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Amts- Md Anzeigevlatt für den und dessen Umgebung. M 143 18SO Gyirk des Amtsgerichts Eibenstock MW« Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Jn- sertionSpretS: die kleinsp. Zeile 10 Pf. Expedition, bei unfern Bo ten, sowie bei allen Reichs- Postanstalten. Verantwortlicher Redacteur: E. Hannebohn in Eibenstock. S7. Aa-rgao,. Donnerstag den 4. Dezember Erledigt hat sich die aus den 5. Dezember 1890 anberaumte Versteigerung hinsichtlich eines Sophas, eines Schrankes, eines Tisches, einer Kommode und eines Spiegels. Eibenstock, am 3. Dezember, 1890. Der Gerichtsvollzieher des Königlichen Amtsgerichts. Liebmann. Die Jndianerbewegung. In den nordwestlichen Staaten der nordameri kanischen Union macht sich eine Bewegung geltend, die den weißen Ansiedlern verhängnißvoll werden kann, wenn nicht beizeiten Vorkehrungen getroffen werden. Wenn man die Berichte der amerikanischen Zeitungen, wenn man von den Geister- und Kriegs tänzen der von der Zivilisation noch ungebändigten Söhne der Natur liest, dann werden in uns die „Lederstrumpf"-Erzählungen aus der Jugend lebendig und ein Stück fremdartiger Romantik zieht vor unserem geistigen Auge vorüber. Die Zivilisation zeigt sich den Ureinwohnern Amerikas außerordentlich feindlich. Schießpulver und Schnaps haben furchtbar unter ihnen aufgeräumt und nur im „wilden Westen" findet man sie auf ihnen von der Regierung angewiesenen Gebieten, auf denen sie ihr freies Leben führen, wo sie der Jagd obliegen und ihre Gebräuche beobachten können. Aber unter ihnen lebt das Andenken an die frühere, für sie goldene Zeit fort, in der sie unbeschränkte Herren des Landes waren, als noch alles ihnen ge hörte, was ihr Pfeil erreichte. Dann kamen aber die Bleichgesichter ins Land und nahmen ihnen mit List und Gewalt ihren väterlichen Boden, „kauften" ihnen für ein Linsengericht weite und immer weitere Strecken ab, machten sich zu ihren Herren und sperrten sie schließlich in einen verhältnißmäßig engen Raum ein, wo sie von Staatswegen gefüttert werden, d. h. wenn man es in Washington nicht vergißt. Jetzt will man weitergehcn: die amerikanische Regierung gedenkt mit den Indianern fortab nicht mehr als Nation zu verhandeln, sondern sie nur noch als Einzelpersonen zu betrachten, die, wie jeder andere Bürger des Landes, den Gesetzen und gesetzlichen Einrichtungen unterworfen sind. Man will ihnen, nachdem man ihnen ihr großes weites Vaterland genommen, nun auch das Letzte nehmen! Das ist des Pudels Kern und das deckt sich auch vollkommen mit den Begriffen von dem, was Recht ist. Ja, wenn die Indianer „zivilisirt" wären, dann würde man ihnen unter Umständen jeden Fußbreit ihres Landes, den man etwa zu Eisenbahnen brauchte, mit Gold aufwiegen — aber einem „Wilden" gegenüber braucht man keine Um stände zu machen, dem werden die Gesetze einfach vorgeschrieben. Mag man über die Heiligkeit des Privateigen- thums und der erworbenen und verbrieften Rechte denken, wie man wolle, — jedenfalls wird ein jeder begreifen, daß sich die Indianer nicht gutwillig das Fell über die Ohren ziehen lassen möchten. Unter den Jndianerstämmen des Westens ist der Glaube aufgetaucht, es werde ihnen jetzt ein Messias ersteben und ihnen die alte unumschränkte Herrschaft zurück erobern. Vielfach hat das Gerücht übertrieben, in dem eS schon von großen und blutigen Kämpfen sprach. Etwas Wahres aber ist an der Sache, was schon daraus hervorgeht, daß die Regierung der Union den unter dem Namen Buffalo Bill weitbe kannten Oberst Cody beauftragt hat, die Pazifi- zirung der Indianer, nicht auf dem Wege der Ge walt, sondern auf dem Wege der Ueberredung zu versuchen. Jener „Messias" soll einigen Stämmen bereit erschienen sein, andere warten noch auf sein Kommen. E« wurden wilde KriegStänze aufgeführt, die die Leidenschaftlichkeit noch mehr aufregen und die Blut gier aufstacheln. Alle einzelnen Stämme der Sioux, Cheyennes, Schwarzfüße, Schoschonen u. a., ungefähr zwanzig große Stämme, sind von dieser abergläubischen Tollheit ergriffen und fangen an, ihre streitbaren Männer an gewissen Punkten, wie am White River in Süd-Dakota, zu sammeln, als ob man sich zu einem Streifzuge gegen die Weißen rüste. Sitting Bull soll die Bewegung gleichfalls begünstigen, wie andere der vornehmsten Sioux-Anführer, z. B. Rot wolke. Der rothhäutige Messias ist von zu vielen Indianern gesehen und gesprochen, als daß seine Persönlichkeit in das Bereich der Fabel verwiesen werden könnte. Er hat mit den verschiedenen Stäm men in deren Sprache geredet, so daß sich annehmen läßt, es seien mehrere . . . Betrüger an der Arbeit, um bei einem Jndianeraufstanv im Trüben fischen zu können. Der Messias erscheint den Gläubigen aber stets mit verhülltem Gesicht, unv der Argwohn ist rege geworden, daß eine Anzahl Mormonen-Sendlinge an verschiedenen Plätzen und bei verschiedenen Stäm men unter dieser Vermummung die Indianer zur Gewaltthätigkeit gegen den gemeinsamen Feind, den nichtmormonischcn Weißen aufzurcizen suchen. Von jeher sind Mormonen-Missionäre unter den Indianern thätig gewesen und haben viele von ihnen zum Mormonenglauben bekehrt. Augenblicklich wollen viele hervorragende „Heilige der jüngsten Tage" mit dem Geiste des berühmten Stifters Joseph Smith Verkehr halten, und die ganze Bewegung, das Kom men des Messias und die Verheißung der Errichtung eines neuen Jndianerreichs trägt ein so an den Mormonismus gemahnende« Gepräge, daß, falls wirklich die Mormonen nicht die unmittelbaren An stifter sind, wenigstens gewisse Samenkörner ihrer Lehren bei den unwissenden Wilden auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein scheinen. Die Indianer sagen, die Weißen hätten ihren Messias gehabt, und die Indianer würden nun den ihrigen erhalten. Von den Schritten, die die Regierung in Washing ton unverzüglich thun muß, wird cs abhängen, ob die Greuel eines neuen nordwestlichen Indianer krieges heraufbcschworen, oder die von fanatischen Ansichten irregeleiteten Massen der verschiedenen Hauptstämme der Rothhäute in friedlicher Weise zur Vernunft gebracht werden können. Tagesgerichte. — Berlin. Anläßlich des 250jährigen Gedenk tages an den Regierungsantritt des Großen Kur fürsten hat der Kaiser folgenden Armeebefehl erlassen: Heute vor 250 Jahren bestieg mein Ahn herr, der Große Kurfürst, den Thron Meiner Väter. Sein Regierungsantritt bedeutet für Mein HauS und Preußen den Aufschwung zur politischen Macht, zur Wohlfahrt und zu hohen geistigen Bestrebungen. Die Schaffung eines stehenden Heeres legte den Grund zu der militärischen Machtentfaltung des Staates. Ich habe die Feldzeichen, welche aus jener glorreichen Zeit in der Armee vertreten sind, hier um da» Denkmal des Großen Kurfürsten versammelt, damit sie die Erinnerung wachrufen an seine Thaten und an diejenigen seines Heeres. Diese Thaten konnten nur vollbracht werden durch den Geist der Treue, der Gottesfurcht, des Gehorsanis und der Tapferkeit, welche der Große Kurfürst in seinem Heere zu erwecken und zu erhalten wußte. Dieser Geist ist durch mehr al» zwei Jahrhunderte Eigen- thum des Heeres geblieben. Auf ihm beruht die Größe und Stärke de« Vaterlande«. Ihn zu be wahren und zu pflegen, ist auch heute noch die heiligste Pflicht der Armee. Und im Hinblick auf den Großen Kurfürsten von Brandenburg und sein ruhmreiches Heer soll und wird jeder Einzelne Mei ner Armee dieser Pflicht eingedenk bleiben. Berlin, 1. Dezember 1890. gez. Wilhelm kex. — Die Feier vor dem Denkmal nahm einen erhebenden Verlauf. Der Kaiser knüpfte in seiner Ansprache zunächst an die Bedeutung de« heutigen Tages an und entwarf ein kurzes Bild der Thaten seine« großen Ahnherrn für Brandenburg-Preußen. Dann führte er aus, wie dessen Wirken und Schaffen den Brandenburgischen Staat aus dem Verfall heraus gehoben, wie er den Grundstein zu der Größe und Machtstellung Brandenburgs, Preußens und Deutsch lands gelegt und ein leuchtendes Vorbild gewissen- bafter Pflichterfüllung sei. Nachdem der Kaiser dann noch der hohen militärischen Tugenden und Eigen schaften des Großen Kurfürsten gedacht und auf die große Waffentbat desselben, die Schlacht bei Fehr bellin, in welcher er so hervorragend und persönlich eingegriffen habe, hingewiesen, forderte er alle An wesenden und mit ihnen alle seine Unterthanen auf, den Tugenden und Thaten de« Großen Kurfürsten nachzueifern und erneut mit ibm, dem Kaiser, das Gelöbniß abzugeben, das Erreichte sestzuhalten und weiter auszubauen. Mit einem vielhundertstimmigen dreimaligen Hurrah auf das alte Brandenburg schloß dieser Theil der Feier. An dieselbe schloß sich eine Parade auf dem Opernplatze. Abends fand Gala diner mit ca. 160 Gedecken im Schlosse statt, zu dem u. A. auch die Präsidien des Reichstages und des Landtages geladen waren. — „Ja — aber" und „Ja — also" sind nach einem Ausspruche unseres Kaiser« bei dem letzten par lamentarischen Mittagessen des Reichskanzlers von Caprivi die beiden charakteristischen Unterscheidungs merkmale der ernsthaften Politiker der älteren und der jüngeren Generation. Zugleich soll der Kaiser, auf den 61jährigen Miquel zeigend, hinzugefügt ha ben: „Der ist von der jüngeren Generation." Es ist wohl ein mißliches Ding, einen kaiserlichen Ausspruä» zu zergliedern, aber ein völliges Unrecht wäre eS, einem in vertraulichem Kreise gefallenen Bonmot eine ganz besonders große, politische Tragweite beizumessen und aus der Redefigur der AntithesiS darauf zu schließen, daß im Gegensatz zu den Erklärungen des Generals von Caprivi thatsächlich ein neuer Kurs auf allen Gebieten des politischen Lebens eingeschlagen wird. Wenn das „Ja — also" nur ein Mahnruf sein soll, nicht auf halben Wegen stehen zu bleiben, dann wird es den Luft hauch bilden, der die Segel des Staatsschifses schwellt; wenn es mißbraucht wird von Heißspornen der Parteien, daun kann es den Sturm erregen, der Segel und Taue zerfetzt. Wenn das „Ja — alse" ein Mahnruf ist an alle Fraktionen, auf den Bahnen der als nothwendig erkannten Reformen muthig vorwärts zu gehen, so ist es aus dem Herzen der heutigen Generation gesprochen; wenn es miß deutet wird, als bilde cs entgegen dem Grundsätze unserer früheren Politik „Erst wägen, dann wagen" den Fingerzeig für neue Bahnen, auf denen das be sonnene „Aber" keinen Raum hat, dann kann das Mißverständniß nur unerquickliche Folgen tragen. — Auch in Tbüringen ist gegenwärtig eine lebhafte Bewegung gegen die Aufhebung des Je suitengesetzes im Gange. So sind, wie man schreibt, in Gotha, Weimar und Eisenach Petitionen an den Reichstag im Umlauf, welche die Bitte auS- sprechen, der Reichstag wolle über alle auf Aufhebung de» Gesetzes vom 4. Juli 1872 betr. den Orden der Gesellschaft Jesu und die ihm verwandten Orden und ordensähnlichen Kongregationen gerichteten Petitionen und Anträge zur Tagesordnung übergehen. — Die „Münchener Allgem. Ztg." meldet: Die Einfuhr von Rindvieh auS Italien nach den 26 bedeutendsten Städten Bayern« wurde durch Ministerialentschließung vom 29. November im Ein- verständniß mit dem Reichsamt des Innern vorläufig unter strengster Kontrole durch Thierärzte bewilligt.