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Wochenblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt des königlichen Gerichtsamtes und des Stadtrathes zu Dischosswerda. »iS Zeitschrift erscheint wSchmtlich zwei Mal, Mittwochs und Sonnabends, und kostet vierteyährlich 12j Ngr. Inserate werden die gespaltene Zeile oder deren Raum mit 6 Pf., dergleichen unter vier Zeilen mit 2j Rgr. berechnet. Sonnabend, de« L8. Februar ! 1863. Vor 2 Jahren. El war a« 25. Februar 1861, dem Jahre-tage der dreitägigen Schlacht bei Grechow 1831, al« sich - in den Straßen Warschau« «ine Procesfion bildete. Sine ungeheuere Menschenmenge, die Fackel in der Han», die Fahne mit dem weißen Adler voran, schritten unter Abstngung de« Liede«: Svietx Lore, »heiliger Gott, mächtiger Gott, erbarme dich unser, wolle un« unser Vaterland witdergeben. Heilige Jungfrau, Kö nigin von Polen, bitte für un« !' nach der Kathedrale, eine Messe für die bei Grechow Gefallenen zu hören. Da eilte plötzlich der Chef der Polizei, der Oberst Trepow, mit zwei Schwadronen Gendarmen herbei, ritt in die dichten Massen hinein un» hieb ein. Mehr al« 40 Personen wurden getörtet oder verwundet. Der Haufe fiel auf di« Kniee nieder und setzte unter den Flüchen der ruistschen Soldaten seine» Gesang fort, kein« Hand erhob sich zum Widerstande. ES war am 27. Februar, der Tag, wo der Feld marschall PaSkewitsch »en Grafen ZawiSza nebst einigen anderen Polen hatte hängen lassen, ungeachtet der Bitten der Mutter desselben, deren Gestalt später seine im Tod« brechenden Augen erschreckte, al« ein Zug von mehr al« 30,000 Personen au« der Karmeliterkirche fich nach dem Palaste de« öconvmischen Verein« begab, der unter Vorfitz de« Grafen Andreas Zamoy-kl ver sammelt war, um diesen zu biften, eine Adresse an den Kaiser Alexander II. zu unterzeichnen, al« der General Zabolottky Kosaken auf die Menge lo-ließ, dir aber mals 10 Personen tödleten und mehr al- 60 ver wundeten. Am folgenden Tage empfing der Gouverneur Gort- schakof, bekannt au« dem Krimkriegr, den Erzbischof» der sich über Entweihung der Kirchen beklagte und einige Grafen und Bankier-, denen gegenüber er durch aus in Abrede stellte, daß der Befehl zu den Metze leien von ihm au-gegangen sei. Möglich, denn aller dings gab e» noch neben ihm einen Minister deS In nern un» de« Cultu«, Muchanof, der hartnäckig bliher dir Errichtung von höheren Schulen verweigert un» nur »ie der schönen Künste hatte bestehen lassen, in- dem er sagte: »Mögen fie malen, dann denken fie nicht!' Dieser hatte eine besondere vom Gouverneur Achtzehnter Jahrgang. unabhängige Stelle, gerade wie in China und Japan, wo auch immer rin Beamter den andern überwach». Am 2. März begleiteten mehr al« 100,000 Men schen die an den beiden Tagen Gefallenen zur Ruhe stätte. Da« russische Militär blieb in den Kasernen, der Leichenzug wurde von polnischen Studenten und Adeligen geleitet, Unruhe fiel keinerlei vor. Den Tag darauf fand eine Unterredung zwischen Gortschakof un» dem polnischen Grafen Zamoy«ki statt. Gortschakof gab darin zu verstehn, daß e« ihm lieber wäre, wenn die Polen Widerstand leisteten. Später wurde durch die Juden ein Circular entdeckt, durch welche« der Minister Muchanof die Bauern gegen di« Edelleut« aufwiegelte, wa« im ganzen Lande den tiefsten Un willen erregte. Woher nun die Aufregung gerade in dieser Zeit? Dieselbe stammt von dem Pariser Congreß, der dem Krimkriege ein Ende machte. Dort hofft« Polen, daß man ihm die 1815 gemachten Ver sprechungen erfüllen werde. Von Polen war aber dort gar nicht die Rede. Da hofften die Polen vom neuen Kaiser Alerander II., den fie so gütig gegen seine russischen Unterthanen sahen, gleiche Güte für fich und sprachen diese Hoffnung dem Kaiser gegenüber bei sei nem Besuche in Warschau au«. Allein der Kaiser antwortete: Ich' will, daß die von meinem Vater in Warschau hergestellte Ordnung bleibe. Also, meine Herren, kein« Träumereien! Meine Regierung wir» die Fortsetzung »er seinigen sei«. Wa« mein Vater gethan hat, ist wohl gethan gewesen! — Seitdem wurde die dumpfe Gährung in Polen tiefer und all gemeiner. Am 1. April wurden einige Concesfionen (Ver- sprechungen) in Polen bekannt gemacht, zugleich aber auch der ökonomische Verein, der freilich ein politischer geworden war, aufgehoben. Seitdem feierten »ie Polen jeden Gedenktag ihrer Geschichte. Die Damen trugen keine anderen al« Trauerkleider, daher auch Gorischa- kof bei seinem noch in demselben Jahre im Juni er- folgten Tode immer fich von schwarzen Damen um geben und bedroht glaubte. Am 7. April begab fich ein großer Haufe auf de» Kirchhof, für die im Februar Sefallenen zu beten. Da Alle« ruhig blieb, gingen die «»«gerückten Truppe» wieder in ihre Kasernen zurück. Am 8. April zogen