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W o ch en b latt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt -es König!. Gerichtsamtes und -es Ktadtrathes zu Vischofswer-a. Die,« Zeitschrift erscheint wöchentlich 2 Mal, Mittwochs und Sonuabeodö, und kostet vierteljährlich 12z R§r- Inserate werden die gespaltene Zeile oder deren Raum mit 6 Pf. berechnet. 22.1 Mittwoch, den L«. März.,185A Die gegenwärtige Lage der Dinge. Die wichtigste Thatsache der jüngsten Zeit in dem krlegdrohenden Consticle ist die Sendung deS englischen LordS Cowley'S nach Wien, die eine Ausgleichung der Zwistigkeiten beabsichtigte, und der Friedensartikel im .Moniteur". Die Vorschläge deS englischen Sabine» find gewiß wohlgemeint, aber sie berühren einen Punkt, wo Oester reich« souveräne und dynastische Interessen am empfind lichsten berührt werden, ohne daß andrerseits, falls diese Zntereffen um eines vorübergehenden Ausgleiches willen geopfert würden, eine Garantie geboten wäre für die Erhaltung des Weltfriedens. Louis Napoleon will den Kirchenstaat räumen, Oesterreich will es ebenfalls. Aber ist damit die Erhaltung deS Friedens in Italien wirk lich garantirt? Louis Napoleon will aber auch Tos cana und Modena bloSgestellt wissen, indem er jene Verträge beseitigt haben will, durch welche Oesterreich in diesen seinen erbrechtlich und dynastisch angehörigen Ländern das Jnt-rventionSrecht für den Fall einer Be drohung der öffentlichen Ordnung besitzt. Zu jeder ändern Zeit könnte sich Oesterreich dieses Rechtes be geben und jene Verträge freiwillig lösen, und wahrlich schon um seines europäischen Rufe« und Ansehens willen wäre eS zu wünschen, daß solche Verträge be seitigt werden könnten. Aber wie soll Oesterreich gerade in diesem Momente seine Flanken und Fronten in Ita lien bloßstellen, nur um den Wünschen Frankreichs und den Gelüsten Sardiniens zu genügen? Wer garantirt heute den öffentlichen Frieden in irgend einem italienischen Staate für den Fall, daß eS der franzöflschen Politik gefiele, das UnionS-RevolutionSstück, baS eben an der Donau spielt, auch in Italien aufführen zu lassen? Wahrlich die CouzäS für derartige Heldenrollen find heutzutage in allen Ländern billig zu haben. Die Mission Lord Cowley'S nach Wien wird sich binnen Kurzem al- ras aufklären, was sie in der That ist: alS eine Brücke für England auS der frai.izöfisch- «nglischen Allianz zur Neutralität im Kriegsfälle. Und fast scheint eS, daß man auch in Preußen die bewaff- mt» Neutralität anstrrbt. 'Ob eine solche Politik unter den heutigen Verhältnissen und einem Manne wie Louis Napoleon gegenüber klug und gut angebracht sei, die- , Vierzehnter Jahrgang. wird die nächste Zukunft lehren. Deutschland muß in einem etwaigen Kriege durchaus einig sein. Alle Wünsche an Oesterreich müssen vertagt wer den, wenn Hannibal vor den Thoren ist. Oesterrekth. muß sich aber klugerweise, um auf alle Fälle gefaßt zu sein, bereit halten, im äußerstenFalle, einzig und allein auf die eigene Kraft gestützt, den Kampf in Ita lien aufzunehmen und eS wird ihn wahrlich fiegreich bestehen können, wenn eS im Stande ist, seine eigen» volle innere Kraft zu bewähren. Nur auf diesem Wege läßt sich ein geistig und materiell gesicherter Sieg über die bodenlose Politik, welche heute von Paris au- ganz Europa beherrscht, erwarten. Wenn eS sich als wahr herausstellt, daß die Send ung Lord Cowley'S nach Wien ohne Erfolg geblieben ist und daß die französische Besatzung auS Rom ab» marschirt, so find sie beide von hoher Wichtigkeit, dmn sie bringen den obschwebenden Conflict in eine neue Wendung, die aber für Frankreich günstig ist. Die französische Regierung könnte sagen: wir find bereit ge wesen zu Unterhandlungen, wir haben unS nachgiebig gezeigt, Oesterreich ist aber unbeugsam geblieben. Zwei Thatsachen stehen heute fest: erstens, daß die italienische Frage nicht mehr weggeleugnet und auch nicht vertuscht werden kann, daß die Eristenz einer italienischen Frage und die Dringlichkeit ihrer Lösung in allen Kammern und in allen ZeitungSorganen Eu- ropäs mehr oder weniger bekannt geworden; zweiten-, daß im heutigen Stadium des ConflieteS die Entscheid- ,ung über Krieg oder Frieden von Wien eben so gut als von Paris abhängt. Wenn das erste Unrecht deS aggressiven Auftreten« auf Seilen Frankreichs war, so ist eS auch Frankreich allein, welches bisher mehrere Schritte nach rückwärts gemacht, um die Gefahr zu mildern, welche eS — nach den Einen — heraufbe- schworen, — nach den Andern — bloS .fignalifirt" hatte. . DaS zu stürmische und aggressive Auftreten der französischen Politik im ersten Stadium deS italienischen ConflieteS war offenbar ein höchst ungeschickte-; dasselbe beruhte auf dem Irrthum, in welchem seine diplomati sche» Vertreter im Auslande ihre Regierung über, den Grad der allgemeinen Sympathien für Italien, über die Stimmung gegen Oesterreich und für Sränkreich