder ein Wucherer sei, der teurer ver kaufe als einkause, beurteilt worden ist. Au« der Geschichte geht jedoch hervor, daß er keineswegs der engherzige, nur auf seinen eigenen Vorteil bedachte Krämer ist, sondern daß er jederzeit seine hohen Ideale hat, und daß ihm besonders in Bezug auf die nationale Entwickelung unseres Volke» außerordentliche Verdienste zukommcn. Erst durch die sozialen Reformen Karls de» Großen wird da« Auftreten eine« deutschen Kaufmannsstande« ermöglicht. Die Wiedergermanisierung de» deutschen Osten« und damit die bedeutende Vergrößerung de« produzierenden und konsumierenden Hinterlandes, die Entwickelung der Städte und andere günstige Umstände verhelfen dem Handel unv insbesondere dem Seehandel in den nächsten Jahrhunderten zu einem großartigen Aufschwung. Wa» die Hansa für Deutschland und da» ganze nördliche Europa bedeutet hat, ist bekannt. Mehr infolge de« wirtschaftlichen Ver fall« Deutschlands durch die Religionskriege als infolge der epoche machenden portugiesischen Entdeckungen geht der Welthandel von, 16. Jahrhundert ab mehr und mehr für den deutschen Kaufmann verloren und es bildet sich zeitweilig jener kleinliche Krämergeist au», von dem man mit Recht verächtlich spricht. Im letztver gangenen Jahrhundert wurden dem deutschen Kaufmann durch die wirtschaftliche und politische Einigung Deutschlands, durch Schaffung einer starken Kriegs- und Handelsflotte, Erwerbung von Kolonien u. s. w. alle Vorbedingungen zum erfolgreichen Wettbewerb um den Welthandel unter den total umgcstalteten modernen Verkehrsverhältnissen gegeben. Mit einer kurzen Cha rakteristik de« Helden au» dem großen deutschen KausmannSroman „Soll und Haben" von Gustav Freytag schloß der Redner seine interessanten Ausführungen, dem die Anwesenden durch Applau dieren und Erheben von den Plätzen ihren Dank bekundeten. — Eibenstock. Da« Direktorium de» Landwirtschaft lichen Kreisvereins im Erzgebirge hat unter anderen den nach genannten landwirtschaftlichen Dienstboten Ehrenauszcichnungen zucrkannt und bei der am 8. d. M. in Schneeberg abgehaltenen landwirtschaftlichen Bezirksversammlung zur Aushändigung ge bracht: An Richard Baumann au» Sosa für 31jährige Dienste bei Herrn Gutsbesitzer Gustav Schneider in Sosa sowie an Ludwig Schürer au« Unterstützengrün für 30jährige Dienste im Gute de« Herrn Oskar Baumgärtel in Oberstützen grün je die vergoldete silberne Medaille für langjährige, treue Dienste in der Landwirtschaft und ein Ehrenzeugni«. — CarlSfeld 9. März, Nachm. 3 Uhr 1c> Min. Soeben wurden hier abermals drei heftige Erdstöße beobachtet, darunter einer ganz besonder» stark. — Dresden, 8. März. In der sächsischen Forstver- waltung stehen wesentliche Veränderungen bevor. Auf Befehl des König» ist eine Kommission von hohen Forstbeamten zusammengetrcten, um die gegenwärtigen Bestimmungen über die Verwaltung der königlichen Forsten einer Revision zu unter-