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Amts- und Anzeigeblatt für den «»scheint . e Abonnement «LZ-- LeM des Ämtsgmchls Libmilock SKLL settionSpreiS: die kleinsp. ten, sowie bei allen ReichS- ZeilelOPf und dessen Umgebung. Posanstalten S3. Verantwortlicher Redakteur: E. Hannebohn in Eibenstock. 41. Jahr««««. Donnerstag, den 9. August 18S4. Die Reform des Militär-Strafverfahrens steht schon seit vielen Jahren zur öffentlichen Erörter ung; mehrere preußische Kriegsminister haben sich be reit« eingehend mit dieser Frage beschäftigt und zwischen den Bundesregierungen sind schon mancherlei Erörterungen gepflogen worden. Die große Schwierig keit der Sache bestand in dem grundsätzlichen Unter schied zwischen dem preußischen und bayrischen Ver fahren; das letztere hat Öffentlichkeit, Mündlichkeil, volle Vertheidigung, das preußische Verfahren dagegen nicht. Nun meldet der »Hamb. Korr.", her zuweilen zu offiziösen Auslassungen benutzt wird, der preuß. Kriegs minister Bronsart v. Schellendorf werde bei der Re form deS Militärstrafverfahrens (und doch ganz sicher in Uebereinstimmung mir den Ansichten des Kaisers) auch jene vorgeschrittenen Einrichtungen zur Grund lage nehmen, vie Bayern bereits besitzt. Südlich des Mains findet diese Ankündigung ebenso vollen Bei fall, wie in den liberalen Kreisen Norddeutschlands. Die „M. N. N." schreiben: Es unterliegt wohl keinem Zweifel mehr, daß dem deutschen Militärstrafverfahren jene Prinzipien zu Grunde gelegt werden sollen, auf die sich unser Militärstrafverfahren ausbaut. Wir sind stets für diese die zuverlässigsten Garantien einer gedeihlichen Strafrechtspflege im Militärstande bieten den Prinzipien eingetreten und haben der Volksstimme, die sich seil jeher für unser Militärstrafverfahrcn auS- sprach, immer entschiedenen Ausdruck verliehen. Im Großen und Ganzen, einige leichk zu beseitigende Mängel abgerechnet, hat sich das bayrische Militär strafverfahren als mustergültig erwiesen, und jeder Angriff auf dasselbe wurde stets entschieden zurück gewiesen. Es heißt nur der Stimmung in Süd deutschland Rechnung tragen, wenn die Aufrechthalt ung des bayrischen Militärstrafverfahrens, die beson ders im bayrischen Landtage wiederholt gefordert wurde, bei der in Rede stehenden Reform gewahrt bleibt. ES ist wiederholt in der Presse und in den Volks vertretungen darauf hingewiesen worden, daß auf die Selbstständigkeit der Militärgerichte ebenso Gewicht gelegt werden müsse, wie auf Mündlichkeit und Oeffent- lichkeit. Dem Gerichte muß die erforderliche Anzahl rechtskundiger Richter angehören, nicht blos Laien und StandeSpersonen." Heute noch gilt es für Bayern, was der Abg- Wagner in der Sitzung des bayrischen Landtages am 14. Dezember 1891 unter dem Beifall des Hauses erklärt hat: „Wir hängen an unserem Milikärwesen. Wenn daran eine Kritik geübt wird, so ist das noch kein Grund, von unseren Militärgerichten abzugehen. Wir haben zu unserer Militärjustiz das vollste Ver trauen und hoffen, daß uns dieselbe erhalten werde, daß uns von den Prinzipien, die wir haben, keines, aber auch keines, genommen werde." In einer soeben erschienenen Schrift des preuß ischen Generals Cleinow „Zur Frage des Militär- StrafversahrenS" weist der Verfasser verschiedene an gebliche Mängel des bayrischen Militärstrafverfahrens nach, und zwar hauptsächlich den schleppenden Gang deS Verfahrens, die Entfernung deS Militärbezirks gerichts von den meisten Garnisonen, die Unmöglich keit, die militärische Auffassung deS Offiziers zum Ausdruck zu bringen, die unwürdige Stellung des GerichtSvorfitzenden, sowie endlich das nahezu gänz liche Versagen dieses auf Juristentechnik aufgebauten Justiz-OrganiSmu» im Kriege." Der letzterwähnte Mangel muß zugegeben werden, denn er hat sich im Feldzuge 1870/71 thatsächlich herausgestellt. Wie die „B. B.-Ztg." schreibt, verlaute offiziös, daß bei der Reform deS deutschen Militärstrafprozesses alle Ein richtungen und Bestimmungen auszuschließen sein wer- den, die die Ursachen jener Mängel sind. Ferner verlautet, daß infolge der Nothwendigkeit der Aufrecht erhaltung der Disziplin die gänzliche Loslösung der Militärgerichtsbarkeit von dem Truppenkommando ver mieden werden wirv und zwar soweit, daß auch zwischen dem obersten Militärgerichtshofe und der obersten Kommandostelle eine organische Verbindung hergestellt wird. Dabei soll aber da« Verfahren dem öffentlichen in allen wesentlichen Punkten, im Recht der Ver theidigung und der Berufung gleichen. In diesem Rahmen also sollten die vom Kriegsminister ange kündigten Reformvorschläge sich bewegen und der Reichstag wird zu prüfen haben, ob dabei da» vor nehmste Moment entsprechende Berücksichtigung finvet, das die ganze Reform al« so dringlich erscheinen ließ. Hagesgeschichle. — Deutschland. Oberstlieutenant Kaim, wäh rend der vorjährigen Militärdebatte dem Auswärtigen Amt attachirt, veröffentlicht in „LöbellS Jahresberichten" bemerkenswerthe Ausführungen über die HeereSreform. Kaim erklärt, die zweijährige Dienstzeit habe den taktischen AuSbildungSgang nicht beeinflußt; nicht blos maßgebenden Orts, sondern auch in der Truppe habe schon längst die Ansicht bestanden, daß bei einer intensiven und wohl durchdachten Ausbildungsart zwei Jahre genügen. Die zweijährige Dienstzeit ver größere einen ohnehin schon vorhanden gewesenen Vortheil, nämlich den hohen Friedensstand der deutschen Jnfanteriekompagnien. — Trotz vielfacher in der Presse erfolgten Warn ungen, so schreibt der „Reichsanz.", kommen immer wieder Fälle vor, in denen deutsche Gewerbe treibende durch leichtsinnige Kreditgewährung an unredliche ausländische Firmen empfindlichen Schaden erleiden. Es kann der deutschen Geschäftswelt nicht dringend genug empfohlen werden, Waare auf Kredit nur an solche ausländische Firmen zu liefern, über deren Zuverlässigkeit und Zahlungsfähigkeit sie zuvor sorgfältige Erkundigungen bei vertrauenswcrthen Aus kunftsstellen eingezogen hat. — Oesterreich-Ungarn. Ueber die Todes ursache de« Erzherzogs Wilhelm wird jetzt eine neue Lesart verbreitet. Entgegen allen bisherigen Meldungen erklärt das „Salonblatt", von bestinfor- mirter Seite zur Konstatirung ermächtigt zu sein, daß die unmittelbare Todesursache des Erzherzogs Wil helm durchaus nicht da« Abspringen von dem scheu gewordenen Pferde gewesen sei. Das Pferd war vielmehr ein vollkommen drcssirtcs Thier, da« erst dann unruhig wurde, als der Erzherzog, welcher offenbar plötzlich das Herannahen eines Unwohlseins fühlte, die Zügel fallen ließ und mit der Hand an den Kopf fuhr. Der Erzherzog fiel bewußtlos nach rück lings vom Pferde herab, eine Thatsache, welche auch der im kritischen Zuge der elektrischen Bahn befind liche Stallmeister Mr. Cussy bemerkte, der aufs Höchste erschrak, als seinem Herrn die Zügel vor seinen Augen entglitten. Ein derartiger Schwindel- oder Ohnmachtsanfall ist bei einem immerhin bereits ältern Herrn — Erzherzog Wilhelm stand ja im 68. Jahre seines Lebens — eine medizinisch wahrscheinliche, man könnte beinahe sagen alltägliche Erscheinung. Das Pferd, welches der Erzherzog bei seiner Verunglückung ritt, war sein Lieblingsroß, ein 13 jähriger hanno- veranischer Fuchs, der an seinen Herrn vollkommen gewöhnt war und den der Erzherzog beim letzten Karoussel und bei allen Manöver« der letzten Jahre geritten hatte. Als Erzherzog Wilhelm zu Fall ge kommen war, lies da« treue Thier eine kleine Strecke in kurzem Trab weiter, kehrte dann aber wieder um, um seinen Reiter zu suchen. E« schnupperte am Boden umher, bi« es an die Unglücksstätte kam, und dann erst — man hatte den kaiserlichen Prinzen mittlerweile zu Frau Deisenhofcr getragen — lief cS wieder fort, bi« e« bei der Villa der Gräfin Saint- GenoiS cingefangen wurde. ES könne also, so schließt das citirte Blatt, weder davon die Rede sein, daß der Erzherzog da« Pferd dressiren wollte, noch da« diese« durch den elektrischen Zug scheute. — In England dauern die Beklemmungen ob der ostasiatischen Wirren, aus denen nur Rußland Vor theil zu erwachsen droht, fort und drängen die Er wägung, ob die Schlichtung de» Koreastreit« nicht am Besten auf dem Wege einer internationalen Ver einbarung zu erfolgen hätte, immer Mehr in den Vordergrund. Der „Standarv" empfiehlt bereit», England und Rußland sollten China und Japan ge meinsam auffordern, ihre Truppen au« Korea sofort zurückzuziehen und die Frage der künftigen Verwalt ung Koreas einer internationalen Konferenz zu unter breiten. — Nordamerika. Au« Chicago, 3. August, meldet ein Telegramm de« Bureau Reuter folgendes Eisenbahnattenlat: Auf der St. Louis und San Francisco-Eisenbahn wurde gestern der Versuch ge macht, einen Zug mittels Dynamit in die Luft zu sprengen. Die Bombe war bei Eureka, Illinois, ge legt. Die Lokomotive wurde beschädigt. Wahrschein lich war e« aus einen Raub abgesehen. Auf einem Seitengeleise befand sich ein mit Dynamit beladener Waggon, von woher die Räuber den Sprengstoff nahmen. Es grenzt an ein Wunder, daß Niemand von den 183 Fahrgästen des Zuges verletz! wurde. Ehe die Explosion erfolgte, hatte der Beamte des Expreßwagens, in dem sich das Geld befand, auf einen Räuber geschossen. — Die bisherigen Ereignisse auf dem ostasia tischen Kriegsschauplatz haben die günstige Meinung, die man in Europa von der Energie und Offensivfähigkeit der Japaner hegt, durchaus bestätigt. In Tientsin ist man schon lebhaft in Sorge, daß die Taku-Befestigungen einem Bombardement der Japaner nicht würden widerstehen können; in diesem Falle aber würde ein Vorstoß der Angreifer den Peiho-Fluß auf wärts wahrscheinlich und eine ernste Gefährdung der Hauptstadt Peking nicht unmöglich sein. — Es mag daran erinnert werden, daß eine Besetzung der Haupt stadt des himmlischen Reiches durch eine feindliche Truppenmacht erst vor einem Menschenalter Thalsache gewesen ist. Im Herbst 1860, am 21. September, griff der französische General Cousin de Montauban mit 7000 Mann die siebenfache Uebermacht der Chi nesen, wenige Meilen von Peking, bei Palikiaho an und errang einen vollständigen Sieg. Am 5. Oktober zog der französische Heerführer in den kaiserlichen sommerpalast zu Peking ein und diktirte hier vie Friedensbedinzungen, die im Vertrage von Tientsin ratificirt wurden. Montauban verdankt bekanntlich diesem Erfolge seines Feldzugs den Titel Graf von Palikao, wie man Palikiaho französirt hat. — Die Japaner könnten leicht auf den Gedanken kommen, diesen Spuren nachzugehen. Allerdings thäte dann große Eile Noch, im Busen von Pelscheli beginnt der Winter sehr früh. Jedenfalls sind ihre Aussichten nicht ungünstiger als sie für die Kampagne der Fran zosen gewesen waren. Wird Li-Hung-Tschang von der obersten Leitung der chinesischen Kriegsoperationen ent fernt, dann erscheint der Versuch eines japanischen Handstreichs fast sicher. Locale und sächsische Nachrichten. — Schönheide. Der neue massive AussichtS- thurm auf dem Kuhberg erfreut sich des regsten Besuches. In den 14 Tagen seit seiner Eröffnung und Weihe sind ca. 2500 Einlaßkarten verkauft worden. — Dresden, 7. August. Ihre Majestäten der König und die Königin haben Eichwald am Sonn abend verlassen. Se. Majestät jagte am genannten Tage in den fürstlich Clary'schen Revieren und traf Nachmittags mit Ihrer Majestät der Königin am Mückenthürmchen zusammen, von wo beide Majestäten gemeinschaftlich die Fahrt nach Rehefeld fortsetzten und Abend« im dortigen König!. Jagdhause eintrafen. Se. Majestät der König kehrte gestern Abend '/^9 Uhr ab Bahnstation HermSdorf-Rehefeld nach Pillnitz zu rück, wo die Ankunft gegen 11 Uhr erfolgte. Ihre Majestät die Königin beabsichtigt dagegen bis nächsten Freitag in Rehefeld zu verbleiben. — Se. Majestät der König begab sich heute Vormittag 8 Uhr 50 Minuten ab Bahnstation Niedersedlitz nach Leipzig zum Besuche der Fachausstellung der Leipziger Buch binderinnung. Se. Majestät traf um 11 Uhr daselbst ein und reiste nach Besichtigung der Ausstellung Nach mittags 1 Uhr 10 Minuten von dort nach Nieder sedlitz zurück, wo die Ankunft 3 Uhr 21 Minuten erfolgte. Von Niedersedlitz wird Se. Majestät zu Wagen in'S Lustschloß Pillnitz zurückkehren. — Zwickau. Die Königl. AmiShauptmannschaft