Volltext Seite (XML)
Amts- und Anzeigeblatt für den Erscheint .« e Abonnement »LL«' Senrk des Amtsgerichts Eibenstock MüSLL tag und Sonnabend. In- Expedttlon, bei unsern Bo- sertionSpreiS: die kleinsp. ten, sowie bei allen Reich»- Z- l- io Pf und dessen Umgebung. P°s -nstalten Verantwortlicher Redacteur: E. Hannebohn in Eibenstock. »7. Zayrgang. — — M SV. Dienstag, den 25. März 18SV. In Entsprechung ihrer Gesuche sind die Reservisten Paul Ernst Angethüm in Eibenstock, Friedrich Hermann chnüchtek in Lauter, der Ersatz-Reservist Emil Julius Aeyreuther in Johanngeorgenstadt, sowie die Landwehrleute Friedrich Richard Scherstg in Lößnitz, Georg Adolf Bruno Schwartz in Lößnitz, Carl Emil Weber in Mittweida, Paul Georg Landmann in Lauter, Ernst Richard Areitfeld in Wittigsthal und Carl Louis Stemmler in Crandorf für den Fall der Mobilmachung bis zum nächsten Zurückstellungstermine hinter die letzte Jabresklasse der Landwehr zweite» Aufgebots zurückgestellt worden. Schwarzenberg, am 20. März 1890. Der Civilvorsitzende der Ersatz-Commission in den Aus- hcbungsbezirken Schwarzenberg und Schneeberg. Frhr. v. Wirsing. St. Der Herzog von Lauenburg. Unsere Zeit ist eine schnelllebige und eine schnell- vergessende. Es dürste daher nicht überflüssig er scheinen, die 28jährige Amtsführung des Fürsten Bismarck, welche am 20. d. — am Tage des Früh lingsanfangs — ihren Abschluß fand, noch einmal in ihren einzelnen Phasen flüchtig zu skizziren. Otto v. Bismarck, am 1. April 1815 als zweiter Sohn eines LandedclmanneS geboren, studirte die Rechtswissenschaften, trat 1835 als Auskultator beim Berliner Stadtgericht und 1836 als Regierungs referendar bei der Regierung in Aachen ein. 1837 diente er in Potsdam sein Jahr ab und bereitete sich sodann darauf vor, ein berufsmäßiger Landmann zu werden. 1847 trat er als Deichhauptmann und ritterschaftlicher Abgeordneter für Jerichow in den „Vereinigten Landtag", wie er denn auch 1849 in Westhavelland zum Landtagsabgeordneten gewählt wurde. Er saß im Parlament auf der Rechten und war so recht und schlecht ein Stockjunker, der jedoch in seinen Reden viel Geist und Schlagfertigkeit offen barte. Im Jahre 1851 wurde er Gesandter Preußens bcini Bundestage in Frankfurt a. M, wo er sich in das diplomatische Handwerk hineinarbeitete. Er dachte davon nicht besonders hoch und machte aus dieser seiner Geringschätzung auch keinen Hehl. Indessen wurde zu Frankfurt in ihm der Grund gelegt für seine späteren Pläne, in welcher Weise Deutschland aus der Misere der kleinstaatlichen Zerrissenheit zu einem kraftvollen Staatenbund hinüberzuführen sei. Bon 1859 bis zum Frühjahr 1862 war Herr v. Bismarck preußischer Gesandter in Paris und Petersburg, bis ihn König Wilhelm am 23. Septem ber 1862 als Ministerpräsident an die Spitze der preußischen Staatsverwaltung stellte. Von dieser Zeil ab ist die Geschichte Bismarcks mit der Ge schichte Deutschlands auf das innigste verbunden. Zunächst hatte er ja in der preußischen Volksver tretung einen ungemein schweren Stand. ES galt damals das Schwert zu schärfen, mittels dessen der gordische Knoten der deutschen Frage zerhauen werden sollte. Dazu verweigerte das preußische Abgeordneten haus die Mittel — die langjährige Konfliktsperiode begann. 1864 begann die Lösung der deutschen Frage in Schleswig-Holstein — Bismarck, um nichts zu überhasten, zog nach dem Friedensschlüsse klüg- licherweise die Augustenburger Frage hin und schloß 1865 die Gasteiner Konvention mi: Oesterreich. Daß dieselbe die gehoffte Lösung nicht brachte, war schon damals klar; im Jahre darauf waren die preußischen Rüstungen vollendet und nun forderte Bismarck von Oesterreich die Entscheidung. Diese erfolgte auf den böhmischen Schlachtfeldern, woselbst neben der deutschen Frage auch der preußische Verfassungskonflikt gelöst wurde. Aber sogleich war auch seine Sorge darauf gerichtet, aus den „Feinden" Bundesgenossen zu machen. Deshalb widersetzte er sich energisch dem Vorgehen gegen Wien und der weiteren Demüthigung Oesterreichs. Mit den süd deutschen Staaten und mit Sachsen wurde sogar noch vor Friedensschluß wegen Bündnisse verhandelt. Und wie die Welt von dem Kriege selbst überrascht wurde, so war dies auch bei den Friedensschlüssen der Fall, die so schnell vollzogen wurden, daß daS gewinnlüsterne Ausland, besonders der überschlaue Napoleon, nicht erst Zeit fand, sich in die deutschen Angelegenheiten einzumischen. Als Kanzler des Norddeutschen Bunde- gelang e- dem inzwischen zum Grafen ernannten Staats manns die Luxemburger Frage unter Wahrung der Würde Deutschlands und Preußens aus der Welt zu schaffen. Luxemburg kam nicht an Frankreich, wie es Napoleon so dringend gewünscht hatte. Aber dieser Mißerfolg machte den Krieg, der 1870 ausbrach, unvermeidlich. Graf Bismarck hatte ihn vorauSgesehen; sein Verdienst ist es, daß weder Napoleon noch späterhin das republikanische Frankreich Verbündete fanden. Der 18. Januar 1871, an welchem Tage Kaiser Wilhelm in Versailles von den dort versammelten deutschen Fürsten zum Kaiser ausgerusen wurde, krönte diesen ersten großen Abschnitt der Bismarck- schen Politik. Seit jener Zeit bis jetzt war es ihm beschicken, unserm großen deutschen Baterlande den Frieden zu erhalten. Seine anfängliche Sorge war die Her stellung eines herzlichen Einverständnisses zwischen den drei Kaisermächten, als aber Gortschakows Be tragen dieses Verhältniß zerstörte, da erfolgte das innige Bllndniß mit Oesterreich, zu welchem später auch Italien trat. Der Fürst Bismarck, Herzog von Lauenburg, hinterläßt denen, die nach ihm kommen, nach außen hin geregelte konfliktsfreie Zustande. Wie ein erfahrener Lotse, der das Rcichsschiff durch Klippen und brandende Wogen hindurch sicher in die glatte offene See geführt, das Steuer nun dem jungen, thatkrastigen Kapitän anvertraut hat, so kehrt er im Bewußtsein erfüllter schwerer Pflicht in den Hafen zurück, in den Hafen der wohlverdienten Ruhe. Hagesgeschichle. — Deutschland. Fürst Bismarck, jetzt „Herzog von Lauenburg", ist nunmehr auf seiner Besitzung Friedrichsruh eingetroffen. Das Volk und die Presse des In- und Auslandes wird trotz der Verleihung des Herzoghutes von Lauenburg den ersten Kanzler des Reichs nur nach seinem ruhmreichen geschichtlichen Namen „Fürst Bismarck" nennen. Die Gründe, die zu seinem Rücktritt geführt haben, sind nunmehr zur Genüge bekannt. Fürst Bismarck erhob den Anspruch, als preußischer Ministerpräsident nicht blos der Vorsitzende, sondern auch der Vorgesetzte der preußischen Minister zu sein, und dieser Wider spruch zu der Auffassung des Kaisers kam anläßlich der Ernennung des Herrn v. Berlepsch zum Minister für Handel und Gewerbe zum Ausbruch und Aus trag. Fürst Bismarck begehrte als seine ausschließ liche Machtbefugnis dem neuen Minister die Be handlung der Arbeiterfragen vorzuschreiben. Der Kaiser aber denkt in manchen Stücken über die Arbeiterfrage anders als Bismarck. Es ist sonach kein Zweifel, daß der innere sachliche Grund des Rücktritts Bis- marck's die Arbeiterfrage bildet; die staatsrechtlichen Meinungsverschiedenheiten über die Befugnisse des Ministerpräsidenten gaben nur den äußeren Anlaß ab, die Entscheidung herbeizuführen. — Der beklemmende Eindruck, den der Rücktritt Bismarcks im Aus lande hervorgerufen hat, ins besondere die vielfack ausgesprochene Besorgniß, eS könnte nunmehr in Deutschland eine weniger fried liche Politik Platz greifen, ist durch das Handschreiben Kaiser Wilhelms in erfreulicher Weise schnell ge hoben worden. Die Stelle, in welcher der Kaiser ankündigt, daß er die weise und thatkräftige Friedenspolitik Fürst Bismarcks auch künftig aus voller Ueberzeugung zur Richtschnur seines Handelns zu machen entschlossen ist, befriedigt außerordentlich. Die öffentliche Meinung ist bestrebt, der neuen Wend ung die beste Seite abzugewinnen, und beruhigt sich imnier mehr, je klarer cs wird, daß der Rücktritt Fürst Bismarcks keine der von diesem Ereignisse be fürchteten Erschütterungen und Wandlungen im Ge folge hat. — Wie die „Hamb. Nachr." hören, stoße die Nachfolgerschaft Graf Herbert Bismarcks auf Schwierigkeiten, v. Radowitz habe abgelehnt und ältere Diplomaten zeigten wenig Neigung. Die „Hamb. 'Nachr." verzeichnen mit allem Vorbehalt fernere Ge rüchte, wonach der Kaiser und ter Fürst Bismarck nicht in Harmonie geschieden wäre». Dazu gehöre das Gerücht, daß der Kaiser bei der Vorstellung Caprivi's als neuen Reichskanzler in der Versamm lung der Generale seiner Differenz mit Fürst Bis marck lebhaften Ausdruck verliehen habe. Die „Nach richten" nehmen eine gänzliche Aenderung der innern Politik an; eine Kabinetsregierung im Sinne Frie- drich's des Großen, kombinirt mit dem Parlamenta rismus, der Kaiser regiere selbst, die Minister seien nur die Vollstrecker seines Willens. Die „Nachrichten" hören als Bermuthung äußern, daß v. Verdh, v. Goß- ler und v. Berlepsch blieben, v. Lucius, v. Herrfurlh, v. Maybach und v. Scholz würden früher oder später gehe», auch Gras Waldersee. Es sei angeblich im Plan, möglichst die großen Parteien im Ministerium vertreten zu sehen. Miquel, v. Huene, auch Rickert würden genannt. Letzteres Gerücht wird natürlich nur als für die Situation charakteristisch in den „Hamburger 'Nachrichten" erwähnt. — Bekanntlich findet alle fünf Jahre in Deutsch land eine Volkszählung statt. Am 1. Dezember des laufenden Jahres wird wiederum eine solche statistische Erhebung vorzunehmen sein, sür welche mit Rücksicht auf die dazu nothmendigen umfänglichen Vorbereitungen die Anordnungen mindestens sechs Monate vor jenem Zeitpunkte getroffen werden müssen. Dem Bundesrathe ist zu diesem Zwecke ein „Entwurf von Bestimmungen für die Volkszählung von 1890" zur Beschlußfassung vorgelcgt worden. — Koblenz, 22. März. Gestern traf eine Kaiserliche Kabinetsorvre ein, welche die volle Ent festigung von Koblenz genehmigt. — In der zwei Meilen von Berlin gelegenen Stadt Köpenick haben am letzten Donnerstag Re volten stattgcfunveu, welche das Einschreiten des Militärs nothwendig machten. Der „T. R." schreibt man darüber wie folgt: „Schon seit Anfang der Woche fanden beständig abendliche Ruhestörun gen seitens der Arbeiter statt, so daß 30 derselben festgenoinmcn werden mußten. Am Donnerstag Abend haben nun die Ausschreitungen zu ernsten Auftritte» geführt. ES kam zwischen Polizei und Volk zu förm lichen Kämpfen, wobei der Gendarm Müller durch einen Schuß aus einem Hause tödtlich verwundet und die Polizisten Bienst und Welsch im Handgemenge schwer verletzt worden sind. Müller ist nach einer Stunde schon verschieden. Die Ruhestörer sollen übri gens mehrfach von Schußwaffen Gebrauch gemacht haben. — Verhaftet wurde am 21. d. M. u. A. der Tischlcrgcselle Biener unter dem Verdacht, den Gen darm Müller, der verheirathet und Vater dreier Kin der ist, erschossen zu haben. — Um 4 Uhr Morgens traf mittels Sonderzuges die 3. Kompagnie des Leib- Grenadier-Regimcnts aus Frankfurt a. O. in Köpenick ein. Ein großer Theil der Fabrikbesitzer hat ihren Arbeitern bekannt gemacht, daß Diejenigen, welche sich an Tumulten betheiligen, sofort entlassen werden.