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Amts- M AUiMl für den Abonnement uiertelj. I M. 20 Pf. (incl. 2 illustr. Beilagen) in der Expedition, bei unfern Bo ten, sowie bei allen Reichs- Postanslalten. Schrk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. «»scheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Jn- scrtionspreis: die kleinsp. Zeile 10 Pf. Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: E. Hannebohn in Eibenstock. ' — 44. Jahrgang. " ' ' ----- AO. Dienstag, den 3. August L8SS Bekanntmachung. Nachdem der mitunterzcichnete Stadtrath auf Ansuchen die Auszahlung de» Unterstützungsgelder an durchreisende Kaufleute übernommen hat, werden die Fabrikanten und Kaufleute hier aufgefordert, sogenannte Hausgeschenke fernerhin nicht mehr zu verabreichen, sondern die darum ansuchendcn Personen auf das Rath haus zu verweisen. Eibenstock, den 30. Juli 1897. Der Rath der Stadt. Der Kaufmännische Verein. Bürgermeister. Hax I.uelnig, z. Z. Vorsteher. Gnüchtcl. Die Winklerstrahc wird bis aus Weiteres Eibenstock, den 2. August 1897. Bekanntmachung. für den Fährverkehr gesperrt. Der Rath der Stadt. Hess«. Gnüchtcl. Kündigung des deutsch englischen Handels vertrages- England hat seinen Handelsvertrag mit Deutschland ge kündigt; derselbe erlischt am 31. Juli 1898. Dieser Vorgang kommt überraschend, da in den letzten Tagen gemeldet wurde, daß die englische Regierung zu dem Entschluß gelangt sei, die Handelsverträge mit Deutschland und Belgien nicht zu kündigen. Tie Kündigung des Handels vertrags steht bekanntlich im Zusammenhang mit der kana dischen Zollfrage. Kanada hat beschlossen, der Einfuhr englischer Maaren besondere Vergünstigungen zu gewähren. Auf Grund der in den Handelsverträgen mit England ent haltenen Meistbegünstigungs-Klausel steht Deutschland und Belgien da» Recht zu, dieselben Vergünstigungen für sich in Anspruch zu nehmen. Die englischen Kronjuristen, die im Auftrag der Regierung die Frage untersuchten, sprachen sich dahin au», daß die kanadischen Vorzugstarife den Bestimm ungen der zwischen England einerseits und Deutschland und Belgien anderseits bestehenden Handelsverträge zuwiderlaufen. Es wurde daraus eine lebhafte Agitation von schutzzöllnerischer Seite auf Kündigung der Verträge eingcleitet und im Anschluß daran gemeldet, der Premierminister von Kanada, der au» Anlaß de» Regierungs-Jubiläum» der Königin in London anwesend war, sei mit der schriftlichen Versicherung der eng lischen Regierung zurückgekehrt, daß Großbritannien beschlossen habe, die Handelsverträge mit Deutschland und Belgien zu kündigen. Im Gegensatz dazu wurde aber in den letzten Tagen gemeldet, daß die englische Regierung diesen Entschluß nicht gefaßt habe, weil Großbritannien» Handel mit diesen Ländern werthvoller erscheine al» der mit den Kolonien und die Kündigung der Verträge schwere Verluste im Gefolge haben dürfte. Diese Meldung hat sich, wie die Bekanntmach ung. im .ReichSanz." erweist, nicht bewahrheitet. Für die deutsche Ausfuhr ist die Vertragskündigung von großer Bedeutung. Nach der letzten, im , Statistischen Jahr buch' für da« Deutsche Reich veröffentlichten Statistik betrug im Jahre 1895 der Werth der deutschen Einfuhr au» Groß britannien 578 Mill. Mark gleich 13,° Prozent der Gesammt- einsuhr, der Werth der Ausfuhr nach Großbritannien 678 Mill. Mark gleich 19,« Prozent der GesammlauSfuhr. Die Chamberlainschen Pläne eine» abgeschlossenen groß britischen Zollverein» zwischen England und seinen Kolonien reifen also wenigsten« theilweise der Wirklichkeit entgegen. England, da» Vaterland Richard Cobdens u. de» Freihandel», wirft jetzt selbst den Freihandel über Bord. Da« bedeutet einen Markstein in der Entwickelung de» Welthandel-Verkehr», wenngleich sich noch nicht genau sagen läßt, welche praktische Folgen diese grundsätzliche Wandlung nach sich ziehen wird. Von dem all-englischen Zollverein ist e» still geworden; c» scheint nicht, daß eine andere der sich selbst verwaltenden englischen Kolonien dem Beispiel Kanada» folgen will. Wa» diese» Land betrifft, so ist cbenfall» nicht anzunehmen, daß man dort au» bloßer Begeisterung für da» .größere Britan nien' sich durch Ausschließung der mit englischen Maaren konkurrirenden au»ländischen dauernd schädigen will. Die kanadische Maßregel ist von den Einen auf Mißvergnügen über die Erschwerung der Einfuhr amerikanischer, also auch kana discher landwirthschastlicher Erzeugnisse in verschiedenen europä ischen Ländern und auf die Absicht, durch die differentielle Zollbchandlung von diesen Erleichterungen zu erlangen, zurück geführt worden, von Andern auf ein heimliche» Einverständniß mit der Londoner Regierung, die in Kanada den Boden für einen Anfang mit dem all-englischen Zollverein günstig ge funden habe; in Australien und am Kap hat er sich inzwischen al« ungünstig erwiesen. Wird nun mit dem 31. Juli 1898 dauernd ein ver- iragslvser Zustand zwischen deutschem und englischem Handel eintreten, wie ein solcher bi» zu Graf Caprivi« Zeiten zwischen Deutschland und Rußland bestanden hat? Wird englischer seil» etwa für die Kronkolonien und Indien dem Auslande gegenüber ein Disferentialzollsystem beabsichtigt, welche» da» Ausland zu Gegcnmaßregeln herau»fordern könnte? Und wie gestaltet sich überhaupt da» internationale RcchtSverhäit- niß der englischen Selbstverwaltungs-Kolonien, wenn für diese, wie der kanadische Vorgang zeigt, die Londoner Zentralregier- ung keine völkerrechtlichen Verpflichtungen mehr zu übernehmen vermag? Zunächst bleibt abzuwarten, welche Tragweite in England selbst der Vertragskündigung beigemessen wird, ob man dort damit da» Feld für weitere Aenderungcn, al» für da« kanadische Differcntialsystcm, frei zu machen beabsichtigt. Der gekündigte Vertrag war am 1. Juli 1865 in Kraft getreten und zunächst bi» zum 30. Juni 1877, also aus 12 Jahre abgeschlossen. Von da an sollte er jährliche Dauer bi» zur Kündigung feiten» eine» der Kontrahenten haben. Nach erfolgtem Ablauf wird er also eine Dauer von 33 Jahren erreicht haben. Eine schwere Wassersnot^ haben die gewaltigen Regengüsse der letzten Tage in einem großen Theile Mitteleuropa» hcrvorgerufen. Leider ist auch unser engere» Vaterland Sachsen in erheblicher Weise von den Unwettern betroffen worden. Der Schaden, der an Ge bäuden, Feldfrüchten, Wegen, Brücken re. entstanden ist, be ziffert sich, da» steht schon jetzt fest, auf viele Millionen und auf lange Zeit hinau» wird man mit schmerzlichem Gedenken de» 30. Juli 1897 sich erinnern. Wa» Sachsen im Besonderen anlangt, so sind die bi» jetzt entstandenen Schäden fast ausschließlich durch die in rapider Weise zum Anschwellen gebrachten kleineren Flüsse und Bäche verursacht worden. Wenn diese Wasserläufe er freulicherweise schon wieder im Fallen begriffen sind und da» heutige schöne Wetter die Hoffnung auf da« Ausbleiben wei teren Regen» begründet erscheinen läßt, so ist doch damit für einen Theil unsere« Vaterlandes die Gefahr noch nicht behoben. Denn da« eigentliche Hochwasser der Elbe scheint nach den neueren Nachrichten erst bevorzustehen. ES würde den Raum unsere» Blatte» bei Weitem über schreiten, wollten wir über alle Vorkommnisse au» den Ueber- schwemmungSgcbieten berichten, wir bringen daher nur da» Hauptsächlichste au« unserem engeren Baterlande. Wa» Eibenstock und seine nächste Umgebung betrifft, so haben die Fluthen, obgleich dieselben auch hier eine unge wöhnliche Höhe erreichten, besonder» großen Schaden zwar nicht angerichtct, wenngleich auch verschiedentlich Ufermauern zerstört worden sind und die Auswaschung von Straßcnkörpern und Verschlämmung von Wiesenland vielfach stattgefunden hat. Einzelne Wiesen an den Wasserläufen hatten sich in große Teiche verwandelt. Ungleich schwerer wurden die Orte an der Mulde, dem Schwarzwaffer :c. betroffen. Wir lassen die Berichte au» den einzelnen Orten nachstehend folgen: Aue, 3l. Juli. Heute Nacht wurde unsere Stadt von gewaltigen Hochwasserfluthcn, welche besonder» da» Schwarzwasser au» seinem oberen Gebiete infolge anhaltender Regengüsse mit sich brachte, hcimgesucht. Schon am Nach mittag konnte man den Eintritt einer Katastrophe vorau»sehen. Die ungeheuren Wassermassen hatten zur Folge, daß gegen 8 Uhr Abend» der Bahnhof gesperrt werden mußte; um diese Zeit betrug der Wasserstand bereit» 3'/? Meter an der König Albert-Brücke. Alarmsignale der Fabrikpfeifen und Sturm läuten machten die Bewohner de» Auerthale» auf die drohende Gefahr aufmerksam. Die Feuerwehren, mit Fackeln au»gerüstet, retteten da» Mobiliar der gefährdeten, am Schwarzwasser ge legenen Häuser. Die OrtStheile Oberzelle und die Neustadt, sowie die Reich»straße bi» zum Blaufarbenwerke standen voll ständig unter Wasser. Der strömende Regen nahm immer mehr zu und ließ ein genaue« Bild über die angerichteten Verwüstungen erst heute früh zu. — Der erste von Schwarzen berg kommende Zug mußte aus offener Strecke in der Nähe der Klodt u. Mildner'schcn Fabrik kalten, da er nicht weiter konnte. Da« zweistöckige Hintergebäude de» obengenannten Etablissement» war während der Nacht fast ganz zusammen gebrochen. Der Eisenbahndamm der Schwarzenberger Linie wurde in einer Länge von 40 —50 Meter weggespült, sodaß die Geleise mit den daranhängendcn Schwellen frei in der Luft schweben. Der Verkehr wird durch Umsteigen auf da« nebcnliegende — glücklicherweise nicht beschädigte — Glci» der Adorser Bahn aufrecht erhalten. Die Telegraphenstangen wurden an der Unfallstellc umgerisscn und beschädigt. Da» Etablissement der Firma S. Wolle stand vollständig unter Wasser, sodaß heute Morgen der Betrieb nicht ausgenommen werden konnte. Auch die zahlreichen Betriebe in der Neustadt mußten ihre Arbeit einstellen, eineStheil», weil sie durch da» Wasser Schaden gelitten hatten, anderntheil», weil die Ar beiter infolge angestauten Wasser» nicht zu ihren Arbeitsstätten gelangen konnten. Der Wasserstand de» Flusse» war so hoch, daß er die Bogen der König-Albert-Brücke fast ganz ausfüllte. Da» zwischen der Bahnhofstraße und dem Muldenbelt gelegene Göpsertsche Hau» war stark gefährdet und mußte während der Nacht geräumt werden. Ebenso ist der JnterimSbau de» Gasthof« zum Muldenthal völlig unterspült und zur ferneren Benutzung untauglich geworden. Heute Vormittag '/,10 Uhr hatten sich die Wasser verlaufen. Glücklicherweise hat auch der Regen nachgelassen. Die Feuerwehren sind noch mit der schweren und äußerst langwierigen Arbeit de» Keller-Au»pum pen» beschäftigt. Schwarzenberg, 31. Juli. Infolge anhaltender Regengüsse ist die ganze Gegend überschwemmt, Brücken, Stege und Wehre sind wcggerissen. Viele Häuser stehen un ter Wasser. Der Bahnverkehr nach Johanngeorgenstadt ist eingestellt. Der Verkehr nach Aue wird durch Umsteigen aufrecht erhalten. Die telegraphische Verbindung nach Zwickau ist unterbrochen. Der Regen dauert fort. Der Schaden ist sehr groß, Unglücksfälle sind aber bisher nicht bekannt geworden. Johanngeorgenstadt, 1. August. Nachdem schon in den letzten Wochen mehrfache Regengüsse eingetrclen waren, stellte sich seit vorigen Donnerstag ununterbrochene» Regcnw etter ein, welche« namentlich am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag von einem orkanartigen Sturme begleitet war. Die Gewässer der Umgegend stiegen rapid, namentlich waren da» Schwarzwasser und der Breitenbach derartig angeschwollen, daß schon am Freitag Abend ein Aus treten de» Wasser» au» den Ufern in der Nähe de» Zusammen flusses zu befürchten war. Der unaufhörliche Sturm, welcher da« Regcnweltcr begleitete, brach in der Nacht zum Freitag auf dem hiesigenMarktplatze zwei Linden vollständig über der Wurzel ab, während auf dem Postplatze ebenfalls zwei Linden entwurzelt und andere stark beschädigt wurden. Ebenso wurden im Garten der im Thale liegenden Revierschmelzhütte zwei ca. 25 m hohe und in der Mitte noch 40 cm breite Wasser weiden au» dem Boden gerissen nebst dem die Wurzeln um gebenden Erdreiche. Am Freitag gegen Mitternacht vermehrte sich der Regen in geradezu besorgnißerregender Weise. Da» Schwarzwasser trat infolgedessen oberhalb de« hiesigen Bahn hof» au» seinen Ufern, riß den Damm entzwei und über- fluthete in derselben Weise wie im Jahre 1890 da» Bahnhof»- tcrrain. Da» Wasser strömte n> hoch vor dem Bahnhöfe vorbei und überschwemmte die Straße und Gcleiseanlagc, wo durch letztere stark verschlcmmt wurde. Da der Regen gestern gegen Morgen etwa» nachgelassen hatte, so fiel da« Wasser ziemlich schnell wieder, jedoib die ncueingetretenen Regengüsse verhinderten ein weitere» Fallen in der anfänglichen Weise, so daß gegen Mittag noch da» Wasser zwischen den Schienen bachähnlich hindurchlief und auch vor dem Bahnhofe sich bi» zum Abend hallen konnte. Wie zu erwarten war, haben die Fluthen großen Schaden an Brücken, Ufermauern u. Wehren verursacht, «o wurde da« Herrn Fabrikbesitzer Cohn gehörige Wehr oberhalb de« Bahnhof« arg beschädigt und die an dem selben befindliche, den Eingang zum Mühlgraben abschließende Schütze vollständig nebst etwa 8 in Ufermauer vom Graben weggeriffen. Die an demselben Ufer befindliche große Halde der St. Georg«-Zeche wurde zum Theil mit fortgeschwemmt.