Volltext Seite (XML)
Abend »Ausgabe US. Jahrgang 1321 Nr. 28S Donnerstag, den IS. 3um LaS Leipziger Tageblatt »nthSlt di« amtlichen »ek.i«atma<»nagen des Nntcs und deS PolizcinmicS der Stadt Leipzig, de» Itmt-Zgericht» Leipzig, iowlr veriLiedeuer anderer »rhördrrr. Anzeigettpreis: M. 2.2?: jlnzelgen »en Sehdrden lmamlttcheu Teil dl« N-npaieillezetl» D. z.ro, v.auew. M. t.—: dletn« Änj«>g«n »I« Ronpareillezeiit M I.es, »o» au»ivSrt« Md. ILV.Leschäfttanzelgen m>t Pladvorlchritlin Pietf« erdod«. Platz and Dat«nvor!chrtst »dne D«rdliidltchllett. Petlazenpreg« itr di« Desamlauflag« Md. 12.— nett», für Teilanflag« Md IS.— nett, pi» Mill«, Postaailog« Postgebühr «ztra. ifernlorech- dnlchlatz -7>r. l4o!>e. Nuz4. — Postscheckkonto 72««'. Echriftleiluna nnd Eclchäiltstell«: Lelpjlg, öohonnltgasf« Ar. S. Verleg Dr. Aelnhold L So 7 Leipzig. Bezugspreis: LrLi.7-»7.7.!7.'L monatl. M. 1U.—. vierteljäbrl. M.SÜ—- für Abholer wvnail. Ai. u A). Moigen-Aatgab« allein Ai. 7AI monalttch, ^dend-Aatgab» allein M c — monailich. Barch aafer« oaSwLiilgen Filialen in» Haus «e- dracpl r ^natltch M. Itl^-, viertelfldritch M. Sü.—; durch di« Post innerdall- Deutschland«, frei In« Haas gelieferl, G«samt-Au«gad» monatlich M. 8^—, »lertelsSdrllch M. 27^-. AulIandSoeifand: moaatiich i. 10.— and Druiksochen-Porl». Einzelnummern: Morgen- Aasgad» iB Pf^ Bdead-Aatgab, 20 Pt. LonntagS-Aulgab« <0 Pf. Schweres Grubenunglück bei Zwickaus ^°^°usch«>-r°°nAng°r° te Absturz eines Fördergerüsts — 12 Tote (Eigener Drahtbericht.) Zwickau, 16. Juni. Auf Schacht I des Sleiakohtenwerkes Florentin Kästner L Co. in Reinsdorf bei Zwickau ereignete sich gestern mittag 2 Ahr beim Einfahren der Mitlagsschicht ein schweres Anglück. Aus noch nicht einwandfrei festgestellter Ursache stürzte das Förder gestell nebst Seil und Seilrolle etwa 500 Meter in die Tiefe; von den 12 Bergleuten, die sich im Förder,tuhl befanden, war die Mehrzahl so fort tot; die anderen erlagen im Laufe des Nachmittags ihren Ver letzungen. Die Leichen worden gegen 4 Uhr nachmittags geborgen. Zehn von den Verunglückten waren verheiratet. Wie sich das Unglück hat ersiignen können, ist ein Räiscl, da bei der Seilfahrt immer die peinlichste Gewissenhaftigkeit obwaltete und mit der Aussicht bei der Personenförderung nur alle erprobte und anerkannt mit solcher Wucht in die Tiefe des Schachtes aus, daß bei den sofort mit größter Beschleunigung vorgenommenen Bergungsarbeiten die sechs im Niedergeschoß befindlichen Bergleute nur als Leichen herausgebracht werden konnten. Bon den sechs aus dem Obergeschoß hervorgeholten Leuten waren jünf noch am Leben; sie wiesen aber derartig komplizierte Brüche auf, daß drei von ihnen schon auf dem Transport von der Unfall stelle nach oben verstarben. Die anderen Verunglückten brachte man sofort mit Krankenkraftwagen in das Zwickauer Krankenlzaus, wo sie ebenfalls noch am selben Nachmittag ihren Verletzungen erlagen. Die Namen der 12 Verunglückten sind folgende: Heuer Schmutzler aus Reinsdorf bei Zwickau, verheiratet, 2 Kinder; Heuer Ulrich aus Härtensdorf, verheiratet, 1 Kind; Heuer Max Beier aus Vielau, verheiratet, 1 Kind; Heuer AlbinMeier aus Friedrichs- grün, verheiratet, 1 Kind; Fördermann Waller Schierz aus Wildenfels, ledig; Heuer Barthel aus Wildenfels, ledig; Fördermann Bley auS Wilkau, ledig; Maschinenwärter Schönfelder aus F. L. Al. Jahn Von allen Entenlcstaalen hat England am meisten von einem bolschewistischen Rußland zu fürchten. Gewiß, die Franzosen sind in finanzieller Hinsicht mit ihren, dem alten Rußland geborgten Milliarden die Hauptleidtragenden. Darüber hinaus aber gib! cs für Frankreich wenigstens keine direkten Reibungsslachen, wäh rend daS Britische Reich mit seinem wichtigsten und zugleich emp findlichsten Zentrum, mit Indien, Rußlands Nachbar ist. Indien kann von Moskau aus revolutioniert werden. Dieses Kampf mittel wurde selbstverständlich von einem autokratischen Rußland nicht angewandt. Als aber Lenin und seine Freunde in den Kreml eingezogen waren, da haben sie rasch erkannt, welches machtvolle Druckmittel sie mit der Propaganda dem stärksten aus wärtigen Feind gegenüber in der Hand hatten; und daher war es auch ihr erstes Ziel, mit dem Islam zu einem B-ündniS zu gelangen. Innere Sympathien mit dem kriegerischen Herrenvolk der Türken oder gar mit den jungtürkischen Gewalthabern hatten die Führer der .Arbeiter- und Bauern-Republik" gewiß nicht. Aber es galt, auf diesem Wege die Mohammedaner, den aktivsten Teil der Bevölkerung Indiens und deS gesamten Vorderasiens, zu ge winnen. t, zuverlässige Leute betraut waren. Infolge einer Verkettung von unglück lichen Umständen zog das Fördergeslell beim Sturz in den Schacht den Korb der Fördermaschine nach, so daß die am Gestell angebrachte Fangvorrichtung nicht wirken konnte. Das Gestell setzte Vielau, verheiratet, 3 Kinder Einschläger Siet aus Reinsdorf, ver heiratet, 3 Kinder; Heuer Schulz aus Vielau, verheiratet, 3 Kinder; Lehrheuer Friedrich aus Friedrichsgrün, verheiratet, 5 Kinder; Fördermann Beckert aus Oberhohndorf, ledig. ,W„ Die handelspolitischen Wirkungen der deutschen Leistungen Rede eines führenden englischen Finanzmannes London, 16. Juni. Der frühere britische Schatzsekretär und jetzige Vorsitzende der London Joint Eiky and Midland Bank, Mac K e n n a, führte vor einer Versammlung von. Finanzleuten u. a. aus: Die neuen Beziehungen zwischen Gläubigern und Schuldnern, die infolge des Krieges zwischen den einzelnen Staaten entstanden sind, müssen unbedingt ernstlich störenden Einfluß auf den internationalen Handel ausüben. Der größte Schuldner, näm lich Deutschland, muß 6750 Millionen Pfund Sterling, davon 6000 Millionen Pfund für Reparationen, entrichten, während die Ber einigten Staaten, der größte Borkriegsfchuldner, jetzt nicht mehr als LOO Millionen Pfund schuldet. Deutschland hat seinen ausländischen Gläubigern jährlich eine Mindestzahlung von 150 Millionen Pfund und eine Höchstzahlung von fast 400 Millionen zu entrichten. ES ist klar, daß Deutschland die Mitte' für die Bezahlung nur durch den Berkaus von Waren im Auslande finden kann, oder, indem es den fremden Nationen durch seine Schiffahrt, seine Banken und sein Versicherungs wesen Hilfe leistet. Mit anderen Worten, es muß durch seine sichtbare und unsichtbare Ausfuhr bezahlen. Der deutsche Außenhandel kann Ertrag. Die Last der Schulden wirb in der Hauptsache vom deutschen Arbeiter getragen werben. Wenn Deutschland in der Lage ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen, wird es dem internationalen Handel Eng lands ernstlichen Schaben zufügen. Wenn andererseits Deutschland seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, so bedeutet dies «inen Rückfall in die Verhältnisse politischer Unordnung, die dem Frieden so gefährlich und dem Wiederaufleben des Handels so schädlich sind. Mac Kenna sagte weiter, wir zwingen dem deutschen Volke Arbeitsbvoingungen auf, die es ihm. ermöglichen, Waren jeder Art billiger anzusertigen als wir. Die Deutschen müssen eS tun, um ihre Schulden zu bezahlen. Mir bestehen auf der Zahlung der Schulden unter der Drohung mit der Besetzung deutschen Gebietes und der Blockade. Dadurch zwingen wir unseren Handelsrivalen, unter Be dingungen zu leben, die es Deutschland ermöglichen, uns aus den aus- ändischen Märkten zu verdrängen. Mac Kenn« schlug vor, von Deutschland zu fordern, -ah es nach England, Frankreich und den übrigen alliierten Ländern — je nach dem Bedürfnis dieser Länder — Artikel wie Kohle, Holz, Kali und Zucker sende, die es allein in großen Mengen erzeuge. Dies werde ohne Zweifel bedeuten, Laß viel deutsches Kapital, viel deutsche Arbeit aus dem Gewerbe herausgezogen und für die Erzeugung dieser Makrria- ien herangezogen werden mühte, die die Länder, denen Deutschland schulde, benötigten. Durch dieses Mittel könnte übrigens nicht eine so nicht bis zum Siedepunkt gesteigert, und ein so großer Aeberschuh zu Ausfuhrzweckcn kann nicht ausrechlerhalten werden, ohne daß dis Löhne in Deutschland äußerst tief gehalten werden im Vergleich zu denjenigen, die in den konkurrierenden Ländern bezahlt werden. Wird die deutsche Arbeiterklasse dem zustimmeu? Soweit dies augen blicklich beurteilt werden kann, muß die Antwort bejahend lauten Die Fügsamkeit des deutschen Arbeiters ist wohl darauf zurückzuführen, daß das augenblickliche Los der deutschen Arbeiter besser ist als während des Krieges. Dbe deutsche Regierung, Presse und Unternehmer werden dem deutsche« Arbeiter klcrmachen. wenn ec nicht zu niedrigen Löhnen arbeite, könne die große Schuld Deutschlands nicht bezahlt werden und eine fremde Invasion werde die Folge sein. Die Versicherung der deut schen Presse wird bestärkt durch Erklärungen der Staatsmänner im Obersten Rat, die deutschen Arbeiter mit einer erneuten Besetzung zu bedrohen und mit der Blockade, wenn Deutschland seinen Verpflich tungen nicht nachkommt. Es kann sich möglicherweise ergeben, daß die geforderten Beträge Deutschlands LeistungsfÄhigkeit überschreiten. Man muh jedoch die Möglichkeit in Betracht ziehen, daß Deutschland tatsächlich in der Lage ist, zu zahlen, und wenn dies der Fall ist, seine Aufmerksamkeit auf die Wirkung richten, die dies ans Len ausländischen Handel, besonders auf den Handel mit England, aus- üben wird Mac Kenn« befähle sich soixmn mit der Wirkung des Re- parationsplaneS auf die unsichtbare deutsche Ausfuhr, nämlich auf die Handelszweige, die einen großen Teil der Stärke Eng lands auf dem Gebiete des Handels ausmachten. Die Wirkung auf die deutsche Schiffahrtsindustrie, führt er aus, ist klar; es werden die Schiffe auf der deutschen Kosiengrundlage gebaut und bemannt, die Frachten- und Pastagiergebühren werden jedoch auf internationalem Stande stehen. Der 26prozentige Ausfuhrzoll wird daher tatsächlich eine Prämie von 26 Prozent zugunsten der deutschen Schiffahrt darstellen. Dasselbe gilt auch für die Bank- und Ver sicherungsgeschäfte. Deutschlands Schwierigkeiten werden in der Erfüllung seiner Verpflichtungen im ersten ob er zweiten Jahre liegen. Es erfordert Zeil, Schiffe zu bauen und den Handel in Gang zu bringen. Wenn Deutschland jedoch 150 Millionen Pfund tilgen kann, die von ihm für dieses und daS nächste Jahr gefordert werden, so ist es wahrscheinlich, daß im dritten Jahre die deutsche Industrie mit deutscher Energie und in solchem Umfange arbeiten wirb, daß Deutschland in den Stand gesetzt wird, di« gestellten Anforderungen zu erfüllen. Für die deutsche Regierung wird das eine Befreiung von den Lasten bedeuten, während das Land seine Solidarität und feine Stärke wiedergewinnt; für die deutschen Industriemagnaten bedeutet es billige Arbeit und großen lohe Summe von 400 Millionen Pfund im Jahr erzielt werden, aber cs würde wenigstens der britische Hande' nicht so geschädigt werden, cs würde kein Druck von außen die Löhne in Deutschland bis zu einem Punkte hsrabdrücken, der einen erfolgreichen Wettbewerb mit England im deutschen Außenhandel sicherstelle. Zum Schluß sagte Mac Kenna, diese Ausführungen über die Schulden Deutschlands seien auch auf die Schulden der anderen Länder anwendbar. Die deutschen Zahlungen Paris, 16. Juni. Der Reparativ nsausschuß teut in einer offiziellen Verlaut barung mit, die deutsche Regierung werde zu der im Londoner Abkommen vorgesehenen Frist vom 1. Juli eine Schuldverschreibung über 12 Milliarden Goldmark übergeben, eine Entscheidung, die im Einvernehmen mit den Deutschen getroffen worden sei. Hierzu bemerkt der .Temps', diele Schuldverschreibung, die ein An erkenntnis des ersten Teils der deutschen Schuld -arstelle, solle später in eine gewisse Anzahl ^>on Obligationen nach Ilebereinkunft der alliierten Mächte eingekeilt werden. Dieser Teil der Schuld soll fünf Prozent Zinsen tragen und mit 1 Prozent amortisiert werden. In der Verlautbarung teilt der Reparationsaus- jchuh jerner mit, er habe in der Angelegenheit der deutschen H ol z l i e f e r n n g die deuische Regierung daran erinnert, daß er eine strenge Innehaltung der vorgeschriebcnen Fristen erwarte. Die Fristen erstreckten sich vom 28. Mai bis 28. September 1621. Im Lause dieses Zeitabschnittes seien 860 000 Kubikmeter Holz zu liefern, die unter Frank reich, Italien und Belgien »erteilt werden. Das. neue Loch im Westen Berlin, 15. Juni. Der Reichswirtschaftsminister Hal dem wirtschaftspoli tischen Ausschuß des Reichswirlschaftsrats einen Gesetzentwurf über die Üeberwachung des Verkehrs mit Postsachen zwischen dem unbesetzten und dem besetzten Gebiet vvrgelegt. NÜm müsse okne solche Ileberwachung eine Ilcberschwrmmung auch des unbesetzten Gebiets mit unerwünschten ausländischen Luxuswaren be fürchten. Schon fetzt wird dieser Zustrom auf eine halbe bis eine Mil- iardr monatlich geschäht. Hierauf ist vermutlich die Schwächung der deutschen Valuta zurückzuführen. Der Ausschuß erklärte sick einstimmig mit -em Gesetz-ntwurs einverstanden und faßte dann ebenfalls einstimmig eine Entschließung, durch die die Regierung ersucht wird, auf die Beseitigung der dem Friedensvertrage und dem Völker recht widersprechenden Zwangsmaßnahmen mit größtem Nach druck hinzuwirken. Die Engländer haben die ihrem asiatischen Besitz drohende Gefahr frühzeitig eingesehen, und es ist deshalb nur begreiflich, daß London anfangs so lange noch hoffen konnte, die Bolschewisten von außen her zu stürzen, das Hauptkonttngent zum Kampfe gegen Moskau gestellt hat. Aber als eS sich immer mehr herausstellte, -aß man auf diesem Wege den Sowjetleuten nicht beikommen konnte, daß vielmehr die verunglückten Expeditionen KoltschakS, Denikins und der anderen Generäle eine Stärkung des bolsche wistischen Regimes herbeiführten, da warf die britische Regierung kurz entschlossen das Steuer herum und suchte eine Verständigung mit dem Gegner, den sie nicht vernichten konnte. Neben den Beweggründen wirtschaftlicher Natur, über die in diesem Zusam menhang nicht gesprochen werden soll, ist eS in erster Linie das Interesse der Sicherheit Indiens gewesen, das Lloyd George zürn Abschluß deS Handelsvertrages mit Moskau bewogen hat. So konnte man hoffen, die unmittelbare Gefahr für den indischen Besitz abgewandt zu haben. Ebenso wie Lenin sich bei seiner BündniSpolitik gegenüber den Iungtürken von sehr realen dNotiven leiten ließ, haben auch Enver und seine Freunde nicht um der schönen Augen der Bolsche wisten willen daS Bündnis mit Moskau geschlossen. Ihnen kam es auch nicht nur darauf an, für das eigene teure Haupt, das in Konstantinopel geächtet war, ein sicheres Ruheplätzchen zu ge winnen, sondern auch sie hatten und haben ein großes politisches Ziel vor Augen: dis A-lcder,-erste- a des T^'nu'.en Reiches oder noch mehr: die Errichtung eines panislamitischen Bundes unter türkischer Führung. Der Vertrag von Sevres hatte von dem Türkischen Reich nur einen kümmerlichen, auf das kleinasiatische Hochland zurückae- drängten Torso übriggelassen. Die alte Hauptstadt war den Türken nach langem Hin und Her zwar als europäischer Brücken kopf «gelassen, aber unter so vielfachen Bindungen, daß von einer wirklichen Souveränität der Türken über Konstantinopel keine Rede mehr sein konnte. Von der AegäiSküste hatten die Griechen den wichtigsten Hafen Smyrna mit einem großen Stück Hinter land zugewiesen erhalten; die Italiener hatten sich den Golf von Adalia genommen; Syrien war französisches, Palästina englisches Mandat geworden; und aus Halbsouveränen Staaten in Arabien und Mesopotamien baute sich England feine Landbrücke nach Indien. Gegen diese Zerstückelung bäumte sich der National- siolz der Türken auf, und da in Konstantinopel unter den Bajo netten der Entente keine kräftige Regierung aufkommen konnte, so fand der jungtürkische Führer Kemal Pascha, als er im Herzen Kleinasiens, in Angora, eine nationale Gegenregierung aufrichkele und zu bewaffnetem Widerstand aufrief, von allen Seiten Zu strom. Angora wurde zum Zentrum der von Enver mit den Bolschewisten vorbereiteten panislamitischen Bewegung. Waffen, Geld und guten Rat lieferte Moskau. Eine Reihe von glück lichen Scharmützeln mit den Entente-Besatzungen an der Küste deS MarmarameereS, die Anfangserfolge des von Kemal unter stützten EmirS Fajsal in Syrien erhöhten das Ansehen der neuen Regierung. Die Entente sah sich plötzlich der Gefahr eincs schwie rigen und kostspieligen Feldzuges gegenüber. So lagen die Dinge zu Anfang dieses Jahres. Da bot die Rückkehr Konstantins nach Griechenland der Entente eine Gelegenheit, den Vertrag von Sdvres zu revidieren, ohne -en peinlichen Anschein zu erwecken, als ob man vor den Kemalisten zurückweiche. Man konnte vorgeben, daß die dem verbündeten Griechenland gegebenen Versprechungen einem Griechenland gegenüber nicht bindend seien, das den Schwager Wilhelms II. ,zurückgerufen hatte. Diese These wurde besonders energisch von Frankreich vertreken, wo weder die finanzielle Lage, noch die Volksstimmung neue kriegerische Verwicklungen im Orient gestattete. Die französischen Staatsmänner fanden in den Italienern die eifrigsten Sekundanten, weil Italien naturgemäß gegen jede Machterweiterung seines griechischen Rivalen sein muß. England hingegen war geneigt, den Etandpunki zu ver treten, daß der Regierungswechsel in Athen an dem einmal abge schlossenen Vertrage nichts ändern könne. Bei dieser Haltung der britischen Regierung sind gewiß keine moralischen Motive bestim mend gewesen, auch haben sctwerlich die verwandtschaftlichen Be ziehungen zwischen Konstantin und dem englischen KöniqShause eine Rolle gespielt, sondern rein praktische Erwägungen. England muß jeden Zuwachs an Macht oder Prestige der Kemalisten be kämpfen, weil in Angora der Krtstallisationspunkt für alle Teile -es früheren Osmanischen Reiches gsgeben ist und von hier au- -