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18SS SS. Amts- und Anzeigeblatt fitr den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock ZWW und dessen Amgetmng. Berantwortlicher Redakteur: E. Hannrbohn in Eibenstock. 4». Jatzr«««« Donnerstag, dm 1V. August Bekanntmachunss. Vom Reichsgefetzblatt auf das Jahr 1893 sind erschienen die Nrn. 26, 27, 28 und 2d. Dieselben enthalten: Verordnung, betreffend da» Verbot der Ausfuhr von Streu- und Futtermitteln; Gesetz gegen den Verrath militärischer Geheimnisse; Bekanntmachung, betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Anlagen zur Anfertigung von Zündhölzern unter Verwendung von weißem Phosphor; Bekanntmachung, betreffend die Einrichtung und den Betrieb der Bleifarben- und Bleizuckerfadriken; Bekanntmachung, betreffend die Einrichtung und den Betrieb der zur Anfertigung von Cigarren bestimmten Anlagen; Gesetz, betreffend die Feststellung eine» zweiten Nachtrag« zum ReichShauShaltS-Etat für da» EtatSjahr 1893/94; Gesetz, betreffend die Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Verwaltung des Rcichhecres; Bekanntmachung, betreffend die Ausführung de» Gesetzes über die Prüfung der Läufe und Verschlüsse der Handfeuerwaffen vom 19. Mai 1891; Verordnung, betreffend die Erhebung eine« Zollzuschlags für aus Rußland kommende Maaren. Diese Gesetzblätter liegen zu Jedermanns Einsicht an Rathsstelle aus. Eibenstock, den b. August 1893. Der Rath der Stadt. Vr. KSrner. Hans Der Kaiser in England. Kaiser Wilhelm ist aus England in die heimischen Gewässer zurückgekehrt. Seit seiner Thronbesteigung hak er alljährlich seiner Großmutter, der Königin Viktoria, einen Besuch abgestatlet, wozu sowohl ver wandtschaftliche Anhänglichkeit wie die Vorliebe deS Kaisers für Seefahrten beigetragen haben mögen. Al« dritter Grund findet fick häufig in den Betracht ungen der ausländischen, besonder« der russischen Presse der Wunsch angegeben, England zum Eintritt in den mitteleuropäischen Friedensbund zu veranlassen. Indessen wird man diese Behauptung fallen lassen müssen, wenn man die einschlägigen Verhältnisse ge nauer in Betracht zieht. Die Zeit des diesjährigen Besuches Kaiser Wil helms fällt zusammen mit einer schweren Niederlage der englischen Politik. Frankreich hat sein Inter essengebiet auf der hinterindischen Halbinsel auf Ko sten Englands bedeutend erweitert und zu dem Scha den der Briten noch den Spott gefügt, daß englische Zettelungen den französisch-siamesischen Konflikt ver anlaßt hätten. Zwischen London und Paris ist eine Uebereinkunst zu stände gekommen, der zufolge zwischen Birma und den neuen französischen Besitzungen am Mekong eine neutrale Zone, ein „Puffer", bestehen bleiben soll, etwa in der Weise, wie Afghanistan der Puffer gegen Rußland für die indischen Besitzungen Englands ist. Aber wie Rußland von Norden her auf drei Wegen (Kabul, Herat und Pamir) langsam und zwccksicher gegen Indien vordringt, so wird auch Frankreich von Tonking, Kambodja und Ostsiam her weiter gegen Indien Vordringen, sobald sich eine passende Gelegenheit dazu bietet. England« Lage in Indien ist keineswegs eine un antastbare. Nur die Eifersucht der indischen Fürsten, RadjahS und NabobS unter einander macht es mög lich, daß die Briten mit einem Heere von etwa 30,000 Mann eine Bevölkerung beherrschen, die 300 Millionen Seelen zählt. Afghanistan hat längst aus gehört, Englands Bundesgenosse zu sein; der Emir hat e« ausdrücklich und unter allerhand durchsichtigen Borwänden abgelehnt, in diesem Jahre mit dem eng lischen Oberstkommandirenden General Robert« zu- sammenzutrefien. Der russische Einfluß beim Emir überwiegt. Rußland und Frankreich reichen sich un sichtbar über Indien hinweg die Hände und rücken immer näher aneinander. Die Gefahr für die Schatz kammer ver englischen Krone, für da» alte Wunder land Indien, ist groß. Der siamesische Konflikt hat England gezeigt, daß e« durch seine eigensüchtige Po litik sich selbst vereinzelt, daß e« auf keine sremre Hilfe zu rechnen hat, und deshalb ist e« auch schmäh lich unterlegen. Da« Natürlichste unter diesen Verhältnissen wäre doch nun, sich offen und ehrlich den DreibunbSmäch« ten anzuschließen, aber dazu kann sich England au- mehrfachen Gründen nicht verstehen. Der Dreibund hat den ausschließlichen Zweck, den Frieden in Europa aufrecht zu erhalten und seinen Mitgliedern ihren Besitzstand zu sichern. Alle Anstrengungen und Auf wendungen, die in dieser Hinsicht gemacht werden, kann sich England sparen und genießt trotzdem die Segnungen de« Frieden» mit. Sein europäischer Besitz gilt ihm al« unantastbar und e« braucht zu dessen Bertheidigung keiner fremden Hilfe. Für Siam« und Indien« Bertheidigung wäre aber der Dreibund natürlich nicht zu haben. Der Zutritt England» zu dem mitteleuropäischen FriedenSbündniß hätte also nur den Erfolg, daß sich England in inter nationalen Fragen der moralischen Unterstützung durch seine Verbündeten versichert halten dürfte. Eine solche aber hätte im neuesten Konfliktsfalle nicht auS- gereicht und deshalb macht England gute Miene zum bösen Spiel und thut so, als ob eS sich freue, mit Frankreich wegen der neutralen Zone ein vortheii- hafie« Abkommen geschlossen zu haben. Rosebery, der Leiter des Auswärtigen in England, ist ein persönlicher Freund deS Grafen Herbert Bis marck und soll sogar wichtige Papiere des Alt-ReichS- kanzlerS in Verwahrung haben. Vielleicht erklärt sich auch darau», weshalb dem neuen Kurse nicht der Gefallen erwiesen werden soll, sich einen politischen Erfolg, wie cS der Beitritt Englands zum Dreibund wäre, auf da« eigene Konto schreiben zu können. Aus gleichem Grunde sind auch alle Vermuthungen hin fällig, die trotz offiziöser Ableugnung der neuen Kaiser reise nach England politische Zwecke unterschoben oder von ihr vielleicht sogar eine neue, dem Frieden vor- theilhaftere Gruppirung der europäischen Großmächte erhofften. Tagesgeschichte. — Deutschland. Zum deutsch-russischen Zollkriege liegen folgende Nachrichten vor: Wie der „Reichs-Anzeiger" meldet, hat die russische Bot schaft in Berlin die deutsche Reichsregierung bereit« amtlich benachrichtigt, daß die russische Regierung auch den Finländischen Zolltarif Deutschland gegen über um fünfzig Prozent erhöht hat. — Die Situation dürfte sich durch diese Maßregel nicht zu Ungunsten Deutschlands verschlechtern; vielmehr dürfte, wenn auch dieser Riegel der Ausfuhr von au« Rußland stammendem Getreide vorgeschoben sein wird, die Lage der russischen Landwirthschaft, sei e« auch nur durch die Konkurrenz der finischen Produkte, eine weit be drängte« werden und eine Abhilfe um so zwingender geboten erscheinen. Die reiche Ernte wird zum Ver derben, wenn die Absatzwege verlegt werden, und das Mißverhältniß zwischen dem Naturalertrag und der Möglichkeit einer thatsächlichen Verwerthung macht sich bereit» bemerklich. Nach einer Petersburger De pesche der „Köln. Z." kommen au« Pultawa feiten« der Landwirthc zahlreiche Klagen über da« Stocken der Erntearbeiien, weil die Arbeiter infolge der reichen Ernte übermäßige Löhne beanspruchen und die Arbeit im Stiche lassen, wenn ihre Forderungen unbewilligt bleiben. Da« Gouverneme»t«-Amt hat infolgedessen den Kiewer Militär-Gouverneur gebeten, die Lager- Uebungen einzustellen und die Soldaten zur Feldarbeit zu beurlauben. Nach dem Londoner „Daiüh Tele graph" herrscht Petersburger Meldungen zufolge in Rußland, namentlich unter den Landwinhen, große Unzufriedenheit wegen de« ausgebrochenen Zollkriege«, weil gerade bei der jetzigen au-giebigen Ernte ein Sinken der Getreidepreise schon an und für sich un ausbleiblich war, durch den Zollkrieg aber noch erheb licher gestaltet worden ist. — Am Dienstag haben in Frankfurt a. M., im ehemaligen Sitzungssaale de» Bundestage« unseligen Angedenken», die Berathungen der Leiter der Finanzen sämmtlicher Bunde«staaten ihren Anfang genommen. Die Aufgabe der Ministerkonferenz be steht darin, eine Einigung über die Grundsätze her beizuführen, nach denen die sog. Reich-steuerreform in Angriff zu nehmen ist. In erster Linie handelt e« sich hierbei nach der „Köln. Ztg." um die Beant wortung der Frage, ob die bisherige Art, wie das Deutsche Reich seine Einnahmen zur Ueberweisunq an die Einzelstaatcn verwandt und von den Einzel staaten in ebenso unregelmäßiger Weise die Deckung seiner Ausgaben durch Ausschreibung von Matricular- beiträgen verlangt hat, beibehalten werden soll oder nicht. Würde die Frage bejaht werben, so würde es genügen, für die Ausbringung der für die Deckung der Militär vorlage erforderlichen Mittel durch Beschaffung neuer Reichseinnahmen Sorge zu tragen. Wird aber jene Frage verneint, so werden zunächst noch die ferneren erörtert und beantwortet werden müssen, wie weit da« Reich Kostgeber der Einzelstaaten bleiben soll, wie weit es für eine endliche, regelmäßige Tilgung der über mäßig angewachsenen Reichsschuld sorgen will, wie weit cs endlich der au« den bisherigen ReichSgeseyen, vor Allem den Arbeiterschutzgesetzen voraussichtlich entstehenden Steigerung der Ausgaben schon jetzt durch einheitliche DeckungSmaßregeln gerecht werden will. Erst wenn diese Fragen grundsätzlich gelöst sind, wird man zur Beantwortung der letzten Frage schreiten können, welche Objekte als neue Steuerquellen dienen sollen. — ES ist nothwendig, daß endlich einmal ganze Arbeit gethan wird. Seit 1879 ist eS da« Streben de« Fürsten Bismark gewesen, ein festes befriedigen des Vcrhältniß zwischen der Finanzverwaltung de» Reiches und denen der Einzelstaaten zu ziehen. Die Lösung ist ihm nicht gelungen. Er hat große neue Einnahmequellen erschlossen; daS Reich hat auch eine Anzahl von Jahren hindurch den Einzelstaaten er hebliche Ueberschüsse überweisen können. Aber von Jahr zu Jahr ist angesichts der stetig gewachsenen RcichsauSgaben jene» Verhältniß zum Nachtheil der Einzelstaaten immer ungünstiger geworden, und heute ist bereits da» Reich wiederum Kostgänger statt Kost geber der Einzelstaaten. ES hat sich sonach herau»- gestellt, daß der bisher verfolgte Weg nicht zum Ziele geführt hat. Aber da« Ziel ist nach wie vor vor handen. Mehr denn je ist e» erstrebenSwerlh. E« wird sich darum handeln, neue Wege zu finden, welche mit einer größeren Aussicht de» Erfolge« zum Ziele führen. — Wie aus süddeutschen Regierungskreisen ver lautet, wird im Vordergründe der der Frankfurter Finan.minister-Konferenz zu unterbreitenden Vorschläge eine Tabak-Fabrikat- und eine Weinsteuer stehen, daneben eine neue Börsensteuer und einige kleinere Lux »«steuern. Auch bei dem Tabak- und Weinprojekt dürste der Nachdruck darauf gelegt werden, den Verbrauch de« kleinen Manne«, sowie die Inter essen der betheiligten Erwerbskreise möglichst zu schonen und dafür den kostspieligeren Konsum heranzuziehen. Man glaubt eine rasche und glatte Verständigung der Regierungen erwarten zu dürfen. — Kiel. Die Kieler Geschützexplosion auf dem Panzerschiff „Baden", die so viele Opfer gefordert hat, ist nach der „Kiel. Ztg." auf da« Loisprengen de- Keilverschlüsse« eine« Geschütze- zurückzuführen. Da« Geschoß blieb im oberen Theil de« Rohre« stecken, der Keilverschluß flog ab und die Explosion schlug nach hinten hinau«. — Oesterreich-Ungarn. Am Montag Vor mittag trat in Wien die österreichisch-ungarische Zoll- und Handelskonferenz zur Feststellung der In struktionen für die Handel«vertrag«verhand- lungenmitRußland zusammen. Wie da- offiziöse „Wiener Fremdenblatt" mittheilt, dürfte die Konferenz voraussichtlich mehrere Tage dauern. E« handelt sich um den Abschuß eine« Meistbegünstigung-Verträge«