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Amts- M AiWiMtt für den Abonnement oiertelj. 1 M 2V Pf. (incl. 2 illustr. Beilagen) in der Expedition, bei unfern Bo ten, sowie bei allen Reichs- Postanstalten. Wrk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Jn- sertionspreis: die kleinsp. Zeile 10 Pf. .tzr 18»» Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: E. Hannebohn in Eibenstock. - > » 44. Jahrgang. Donnerstag, den 11. März 3. öffentliche Sitzung des Stadtverordneten-Colleginms Donnerstag, den 11. März 1897, Avends 8 Wstr im Rathhanssaale. Eibenstock, den 9. März 1897. Der Stad tverordneten-Bor sicher. E. Hannebohn. 1) Abschluh der Wasserwerkskasse bez. Beschlußfassung wegen Anschluß des Messing werkes an die Wasserleitung. 2) Entbindung der Nachtschutzleute vom Laternenwärterdienst und Anstellung zweier Laternenwärter. 3) Gesuch des Erzgebirgs-Zweigvereins in Leipzig um Gewährung eines Beitrags zur Herstellung und Herausgabe eines Plakats vom Erzgebirge. 4) Richtigsprechung der Schulgelderrcchnung auf das Jahr 189S/96. 5) Kcnntnißnahmc von dem Schreiben der Kgl. Forstreviervcrwaltung Eibenstock, die Gewährung einer Beihilfe zur ordnungsmäßigen Unterhaltung des Eibenstock- Rautenkranzer Weges betr. 6) Kenntnißnahme von der Verordnung, die Bestätigung des Regulativs über die Fleischbeschau und des Statuts über die Freibank betr. Hierauf geheime Sitzung. Gefunden ivurde im Schaltervorraum des hiesigen Postamtes ein Portemonnaie mit 3 Mark 96 Pf. Inhalt. Der Eigenthümer hat sich innerhalb Jahresfrist an Rathsstelle zu inelden. Eibenstock, den 8. März 1897. Der Rath der Stadt. Hesse. Flg. Zur Reform der Jnvaliditäts- und Alters- Bcrsicherung. Obwohl nur schwache Aussicht vorhanden ist, daß der Reichstag in seiner laufenden Session auch die ihm zugegangene Novelle zum Invalidität«- und Altersversicherungsgesetz er ledigt, so stellen wir doch bei dem allgemeinen Interesse, die die Arbeiterversicherung hat, in folgendem die Aendcrungen an den bestehenden Bestimmungen zusammen, die die verbün deten Regierungen Vorschlägen. Zunächst soll der Kreis der Versicherungspflichtigen in sofern etwa» beschränkt werden, als Personen, welche Lohn arbeit nur in bestimmten Jahreszeiten für nicht mehr al» zwölf Wochen übernehmen, im klebrigen aber ihren Lebens unterhalt al« Betriebsunternehmer oder anderswie selbstständig erwerben oder ohne Gehalt oder Lohn chätig sind, der Ver sicherungspflicht nicht unterliegen sollen. Auch soll der BundcS- rath befugt sein, Ausländer, denen der Aufenthalt im Jnlande nur aus eine bestimmte Dauer behördlich gestattet ist und die nach Ablauf dieser Zeit in da« Ausland zurückkehrcn müssen, von der Versicherungspflicht zu befreien. Hierbei handelt e« sich vornehmlich um russisch-polnische Arbeiter, die in den öst lichen Provinzen Preußen« zum Ersatz für die Sachsengängerei während de« Sommer« in der Landwirthschaft beschäftigt werden, Böhmiiche Maurer :c. Für Versicherte mit einem JahreSarbeit-verdienst von mehr al« l 150 Mk. ist eine fünfte Lohnklasse gebildet worden. Die Beiträge in Lohnklasse I sind von 14 auf 12, in Lohn klasse II von 20 auf 18 Pf. ermäßigt und für die Lohnklasse V auf 36 Pf. festgesetzt worden; zugleich sollen Marsen für längere Zeitabschnitte auSgegeben werden. Bei der Selbst versicherung ist die Wahl der Lohnklasse freigegeben und die Doppelmarke sortgefallen. Der Anspruch auf Erstattung der Hälfte der Beiträge steht weiblichen Personen, die eine Ehe eingehen, der Witlwe und den hinterlassenen Kindern schon dann zu, wenn nur für 200 Wochen (früher 23b Wochen) Beiträge entrichtet worden sind. Die Wartezeit ist für die Invalidenrente auf 200, für die Altersrente auf 1200 Beitragswochen ermäßigt worden. Weiterhin ist der Anspruch auf Invalidenrente insofern er leichtert, al- Erwerbsunfähigkeit schon dann vorliegen soll, wenn die Versicherten nicht mehr im Stande sind, durch eine ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechende Lohnarbeit, die ihnen unter billiger Berücksichtigung ihrer Vorbildung und bisherigen BerufSthäiigkeit zugemuthet werden kann, ein Drittel desjenigen zu erwerben, war körperlich und geistig gesunde Lohnarbeiter derselben Art durch Arbeit zu verdienen pflegen. Für die Berechnung der Invalidenrente sollen andere Grundsätze Platz greifen, die eine Erhöhung der Renten, so fern die Invalidität während der ersten 20 Beitragsjahre cintritt, gegenüber den jetzigen Rentcnbeträgen zur Folge haben. Der Grundbetrag der Rente soll in allen Lohnklassen nicht mehr gleichmäßig 60 Mk. betragen, sondern in der 2. Lohn klasse 90 Mk., in der 3. Lohnklasse 120 Mk., in der 4. Lohn klasse IbO Mk. und in der 5. Lohnklassc 180 Mk. ausmachen. Dagegen wird die bisherige Steigerung der Rente nach Maß gabe der gezahlten Beiträge gemindert, da für jede Beitrags woche die Rente in der I. Lohnklasse nur um 2 (früher 4), in der 2. Lohnklasse nur um 3 (früher 6), in der 3. Lohn klasse nur um 4 (früher 8), in der 4. Lohnklassc nur um b (früher 10) und in der b. Lohnklasse um 6 Pfennig steigen soll. Infolge dieser verminderten Steigerungssätze erreichen diejenigen Invalidenrenten, die für eine erst nach Ablauf der ersten 20 Beitragsjahre cintretendc Invalidität gezahlt werden, eine geringere Höhe, al» sie nach der jetzt gellenden Berech nungsweise erreichen würden. Al« Altersrente soll fortan nur der Grundbetrag der Rente mit dem Reichszuschuß ge zahlt werden, wodurch gegenüber den jetzigen Sätzen eine ge ringe Erhöhung eintreten wird. Nach der Vorlage soll aber auch die Einrichtung der Versicherungsanstalten mannigfache Veränderungen erfahren. Den Anstalten wird da« Recht eingeräumt, da« Heilverfahren gegenüber allen Versicherten eintreten zu lassen, wobei da« Verhältniß zu den Krankenkassen eine eingehende Regelung erfahren hat. Auch die Einziehung der Beiträge durch Kranken kassen und Hebcstellen soll gefördert, daneben aber den An stalten zur Pflicht gemacht werden, die ordnungsmäßige Ver wendung der Beiträge durch sorgsame Kontrole zu überwachen. Um die Anstalten von der überaus kostspieligen Aufbewahrung der OuittungSkarten zu befreien und damit der weiteren Ent stehung von sog. Kartenpalästen vorzubeugen, soll ihnen nach näherer Bestimmung des BundeSrath» da« Recht zur Ver nichtung der Quittungskarten unter Uebertragung ihre» In halt« in Sammelkarten eingeräumt werden. Die meisten dieser Aendcrungen würden allgemein al» Verbesserungen empsundcn werden und e» ist bedauerlich, daß diese Reformen durch die Arbeitsunlust de» Reichstage« aus ein Jahr vertagt werden sollen. Tagesgeschichte. — Berlin, 8. März. Was schon seit mehreren Tagen vorausgesehen wurde, ist eingetroffen: Griechenland hat unter allerlei Winkelzügen die Forderung der Mächte, seine Truppen von Kreta zurückzuziehen, ab gelehnt. In der betr. Note sagt die griechische Regierung, die (von den Mächten versprochene) Selbstverwaltung Kreta» bilde keine Lösung. Dieselbe müßte in erster Linie von den Kretern an genommen werden, die sie aber ablehnen. Griechenland würde sich der Entscheidung der Kreter unterwerfen. Die Rückbe rufung der Flotte und der Truppen würde da» Zeichen geben zu neuen Ausschreitungen, gegenüber denen da griechische Volk nicht unthätig bleiben könnte. — Wir stehen somit am Abschluß der fruchtlosen diplomatischen Verhand lungen mit Griechenland und am Anfang vorläufig un übersehbarer, vielleicht blutiger Verwickelungen. Griechen land» Weigerung, sich dem gemeinsamen Willen der Mächte zu fügen, kann durch die in der Antwortnote angeführten Gründe nicht abgemildert werden. Da« hellenische Volk hat den Unwillen Europa» hcrauSgesordert und dieser Unwille wird e« in vollstem Maße treffen. In hiesigen Regierungs kreisen hält man da» Einvernehmen der Mächte nach wie vor für gesichert. Die Admirale de» vereinten Geschwader« haben versiegelte Ordre«, die im Falle der Ablehnung der Sommation am Montag zu eröffnen waren. In diesen Ordre« wird ihnen nur eine allgemeine Verhaltungslinie vorgezeichnct, die Einzelheiten de» Vorgehen« sind völlig ihrem Ermessen anheim gestellt. Man will die Thatkrast der Admirale durchaus nicht durch einen diplomatischen „RcichSkriegSrath" dämpfen, in die Kreta-Frage soll rasch und energisch eingegriffen werden, um den drohenden Orient-Brand im Entstehen zu ersticken. Gleichwohl werden noch ein paar Tage vergehen, bi» auch über diejenigen Maßnahmen, die sich unmittelbar gegen da» Königreich Griechenland richten werden, ein völlige« Einver- ständniß erzielt wird. Man fürchtet hier allerdings die schwankende und kleinlich vermittelnde Haltung der englischen Regierung al» Hemmschuh zu empfinden. Trotzdem wird auch dieser Widerstand schließlich besiegt werden und Europa die am Schluß der Forderung ausgesprochene Drohung wahr zumachen wissen — wenn e« nicht ander» geht, ohne die englischen Schiffe! Die .Hamburger Nachrichten" halten den europäischen Frieden durch die kretische Frage auch jetzt noch nicht für be droht und führen au», daß ihre Bedenken gegen die pronon- cirte Art der deutschen Betheiligung an der kretischen Action durch den Verlauf der Dinge gerechtfertigt seien. Hätte Deutschland sich zurückgehalten, jo wäre seine Position jetzt zweifellos viel bequemer und vortheilhafter. E« sei nicht Aus gabe der deutschen Politik, für die Sache der Kreter, Griechen und Türken, von denen die Einen so viel Werth, wie die Andern seien, die gesunden Knochen auch nur eine» einzigen deutschen Soldaten zu opfern. Für die deutschen Interessen wäre e« völlig gleichgiltig, wenn sich diese ganze Gesellschaft auf Kreta gegenseitig die Hälse abschnitte, daß nicht ein einziger Mann übrig bliebe. Der griechische Kultusminister erklärte einem dänischen Korrespondenten, König Georg habe nur die Wahl zwischen der Revolution in Athen oder dem Kriege gegen die Türkei. So lange ein einziger türkischer Soldat auf Kreta sei, werde der König seine Truppen nicht zurückziehen. Wenn Griechen land Kreta jetzt nicht erhalte, werde in Makedonien ein furcht barer Aufstand auSbrechen. Griechenland habe für Kriegs zwecke Geld genug, der reiche Grieche Averof habe 50 Mill., der Geheimverein „Soeietö nationale" 18 und die griechische Kolonie in London 6 Millionen Franc« gegeben. Uebrigen» sei der kretische Ausstand nur ein Borwand, der eigentliche Zweck de« König» sei es, alle Griechen zu sammeln und da« byzantinische Kaiserreich wieder zu errichten. — Gegen den „christlichen Sozialismus" richtet sich eine besonder» von hervorragenden evangelischen Geistlichen unterzeichnete Erklärung, in der e« u. A. heißt: .Ein stimmig legen die Unterzeichneten al- evangelische Christen Verwahrung dagegen ein, daß man im Namen der Christen- thum«, de« Evangelium», der Kirche bestimmte soziale Forder ungen an den Staat stellt oder verlangt, daß die gesellschaft lichen Verhältnisse nach angeblich christlichen Prinzipien ge regelt werden sollen. Wer da» thut, begeht ein dreifache« Unrecht. Er versündigt sich gegen die, welche ander« über die gesellschaftliche Ordnung denken, als er und nun darum als unchristlich, unevangelisch, unkirchlich gelten sollen. Er ver geht sich gegen den Staat, indem er dessen Selbstständigkeit leugnet und behauptet, daß derselbe staatliche Prinzipien und Ordnungen von der Kirche annehmen müsse. Er setzt da« Evangelium herab, welche» al« eine göttliche Botschaft an Alle und für alle Zeiten sich begnügen muß, da« Herz de» Menschen zu ändern, von ihm aber zu einem Parteiwort ge macht, mit einer vergänglichen Zeitmcinung verknüpft, ein äußerliche« Gesetz wird. E« hat der Sache de« Christcnthum» in unserem Vatcrlande sehr geschadet, daß c» oft in den Dienst einer politischen Partei gestellt worden ist. E» wird ihr noch viel mehr schaden, wenn sich die Vertreter de» Evangelium» mit einer sozialen Partei verbinden, welche da« auch sei. Denn die gesellschaftliche Ordnung berührt alle, während Tausende sich um die Politik kaum kümmern. In der Reformation hat sich die Kirche aus ihre besondere Aufgabe besonnen und da rum begonnen, dem Staate wieder zu geben, wa« de« Staate« ist. Im Namen de« Christcnthum« hat der evangelische Christ vom Staate nicht« zu fordern, al« daß ihm Freiheit gelassen werde, seine» Glauben» zu leben; die Kirche nicht« mehr, al» daß ihr erlaubt sei, ihrem Berufe nachzukommen. Wer im Namen de» Evangelium« mehr verlangt, verleugnet die re formatorische Erkenntniß von der Selbstständigkeit de» StaatS- leben«. Die Christlich-Sozialen übernehmen eine schwere Ver antwortung. Sie verleiten die Lehrer der Kirche, statt alle Kraft auf die reine und kräftige Predigt de« Evangeliums zu legen, sich in allerlei Nebendinge, die nicht ihre» Amte« sind, zu verlieren. Vielen machen sic die Kirche zum Spott, da sie glauben, die Theilnahme für ihre soziale Noth sei nur ein Lockmittel, sie für die Kirche zu gewinnen. Bei anderen mag die« gelingen, aber der Gewinn für die Kirche ist von zweifelhaftem Werthe, wenn nicht Herz und Gewissen bethei- ligt sind. Die Christlich-Sozialen können sich nicht an dem Klassenkampf bctheiligen, ohne Partei zu nehmen, und indem sie auf diele Weise die einen vielleicht sich befreunden, ent fremden sie die andern, nicht um der Forderung de« Evan gelium» willen, sondern wegen ihrer Parteimeinungen. Ihre sozialen Experimente finden meist nur da in weiteren Kreisen Eingang, wo eine innerliche, einfache evangelische Predigt, von