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Amts- M AiiMkedlatt für den Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Jn- sertionspreis: die kleinsp. Zeile 10 Pf. SeM des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. Abonnement Viertels, l M. 20 Pf. (incl. 2 illustr. Beilagen) in der Expedition, bei unfern Bo ten, sowie bei allen Reichs- Postanstalten. .V 4» Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: E. Hannebohn in Eibenstock. ... 4S. Jahrgang. Sonnabend, den 25. April 18S« Der österreichisch ungarische Ausgleich. Der am vergangenen Sonnabend zum vierten Male er folgten Wahl vr. Lucger'S zum Bürgermeister von Wien toll, wie gemeldet wird, auch diesmal die Bestätigung ver sagt worden sein. Der Kaiser von Oesterreich konnte neben anderen Gründen auch darum die Wahl nicht bestätigen, weil der Politiker Lueger ein geschworener Feind der Magyaren ist und weil man diese in Wien jetzt warm halten muß wegen der Ausgleichsverhandlungen. Diese nehmen einen so schleppen den Verlauf wie keine ihrer beiden Vorgänger. Der Verkehr zwischen den Ministern der diesseitigen und denen der jen seitigen ReichShälste läßt allerdings an Lebhaftigkeit nichts zu wünschen übrig. Bald sind die österreichischen Minister mit ihren Referenten in Budapest zu Gaste, bald treffen die maß gebenden Persönlichkeiten der ungarischen Regierung in Wien ein, um die Schwierigkeiten abzulragen, welche sich gleich von Anfang an gezeigt haben, und die trotzdem eher wachsen als schwinden. In erster Reihe ist c» natürlich die Frage der Bci- lragSlcistung zu den gemeinsamen Ausgaben, welche die Ver ständigung in hohem Grade erschwert. Man hat cS in Oester reich längst al» eine große Unbilligkeit empfunden, daß die Aufthcilung der gemeinsamen Ausgaben in dem ungerecht fertigten Verhältnisse von 70 zu 30 erfolgt ist. Ungarn ist in dem Jahrzehnt, welches seit dem Abschlüsse des letzten Aus gleiches verstrichen ist, ökonomisch enorm gewachsen, und darf seit vielen Jahren nicht mehr al« ausschließlicher Ackerbau staat angesehen werden; denn es hat auch in industrieller Beziehung, allerdings gar sehr auf Kosten der andern Reichs hälfte, bedeutende Erfolge errungen, Erfolge, welche nur durch die weitgehenden Begünstigungen möglich waren, welche die ungarische Regierung den Unternehmern eingcräumt hat. Man kann e« dem finanziell so mächtig gewordenen Staate nicht verdenken, daß er, da seine Industrie früher nur küm merlich vegetirte, nach dieser Richtung zur Selbsthilfe schritt, aber da» hätte auf vertragsmäßiger Grundlage geschehen muffen. In Ungarn hat man jedoch, und da« wird von den österreichischen Industriellen mit allem Nachdruck immer wieder hervorgehoben, die österreichischen Industriellen vom Wett bewerbe in Ungarn nahezu ausgeschlossen und durch volkS- wirthschaftlich kaum zu rechtfertigende Begünstigungen eiscn- bahntarifarischer Natur die Ausfuhr der ungarischen Erzeug nisse gegenüber derjenigen der österreichischen wesentlich ge steigert. Trotzdem zögert Ungarn, jetzt etwas tiefer al« bisher in den Beutel zu fassen, um die beiden Rcichshälften gemein samen Ausgaben aufzubringen. E« will nur 3l,« Prozent, wie bisher, zu den gemeinsamen Ausgaben bcisteuern, während die österreichische Quotendeputation auf Grund ebenso ein gehender al« gewissenhaft ausgestellter Berechnungen die For derung erhebt, daß die ungarische Quote auf 43,i« erhöht werde. In dem Geldbeträge ausgedrückt, der hierbei in Frage kommt, bedeutet die Differenz zwilchen dem Vorschläge der österreichischen Quotendeputation und dem, was die ungarische gewähren will, 12,, Mill. Gulden. Die Wahrscheinlichkeit, daß vorerst ein Ausgleich nicht vereinbart und ein einjährige« Provisorium geschaffen werden wird, rückt immer näher und zwar nicht allein wegen der Schwierigkeit, die Hemmnisse rechtzeitig hinwegzuräumcn, son dern auch im Hinblick darauf, daß die beiden Parlamente, da» ungarische sowohl al« auch da» österreichische, im nächsten Frühjahr — wenn die Auflösung nicht früher erfolgen sollte — ihre Legislaturperiode beendigen und Neuwahlen vorge nommen werden. E« dürfte vermuthlich dazu kommen, daß dem Monarchen die endgültige Festsetzung der Quote, wie die« nach dem Gesetz vorgesehen ist, überlassen werden wird. Solch ein Schiedsspruch läßt aber bei dem Theile, der dabei zu kurz zu kommen glaubt, Bitterkeit zurück und e« ist zu be fürchten, daß, wenn Kaiser Franz Joseph eine Mittelsumme bestimmt, sich beide Reichshälften gleich beschwert fühlen. Aus der Einigkeit zwischen Oesterreich und Ungarn allein beruht die Großmachtstellung der habsburgischen Monarchie. Ungarn wird um seiner eigenen Existenz willen diese Einig keit nicht untergraben wollen und darum dürfte weder dies seits noch jenseits der Leitha in der Ausgleichsfrage schon da« letzte Wort gesprochen sein. Tagesgeschichte. — Deutschland. E« war die Idee aufgetaucht, den Reich «tag bereit« vor Pfingsten vertagen zu lassen, da die Durchberathung de« Bürgerlichen Gesetzbuche« sich al» eine Unmöglichkeit heraurstellt. Die Vertagung erscheint al« der beste Au«weg, um die Kommission«arbeit zu retten. Weder in RcgierungSkreiicn noch in maßgebenden RcichStagSkrcisen besteht aber diese Absicht. Auf alle Fälle wird man versuchen, ehe man sich überhaupt zur Vertagung entschließt, nach Pfingsten die Tagung fruchtbar zu gestalten. — Berlin, 23. April. Anläßlich des Geburtstags Sr. Maj. de» Königs von Sachsen schreibt die „Nordd. Allg. Ztg.: „Auch diesmal hat Se. Maj. der Kaiser e« sich nicht nehmen lassen, dem erlauchten Bundesgenossen seine Glückwünsche an der Schwelle de» neuen Lebensabschnitts per sönlich auszusprechen. Legt schon dieser Umstand Zeugniß für die engen Bande der herzlichen Freundschaft ab, welche da« Hau« Hohenzollern mit dem Hause Wettin verbinden, so habe da« preußische und deutsche Volk sich schon so lange daran gewöhnt, mit dem sächsischen die Festtage seine« Herrscher hauses gemeinsam zu begehen, daß auch heute alle patriotischen deutschen Herze» dem König Albert die wärmsten und auf richtigsten Wünsche für fein ferneres Leben wünschen." — Berlin. Se. Maj. der Kaiser hat, wie wir hören, in Karlsruhe den eingehenden Vortrag de« Ches« des Mi- litärkabinetS Generals von Hahnke in Sachen der Duell frage auf Grund eine« Bericht« des Generalmajors von Bissing entgegcngenomme». General von Bissing hat bekannt lich bei dem Duell Kotze-Schrader als Sekundant de« Frhrn. von Schrader fungirt. Die Entscheidung des Monarchen, welche dieser nach dem Rathc de» Großherzozs von Baden getroffen haben soll, beschäftigte die am Sonnabend Abend im ReichSkanzlerpalai« abgehaltcne Sitzung des Staatsmini sterium». Wie verlautet, bezieht sich dieselbe auf Disziplinar mittel und Neugestaltung der Funktionen der Offizier-Ehren- räthe einerseits, sowie andererseits auf Direktiven, mit welchen sich eventuell die gesetzgebenden Körperschaften in der Folgezeit zu beschäftigen haben werden. General v. Hahnke hatte sich bekanntlich am 13. diese« zu Sr. Maj. dem Kaiser nach Wien begeben. — Berlin. Die „Vossische Zeitung" beschäftigt sich in einem Artikel „Vom grünen Tisch" mit den unglaublichen Vorschlägen, die von der Reichskommission für Arbeiterstatistik bezüglich de« Ladenschlüsse« gemacht worden sind, sowie mit dem vor einigen Tagen mitgetheilten Entwurf einer Ver ordnung des BundeSrathS über den Betrieb von Buch druckereien, die gleichfalls eine bisher unerhörte Regle- mentirung diese« Gewerbe« in Aussicht nimmt. Mit Recht sagt die „Voss. Ztg.": „ . . . Diese Entwürfe über den Ladenschluß und über den Druckereibetrieb sind Zeichen der Zeit. Sie sind Ausflüsse der BcvormundungSshstem«, da« jetzt schon anderthalb Jahrzehnte seine Blüthen treibt. Ueberall wird kommandirt, dckretirt, rcglemcntirt. Alles wird vom grünen Tisch au« geordnet . . . „Es war einmal ein preuß ischer Staatsmann, der hieß Freiherr vom Stein und schrieb, man müsse die Nation zu selbstständiger, verantwortlicher Arbeit aufrufen und ihr dadurch da» Selbstvertrauen, den Muth und die Opferfreude der lebendigen Vaterlandsliebe erwecken. „Ich glaube, daß e« wichtig ist, die Fesseln zu brechen, wodurch die Bureaukratie den Aufschwung der mensch lichen Fähigkeiten hindert. Die Nation muß daran gewöhnt werden, ihre eigenen Geschäfte zu verwalten und au« diesem Zustande der Kindheit herauSzutretcn, worin eine immer unruhige, immer dienstfertige Regierung die Menschen halten möchte." .... Die Vorschläge über den Ladenschluß und den Druckercibetrieb sind nur Beispiele der heutigen Ver- waltungSart. Man könnte noch zahlreiche andere Thalsachen anführen, um zu zeigen, wie allenthalben eine ewig dienst fertige Regierung da» Volk leiten und beglücken will, mit der peinlichsten Sonntagsruhe wie mit der Polizeistunde für die Kneipen, mit der Theaterzcnsur und mit der Absperrung von Straßen, mit Anordnungen über Firmenschilder und Schließung von Vereinen. Da« Bevormundungssystem hat allgemach seinen Gipfel erreicht. Ob wir endlich auf einen Umschwung hoffen dürfen? Je mehr Bevormundung, desto mehr Ilnzufriedenheit. Je eifriger die Beglückungssucht, um so stärker die Umsturzbewegung." — Zur Bewegung gegen den allgemeinen Laden schluß erhält die „N. A. Z." au« einer märkischen Mittel stadt folgende Darlegungen, von denen ausdrücklich hervor gehoben wird, daß sie den Ansichten de« dortigen Verein« zur Wahrung der kaufmännischen Interessen und den that- sächlichen Verhältnissen genau entsprächen: „Der obligatorische Schluß der kaufmännischen Geschäfte Abend« 8 Uhr verbietet sich eigentlich von selbst, wenn man bedenkt, daß nicht nur in großen Städten, sondern auch in kleineren und kleinen, die Industrie oder einen lebhaften Verkehr haben, der Abend verkehr ein starker ist. Die Leute kommen um 7 oder gar erst um 8 Uhr von ihren Arbeitsstellen und können Einkäufe dann nicht mehr besorgen. Auch in Bürgersamilien, Gast häusern u. s. w. stellen sich in den Abendstunden oft noch Bedürfnisse ein, die gedeckt werden müssen. Noch größer aber sind die Bedenken, die in moralischer Hinsicht für den Handels stand selbst erstehen. In den mittleren und kleinen Städten ist der junge Mann meistens in dem Hause seine« Ches« statio- nirt, d. h. er ißt und wohnt beim Prinzipal, wirb auch meist wie zur Familie gehörig gehalten und untersteht, wie diese, dem Einfluß und der Eontrolc de« gemeinsamen Oberhauptes. Die« ist von großer Bedeutung, wenn man bedenkt, daß in den Geschäften fast allgemein offene Kassen bestehen, der junge Mann Maaren und Gelder empfängt und verabfolgt, über haupt ein Vertrauen genießt, wie in keinem anderen Stande. In diesen Geschäften werden Hans- und Geschäftsräume um 9 oder IO Uhr geschloffen und um diese Zeit geht alles zur Ruhe. Wenn nun der junge Mann außer dem Sonntag noch sechs Abende in der Woche frei bekäme, würde er Unterhaltungen in Restaurationen und Vereinen anzsuchen, und der Chef würde, um nicht kleinlich zu erscheinen, genöthigt sein, so viel Hau« schlüssel zu verabfolgen, wie er junge Leute hat. Die altbe währte Hausordnung der Handelshäuser, diese» Bollwerk gegen Ausschreitungen, würde fallen und die Disziplin gelockert werden. Jedenfalls muß es schwere Bedenken erregen, wenn für da« Alter, wo der Mensch am leichtesten zu Ausschreitungen neigt, Zeit und Gelegenheiten zu Genuß und GeldauSgaben vermehrt und dagegen die allerprobten Ordnnngen und Controlen für eine ernst-sittliche Lebenserziehung beseitigt werden." — Frankreich. Bourgeois hat dem Präsidenten Faure über das neue Zerwürfniß mit dem Senat, der die Madagaskarkredite abgelehnt hak, Bericht erstattet und dem selben zugleich Namen« de« GesammlministeriumS um Ent lassung gebeten. Der Pariser Stadtrath nahm nach lebhafter Debatte mit 38 Stimmen einen Beschluß an, in welchem dem Bedauern über den Rücktritt de» KabinctS Bourgeois Aus druck gegeben und eine Revision der Verfassung verlangt wird, um das allgemeine Stimmrecht gegen den Senat zu schützen. — Einen angenehmen Vorgeschmack von den Seg nungen des sozialdemokratischen ZukunftSstaatcS erhält die politische Welt von Belgien her, wo eine ganze Anzahl von Städten und Landorlen unter sozialdemokratischer Konnnunalvcrwaltung steht und dementsprechend auch die Stadthäupter Sozialdemokraten sind, nachdem da« neue Kom munalwahlgesetz den Radikalen die Erlangung der Herrschaft ermöglicht hat. Dort wird cS jetzt, wie man oer „Kreuzztg." schreibt, zum ersten Male Vorkommen, daß der l. Mai offiziell al» Feiertag begangen werden wird; am I. Mai wird zur Feier de« „WeltseiertagcS" die rothe Fahne vom Rathhause herabwehen, die Gemeindeämter und die öffentlichen Schulen werden geschlossen werden, weil e« so der souveräne Wille der sozialdemokratischen Gemcindebeherrschcr ist. Der Bürger meister von Seraing veranstaltet sogar zu Ehren de« I. Mai ein große» Volksfest im Rathhausc selbst, welches doch nicht den Sozialdemokraten allein sondern allen Gemeindebürgern gehört. — Rußland. Wegen der Zarenkrönung in Mos kau ist in Rußland verschärfte polizeiliche Beobachtung angc- ordnet worden. Wie die „Köln. Ztg." hört, soll in Peters burg eine Warnung einer europäischen Großmacht eingetroffcn sein, die bestimmte Anhaltspunkte dafür besitzen will, daß russische Nihilisten in Genf einen terroristischen Anschlag für die Krönungszeit geplant hätten, unter anderm wurde in der Warnung auch eine Frau, Russin, al« besonder« thätig unter den Genfer Nihilisten namhaft gemacht. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 24. April. Die Feier de« Geburts tage« Sr. Majestät unsere« allverehrten König« Albert wurde auch in diesem Jahre wieder durch Zapfenstreich und Weckruf eingeleitet. Vormittag» 10 Uhr fand in der Turn halle FestactuS der Bürgerschulen statt. Mittag« l'/, Uhr vereinigte sich eine größere Anzahl hiesiger und auswärtiger Herren im Saale de« Rathhause« zu einem Festmahle, bei welchem Hr. Bürgermeister Hesse den Trinkspruch auf Se. Majestät ausbrachte; auch wurde von den Versammelten ein Glückwunschtelegramm an König Albert abgesandt. Die freiw. Turner-Feuerwehr feierte den Geburtstag de« Lande-Herrn im Saale de« Feldschlößchen durch Eoncert, Theater und Tänzchen, während die Gesellschaft „Union" eine gleichartige Feier bereit» am Abend vorher in ihren GesellschaftSräumen abhielt. Der Militär-Verein, welcher auch ein Glückwunsch- Telegramm an Se. Majestät abgcsandt hatte, wird al« Nach feier von KönigSgeburtStag am Sonntag Eoncert und Ball abhalten. Die öffentlichen und viele Privatgebäude trugen zur Feier de« Tage« Flaggenschmuck. Da« Wetter, welche« Tag« vorher so freundlich sich gestaltete, hatte gestern leider wieder umgeschlagen und zeigt un« heute wieder ein echt winterliche« Bild. — Eibenstock. Diejenigen jungen Leute, die bi«her in der kaufmännischen Fortbildung«schule die GabelSberger'sche