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Amts- und Anzeigeblatt für den Erscheint Abonnement 'SLS- öyirk des Amtsgerichts LibenM -MZL sertionSpreis: die kleinsp. ten, sowie bei allen Reichs- Z- le io Pf und dessen Umgebung. P°s°nst°lten Verantwortlicher Redacteur: E. Hannebohn in Eibenstock. »7. Aahrg.u«. — 34. Donnerstag, den 20. März 18SO Konkursverfahren. Da» Konkursverfahren über vaS Vermögen des Hausbesitzers und Schneider meisters Carl Wilhelm Wimmer in Eibenstock ist, nachdem der in vem Vergleichstermine vom 21. Februar 1890 angenommene Zwangsvergleich durch rechtskräftigen Beschluß vom 21. Februar 1890 bestätigt ist, aufgehoben Worten. Eibenstock, den 19. März 1890. Der Gerichtsschreiber des König!. Amtsgerichts daselbst. Gruhle. Konkursverfahren. In dem Konkursverfahren über das Vermögen des Kaufmanns ^«»«8 »»Sen in Firma Kultus in Schönheide ist in Folge eines von dem Gemeinschuldncr gemachten Vorschlags zu einem Zwangsvergleiche Ver gleichstermin auf den 2. April 1890, Mchmittags 4 Uhr vor dem Königlichen Amtsgerichte Hierselbst anbcraumt. Eibenstock, den 18. März 1890. 6 r u LI 6, Gerichtsschreiber des Königlichen Amtsgerichts. Infolge Anzeige vom 14. dieses Monats sind heute auf Folium 172 des Handelsregisters für den Landbezirk die Auflösung der Firma W*. Leou- 80I11» in Wildenthal und Herr Kaufmann Oiirislisn keivli- eieii i-sonhsrät daselbst und Herr Bankier /Ubsrt Koberi iisldenr in Schwar zenberg als Liquidatoren eingetragen worden. Eibenstock, am 19. März 1890. Königliches Amtsgericht. v. Sommerlatt. Ttzr. Bezahlung der Anlagen bete. Es wird nochmals besonders darauf aufmerksam gemacht, daß die Anlagen an den festgesetzten Terminen zu zahlen sind, auch sofern gegen die Einschätzung Reklamation eingereicht worden sein sollte. Die Ausgleichung betreffs res etwa Zuvielgezahlken erfolgt nach tz 28 des Abgabenregu lativs nach Beendigung des Reklamationsverfahrens. Ferner wirb in Gemäßheit von § 6 des vorgenannten Regulativs an die Bezahlung des 1. Anlagentermins für 1890 mit dem Bemerken erinnert, daß nach Ablauf von 8 Tagen die Reste ohne vorhergegangene persönliche Einnerung zur zwangsweisen Einziehung abgegeben werben. Eibenstock, am 20. März 1890. Der Stadtrath. Löscher, Bürgermeister. Bg. Bismarcks Rücktritt. Nicht gänzlich unerwartet, aber trotzdem über raschend und fast befremdend ist die Kunde, daß Fürst Bismarck den Kaiser um gänzliche Dienstentlassung gebeten habe. Wenn bisher von einer „Kanzlerkrisc" die Rede war, so zielten die betreffenden Gerüchte fast ausschließlich auf den Rücktritt Bismarks von der preußischen Ministerpräsidentschaft hin ; dagegen war die Meinung verbreitet, daß Fürst Bismarck Leiter der auswärtigen Angelegenheiten bleiben würde. Der Kanzler wollte aber gänzlich zurücktreten. — Kaiser Wilhelm II. hat während seiner Prinzen-, Kronprinzen- und Regierungszeit sehr häufig in un zweideutiger Weise seiner hohen Verehrung für den Fürsten Bismarck Ausdruck gegeben. Aber trotzdem und alledem wurde man in dem letzten Jahre die Empfindung nicht los, daß zwischen dem 30jährigen Kaiser und dem 7öjährigen Kanzler nicht alles so stimme, wie es eigentlich wünschenswcrth gewesen. Auf der einen Seite eine junge, schöpferische, etwas dem Idealen zugcneigte Thatkraft, die gegenüber den gewaltigen Anforderungen einer großen gesellschaft lichen Reform nach Bewährung strebt — auf der anderen Seite ein recht nüchtern urtheilendcr Greis, der dem Fluge des jungen Aars nur mit dem Blicke folgt, und dessen Zweifelsucht sich nicht so leicht für neue Mittel und neue Ziele gefangen nehmen läßt. Zwei so verschiedenartige Gewalten konnten auf die Dauer nebeneinander nicht bestehen und so war die „Lösung" von selbst gegeben. Welches die Differenzpunkte zwischen Kaiser und Kanzler sind, ist nicht genau bekannt. Es käme auch durchaus gar nicht darauf an, ob dieselben nicht auf andere Weise auszugleichcn gewesen wären. Denn selbst wenn dies hätte der Fall sein können, so wären statt dessen doch sehr bald neue Meinungsverschieden heiten zu Tage getreten, die denselben unerquicklichen Zustand geschaffen haben würden, welchem der Kanzler mit seinem Entlassungsgesuch ein Ende machte. Der Name des Fürsten Bismarck ist untrennbar verknüpft mit der Epoche eines unvergleichlichen natio nalen Aufschwungs im Deutschen Reiche, untrennbar verknüpft mit einer Festigung und Ausgestaltung des Reichsgedankens, wie er in allen Jahrhunderten der deutschen Geschichte kaum jemals gefaßt und gehegt worden ist. Nicht alles, durchaus nicht alles, was in dieser Beziehung geschehen, ist des Fürsten Bis marck alleiniges Verdienst. Die Gunst der Umstände, die Neigung des Volkes, die besten Helfer auf allen Gebieten, haben hierzu beigetragen. Aber der Name des Fürsten Bismarck ist mit dem ganzen Zeitab schnitt verwoben, und sein Ruhm wird bleiben, wie des deutschen Volkes Dankbarkeit. Fürst Bismarck wird keinen Nachfolger haben. Zwar wir« nach der Reichsverfassung ein neuer Reichskanzler ernannt werden, aber dessen Befugnisse werden enger umgrenzte, dessen Autorität wird schon von Amtswegen, ganz abgesehen von der politischen Persönlichkeit, eine beschränktere sein, als es die des Fürsten Bismarck war. Der Kaiser wird „sein eigener Kanzler" sein, wie dies bei seinem Regierungsantritte bereits Bismarck vorausgesagt hatte. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß der Wegtritt Bismarcks von der politischen Schaubühne eine völlige 'Neugestaltung unseres Parteiwesens zur Folge haben wird, denn die bisherigen Parteien waren sozusagen alle pro und contra Bismarck zugeschnitten. Ein Systemwechsel wird sich wohl kaum geltend machen, außer der vom Kaiser eingeleiteten neuen Arbeiter schutz-Politik, welcher Fürst Bismarck bisher ablehnend gegenüberstand. In Verbindung damit dürfte auch das Sozialistengesetz gänzlich in Wegfall kommen, an dessen Stelle ei» Anarchistengesetz zu treten hätte, das der Zustimmung aller Parteien des Reichstages sicher wäre. In Bezug auf die Neugestaltung und Neubesetzung der- oberen Reichsümtcr werden uns schon die nächsten Tage mit bestimmten Thatsachen bedienen. Aagesgeschichle. — Deutschland. Alle die vielfachen Gerüchte von einer Kanzlerkrise haben sich nun zu der That- sache verdichtet, daß der Reichskanzler Fürst Bis marck die Verabschiedung aus allen seinen Aemtern erbeten habe. Ein am Montag Nachm. von 3 bis b Uhr stattgehabtcr Ministerrath hat sich mit dieser Frage beschäftigt. In Verbindung mit dieser Thatsache drangen sich vielfache weitere Gerüchte an die Oefscntlichkeit. Wie uns aus zuverläßlicher Quelle gemeldet wird, hat der Kaiser das Entlassungs gesuch des Fürsten Bismarck genehmigt. Auch Staats minister Graf Herbert Bismarck hat seine Demission eingereicht; der Kaiser hat dieselbe jedoch abgelehnt. — Ein öfter als offiziös benutztes Hamburger Blatt schreibt u. A.: „Man hört sagen, Kaiser und Kanzler stimmten wohl hinsichtlich der Ziele der Sozialpolitik überein, nicht aber betreffs der Mittel; ferner, der Kaiser wolle von den bestehenden Parteien, die er veraltet glaube, nicht- mehr wissen, der Fürst hin gegen meine, daß die Zeit für eine gründliche Neu bildung noch nicht gekommen sei, daß man sich wohl oder übel mit dem „alten Trödel" behelfen müsse; der Kaiser wolle die Umbildung der Parteien be schleunigen, dabei Mitwirken und erblicke in den alten, zum Theil auf die Person de- Kanzlers gegründeten Gegensätzen ein Hinderniß, der Kanzler lehne diese Auffassung ab; der Kaiser betrachte die Sozialdemo kraten als Mißleitete, die er zum Besseren erziehen wolle, der Kanzler stehe mehr auf dem Standpunkt der Repression — und was der angeblichen Gegen sätze, von denen gesprochen wird, mehr sind." — Die internationale Arbeiterschutzkonfe renz hat nach den offiziösen „Berl. Polit. Nachr." von einer General-Debatte über das Konferenzpro gramm abgesehen und 3 Kommissionen eingesetzt, eine für den Bergbau unter Vorsitz des Bergraths Hauche korne, eine für die Frage der Sonntagsarbeit unter Vorsitz des Fürstbischofs Kopp und eine für die Frage der Kinderarbeit, der Arbeit der jungen Leute und der Frauenarbeit unter Vorsitz des Franzosen Jules Simon. Die Kommissionen sollten Dienstag ihre Arbeit beginnen. — Ein großes Eisenbahnunglück hat sich am Sonntag bei Elberfeld auf der dort über die Wupper führenden Eisenbahnbrllcke ereignet. Fast der ganze Gllterzug ist in den Fluß gestürzt. Die Katastrophe soll dadurch entstanden sei», daß durch den Bruch eines Rades, welches schon vor dem Via dukt absprang und später auf der Strecke gefunden wurde, ein Wagen entgleiste und, die Geleise auf reißend, bis zur Mitte der Brücke mitgeschleift wurde. Dort stürzte der Wage», da« Geländer durchbrechend, 20 Mtr. hinab in die Wupper und riß die nachfolgenden 32 Wagen mit in die Tiefe. Das Getöse war ent setzlich. Ein Wagen liegt am Ufer, die anderen 32 aufgethllrmt im Flusse, darunter begraben die beiden Bremser Aschener und Binder. Schienen, Geländer, Schwellen, Telegraphendrähte sind abgebrochen und ragen über die Brücke hinaus, die Träger der Aus krakung sind verbogen, dagegen die gemauerten Brücken pfeiler unversehrt. Das nördliche Geleise ist fahrbar geblieben. Die Lokomotive mit den ersten 4 Wagen hat die Brücke noch glücklich passirt. Der Trüm merhaufen in der Wupper zeigt ein Bild grauenvoller Verwüstung. Die Fortschaffung der Trümmer wird viele Tage erfordern. Zur Beschleunigung der Berg ungsarbeiten wird ein Geleise nach der Wupper ge legt. Die Aufregung in der Stadt war sehr groß, weil es zuerst hieß, daß die Brücke eingestürzt und ein Pcrsonenzug hinabgefallen sei. — Frankreich. Da- „Journal des Debats" sagt in Bezug auf BiSmarck'S Rücktritt: Mit Umkehrung der früheren Rollen war Fürst Bismarck im Amte eine Bürgschaft des Weltfriedens. Wenn er verschwindet, welche neue Richtung wird der Kai ser seiner Politik geben? Kaiser Wilhelms psycholog ische Eigenart ist noch zu wenig bekannt, als daß man vorhersehcn könnte, wie sie sich entwickeln wird. Gestern war der Kaiser für uns nur ein Soldat, heute ist er ein Menschenfreund und Reformer. Klar ist sein Entschluß, seinen Willen durchzusetzen und jeden Widerstand zu brechen. Was wird er morgen wollen? Wir haben zu viel Uebcrraschnngcn