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Morgen »Ausgabe 1l4. Jahrgang Lag Letviigr» Ligedlatt enthalt dir mnNick^n Vek.,nnnnranmarn de» Nate» und de» «alttrtaint!:» der V«a»i Sttp'tq, le» A«t»grricht» 8«U>»iO, l,w« verlS»troeuer anderer vrdSrbea. Se,«g»pr«is: NÄ.^.'."LL «»aalt. r». -. »l»rt«t idrl. elt. >U.— f ir Adholer Mvnatl. M. »LV. M»rg«»-A»<nab» «ll«la M. 7^d »»aaNIch. »d«nd-4lat,ad« ollrla M d,— «»„«illch. P»rch »>l«r« «„»«"«,«» 8»>»a>«a »» v»»» ««- »lacht i»»i»«tlich M. t».—, »teilrllddrllch «ti. 8».—: durch »I« tn»,kd«ld V«,lichl«a», „««»Ilch M. 7Ltt, »Irrirlldbr- Uch «t. rrao t«u<Ichll«h lch P»std,ft«U>«Ilddr>. Au«lc»»r,«lla»»; »,a«tllch M. 1».— ,»» Vr»ckl«<d«il-P»lln « »,« n,«—»» Mer,«». A,«,«d« >0 Pi, Ad «» 0 Vl- e»a>rl,ad« 40 Ps. Aa,,is«npr«l,: Dl. r^>; »»» S«d»r»«» l« «»Mich», I»U »i» A»,p«r«ill«a«U« At-Uo. ».»»«». M.d.— : «ria» «»j»««»» »t« V»«»al«iU»j«it» Dt »»» «»»»Itt« Mk. lLN.D«IchLt>«a»t«Ig«a mtt r>tabo»l>chlt>t»n l» Pr«tl« »rodln. Vletz »»« V»l«»»»rIchrIN »da, virdlndllchk»!!. B,ll»^»Pr«l1« sdr »I, L«sainl«ulla,, Alk. IL- »«II«, I«r r«Ila»jl«,» Atk ld — »«tt, »r»M ll«. p,st«»il«>» v,slg»d«hr »itl«. .,,r»»r««,-r>»IchIaiAr.>«>ua, It — r»lllch«chd»»I»7!d> . Lchrllllrllaaa ««» 2»h«»»l«^st« dl». N Vril«, vr. A«I»d«l» » L». ^»«»^ch Nr. 514 1S20 Mittwoch, den 3. November Das fSchfifcheKlaffenparlament Mit einer jchrillen Dissonanz ist die sächsische Volkskammer in die Ferien gegangen; wahrscheinlich hat sie an diesem Tage ihre letzte Sitzung abgehalten. Mas zuletzt noch geschah, hat mit Recht und Loyalität nichts mehr gemein. Die alte sächsische Zweite Kammer und der preußische Lreiklassenlandlag der Vorkriegszeit hätten es nicht schlechter machen können. Man mag über die Orgesch denken, wie man will, die Art, wie die sozialdemokratischen Minister und mit ihnen die sozialdemokratische Mehrheit diese Frage in der Volkskammer behandelten, muß jeden vorurteilsfrei Denkenden s yr lebhaft befremden. Auch die Sozialdemokraten beider Grade haben die Voikskammerordnung geschaffen, und ge rade bei der Anwendung in kritischen Momenten sollten sie darum nur die klaren Bestimmungen, nicht aber nur ihre Auffas sung gelten lassen. Eine gewaltsame Auslegung wird nie zu einer gerechten Interpretation, auch nicht, wenn die Mehrheit des Hauses sich zu ihr bekennt; sie wird um so verwerflicher, als es sich hier um dieselben Vergewalligungsmethoden handelt, über die sie sich selbst, nicht immer zu Unrecht, in früheren Zeitläuften so bitter be schwert haben. Und hier haben sie die Bo.kskaminerordnung zu ihrem pcrchnliu-en Vorteil umgeboaen. ES ging ihnen darum, zu ver hindern, daß ihnen die'gute Wahlparole, die sie in den sogenannten Chemnitzer Enthüllungen gefunden zu haben glaubten, durch eine vollständige Aufklärung in der Kammer wieder auS den Händen gewunden wurde. Dabei verschlägt nichts, daß heute ohnehin mit diesem «UKevibLt «Ute Parias" nicyt mehr viel anzufangen ist, da vcn den ganzen Enthüllungen kaum noch zehn Prozent übrig geblieben sind, und selbst die größte Gralshrierin, die «Chemnitzer Volkssllmme', jetzt schon mit sehr gedämpftem Trommelklang mar schiert. Der Minister des Innern versicherte in der Kammer und ließ durch den offiziösen Apparat erklären, daß er sehr genau über die Organisation, Personalvcrhältnisse usw. unterrichtet wäre: 2a, warum in aller Welt bringt er dann die Angelegenheit nicht vor den Strafrichter, wenn die Ungesetzlichkeit und verbreche rische Handlungsweise der Organisation erwiesen ist! Das wäre viel einwandfreier und wirksamer gewesen, als jetzt dies Ver fahren in der Kammer, wodurch außerdem der Gedanke des Par lamentarismus nicht gerade gestärkt wordcn sein dürfte. Indessen, die Angeleoenhelt hat eine noch viel ernstere Seite. Herr Kühn erklärte, daß er schon seit August die Beweismittel in den Händen gehabt hätte? Wenn eS sich wirklich um bündiges Beweismaterial handelt, woraus einwandsrei das Gesetzwidrige und Verbrecherische der Organisation hervorgeht, dann hat Herr Kühn sich der Pflichtvergessenheit schuldig gemacht und Land und Verfassung in Gefahr gebracht, weil er nicht sofort Zugriff und alle Autle! der Staatsgewalt gegen diejenigen einsctzte, die Leib und Leben friedlicher Staatsbürger bedrohen. Es wär« darum nicht unangebracht, daß ein parlamentarischer Ausschuß eingehend untersuchte, ob Herr Kühn seine verfassungsmäßige Pflicht gegen das ganze Volk getan hat. Oder waren er und die sozial demokratischen Regierungsmänner sich von vornherein bewußt, daß ihr «Material" der Beweiskraft ermangelte und nur agitato rischen Wert hätte? Eine Antwort dürfte schon in der Tatsache liegen, daß die «Chemnitzer Volkssiimme" das ganze Mat rlal des Herrn Kühn bereits veröffentlicht hat. Es ist ferner Tatsache, daß Herr Kühn die Veröffentlichung der «Chemnitzer Volks stimme' veranlaßt und ihr zu diesem Zwecke sein Material zur Verfügung gefielst hat! Und endlich konnte und wollte er des wegen auch nicht näher Rechenschaft in der Kammer geben, weil er seine Akten nicht zur rechten Zett wieder von Chemnitz zurück erhallen hatte. Herr Kühn wird es sich deswegen wohl auf sein Konto schreiben müssen, wenn das Vertrauen der Oeffenklichkeit in die Lbj klivität sozialistischer Minister gegen alle Klassen und Stände sehr erheblich ersa-üttert ist. Ls war überhaupt ein Hauptübel der Volkskammer, daß die sozialdemokratische Mehrheit der Kammer nicht so sehr Staats- al' vielmehr Klafsenpolitik trieb, und zwar eine mindestens ebensc arge Klafsenpolitik, wie sie im alten Staate und seinen Volks vertretungen möglich war. Es ist einfach unmöglich, daß die Sozialdemokraten etwas Aehnliches für das Bürgertum schaffen würden, als dies s in Len letzten zwanzig Jahren für die Arbrtter geleistet hat. Man braucht dabei nur an die Kulturpolitik zu denken, die die Mehrheitssozialisten unter Führung des radikalen Lehrers Arzt — der übrigens schon seit dem November 1S18 der sozialdemokratischen Partei angehört! — in Sachsen getrieben haben. Bei den Debatten und Abstimmungen über den Religions unterricht in den Volksschulen fanden sich Mehrhcilssoziallflen und Unabhängige auf derselben Linie, und auch ihre Kampsesweise ontcrschicd sich in nichts voneinander. Toleranz gegen dte weiten Kreise des Volkes, denen Religion ein wirkliches Bedürfnis ist, selbst di« Achtung vor der Relchsversassung von Weimar war ihnen Hekuba, wenn sie nur ihrem Haß gegen die Religion freien Lauf losten konnten. Welch wunderliche Blüten dieser Haß treiben konnte, dafür nur ein Fall, der aber von symptomatischer Bedeutung ist und ein besonderes Schlaglicht auf die Kulturpolitik jener Kreise wirst, die das Wort Kultur bei jeder Gelegenheit laut im Munde führen. Seit fast zweihundert Jahren genießt die Kirchenmusik in der ehemaligen katholischen Hofkirche Weltruf, und es ist bezeichnend, daß gleich nach dem Weltkriege Angehörige -er feindlichen Staaten nach Dresden eilten, um sich wieder an der edlen klassischen Kirchenmusik zu erbauen. Auch der sächsische Staat, der gewiß nicht katholisch war trotz feinem katholischen Fürstenhaus«, Hot ein warmes Verständnis für dieses Kulturgut stets gezeigt und auch materielle Unterstützung gewährt. Dte sozial demokratische Mehrheit der Kammer aber hat diesen gerinq- sügioen Zuschuß gestrichen, weil es sich vm gottesdienstlich« Musik handelt und diese ln einer Kirche aufgeführt wird! Wenn diese MosikouffShrvngen in einem Musiksaale stattfänden, dann hätten sie schließlich die wenigen Mark bewilligt. Daß sie aber organisch em katholischen Gottesdienst, zur Messe, nehören und davon nickt getrennt werdet können, ohne ihren Wert zu verlieren, dafür Ein MssehenemWder Prozeß in Berlin Professor Nicolai gegen den Rektor Meyer (Drahtbrrlcht unserer Berliner Schriftleitung.) Berlin, 2. November. Eine Zivilklage von außerordentlichen politischem, kulturellem und juristischem Interesse liegt gegenwärtig de» Berliner Landgericht i vor. Die Klage lst von Dr. Schweitzer als dem Rechtsvertreter des P.o- iessors Nicolai eingereicht, und sie richtet sich gegen die 13 Profes soren. die bisher das Amt des AeklorS bzw. des Senates an der Ber liner Universität tnnehaben, rn erster Reihe gegen Geheimrat Eduard Meyer und ferner gegen dre Grheimräle Wollender g, Ser be : g und Harnack u a. Die Klage ist als Klage we-»n unlauterer Handlungen bezeichnet und beantragt in erster Linie: Festzristeilen, daß die von den Beklagten gefällte Entscheidung in der Angelegenheit Nicolai kein rechtsgültiges Disziptinarurteil rst. Zur Begründung der Klage wr.d in juristischer Hinsicht ausgesührt, daß die Erklärung des Senats sich nach außen hin in die Form einer Amtshandlung kleidet, und daß sie als solche auf dem schwarzen Brett der Universität zur Kennt» s gebracht wordcn sei. Die Beklagten seien sich aber bewußt gewesen, daß ihnen eine Disziplinargewalt gegen einen außerordentlichen Professor überhaupt nich» zustvhe. 2m wesentlichen ist die eingereichte Klag« auf tz 82<» B. G. B. Verstoß gegen di« guten Sitten und 8 824 B D. B. Kredit schädigung gestützt. Mesen Ausführungen des Prozeßbevollmüchtiglen liegt eiee umfangreiche gedruckte Eigenerklärung des Professors Nico'al bei, die auf den Inhalt des Senatäurteils eingeht und jede einzelne de. gegen ihn erhobenen Anschuld gunaen als unwahr zu entkräfte» lucht. Die 8. Zivilkammer deä Landgerichts I hat den Termin zur mündlichen Verhandlung .auf den 16. Dezember d. 2. anberaumt Eine Beleidigungsklage des Reichspräsidenten Die Angeklagten nehmen ihre Behauptungen zurück. Berlin, 2. November. Während des Wahlkampfes yatt>r in einer Versammlung in Meserih der M nister Heinze als Redner angeblich auf absolut sichere Quelle ge- Kühle de'ei-igende Behauptungen über die Lebensweise und das pe - sänliche Verhalten -es Reichspräsidenten Ebert ausgesprochen, die der Redakteur Weber in der Me eriher Kreiszeitung a sdann we terver- breilete. Aus den von -em Reichspräsidenten gestellten Strafantrag kam es zu einem Strafverfahren wegen Beeidigung, in besten Verlauf die Angeklagten den Wahrheitsbeweis über die Nicht streit ihrer Be hauptungen anzutreten versuchten. Nachdem eine ganze Reihe von Zeu- gen sowohl über di« Lebensweise deS Reichspräsidenten während der Tagung der Nationalversammlung in We mar als auch über seine Ber liner LedenSgepslogenheitrn vernommen worden sind, geben nunmehr die beiden Angeklagten aus freien Stücken in der Meserttzer Kreis zeitung folgend« Erklärung ad: Wir haben unü durch d e eingehende Brweisaufnakme übrrzergt, daß an diesen Behauptungen Nicht ein wahres Wort ist, und daß wir t u ch leichtfertige und gcw.ssenlose Verleumder lrregeführt worden sind. W c bedauern deshaif lebhaft die von unS getanen Acußerungen und w der- rufen sie ausdrücklich mit der Bitte, den Strafantrag zurückzunehmen. Wir wollen auch die gesamten Kosten des Strafverfahrens tragen. Prophezeihung eines Rechtsputfches Hamburg, 2. November. Vom .Homburger Echo' werden Nachrichten verbreitet, wonach für den 5. November unter Führung Bayerns ein Putsch nach dem Beisp.el des Kapp-Putschcs in Aussicht flehen soll. Diese Bewegung, die angeblich mit der Organisation Esch « rich in Verbindung steht, soll sich über ganz Deutschland ausdednen. Das Blatt kündigt energische Maßnahmen der Hamburger Arbeiterschaft an. Alle Sicherheitsmaßnahmen sür die Stadt sind getroffen, um diesen Putsch im Keime zu ersticken. Ein neuer irischer Märtyrer Ausdehnung der Unruhen. / (D r a h l b e r l ch k.) Rotterdam, 2. November. Der .Nieuwe Rotterdams«-« Eouront' meldet aus London: Der tü jährige Student der Medizin, der in Dublin wegen Teilnahme an einem Angriff auf di« Polizei zum Tot« verurteilt word«n ist. wurde heute vormittag gehenkt. Man sieht in ihm einen neuen Märtyrer sür die irische Sache. Am Sonntag abend hatten Tausende vor seine« Gefängnis gebetet. London, 2. November. Die Ausdehnung der irischen Unruhen nimmt zu. So wurden in der Provinz Cerry e nige irische Polizisten erschossen. Darauf- hin brachen di« Polizeimannschaften aus ihren Baracken ln Trallcu» hervor und steckten das Rathaus in Brand. Viele Häuser wurden ein geäschert. Sinni'oiner griffen daraufhin d e Polizeistation in Pallyduff an, die teilweise zerstört wurde. Die Polizisten in Tipperary «rk ärten, taß für einen irischen Polizisten, der angegriffen werden würde, Rache an fünf Sinnfeinern genommen würde. Amtlich wird aus Dublin gemeldet: Am Sonntag abend wurden auf Po izei und Militär in Irland 14 Angriffe ausgesührt. Sechs Polizisten wurden ermordet, acht verwundet, ferner wurden zwei Militär personen verwundet. London, 2. November. Es wird eine Kommission gebildet werden, d<« ganz un abhängig vonjeder Parketrichtung sich mit der Einführung der Selbstverwaltung in Irland und mit der Herbeiführung einer an nehmbaren Lösung des Konf iktS befassen soll. Die Times' meidet aus Dublin, daßUe Snnfeiner im Ber» lauf von 24 Stunden 502 Angriffe auf Polizcibeamte unternommen kadeit. 10 Polizisten wurden getötet und acht schwer verwundet. D»e Anschläge seien vc« der Zentralleltung aus angeordnet. Gründurrq einer 4. Internationale? (Eigener Drahibericht.) Bafel, 2. November. Der .Daily Herab-' teilt mit, daß der Nationalrat der unab hängigen Arbeiterpartei Englands die Initiative er grisfen hat um alle sozialistischen Parteien weiche weder der Moskauer noch der Genfer Internationale anzefchlosjd.» seien, zu einer unab hängigen Internationale zu vereinigen. Bersin, 2. November. Der .Freiheit' zufolge hat die Zenlrall?itung der 11. S. P. D. besch'ossen, Vertreter der revolutionär-sozialistischen Parteien der ganzes Weit, die aus der 2. Internaticnale aus retteten sind, zum 5. Dezember zu einer Konferenz nach Bern elnzuladen. Brüssel, 2. November. Die belgischen Sozialisten erklärten sich mit 320 000 gegen 70002 Stimmen gegen den Anschluß an Moskau. Paris, 2. November. Der Kongreß d«r soz aiistischen Provinzorgani'ationen Frankreichs beschloß in seiner Schlufsihrng mit 5453 gegen 1958 Stimmen den An schluß an die kommunistisch« Inlernalionale von Moskau Hinrichtung ung rischer Kommunisten. Am Donnerstag, den 28. OK- tcber, fvLH sand in Oedrnburg die Hinrichtung d«r im scgenannien Efelnoker Prozeß zum Tode verurie lten Kommunisten Franz Iadt und Martin K u n o statt. Der ebenfalls zum Tode verurteilte Kommun st Szabo wurde zu lebenslänglichem Kerker begnadigt. ^aben -le sozialdemokratischen Volksvertreter kein Verständnis aufgebracht. Auch dte sächsische Sozialdemokratie in ihrer Gesamtheit — die verschiedenen Richtungen trennen nur Gradunle.schiede — krankt ganz an -er falschen Einstellung der Vorkriegszeit, an der unfruchtbaren OppositionS- und Agitationspolttik und den Utopien der letzten fünfzig Jahr«, die ihnen die großen Erfolge brachten und so zum Parteidopma aus Gewohnheit wurden. Der v. No vember stellte sie vor die Aufgabe, positive Arbeit zu leisten, un brachte ihnen immer mehr die Erkenntnis, daß gerade die köst lichsten sozialistischen Gedauken und Traume von den harten Tat sachen der Wirklichkeit zerrieben wurden und jählings in ein Nichts zerflatterten. ES soll gewiß nicht verkannt werden, daß cS cine Titanenarbeit ist, diesen luftleeren Raum, der nun. entstehen mußte, auszufüllen; den sogenannten Masten vor allem klar zu machen, daß der Begriff Vaterland doch kein leerer Begriff, nt ht eine Phrase im Munde «»rationalistischer Männer', sondern die unbedingte Voraussetzung für die Größe und Geltung eines Vvlkcs schlechthin ist, woran di: Arbeiter nicht weniger interessiert sind als jeder andere Volksgenosse ohne Ansehen des Stande». Man muß eS anerkennen, daß manche Führer der heutigen Sozialdemokratie — Namen zu nennen, geht nicht an, da sie da durch nur kompromittiert würden — ehrlich danach strebten, das P.irteisteoer herumzarelßen und dem Begriff Vaterland auch im Her^n der Sozialdemokraten Form und warmes Leben zu geben, damit also gleichzeitig die jetzige Iltovie -es Internationalismus auf das rlchttge Maß zurückzusühren. Leider ist eS ihnen nicht ge lungen, weil die meisten Führer, denen jedes Format fehlt, und die auS Furcht vor dem Verlnst ihrer Popularität nickt den Mut dazu cufbringen, die Feßler der Vergangenheit einzugestehen, lieber unter Mißachtung aller parlamentarischer Formen den Rücktritt lener Männer erzwangen oder Ihren Einfluß vollin ausschalteten. Die jetzigen Führer hab n noch immer nicht die Bedeutung d s si. Novemdcr für die Sozialdemokratte begriffen nnd jagen noch heul«, allerdings aus Verschiedenen Wegen, der Fata Morgana der Dlksatur des Proletariats nach. Deswegen wurden alle An fänge positiver staatlicher Arbeit und der Erziehung des Volkes zum Staatshedanken im Keime erstickt, lief man hinter den un entwegten Predigern des Klassenhasses schärfster Prägung her, nnd deswegen war auch der eigentliche sächsische Ministerpräsident Herr Lipinski, besonders seit dem erzwungenen Rücktritt Dr. CradnauerS. So lst es denn auch zu verstehen, warum die sozial demokratischen Minister sich ausschließlich als Beauftragte einer Partei und einer Klasse fühlen und auch danach ohne Rücksicht auf die anderen Votksteile gehandelt haben. Bei Berückstchrl- guug dieser Umstände wird auch das Verhallen der sozialistischen Mitglieder des Kabinetts in der letzten Volkskamm rsitzung und die Erhebung deS 9. Novembers zum Staatsfeiertag erklärlich. Hier liegt Ursache und zugleich auch Heilung für das innere Mnbefrledigtsein, dem Präsident Fräßdorf bei seinem Rückblick auf die Tagung der Kammer Ausdruck gab. In der Tat, man kann das scharfe Wort eines Engländers: «Wenn der Engländer von Gott spricht, meint er Baumwolle', abwandeln in die Fassung: .Wenn die beukiaen sozialistischen Führer von, Volk reden, meinen sie ausschließlich den sozialdemokratischen Arbeiter'. Daß sie so gerade den Interessen -es Arbeiters am schlechtesten dienen, s i nur am Rande bemerkt. Man kann ohne Uebertrribung sa"«n. Wenn die Kammer trotz alledem noch einigermaßen Vernünftiges zustande gebracht hat, so liegt es wahrhaftig nicht an den Sozlil- demokraten, sondern ist vor allem daS Verdienst der Demokraten, die treu bis zur Selbstentäußerung aus -em Posten ar.geharrt und ihre Pflicht getan haben; cine Pflicht, die infolge der Opposilivnsvolitik und Verdächtigung durch die Reckte ott un erträglich schwer war: hatte die Linke das bereitwillige Ja als Devi'e ihrer Handlungen, so hatte die Reckte ein konscg"entes Nein zum Leilmolio erwäblt. Ausschlaggrb nd waren hüben wie drüben eben parteipolitische Erwäannven. Dem neuen säch sischen Landtag« wünshen wir deshalb eine Mehrheit der das Wohl des ganzen Volkes oberstes Gesetz ist, nicht das W«ckl nur eurer Partei. L 8» .