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Amts- und Anzeigeblatt für den «Yirk des Amtsgerichts Lidmjtsck Z-MZ sertionSpreiS: die kleinsp. ten, sowie bei allen Reich«» Zeile 10 Pf und dessen Amgeöung. P°st-nstalten Beramwortlicher Redacteur: E. Hannebohn in Eibenstock. —— 7 »7. A«hr««u,. — IO<i. Dienstag, den S. September 18SO. Bekanntmachung. Nach 8 17 der revidirten Städteordnung sind zum Erwerbe des Bürger rechts berechtigt alle Gemeindemitglieder, welche 1) die sächsische Staatsangehörigkeit besitzen, 2) das fünfundzwanzigste Lebensjahr erfüllt haben, 3) öffentliche Armenunterstützung weder beziehen, noch im Laufe der letzten zwei Jahre bezogen haben, 4) unbescholten sind, 5) eine directe Staatssteuer von mindestens 3 Mark entrichten, 6) auf die letzten zwei Jahre ihre Staatssteuern und Gemeindeabgaben, Armen- und Schulanlagen am Orte ihres bisherigen Aufenthalts voll ständig berichtigt haben, 7) entweder u. im Gemeindebezirke ansässig sind, oder b. daselbst seit wenigstens zwei Jahren ihren wesentlichen Wohnsitz haben, oder c. in einer anderen Stadtgemeinde des Königreichs Sachsen bis zur Aufgabe ihres bisherigen Wohnsitzes stimmberechtigte Bürger waren. Dagegen sind zum Erwerbe des Bürgerrechts verpflichtet diejenigen zur Bürgerrechtscrwerbung berechtigten Gemeindemitglieder, welche s. männlichen Geschlechts sind, d. seit drei Jahren im Gemeindebezirke ihren wesentlichen Wohnsitz haben und c. mindestens 9 Mark an directen Staatssteuern jährlich zu entrichten haben. Diejenigen Einwohner hiesigen Ortes, welche nach Vorstehendem entweder berechtigt oder verpflichtet sind, das Bürgerrecht Hierselbst zu erwerben, werden daher hierdurch aufgefordert, sich hierzu bis zum 18. September 1890 schriftlich oder mündlich in der Rathsregistratur zu melden. Die Unterlassung der Anmeldung Seiten der zum Erwerbe des Bürger rechts verpflichteten Personen verwirkt eine Geldstrafe von 15 M. bez. entsprech ende Haftstrafc. Eibenstock, den 5. September 1890. Der Stadtrath. Löscher, Bürgermeister. Wsch. Vom Hochwasser. Eine Wassersfluth, wie sie dieser Spätsommer über große Theile Deutschlands, der Schweiz und Oesterreichs gebracht hat, ist seit undenklichen Zeiten nicht dagewesen und es ist unmöglich, von allen Einzelheiten Nachricht zu geben. Nur das Eine ist sicher, daß dem Nationalvermögen durch diese elemen taren Ereignisse ein unberechenbarer Schaden zugefügt worden ist, da die angerichteten Verwüstungen geradezu zur Verarmung vieler Familien führen müssen. Im Nachstehenden lassen wir die wesentlichsten Berichte aus den Ucberschwemmungsgebieten folgen: Man schreibt aus Dresden, den 6. September: Die gestern ausgesprochenen Erwartungen, daß das Hochwasser der Elbe mit gestern Abend seinen Höhepunkt erreichen würde, haben sich als durchaus trügerisch erwiesen. Im Gegentheil, das Wasser ist immer noch im Steigen und nach den Meldungen aus Böhmen ist zunächst auch noch gar nicht abzu sehen, wann ein Stillstand oder Rückgehen der Fluth zu erwarten ist. Heute Vormittag um 9 Uhr hatte die Elbe hier 523 vm. über Null erreicht, während von 8 Uhr aus Leitmeritz 670 em. über Null ge meldet werden. Wenn man gestern schon von einem großartigen Anblick, den die Elbe bot, reden konnte, so ist derselbe heute noch ungleich gewaltiger. Aus dem stets so viel gerühmten Elbflorenz ist ein Elb- venedig in des Wortes verwegenster Bedeutung ge worden. Die Zahl der überschwemmten Straßen hat sich um ein ganz Bedeutendes vermehrt, selbst bis in das Innere der Altstadt ist das Wasser gedrungen, wie z. B. auf den Holbeinplatz, der Ostra-Allee u. s. w. Wo sonst die Pferdebahn harmlos und sicher auf dem Trocknen dahinfuhr, wogen jetzt die braunen Flnthen und die Kähne befördern die Menschen. Ganze Stadtviertel befinden sich unter Wasser, der Elbberg, die Steinstraße, die Gerichtsstraße, Ziegelstraße, die Hälfte der Marschallstraße, die Münzgasse, Elbgasse, Brühlsche Gasse, zahlreiche Straßen der Neustadt, ferner ist fast die ganze Friedrichstadt überschwemmt und immer bedenklicher wird die Gefahr für Verkehr und Eigenthum. So traurig die ganze Thatsache der Ueberfluthung auch ist, gewährt dieselbe doch ein groß artiges und seltenes Schauspiel, das viele Tausende von Menschen auf die Beine bringt; die Brühl'sche Terrasse ist kaum passirbar, so drängt sich das Publikum dort, welches die heranwälzenden gelben Wassermassen anstaunt. In den meisten der genannten Straßen haben sich die hölzernen Stege bereit« als nicht mehr brauchbar erwiesen, weil da« Wasser zu hoch wurde und dieselben umwirft; man mußte zu den Käbnen seine Zuflucht nehmen. Mancher, der gestern Abend seine Wohnung verließ, nicht ahnend, daß das Wasser so weit und hoch steigen könne, konnte wenige Stunden später beim Nachhausekommen nicht mehr trockenen FuheS in seine Wohnung, und noch schlimmer erging es Hunderten von Menschen heute Morgen, denn über Nacht drangen die Fluchen in viele Straßen und Plätze, die man gestern noch völlig sicher hielt. Der Zwingerteich ist gar nicht mehr vorhanden, an seine Stelle trat ein ganzer See, der sich über die ganzen umliegenden Straßen ver breitete. Von der Augustusbrücke sind noch einige der mittleren Bogen zu sehen, die Seitenbögen, namentlich die der Neustädter Seite, sind nicht mehr zu sehen. Mächtig und schäumend und laut brausend schlagen die Fluthen an die Brücke, um sich in tosendem Wirbel weiter hinabzuwälzen. Geradezu unheimlich ist der Anblick der gährenden Wassermassen. Jeden Augenblick steht die Sperrung der Brücke bevor. Man will aber selbstverständlich nicht diesen Haupt verkehrsweg verschließen, bevor nicht die Nothwendig- keit eine zwingende geworden ist. Der Kahnverkehr in den überflutheten Straßen kann auch nicht mehr von Privatpersonen bewältigt werden, und eS sind daher Pionniere abgeordcrt, denen die Führung des Ponton« anvertraut ist. Wie verlautet, werden heute erneute Pionnierabtheilungen in Anspruch genommen werden müssen, da das Bedürfniß immer größer wird, obgleich nur solche Leute befördert werden, die thatsächlich in den überflutheten Straßen verkehren müssen, da werden nicht etwa Vergnügungsfahrten ermöglicht. Die Gegend von der Friedrichstadt und dem Ostragehcge weiter hinab nach Cotta zu und gegenüber auf dem rechten Ufer der Felder der Lößnitz u. s. w. bildet einen einzigen See, der sich schier endlos vor dem Auge ausbreitet. Die Vororte Loschwitz und Blasewitz befinden sich selbstredend in äußerster Gefahr, der gewiß hoch gelegene „Schillcrgarten" ist zu einem See verwandelt, das Wasser steht bis an die Hauptstraße, auf der sich die Pferdebahngeleise befinden. In Loschwitz sind einige an der Elbe gelegene Häuschen vom Wasser fast verdeckt. Der Schaden, der Alles in Allem verursacht ist, und der noch verursacht werden wird, ist noch gar nicht abzusehen. Er wird sich auf Millionen belaufen. Uebrigens ist der Ein druck, den das Wasser macht, heute nicht mehr ganz so groß wie gestern, weil dasselbe nicht mehr so viele Gegenstände mit sich führt. Es war gestern ein herzzerreißender Anblick, Hab und Gut so vieler Menschen auf Nimmerwiedersehen fortschwemmcn zu sehen; todte Thiere auf abgerissenen Ställen und Hölzern rc. wurden mehrfach beobachtet, und sogar Menschenleichen sollen ««geschwommen sein. Das Elend wird sich in seinem ganzen Umfang natürlich erst dann zeigen, wenn das Wasser vorüber ist. Die Nachrichten, welche heute stütz aus der Sächsischen Schweiz kommen, lauten ebenfalls trostlos. DcS Publikums hat sich allgemein eine große Aufregung bemächtigt. Dresden, 6. September. Die Elbe ist heute Vormittag noch weiter gestiegen. Die Schulen sind des Hochwassers wegen geschlossen. — Dresden, 8.Septbr. Sc.Maj. der König besichtigte gestern Mittag in der zweiten Stunde auf einer Rundfahrt sämmtliche überschwemmten Stadt- theile und verweilte längere Zeit bei den Zwinger promenaden und der überschwemmten Ostra-Allee. Dresden, 8. Septbr. Mit gestern früh 4 Uhr dürste die Elbe ihren höchsten Stand mit 537 Centi- metern erreicht haben, wenigstens trat um diese Stunde Stillstand und ein Sinken des Wassers um 4 — 6 Centimeter ein. In der vorangegangenen Nacht brachte die Fluth wieder eine große Menge Baum stämme, welche namentlich die zwischen der Albert- und der Augustusbrücke gelegenen Zillen und einen Kettenschlepper hart bedrängten. Die Holzmassen wurden so groß, daß während der Nacht das Weg räumen des Holzes sowie eine Platzveränderung der Schiffe vorgenommen werden mußte. — Ein gutes Stückchen treuer Pflichterfüllung zeigten gestern Morgen die Beamten des Postamts 10 am Holbcin- platz, dessen Bestellbezirk zum großen Theil unter Walser steht. Seit Freitag hatte sich eine große Menge von Postsendungen angehäuft. Gestern Morgen luden sie die Beamten aber in einen Kahn und fuhren auf der Marschall-, Schulgut-, Rietschel-, Ziegel-, Gerichts-, Steinstraße, am Terrassenufer und Elbberg von Haus zu Haus und lieferten die Sendungen ab, indem die Bewohner Körbe an Fäden herunterließen. Bei Einschreibebriefen mußte der Stephansbote aber mittelst Leiter in die Etagen klettern. Am Sonntag Morgen hat ein Durchbruch des Dammes, welcher sich von Grödel bei Riesa bi« zur Landesgrenze hinzicht, zwischen Moritz und Promnitz stattgefundcn und sind viele hinter dem selben liegende Ortschaften unter Wasser gesetzt wor den. So sind Röderau, Lichtenhain und Promnitz überfluthet. Aus Prag wird unterin 4. September berichtet: Prag ist von einem entsetzlichen Unglück heimgesucht worden. Ungeheure Wassermassen wälzen sich in dem unteren Theile der Stadt. Tausende Einwohner sind obdachlos geworden. Der Franzens-Quai steht zur Hälfte unter Wasser, die etwas tiefer gelegenen Häuser stehen gegenwärtig bis zum 1. Stock unter Wasser und es beginnt die Delogirung der oben wohnenden Parteien mittelst Kähnen und Leitern. Die Karlsbrücke, die Jahrhunderte hindurch manchem Anpralle Widerstand geleistet, ist heute tU/2 Uhr früh sammt den darauf befindlichen Neugierigen und 2 Fuhrwerken eingestürzt. — 18 Pionniere fanden bei den Rettungsarbeiten den Tod. Von der Schützen- und Sophien-Jnsel ragen nur mehr die Bäume aus dem Wasser und selbst die Laternen der Restauration daselbst sind unter dem 'Niveau des rasenden Stromes verschwunden. Der Anblick ist entsetzlich und über manche bärtige Wange fließt ein Strom von Thräncn ob der furchtbaren Katastrophe. Das Wasser ist im Steigen. Der „Krz.-Ztg." berichtet man aus Wien, 5. Septbr.: Die Wassersgefahr hat sich hier heute Vormittag vergrößert. — Die Lage in, Prag ist furchtbar. In der Stadt herrscht Schrecken. Be sonder» groß ist das Elend in der Judenstadt. Die Zufuhr von Lebensmitteln ist sehr schwer. Die Brot preise sind aufgcschlagcn. Kanonendonner verkündet ein neue« Wachsen der Gefahr. Wie verlautet, wird der Kaiser Franz Josef in den nächsten Tagen in