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Amts- und Anzeigeblatt für den Erscheint . e e Abonnement -SLS-- Sylt des AmlsgmGs Mach« S-ZZL sertionSpreiS: die kleinsp. ten, sowie bei allen Reichs- Zeile lO Pf und dessen Wmgekung. P°stanstalten BerantwoMcher Redakteur: E. Hannebohn in Eibenstock. — - 38. Jahr««««. — S6. Sonnabend, den 28. Februar 18SL. Konkursverfahren. Das Konkursverfahren über das Vermögen des Kaufmanns LI»x in Schönheide wird nach erfolgter Abhaltung des Schlußtermins hierdurch aufgehoben. Eibenstock, den 2b. Februar 1891. KÜNigllchts Amtsgericht. Kautzsch. Religionslos! oder: Die religionslose Sozialdemokratie, n II » s Unter vielen anderen .Forderungen" des Gothaer Programms befindet sich auch die vielberufene .Er klärung der Religion zur Privatsache." Diese Stelle sand in Halle vielseitige Angriffe. Die „frei- regiliöS" angehauchten Genossen verlangten schlankweg, daß jeder Sozialdemokrat von sich bekennen müsse, daß er an Gott nicht glaube und keiner Religion be dürfe, ja „jede Kirche bekämpfe". Geschehe das nicht, so heuchle die Partei Religion. Darauf entgegnete Liebknecht: „Zu dem Satze: „Religion ist Privatsache," ist nichts Neues (!) vor gebracht worden. Vr. Rüdt sagt: „wir heucheln, wenn wir nicht Farbe bekennen." Bekennen wir nicht Farbe? Stehen wir nicht auf dem Boden der Wissenschaft? Und sind Wissenschaft und Religion nicht ewige Gegensätze?" „Die Religion ist eine Stütze des Klassenstaates. Wir greifen den Schlüssel der Position des Klassenstaates, die heutige Produktionsweise, an. Ist sie gefallen, so fällt alles Andere mit. Damit sind wir se rtig mit der Religion." An anderer Stelle wiederholte er dies in der ihm eigenthümlichen rohen Ausdruckswcise: „ES ist ein Zeichen von mangelnder T Hatkraft, daß man, statt auf der Erde zu kämpfen, in den Himmel gondelt und gegen den Gott kämpft. Der Schullehrer, das Wissen be seitigen die Religion. Pflegen wir die Wissen schaft, sorgen wir für gute Schulen, das ist der beste Kampf gegen die Religion." Diese Worte wurden „mit stürmischen Beifall" begrüßt, und die „Religion als Privatsache" bleibt im sozialdemokratischen Programm stehen. Die Worte Liebknecht'« sind aber nicht blo« die rohesten, sondern auch die unehrlichsten der ganzen Halleschen Debatte über die Religion. Denn, während seine Genossen cingestehen, daß diese« heikle Thema unberührt und der Atheismus der Partei verschleiert bleiben soll, um die Bauernfängerei im Großen zu treiben, nennt Herr Liebknecht diese« Versteckspiel „Farbe bekennen" und rechtfertigt eS damit, die Partei dürfe „ihre Kraft nicht verpulvern." Daß die Partei durch und durch religions los und atheistisch ist, das wissen wir und das haben auch die Verhandlungen in Halle bestätigt. Wir wußten eS schon, als das größte „wissenschaftliche" Lickt der Partei neben Karl Marx, Friedrich Engels, schrieb: „Mit Gott sind wir ganz einfach fertig." Auch Herr Liebkneckt hat eS in seiner brutalen Sprache einst im .Volksstaat" einzestanden in den Worten: .Entweder giebt eS einen Gott, und dann wären wir freilich geleimt. Oder es giebt kei nen Gott, nnd dann können wir angcben, was wir wollen." Dieser lästerliche Chnismu« ist nichts al« da« unbeschämte Bekenntniß der „materialistischen Geschichtsauffassung," auf welcher sich das ganze System von Marx ausbaut und welche auch Herr- Liebknecht in Halle als die Basis seiner und seiner ganzen Partei „Wissenschaft" hinstellte und feierlich verkündete. Ausschließlich auS^, taktischen Gründen," au« blasser Furcht und wohlbegründetem Bangen vor den unauslöschlich im deutschen Volke haftenden re ligiösen Uebcrzeugungen hat die rothe Partei seit 20 Jahren, auch in Halle, noch nicht gewagt, sich zu ihrem Unglauben und ihrer Leugnung Gotte» und aller Religion zu bekennen. Wir aber wollen ihr allezeit die MaSke vom Gesicht reißen und unfern Brüdern sagen, weß Glaubens Jene sind! Wir ver trauen dabei auf den Beistand nnd die Hülfe des hohen GotkcS, welcher unser» Vorfahren die feste Burg war in ganz anderer Bedrängniß und gegen viel mächtigere Feinde, als Herr Liebknecht mit sei nem rothen Heerbann uns je werden kann! Wir vertrauen, daß Gott auch diese seine Widersacher zu Schanden werde» und sie erkennen läßt, daß sie „freilich geleimt" waren, als sie seiner spotteten! Hagesgeschichte. — Deutschland. Einer hervorragenden Hamburger Persönlichkeit gegenüber sprach sich Fürst Bismarck in erregtem Tone darüber aus, daß er für alle politischen Artikel der „Hamburger Nachrichten" verantwortlich gemacht werde. Er habe bisher nur einige thatsächlichc Richtigstellungen in dem Hamburger Blatte ver öffentlicht; alle anderen Artikel seien Redaktionsarbeit, wenn er auch nicht leugne, daß sie vorwiegend seinen Intentionen entsprächen. Es fiele ihm nicht ein, der Regierung Schwierigkeiten zu bereiten, zumal er am besten wisse, mit welchen offenen und sekreten Schwie rigkeiten ohnehin jede Regierung zu kämpfen habe. Er wolle nur verhüten, daß ein zu weit gehender Idealismus inS Schlepptau eines gefährlichen Ra dikalismus gerathe, der das Bestehende Niederreißen wolle, um daun seine Herrschaft zu proklamiren. — In Bezug auf die Arbeitszeit der Berg leute soll der preußische Handelsministcr, nach hie sigen Blättern, den Grubenbesitzern auf Anfragen erklärt haben, daß er an der bisherigen achtstündigen Arbeitszeit aussckließlich der für die Ein- n. Ausfahrt nöthigcn Zeit fcsthalte und in dieser Frage um kein Jota nachgcben werde den Bergleuten, welche bekannt lich achtstündige Arbeitszeit einschließlich der Ein- und Ausfahrt verlangen. — Wie der „Köln. Ztg." aus Essen gemeldet wird, hat der Verein für bergbauliche Interessen be schlossen, auf die ncuen Forderungen der Berg leute nicht einzugehen. Im Anschluß hieran meldet man auS Bochum: Die Führer der Bergleute halten über den Bcsckluß des bergbaulichen Vereins, die bergmännischen Forderungen abzulehnen, in den näch sten Tagen eine Berathung. — Schröder, Vorsitzender, und Meyer, Kassirer de« alten Verbandes, sind wegen Aufreizung gegen die öffentliche Ordnung in Anklage zustand versetzt worden. — Oesterreich-Ungarn. Am 25. Februar haben in Pest militärische Berathungen unter dem Vorsitze des Kaisers begonnen, an welche die Erzherzoge Albrecht u. Wilhelm, ferner die General- Inspektoren der Genietruppen und der Kavallerie, der Generalstabschef Baron Beck und der Reichs-Kriegs minister Baron Bauer theilnehmen. Dieselben wer den drei Tage dauern. Wie man von vertrauens würdiger Seite erfährt, handelt es sich bei denselben um die prinzipielle Erörterung der Möglichkeit von Ersparungen im Kriegsbudget. — Frankreich. In Pari« ist die Dörouledesche Patriotenliga wieder obenauf. Sie hat während der Anwesenheit der Kaiserin Friedrich dortselbst eine Ver sammlung abgehalten, welche in wenig geschmackvoller Weise gegen einen etwaigen Besuch Kaiser Wil helms in Paris protestirte. In Folge dieser Mästereien haben die meisten französischen Maler ihre Zusage, die Berliner Kunstausstellung zu be- sckickcn, wieder zurückgezogen. So erklärt der bekannte Schlachtenmaler Detaille in einem in den heutigen Pariser Morgenbläitern veröffentlichten Schreiben, daß er sich nicht an der Berliner Ausstellung be theiligen werde; er spräche allerdings nur in seinem eigenen Namen, sei jedoch überzeugt, daß seine Kol legen sich ihm ««schließen würden. Der Maler Bensamin Constant hat eine gleiche Erklärung abge geben. Natürlich schwillt unter solchen Umständen Herrn Deroulede und seiner Gefolgschaft der Kamm ganz gewaltig. Der Lyriker der Revanche erklärt jetzt großmüthig, er nehme von der geplanten Protestkund gebung der Patriotenliga gegen die Anwesenheit der Kaiserin Friedrich Abstand. Aber soviel sei doch er forderlich, ohne Beschimpfung und Gewaltthätigkeit müsse man beim Vorbeifahren der Kaiserin rufen: „Hoch Elsaß-tzothringen! Hoch die Republik!" — Amerika. Die Frage: „werden die Verein. Staaten von Nordamerika ans den Bezug deut scher (speziell der Textilbranche angehörender) Maaren verzichten können", wird im „Confektionär", im Hin blick auf die veränderten Zollverhältnisse, ausführ licher besprochen und dahin beantwortet: „Man muß zu dem Schluß kommen, daß, wenn die Zunahme der Fabrikation in der nordamerikanischen Union Fort schritte in eben demselben Maße in den nächsten zehn Jahren macht, wie das bisher in dem letzten Decen- nium der Fall gewesen ist, die Zeit nicht mehr allzu fern liegt, in der Nordamerika im Stande sein wird, auf den Massenimport europaiscker Artikel zu ver zichten; nur noch Spezialartikel werden alsdann bei der Einfuhr nach den Vereinigten Staaten in Betracht kommen." Locale «nd sLchfische Nachrichten. — Eibenstock, 27. Febr. Mit dem gestrigen Tage hat Herr Bürgermeister Löscher nach einer ca. 8 jährigen Amtsthätigkeit Hierselbst unsere Stadt verlassen, um vom 1. März an die Geschäfte der Stadt Borna zu führen. Sein Fortgang von hier hat so recht den Beweis geliefert, in welchem Maße die Einwohnerschaft Eibenstocks an ihrem Bürgermeister gehangen hat. Keine Corporation wollte Zurückbleiben, ohne dem Scheidenden ein Zeichen der Anerkennung und Werthschätzung darzubringcn, und so gestalteten sich denn die letzten Tage der Amtsthätigkeit des Hrn. Bürgermeister Löscher Hierselbst zu wahrhaften Freudentagen. Am Sonntag fand im Saale des RathhauseS das Abschiedsdiner statt, an welchem Vertreter der königl, und städtischen Behörden sowie die Bürgerschaft zahl reichen Antheil nahm. Nachdem Herr Amtsrichter- Kautzsch das begeistert anfgenommene Hoch auf Se. Maj. unfern allverehrten König Albert auSgcbracht und die Anwesenden stehend die Klänge der Sachsen hymne angehört hatten, warf der stellvertretende Bürgermeister Hr. Commcrzienrath Hirschberg Streif lichter auf die Verwaltung unseres Gemeinwesens vom Beginn der 40er Jahre bis zum Antritt des seinerzeit einstimmig gewählten RathSassessor Löscher zum Bürgermeister unserer Stadt. Derselbe hob die Verdienste hervor, welche sich der Scheidende durch treue Pflichterfüllung nm die Stadt erworben und sprach hierfür im Namen beider Collegien den Dank au«. Diesem Toaste reihten sich noch viele andere an, welche der Anerkennung für die Verdienste und der Verehrung für den Scheidenden beredten Aus druck gaben. Am Mittwoch Abend versammelten sich die hiesigen Gesangvereine, der Turnverein und die Freiw. Feuer wehr zu einem solennen Fackel- u. Lampionzuge und brachten dem Hrn. Bürgermeister ihre Ovation dar, die Sänger mit dem stimmungsvollen AbschicdSlied: „Von dir Gebirg' ich scheiden muß." Hr. Ferdinand Brand richtete im Beisein de« Commandanten der Freiw. Feuerwehr Hrn. Kfm. Heckel im Namen der unten Versammelten ergreifende Worte des Abschied« au den Hrn. Bürgermeister, welcher dann vom Balkon de« RathhauseS seinen Gefühlen de« Danke« Ausdruck gab. Um dieselbe Zeit hatten sich die Mitglieder der städtischen Collegien nochmals um da« bisherige Ober haupt der Stadt im RathhauSsaale versammelt, wo selbst dem Gefeierten ein werthvolles Album mit den Photographien sämmtlichcr Stadträthe und Stadtver-