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f18S6 Mittwoch, den LV. Februar Dies« Zeitschrift erscheint wöchentlich 2 Mal, Mittwochs und Sonnabends, und kostet vierteljShrlich 12j Rgr. Bischofswerda, Stolpe« und Umgegend Zur gemeinnützigen Unterhaltung für alle Stände. Rundschau. Daß die Westmächte keine direkte Kriegsentschä digung von Rußland verlangen, ist bekannt ; dagegen soll eS sich bestätigen, daß man von Rußland die Ver- zichtleiftung auf seine aus früherer Zeit stammenden Entschädigungs-Ansprüche anPersien fordern wird, sowie, daß eS der Pforte unbenommen bleib», Ent schädigungsansprüche zu erheben. In dieser letzteren Beziehung vernimmt man nun, daß bereits Verhand lungen zwischen den Westmächlen und der Pforte ge pflogen worben sind, um in dieser Frage ein Einver- ständniß zu erzielen, und sollen Frankreich und Eng land den Vorschlag ausgestellt haben, daß Rußland statt der an die Türkei zu entrichtenden Kriegskosten- Entschädigung daS von ihm in Asien besetzte Gebiet der Pforte räume und an letztere zurückstelle (?). ES ist nicht bekannt, ob die Türkei in diesen Vorschlag eingewilligt hat, eS dürfte ihr jedoch kaum ein anderer Ausweg übrig bleiben, da Rußland, wie dies in der Note des Grafen Nesselrove zu wiederholten Malen ausgesprochen ist, unter keiner Bedingung sich zu ei ner Entschädigung an Baarem herbeilaffen wird. — In Betreff deS von den Westmächten projectirten, mit Rußland nach definitiver Herstellung des Friedens adzuschließenden Handels-Traktates vernimmt man, daß die Resultate der diesfalls zwilchen Eng land und Frankreich gepflogenen Vorverhandlungen auch nach Wien mirgetheilt worden find, und zugleich daS dortige Cabinel eingeladen wurde, die bezüg lichen Propositionen durch seinen Einfluß zu unter stützen. In den nächsten Tagen wird in Berlin die An kunft des Obersten v. Manteuffel aus Wien erwartet. Die in jüngster Zeit zwischen Preußen und Oesterreich geführten, besonderen Unterhandlungen haben (schreibt man der „Leigz. Ztg." von Berlin) mit der Abreise des Grafen v. Buol nach Paris ihr Ende erreicht. Noch immer befindet sich die Frage wegen Preußens Bcthei- ligüng an den Friedenskonferenzen in der Schwebe. Gutem Vernehmen nach sind neuerdings von Seiten Oesterreichs unv Frankreichs in London abermalige Schritte getkän worden, um das britische Cabinet zu einer gemeinsamen Einladung an Preußen zu bestim- Elfter Jahrgang.' men. England weigert sich indessen, zu einem solchen Entgegenkommen die Hand zu bieten. Die Berliner „Börsenztg." schreibt: „Bei Beant wortung der Frage über die Theilnahme Preußen- an den Friedenskonferenzen ist zwischen der Unterzeich nung der Präliminarien und der Verhandlungen über die künftige Gestaltung der europäischen Verhält nisse zu unterscheiden. Preußen wird zwar an jenen keinen Theil nehmen, wohl aber an diesen Verhand lungen. Preußen nimmt ein Recht zur Mitvollzie- hung der Präliminarien nicht in Anspruch, wohl aber eignet eS sich die Mitwirkung beiFeststellung der Ga rantien an, welche die Interessen von ganz Europa betreffen und die daher der Zustimmung aller Groß mächte bedürfen. Diese Mitwirkung ist, wie wir ver sichern dürfen, nicht bestritten, und wir werden Preu ßen dieselbe in Paris ausüben sehen." ES verbreitete sich am 14.Febr. in Paris daS Ge rücht, Preußen habe Eröffnungen gemacht, nach wel chen eS den österreichischen Friedensvorschlägen beizu treten bereit wäre; in Folge davon sei die Betheiligung Preußens an den Pariser Conferenzen zu erwarten. AuS Konstantinopel vom 5 Febr. wird mitgetheilt, daß am 30. Jan. dir Russen aus den NordfortS Se- bastopolS eine außerordentlich heftige Kanonade unter hielten ; den Grund konnte man sich nicht erklären.— Von Constantinopel wurden zwar noch'immer Ver stärkungen für den General Vivian abgeschickt. Doch fing das Gerücht von einer alsbaldigen Einstellung der Feindseligkeiten Glauben zu finden an. — Die Pforte hat daS Versprechen gegeben, daß di« Patri archen und auch die Richter unabsetzbar sein sollen. Auf allen Punkten des südlichen Kriegsschauplatzes herrscht, mit Ausnahme der zeitweisen ziemlich heftigen Kanonade aus Nordsebastopol und den fortwährenden Vorpostenscharmützeln an der Tschernaja, die tiefste Ruhe. Generallieutenant LüderS hat die fünf in der Krim ausgestellten russischen Corps inspicirt und sie den Verhältnissen gemäß gut befunden. Die Bequar- tierung der Mannschaften ist gut, aber, sowie unter den Alliirtrn, richtet auch Unter den Russen der Skor but große Verheerungen an. Beide Armeen leiden Mangel an frischem Fleische. — Die Nachrichten von der türkischen Armee in Asien lauten etwas besser.